PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
163<br />
ka Harms erzielten Kompromiss deutlich<br />
reduziert. Zwar waren mit dem Paulinerverein,<br />
einem um den innerhalb der Auseinandersetzung<br />
zu einem wesentlichen<br />
Akteur für eine kirchliche Nutzung avancierten<br />
Pfarrer der Thomaskirche und der<br />
Bürgerinitiative wesentliche Konfliktparteien<br />
nicht an den Gesprächen beteiligt<br />
und erscheint auch die Einigung an vielen<br />
Stellen stark interpretationsbedürftig,<br />
doch scheint sich auch die Presse zum<br />
Schutz des Images von Universität und<br />
Stadt im Jubiläumsjahr mit eigenen Kommentierungen<br />
und dem Abdruck entsprechender<br />
Äußerungen zurückzuhalten.<br />
Instrumente der Durchsetzung/<br />
Kompromissfindung<br />
Sowohl von Seiten der Befürworter als<br />
auch der Gegner eines Wiederaufbaus<br />
wurden entsprechend der zur Verfügung<br />
stehenden Mittel und innerhalb der auf<br />
beiden Seiten bestehenden Handlungsspielräume<br />
Instrumente der Durchsetzung,<br />
aber auch der Kompromissfindung<br />
genutzt. Insofern stellt sich die Leipziger<br />
Rekonstruktionsdebatte als bürgerschaftlicher<br />
Diskurs dar, der zwar häufig ungeordnet<br />
und polarisiert geführt wurde,<br />
letztlich aber ein bemerkenswertes Beispiel<br />
für einen Aushandlungsprozess ist,<br />
der zwar jenseits herkömmlicher demokratischer<br />
Planungs- und Entscheidungsstrukturen<br />
geführt wurde, im Ergebnis<br />
aber die Kräfteverhältnisse deutlich abbildet<br />
und zusätzlich Potential für nachträgliche<br />
Veränderungen beinhaltet.<br />
Zunächst überwogen auf beiden Seiten<br />
Durchsetzungsinstrumente: Der Paulinerverein<br />
versuchte, durch Publikationen und<br />
Veranstaltungen einerseits an die Zerstörung<br />
von Kirche und Augusteum zu erinnern<br />
und dadurch andererseits eine Wiederherstellung<br />
anzumahnen bzw. eine<br />
Mehrheit für ihr Anliegen zu organisieren.<br />
Behindert wurde er dabei zunächst<br />
dadurch, dass der Vorschlag eines Wiederaufbaus<br />
ein unkonkretes Fernziel war<br />
(vgl. Stötzner 28.8.2009). Erst als Universität,<br />
Stadt und zu diesem Zeitpunkt auch<br />
noch der Freistaat ihrerseits die Vorstellung<br />
eines modernen Innenstadtcampus<br />
innerhalb des ersten Realisierungswettbewerbs<br />
durchzusetzen versuchten, konzentrierte<br />
er sich auf eine konkrete Verände<br />
rung der Auslobungsunterlagen (Gormsen<br />
10.9.2009). Im Anschluss an den Wettbewerb<br />
zielten zumindest Stadt und Universität<br />
auf die Durchsetzung des allerdings<br />
nur mit einem zweiten Preis gewürdigten<br />
Siegerentwurfs, wobei aufgrund öffentlicher<br />
Kritik relativ schnell versucht wurde,<br />
historische Bezüge stärker zu integrieren<br />
(LVZ 7.8.2002). Dies ist allerdings<br />
ebenfalls eher als Mittel der Durchsetzung<br />
als der Kompromissfindung zu bewerten,<br />
zumal auch Veranstaltungen und Veröffentlichungen<br />
der Universität zum Thema<br />
kaum der Diskussion und vielmehr der<br />
Darstellung der eigenen Position dienten<br />
(vgl. Wolff 10.9.2009, 2.6.2008). Eine wirkliche<br />
Notwendigkeit zur Kompromissfindung<br />
entstand für Universität und Stadt<br />
erst, als das Land von der Haltung gegen<br />
Rekonstruktion zurückwich. Dieser Meinungswandel<br />
ist als Ergebnis einer Durchsetzungsstrategie<br />
des Paulinervereins anzusehen,<br />
die wesentlich durch die Person<br />
Günter Blobels umgesetzt wurde und einerseits<br />
aus einer Medienkampagne bestand,<br />
andererseits auf direkte Ansprache<br />
insbesondere der Landesregierung setzte.<br />
Das maßgebliche Verfahren zur Kompromissfindung<br />
war dann der zweite Realisierungswettbewerb,<br />
der als Qualifizierungsverfahren<br />
zum ersten durchgeführt wurde.<br />
Schon das Zustandekommen des Wettbewerbs<br />
ist als Einigung zwischen Universität,<br />
Stadt und Freistaat anzusehen. Um das<br />
Wettbewerbsverfahren herum wurde über<br />
die üblichen Durchsetzungsstrategien<br />
versucht, auf die Auslobung einzuwirken.<br />
Überaus unüblich war dann allerdings die<br />
Störung des Wettbewerbsverfahrens durch<br />
das nicht-stimmberechtigte Jurymitglied<br />
des Paulinervereins, Jutta Schrödl. Diese<br />
sorgte innerhalb des zweistufigen Verfahrens<br />
für eine Veröffentlichung der Beiträge<br />
der ersten Phase in der LVZ, die zudem<br />
eine öffentliche Abstimmung organisierte,<br />
bei der der spätere Wettbewerbssieger<br />
deutlich am besten abschnitt. Was<br />
wohl zunächst als ein Mittel zur Durchsetzung<br />
einer originalgetreueren Rekonstruktion<br />
gedacht war, wirkte letztlich entscheidend<br />
daran mit, dass der Wettbewerb<br />
mit einem Kompromiss endete (Häuser<br />
10.9.2009). Durch die Veröffentlichung und<br />
öffentliche Abstimmung konnten sich insbesondere<br />
die politischen Vertreter innerhalb<br />
der Jury ein Bild über die öffentliche