PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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Fallstudien<br />
119<br />
Coselpalais von 1976 ausgehenden Signale<br />
aus, die auf Bestreben des Dresdener<br />
Denkmalpflegeamtes wiederaufgebaut<br />
wurden (Schwarzbach 2000: 18 f., Donath<br />
2006: 104 f.).<br />
Frühere Auseinandersetzungen um Erhalt/<br />
Wiederherstellung<br />
Die Zerstörung des Neumarkts im Zweiten<br />
Weltkrieg, die so bezeichnete „Zweite Zerstörung“<br />
in den 1950er und 1960er Jahren<br />
(vgl. Landeshauptstadt Dresden 2008: 19,<br />
Donath 2006: 103) und das anschließende<br />
Nicht-Bebauen des Neumarktareals führte<br />
zu einem Entstehen eines städtebaulichen<br />
Vakuums. Zeitlich parallel zu den Zerstörungswellen<br />
begann ein langjähriges Ringen<br />
um die Wiederbebauung. Von Anfang<br />
an ging es dabei um die Frage nach Orientierung<br />
am historischen Vorbild oder einer<br />
baulich modernen Überprägung. Diese<br />
wurde in den Jahrzehnten der Nachkriegszeit<br />
mehrfach Gegenstand von kontroversen,<br />
teils widersprüchlich geführten Diskussionen<br />
und Auseinandersetzungen, die<br />
vor allem von den Vertretern der verschiedenen<br />
Fachdisziplinen (Stadtplaner, Architekten,<br />
Denkmalpfleger) und mit starker<br />
ideologisch motivierter Einflussnahme<br />
der Entscheidungsträger der Politik geführt<br />
wurde. So waren es vor allem wenige<br />
einzelne Denkmalpfleger wie etwa Hans<br />
Nadler, die sich im Rahmen ihrer fachlichen<br />
Möglichkeiten für einen originalgetreuen<br />
Wiederaufbau einsetzten. Zwar<br />
finden sich Hinweise auf schwelende Rekonstruktionswünsche<br />
seitens der Bevölkerung<br />
vor 1989, deren Ursprung sicherlich<br />
auf das zivilgesellschaftliche Engagement<br />
aus der Phase der Enttrümmerung und<br />
auf die Verlusterfahrung der ersten und<br />
zweiten Zerstörung des Neumarktviertels<br />
zurückzuführen ist (vgl. dazu vorheriger<br />
Abschnitt). Nach der Auswertung der vorliegenden<br />
schriftlichen Dokumentationen<br />
geht hervor, dass dieses nicht in entsprechende<br />
weitere Bestrebungen, Auseinandersetzungen<br />
oder gar Widerstand mündeten.<br />
Ein wirklicher Umschwung hat erst<br />
im Zuge nach der Deutschen Wiedervereinigung<br />
stattgefunden. Im Folgenden wird<br />
die jüngere Planungsgeschichte des Neumarktareals<br />
seit dem Zweiten Weltkrieg<br />
ab 1980 dargestellt, da sich eine Art Rückkehr<br />
und Hinwendung zu den historischen<br />
Wurzeln abzeichnete. Sie dient der Einord<br />
nung und zum besseren Verständnis des<br />
späteren Planungsprozesses unter veränderten<br />
politischen und gesellschaftlichen<br />
Verhältnissen, der unmittelbar nach der<br />
Deutschen Wiedervereinigung einsetzte<br />
bzw. an diese Epoche der Planungsprozesse<br />
anknüpfte.<br />
Nach mehrmaligen städtebaulichen Paradigmenwechseln<br />
wurde erst gegen Ende<br />
der 1970er Jahre nach einem Kurswechsel<br />
in der Baupolitik der DDR der gewachsene,<br />
historische Stadtgrundriss als wiederzugewinnendes<br />
Planungsziel definiert.<br />
Die deutlich unterschiedlichen städtebaulichen<br />
Modellvorstellungen aus den Nachkriegsjahrzehnten<br />
wurden letztlich, bis<br />
auf das Areal des späteren Hotels Dresdener<br />
Hof, bis zur politischen Wende 1990<br />
nicht umgesetzt. Der Neumarkt bestand<br />
weiterhin als innerstädtische Brachfläche<br />
im Stadtzentrum. Einige der aus der Zeitphase<br />
der 1980er Jahre hervorgegangenen<br />
Prinzipien für den Wiederaufbau haben in<br />
den Grundzügen allerdings nachfolgende<br />
Planungen und auch Wiederaufbaudebatten<br />
beeinflusst.<br />
In mehreren Veröffentlichungen wird<br />
auf die erhebliche Bedeutung der bereits<br />
in den 1970er Jahren entwickelten Idee<br />
des „Leitbautenkonzepts“ Hans Nadlers<br />
hingewiesen, obwohl diese zu dem Zeitpunkt<br />
ihrer Entstehung nicht ausreichte,<br />
um einen originalgetreuen Wiederaufbau<br />
bei den politischen Entscheidungsträgern<br />
durchzusetzen (Paul 2008: 6, Donath<br />
2008: 106, Menting: 24 f.). Der inzwischen<br />
zum sächsischen Landeskonservator ernannte<br />
Denkmalpfleger schlug eine exemplarische<br />
und vollständige Rekonstruktion<br />
von 20 gut dokumentierten, architektonisch<br />
bedeutendsten Bürgerhäusern vor,<br />
die er als „Leitbauten“ bezeichnete. Damit<br />
wollte er verhindern, dass das ehemalige<br />
Altstadtgebiet um die Ruine der Frauenkirche,<br />
dessen Wiederaufbau zu dieser<br />
Zeit noch nicht in der Diskussion stand,<br />
mit standardisierten Gebäuden in Plattenbauweise<br />
gefüllt wird. Die Leitbauten<br />
sollten hinsichtlich der Gebäudegröße<br />
und Fassadengliederung für eine künftige<br />
Neubebauung maßstabsetzend sein (Paul<br />
2008: 6). Nadler war zu diesem Zeitpunkt<br />
ohnehin zu einer wichtigen Figur des Dresdener<br />
Wiederaufbaus avanciert, da er sich<br />
als maßgeblicher Initiator gegen den Wi