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150 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />

waltungsdirektor 1955 formulierte: „Außerdem<br />

liegt die Zukunft der Universität<br />

im Süden Leipzigs, und auf das Augusteum<br />

wird durch die Universität keinen Wert gelegt.“<br />

(Zit. in Löffler 1993: 23) Gleichzeitig<br />

weist Richter (2009) darauf hin, dass bereits<br />

1953 sowohl Universität als auch Augustusplatz<br />

nach Karl Marx umbenannt wurden,<br />

worin er einen Beleg dafür sieht, dass ihnen<br />

eine bedeutsame Rolle bei der Durchsetzung<br />

der sozialistischen Idee zugeschrieben<br />

wurde. Da aus Kostengründen eine<br />

baldige Verlegung nicht in Aussicht stand<br />

und andererseits 1959 der 550. Jahrestag<br />

der Universitätsgründung in einem repräsentativen<br />

Gebäude gefeiert werden sollte,<br />

wurde insbesondere von der Stadtverwaltung<br />

auch eine Wiederherstellung des Augusteums<br />

immer wieder ins Auge gefasst.<br />

Gegenüber der zuständigen Parteikommission<br />

bezeichnet der Universitätsrektor<br />

das Augusteum allerdings als Problem,<br />

das besser durch einen Neubau gelöst werden<br />

solle. Zudem hatte Staats- und Parteichef<br />

Walter Ulbricht bereits 1958 auf dem<br />

SED-Parteitag verkündet, der Karl-Marx-<br />

Platz solle „ein neues Gesicht“ erhalten,<br />

und wurden entsprechende Pläne innerhalb<br />

des Politbüros vorbereitet. Dennoch<br />

wurde hier 1959 zunächst beschlossen, das<br />

Augusteum zu erhalten und die Kirche auf<br />

einen rückwärtigen Standort zu versetzen.<br />

Erst als sich die Universität dem widersetzte,<br />

keine Mittel für den Wiederaufbau des<br />

Augusteums bereitstellte und eigene Pläne<br />

für eine zweckmäßige Bebauung – allerdings<br />

noch einschließlich einer versetzten<br />

Universitätskirche – erstellte, schwenkten<br />

auch die von Ulbricht bereits zuvor wegen<br />

ihrer zaghaften Neuplanung des Zentrums<br />

kritisierte Stadtverwaltung und das Politbüro<br />

um: Ende 1960 beschloss der Stadtrat<br />

schließlich den Abriss sowohl von Augusteum<br />

als auch Paulinerkirche. Den Grund<br />

hierfür sieht Löffler (1993: 36) letztlich in<br />

den hohen Kosten für die Wiederherstellung<br />

bzw. auch Verschiebung der Bestandsgebäude<br />

und widerspricht damit durchaus<br />

auch der von ihr eingangs zitierten Elisabeth<br />

Hüttner, nach deren Meinung die Konzeption<br />

der sozialistischen Stadt ursächlich<br />

für den Abriss von Kirche und Augusteum<br />

war. (Insg. Löffler 1993: 19–36, Koch/Koch<br />

2006: 18–26)<br />

Von da an wurde an dem grundsätz lichen<br />

Beschluss festgehalten, wenngleich die<br />

Neu planung des Bereichs noch einige Zeit<br />

in Anspruch nahm. Wie beim Aufbau des<br />

Stadtzentrums insgesamt kam es auch hier<br />

zu erheblichen Verzögerungen. Nachdem<br />

zunächst das Jahr 1965 für den Abschluss<br />

der Baumaßnahmen avisiert worden war,<br />

wurde 1961 vom Politbüro beschlossen,<br />

das Projekt 1962/63 zu beginnen und 1966<br />

abzuschließen. Als der Stadtrat jedoch<br />

1962 über den Bebauungsplan für die Innenstadt<br />

bis 1965 befand, fehlt die Westseite<br />

des Karl-Marx-Platzes. 1963 wird<br />

dann die „Enttrümmerung“ des Universitätsstandorts<br />

und die Neubebauung einschließlich<br />

Hochhaus für die Jahre 1965<br />

bis 1970 festgelegt, obwohl insbesondere<br />

SED-Bezirkssekretär Paul Fröhlich immer<br />

wieder auf einen früheren Sprengtermin<br />

drängt, so dass ein solcher gar dementiert<br />

werden muss (LVZ 13.2.1964). 1967 beschließt<br />

dann der Stadtrat ein Abbruchkonzept<br />

und das Politbüro die Auslobung<br />

eines Architekturwettbewerbs, der Ende<br />

März 1969 entschieden wird. Der einzige<br />

Beitrag, der eine Integration der Paulinerkirche<br />

vorsieht, wird nicht mit einem Preis<br />

ausgezeichnet, während eine Kombination<br />

aus zweitem und drittem Preis zur Bebauung<br />

vorgeschlagen wird. Dennoch werden<br />

auch innerhalb dieser Phase mehrfach<br />

Überlegungen zum Erhalt von Kirche<br />

und bzw. oder Augusteum angestellt, so<br />

etwa in Verbindungen mit Politbüro-Planungen<br />

für ein Haus der Kultur oder noch<br />

im Oktober 1965, wo drei Varianten für die<br />

Campusbebauung diskutiert werden, einschließlich<br />

einer unter Einbeziehung von<br />

Paulinerkirche und Teilen des Universitätsgebäudes.<br />

Schließlich wird gar als Argument<br />

für den Bau eines Hochhauses angeführt,<br />

ein Verzicht könne den Abriss der<br />

Altsubstanz fragwürdig machen. Schließlich<br />

stimmte auch die Universitätsleitung<br />

dem Bebauungsplan für den Innenstadtcampus<br />

zu, der eine andere Bebauung an<br />

Stelle der Kirche und damit letztlich ihren<br />

Abriss vorsah. Selbst der Dekan der Theologischen<br />

Fakultät enthielt sich lediglich<br />

der Stimme, um nicht „als Störenfried zu<br />

gelten“ (Koch/Koch 2006: 9). Am 30. Mai<br />

1968 wurde schließlich die Universitätskirche<br />

St. Pauli gesprengt. (Vgl. insg. Löffler<br />

1993: 226–230)<br />

Richter (2009) weist auf die erhebliche Bedeutung<br />

hin, die der Neubebauung von<br />

der Parteiführung beigemessen wurde:

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