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Fallstudien<br />

157<br />

nicht von einem vertieften Interesse – verglichen<br />

mit anderen Bau- und Planungsvorhaben<br />

– ausgegangen werden kann. Die<br />

CDU sowie die FDP/Bürgerfraktion haben<br />

sich nach dem aus ihrer Sicht nicht erfolgreichen<br />

ersten Realisierungswettbewerb<br />

für einen Wiederaufbau „als Maximalforderung“<br />

(Heymann 26.8.2009 für die<br />

CDU) ausgesprochen, was Grünen-Stadtrat<br />

Quester (25.8.2009) noch heute als parteipolitische<br />

Strategie auffasst, wie auch<br />

seine Partei es damals mit einem Populismus-Vorwurf<br />

quittierte (LVZ 1.2.2002).<br />

Allerdings war es dem Paulinerverein, in<br />

dem zudem mehrere CDU-Fraktionsmitglieder<br />

Mitglied sind, auf diese Weise auch<br />

möglich, über die Kontakte zu Landespartei<br />

und Staatsregierung auf den Freistaat<br />

einzuwirken, was gemeinsam mit<br />

dem Engagement Blobels zu dessen Meinungswandel<br />

führte (Heymann 26.8.2009,<br />

Stötzner 28.8.2009). Im Übrigen scheinen<br />

die Kontakte allerdings nicht ausreichend<br />

für eine dauerhafte Zusammenarbeit von<br />

CDU und Paulinerverein gewesen zu sein,<br />

zeigt sich Stötzner (28.8.2009) doch enttäuscht<br />

über die Arbeit im Stadtrat. Hier<br />

habe ein einzelner SPD-Vertreter, der im<br />

Widerspruch zu seiner Fraktion agiere,<br />

und insbesondere der Vertreter der DSU<br />

mehr bewirkt. Für die Unterstellung eines<br />

weitgehend machtpolitisch bzw. populistisch<br />

motivierten Vorgehens der CDU<br />

spricht auch, dass sie sich nach Veröffentlichung<br />

des zweiten Wettbewerbsergebnisses<br />

und dem Bürgervotum für van Egeraat<br />

für diese Lösung ausgesprochen hat (vgl.<br />

Heymann 26.8.2009). Lediglich durch Erzählungen<br />

Stötzners (28.8.2009) belegt ist<br />

die Anekdote, dass der Oberbürgermeister<br />

Tiefensee zu seiner Amtszeit nach einem<br />

Besuch der rekonstruierten Moskauer Erlöserkathedrale<br />

versucht habe, den damaligen<br />

Rektor der Universität Bigl von einem<br />

originalgetreuen Wiederaufbau zu überzeugen,<br />

hiermit allerdings gescheitert sei.<br />

Auch insgesamt habe er zu zurückhaltend<br />

agiert, während Stötzner unbestätigte<br />

Aussagen der Landesregierung heranzieht,<br />

Tiefensee hätte lediglich den Wiederaufbauwunsch<br />

äußern müssen, um ihn erfüllt<br />

zu bekommen.<br />

Da es sich bei dem Wiederaufbauvorhaben<br />

um eine ehemalige Kirche handelt, wurde<br />

der Fall der Paulinerkirche auch ausgewählt,<br />

um die Rolle der Kirche sowie ver­<br />

schiedener kirchlicher Akteure genauer zu<br />

untersuchen. Es stellte sich die Frage, inwiefern<br />

die Positionierung der Kirche und<br />

religiöse Motive innerhalb der Entscheidungsfindung<br />

von Bedeutung waren. Im<br />

Zwischenbericht wurde zudem danach gefragt,<br />

wie die positive Haltung der Kirche<br />

im Leipziger Fall im Kontrast zu der häufig<br />

festzustellenden Ablehnung des Wiederaufbaus<br />

von Kirchen andernorts zu erklären<br />

sei. Insbesondere hinsichtlich der<br />

zweiten Frage ist an dieser Stelle eine Korrektur<br />

erforderlich. Weder die Leipziger<br />

Kirchen noch die Evangelisch-Lutherische<br />

Landeskirche oder das Bistum Dresden-<br />

Meißen haben über lange Zeit überhaupt<br />

Anteil an der Debatte genommen. Auch<br />

waren religiöse Motive über weite Teile der<br />

Diskussion nicht wesentlich präsent, obschon<br />

sie für den individuellen Wunsch<br />

vieler Befürworter von vorne herein bedeutend<br />

waren (Stötzner 26.8.2009) und<br />

ihnen nun zum Teil eine versuchte „Christianisierung“<br />

vorgeworfen wird (Schroth/<br />

Tesch 26.8.2009) – ein Vorwurf, der 2003<br />

bereits in Richtung der Landesregierung<br />

ausgesprochen wurde (vgl. Koch/Koch<br />

2006: 12). Das geringe Engagement der Institution<br />

Kirche wird auch damit begründet,<br />

dass St. Pauli als Universitätskirche<br />

niemals in ihrem Besitz war und damit<br />

auch nach der politischen Wende keinerlei<br />

Handlungserfordernis entstand (Stötzner<br />

28.8.2009, Wolff 10.9.2009). Offenbar wurde<br />

die Kirche zunächst auch vom Paulinerverein<br />

nicht als möglicher Verbündeter betrachtet,<br />

zumal die Landeskirche auch im<br />

Fall der Dresdner Frauenkirche zunächst<br />

deutlich zurückhaltend, ja eher ablehnend<br />

reagiert hatte. Vergrößert wurde die Distanz<br />

zwischen Verein und der Kirche einschließlich<br />

der Theologischen Fakultät offenbar<br />

dadurch, dass mit Jutta Schrödl<br />

eine „rote Socke“ (Stötzner 28.8.2009) im<br />

Vorstand des Paulinervereins aktiv war,<br />

die bis zur Wende Aussichten auf einen<br />

Marxismus-Leninismus-Lehrstuhl an der<br />

Universität hatte. Eher eine Anekdote ist<br />

die von der LVZ am 18.3.2003 vermeldete<br />

Unterstützung des Vatikans für das Wiederaufbauvorhaben:<br />

Der damalige Pauliner-Vorsitzende<br />

Blobel hatte Kardinal Ratzinger<br />

in einem anderen Zusammenhang<br />

getroffen und kurz auf die Paulinerkirche<br />

angesprochen (Häuser 10.9.2009). Gleichwohl<br />

gab es aber zeitweise ein Interesse

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