PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
135<br />
„Daraus ist ein Konsens entstanden, der, so<br />
emotional geladen wie er ist, – genau wie<br />
beim Berliner Schloss – nicht mehr aufzulösen<br />
ist, und diesen Konsens muss man<br />
respektieren, jedenfalls als Faktum akzeptieren,<br />
egal ob man ihn mitträgt oder nicht.<br />
Es hat auch keinen Sinn, immer wieder<br />
die kulturphilosophische Grundsatzfrage<br />
stellen, ob das, was da am Neumarkt gewollt<br />
wird, kulturell legitim sei oder nicht.<br />
Die, die es tun, berufen sich dabei auf ein<br />
fundamentalistisches, normativ gesetztes<br />
Axiom der moralischen Pflicht der Einheit<br />
von Zivilisation und Kultur, von zivilisatorischem<br />
Status und kulturellem Bewusstsein,<br />
kultureller Identifikation und ihrer<br />
Darstellung gemäß dem Diktum, dass jede<br />
Zeit ihren zivilisatorischen Fortschritt<br />
habe, aus dem sie sich ihre eigene kultumen<br />
mit der Gestaltungskommission eine<br />
wichtige Unterstützung für die vermittelnde<br />
Position der Stadtverwaltung gewesen<br />
sein.<br />
Interessant an der Konstellation in Dresden<br />
ist also offenbar die breite Bewegung<br />
innerhalb der ansonsten wiederaufbaukritischen<br />
Professionen wie der Kunstgeschichte<br />
und Denkmalpflege, die sich für<br />
einen Wiederaufbau erwärmen können.<br />
Sie stützen sich auf die Nadlersche Tradition,<br />
die wiederum ohne die Kontinuität<br />
des Wiederaufbaudenkens nach dem<br />
Krieg und den Verweis auf den barocken<br />
Dresden-Mythos keine so große Plausibilität<br />
erlangen würde. Die durchaus kritischen<br />
Stimmen, die es auch in Dresden<br />
gibt, können sich vor diesem Hintergrund<br />
offenbar zu keiner schlagkräftigen Bewegung<br />
formen, wenngleich sie maßgeblich<br />
für den Alltag der Nicht-Leitbauten werden,<br />
die in moderat zeitgenössischen Formen<br />
errichtet werden.<br />
(Angeführte) Argumente für vermittelnde<br />
Varianten<br />
Geht man davon aus, dass die Extremposition<br />
der GHND nicht fordert, sämtliche<br />
historischen Gebäude am Neumarkt zu rekonstruieren,<br />
sondern vor allem eine besonders<br />
hohe Zahl von Leitbauten mit teilhistorischem<br />
Innenleben, Sicherung der<br />
Keller und gestalterisch hochwertigen und<br />
aus deren Verständnis mit den Leitbauten<br />
harmonierenden Neubaufassaden an den<br />
übrigen Gebäuden, kann man den sich abzeichnenden<br />
Weg der Stadt als vermittelnde<br />
Variante begreifen, wenngleich in der<br />
Öffentlichkeit die dorthin führenden Argumente<br />
aus Wettbewerben und der Anwendung<br />
des städtebaulich-gestalterischen<br />
Konzepts weniger prominent sind.<br />
Die hinter der zeitgenössischen Ausführung<br />
von Neubauten außerhalb der Leitbautenkulisse,<br />
dem Verzicht auf die Keller<br />
und der geringeren Zahl von Leitbauten<br />
stehenden Kräfte können eher als Ausfluss<br />
von Vermittlungsprozessen als eine Umsetzung<br />
von Argumenten für vermittelnde<br />
Varianten verstanden werden. Gleichwohl<br />
stehen implizit hinter diesem Weg weniger<br />
rigide Vorstellungen von der gestalterischen<br />
Bindung der Architekten und Investoren<br />
an die historischen Vorgängerbauten<br />
angesichts der untergebrachten zeitgenös<br />
sischen Nutzungen, dem Versuch, Investoren<br />
zu gewinnen und einer Vorstellung davon,<br />
welchen Spielraum architektonische<br />
Gestaltung in einem Umfeld wie dem Neumarkt<br />
besitzen sollte.<br />
Als originär vermittelnde Argumentationsweise,<br />
die eher interpretativ-erklärend<br />
denn handlungsleitend ist, kann die<br />
Position von Donath (2006: 120) verstanden<br />
werden, der ein anderes Verständnis<br />
von Gegenwartsarchitektur in einem<br />
seiner Auffassung nach zu wenig berücksichtigten<br />
Eingehen auf die gegenwärtigen<br />
Bedürfnisse der Stadtbewohner sieht<br />
und dazu die zwanglose Bereitschaft eines<br />
(unbekannten) Vereinsmitglieds anführt,<br />
historische Fassaden mit modernen funktionalen<br />
Gebäudegrundrissen zu kombinieren:<br />
„Warum immer unbedingt auf das Schöne<br />
in der Architektur verzichten Nur weil uns,<br />
vom Modernismus angetrieben, Architekten<br />
und Stadtplaner das einreden wollen<br />
Wir Bürger wollen in einer schönen Stadt<br />
leben. Was ist also schlimm daran, ein modernes<br />
Gebäude hinter eine historisierende<br />
Fassade zu stellen Wir empfinden nun<br />
einmal Fassadengestaltungen der vergangenen<br />
Jahrhunderte als ansehnlich. Das<br />
können moderne Glas- und Betonklötze in<br />
dieser Art niemals aufwiegen.“ (in Donath<br />
2006: 120)<br />
Interessant für das Verständnis der Situation<br />
vor Ort ist die – allerdings erst ex post<br />
– bewusst vermittelnde Position von Jürgen<br />
Paul (2007: 3 ff.):