PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
177<br />
So erscheint die Argumentation Stötzners<br />
(28.8.2009), als einzige von Luther geweihte<br />
Universitätskirche hätte ein dem Original<br />
stärker nachempfundener Bau Chancen<br />
als touristische Distination zum anstehenden<br />
fünfhundertsten Jahrestag der Reformation,<br />
bzw. des Thesenanschlags im<br />
Jahr 2017 und wäre wichtig für die Profilierung<br />
Leipzigs als Musikstadt (Wirkungsstädte<br />
Bachs, Mendelsohn-Bartholdys, Regers<br />
und anderer), in der Diskussion kaum<br />
präsent.<br />
Umgekehrt ist davon auszugehen, dass<br />
die Universität sich von einer Umgestaltung<br />
ihres Innenstadtcampus erhebliche<br />
Identifikations- und Vermarktungseffekte<br />
insbesondere auch hinsichtlich<br />
des sechshundertsten Jubiläums im Jahr<br />
2009 versprochen hat und auch aus diesen<br />
Gründen eine originalgetreue Rekonstruktion<br />
ablehnte. Was Befürworter wie<br />
ein Widerspruch erscheinen mag, löst<br />
sich dadurch auf, dass es für die Universität<br />
bei aller Betonung ihrer Geschichte<br />
und ihrer historischen Relevanz als zweitälteste<br />
Universitätsgründung Deutschlands<br />
darum gehen muss, sich mit ihren<br />
heutigen Leitvorstellungen und zeitgenössischen<br />
Kompetenzen in einem teilweise<br />
hoch kompetitiven Wettbewerb zu positionieren<br />
(vgl. Häuser 10.9.2009). Hier erscheinen<br />
offenbar ein zeitgenössischer<br />
Bau und ein entsprechendes Interieur erfolgversprechender.<br />
Ebenso scheint die<br />
Identifikation der heutigen Universitätsangehörigen<br />
mit der Hochschule in solchen<br />
Räumlichkeiten eher möglich. Das<br />
Argument der Nachfrage der Hochschule<br />
nach repräsentativen Gebäuden und<br />
insbesondere einer entsprechenden Aula<br />
scheint von der Staatsregierung zumindest<br />
ab dem Zeitpunkt vollständig akzeptiert<br />
und übernommen worden zu sein, als<br />
ihr – Gormsen (10.9.2009) zufolge pikanterweise<br />
auf einer Veranstaltung des Paulinervereins<br />
– bewusst wurde, dass im Jahr<br />
2009 das Jubiläum anstehen würde. Entsprechend<br />
wichtig war sowohl der Hochschule<br />
als auch dem Freistaat die Baufertigstellung<br />
bis zu diesem Ereignis. Häuser<br />
(10.9.2009) gibt an, aus diesem Grund von<br />
einer Weiterverfolgung der Regelwidrigkeiten<br />
innerhalb des zweiten Wettbewerbs<br />
abgesehen zu haben.<br />
Bedeutung von Bautyp und Symbolik<br />
Über die längste Zeit schien zumindest in<br />
der öffentlichen Debatte der Bautyp Kirche<br />
und seine Symbolik kaum von Bedeutung.<br />
Selbst der sich für den Wiederaufbau<br />
engagierende Paulinerverein sah<br />
sich nicht als „Kirchenbauverein“ (Stötzner<br />
28.8.2009) und forderte – wenngleich<br />
nicht mit der gleichen Vehemenz, was aber<br />
wohl eher auf den früheren Zerstörungszeitpunkt<br />
zurückzuführen ist – auch die<br />
Wiedererrichtung des Augusteums. So<br />
geht auch Richter (2009) davon aus, dass<br />
in einer zu achtzig Prozent nicht-religiösen<br />
Stadt der Wert einer Kirche relativ gering<br />
sei, zumal wenn diese „zwanzig Jahre<br />
komplett aus dem Stadtbild verschwunden“<br />
gewesen sei. Im Hinblick auf die Diskussion,<br />
die sich seit Anfang 2004, als<br />
zunächst die Wettbewerbsentwürfe veröffentlicht<br />
wurden und dann van Egeraat<br />
innerhalb der Konkurrenz als Sieger hervorging,<br />
muss dieser Einschätzung hier<br />
deutlich widersprochen werden.<br />
Stötzner (28.8.2009) geht davon aus, dass<br />
das wesentliche „Argument“ für van Egeraat<br />
in der öffentlichen Abstimmung die<br />
optische Wirkung war, die den ehemaligen<br />
Sakralbau nicht nur nachempfindet,<br />
sondern sogar überhöht und damit innerhalb<br />
des Ensembles, zu dem auch das ehemalige<br />
Universitätshochhaus und mehrere<br />
Großbauten gehören, entsprechend<br />
seiner früheren städtebaulichen Wirkung<br />
hervorhebt. Für die Universität als Hauptnutzerin<br />
scheint diese Wirkung zumindest<br />
im Inneren zum Problem zu werden,<br />
da sie einerseits Nutzungsansprüche zu<br />
implizieren scheint, andererseits die Aula<br />
wohl – trotz Abstrichen gegenüber dem ursprünglichen<br />
Entwurf und den Forderungen<br />
der Pauliner und Personen aus kirchlichen<br />
Kreisen – eine Prägung erhält, die<br />
zumindest in Mitteleuropa aufgrund ihrer<br />
gotischen Säulen und Raumhöhe deutlich<br />
mit einer Kirche assoziiert werden könnte.<br />
Quester (25.8.2009) geht davon aus, dass<br />
ein originalgetreuer Wiederaufbau nur als<br />
Kirche nutzbar gewesen wäre. Entsprechend<br />
formierte sich auch innerhalb der<br />
Aushandlung der konkreten Innenraumgestaltung<br />
und angesichts des Wunsches<br />
nach der zusätzlichen Platzierung christlicher<br />
Ornamente erstmalig bürgerschaftlicher<br />
Widerstand, der sich für eine „weltli