PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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132 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
sondern im Namen der Dresdener Bevölkerung<br />
selbst mitreden. Dabei geht es ihr<br />
darum, eine Wiederherstellung des Neumarkts<br />
nach historischen Maßgaben und<br />
in diesem Zusammenhang eine Totalrekonstruktion<br />
der Leitbauten durchzusetzen.<br />
Die dazwischen einzufügenden<br />
Füllbauten sollen „dem Ort angemessen“<br />
gestaltet sein. Sehr deutlich bringt diese<br />
Position die Selbstdarstellung des Vereins<br />
und eine Aussage seines stellvertretenden<br />
Vorsitzenden zum Ausdruck:<br />
„Für viele von uns verbindet sich mit der<br />
nun fertig gestellten Frauenkirche die<br />
Hoffnung, dass auch der umgebende Neumarkt<br />
in seinem historischen Bild und als<br />
harmonische, städtebauliche Einheit wiederhergestellt<br />
wird. Unsere Gesellschaft<br />
‚Historischer Neumarkt Dresden e.V.‘ tritt<br />
dafür ein, den Neumarkt so weit wie<br />
möglich mit seinen kunst- und kulturgeschichtlich<br />
wertvollen Bauten wiederherzustellen.<br />
In Anbetracht vieler gesichtslos<br />
funktionaler Neubauten im Dresdner<br />
Zentrum sehen wir allein darin die letzte<br />
Chance, dieser Stadt ihre alte Identität<br />
und zugleich ein bürgerfreundliches Zentrum<br />
zurückzugeben.“ (www.neumarktdresden.de,<br />
Zugriff 04.11.2009).<br />
„Die umfassende Rekonstruktion des gesamten<br />
Ensembles ist die beste und einzig<br />
zufrieden stellende Lösung. Wenn<br />
eine vollständige Fassadenrekonstruk tion<br />
nicht möglich ist, dann sollen die Häuser<br />
eher eine traditionelle Gliederung mit<br />
hochrechteckigen Fenstern und ziegelgedeckten<br />
Mansarddächern erhalten – ohne<br />
Stahl und Glasvorhangfassaden, ohne Beton<br />
und andere modische Materialien der<br />
modernen Architektur.“ (Torsten Kulke zit.<br />
nach Donath 2006: 117)<br />
Offensichtlich bestehen im Vorbild der<br />
Frauenkirch-Rekonstruktion, dem hohen<br />
Zerstörungsgrad Dresdens und dem<br />
daraus abgeleiteten Identitätsverlust sowie<br />
dem Verweis auf die kunstgeschichtliche<br />
Bedeutung der verlorenen Bauten –<br />
und damit indirekt auf den Mythos vom<br />
untergegangenen Elbflorenz – wesentliche<br />
unterstützende Momente in einer Argumentation,<br />
die angesichts des Ziels, einen<br />
ganzen Stadtteil zu reparieren, an der<br />
allgemeinen Kritik an der städtebaulicharchitektonischen<br />
Moderne anknüpfen<br />
kann.<br />
Eine solche stadtgestalterische Argumentation,<br />
die im Rahmen des kontextuellen<br />
Bauens in Altstädten sehr üblich ist und<br />
an eine gängige Praxis anknüpft(vgl. den<br />
Hinweis Kulkes auf die hochrechteckigen<br />
Fenster usw.) und „nachmodern“ auch<br />
durch ihren Bezug zu der in den Kelleranlagen<br />
noch nachvollziehbaren Parzellenstrukturen<br />
ist, aber eigentlich mit denkmalpflegerischen<br />
Überlegungen wenig zu<br />
tun hat, wird interessanterweise an einigen<br />
wenigen Stellen mit solchen verzahnt,<br />
wenn es um die direkte Erhaltung der archäologisch<br />
ergrabener Keller geht. Hier<br />
geht die Position der GHND teilweise weiter<br />
als die der Denkmalpflege, so dass man<br />
den Versuch einer Wiederherstellung des<br />
stadträumlichen Zustands von 1945 mit<br />
Gebäudefronten und Parzellenstruktur –<br />
der im Übrigen an einigen Stellen auch zu<br />
Konflikten mit späteren Änderungen der<br />
Struktur wie etwa am Kulturpalast oder<br />
der Wilsdruffer Straße führt – im Wesentlichen<br />
eine Verknüpfung von stadtbildorientierten<br />
mit erinnerungskulturellen<br />
Motiven – Anknüpfung an die kulturhistorische<br />
Bedeutung des Bereichs, der zumindest<br />
„gefühlt“ seine alte Bedeutung wieder<br />
erlangt und so als würdige Kulisse für die<br />
kunsthandwerklich hochkarätigen Wiederaufbaumaßnahmen<br />
in der Innenstadt<br />
dienen soll. Die Argumentation ist in diesem<br />
Sinne stringent, wenngleich sie sich<br />
unterschiedlicher Quellen bedient und zunächst<br />
einer explizit nicht-fachlichen Haltung<br />
entspringt – obwohl die GHND sehr<br />
sachkundig im Hinblick auf die Geschichte<br />
des Orts ist und dies auch prominent<br />
auf ihrem Website zum Ausdruck bringt:<br />
„Den Investoren und der Stadtverwaltung<br />
stellen wir unser kunst- und kulturhistorisches<br />
Wissen über das Neumarktgebiet<br />
zum großen Teil kostenfrei zur Verfügung.<br />
Wir bieten dazu entsprechende Beratungen<br />
in Einzelgesprächen mit unseren Historikern<br />
und Architekten an.“ (www.neumarkt-dresden.de,<br />
Zugriff 04.11.2009) Die<br />
betreffende Vorgehensweise ist stark verwandt<br />
mit der der umfassend faktenkundigen<br />
Mitglieder des Fördervereins Berliner<br />
Schloss e.V. Wenngleich die GHND<br />
dieses Wissen in Verhandlungen mit Investoren<br />
praktisch einzusetzen versucht,<br />
handelt es sich im Wesentlichen um ein<br />
vergangenheitsbezogenes Wissen, das einen<br />
ähnlichen Ausgangspunkt wie das der