PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen
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4 Positionen zum Wiederaufbau verlorener Bauten und Räume Forschungen Heft 143<br />
Engagement zur Lösung eines komplexen<br />
gesellschaftlichen Problems wie Arbeitslosigkeit<br />
oder Rechtsextremismus. Es wird<br />
abschließend versucht, eine potenziell Zuordnung<br />
der verschiedenen Motivationsbausteine<br />
zu Wiederaufbaubefürwortern<br />
vorzunehmen.<br />
Die politischen und gesellschaftlichen<br />
Auseinandersetzungen um Wiederaufbau-vorhaben<br />
spiegeln auch das Verhältnis<br />
und die Kommunikation von Experten<br />
und Laien wider (vgl. Kap. 4.22). Während<br />
Initiativen für originalgetreue Rekonstruktionen<br />
zumeist von Laien ausgehen<br />
(seien es Bürgerinitiativen, Stadtpolitiker<br />
oder Unternehmer), sind es immer wieder<br />
Teile der Architektenschaft, des Kulturjournalismus<br />
und der institutionalisierten<br />
Denkmalpflege, die aus ihrem fachlichen<br />
Zugang heraus kritische Positionen<br />
formulieren.<br />
Eine eingehende Auseinandersetzung<br />
mit den jüngeren Ergebnissen der Populismusforschung<br />
zeigt Zusammenhänge<br />
zwischen populistischen Tendenzen innerhalb<br />
des bundesrepublikanischen politischen<br />
Systems und Form und Inhalt der<br />
postmodernen Rekonstruktionswelle, die<br />
beide innerhalb der vergangen dreißig Jahre<br />
verortet werden können (vgl. Kap. 4.23).<br />
Dabei wird zunächst auf (architektur-)populistische<br />
Argumente innerhalb der lokalen<br />
Debatten um Wiederaufbauvorhaben<br />
verwiesen. Dann wird auch verdeutlicht,<br />
dass populistische Tendenzen innerhalb<br />
der bestehenden Parteiendemokratie die<br />
Durchsetzung bürgerlicher Rekonstruktionswünsche<br />
fördern. Dies scheint allerdings<br />
weniger für die vermehrt festzustellenden<br />
plebiszitären Elemente der lokalen<br />
Demokratie zuzutreffen. Ebenso wenig<br />
wird davon ausgegangen, dass die Rekonstruktionswelle<br />
für sich genommen eine<br />
populistische Bewegung darstellt.<br />
In der Politikwissenschaft wird derzeit<br />
von einer gesteigerten Rolle der Medien innerhalb<br />
demokratischer Entscheidungsprozesse<br />
ausgegangen (vgl. Kap. 4.24), die<br />
zum Teil zur Annahme eines Wandels von<br />
einer Parteiendemokratie in eine „Mediendemokratie“<br />
führt. Wiederaufbauvorhaben<br />
besitzen in ihrer Vorbereitung, Durchführung<br />
und im fertig gestellten Zustand<br />
einen beträchtlichen medialen Wert als<br />
Nachricht, Bild und Symbol.<br />
Innerhalb der gesellschaftlichen Diskurse<br />
um Wiederaufbauvorhaben können die<br />
Argumente von Befürwortern als pragmatisch<br />
angesehen werden, da sie eine Lösung<br />
für städtische oder gesamtgesellschaftliche<br />
Probleme anbieten. Dieser<br />
These folgend können verschiedene ästhetische,<br />
stadtstrukturelle, (stadt-)historische,<br />
gesellschaftliche und ökonomische<br />
Funktionen beschrieben werden, die von<br />
Rekonstruktionen erfüllt werden (vgl. Kap.<br />
4.3). In der Überprüfung der Wirksamkeit<br />
zeigt sich allerdings, dass Wiederaufbauten<br />
den erwarteten Nutzen zum Teil nur<br />
begrenzt erzeugen können, obwohl ein erheblicher<br />
Effekt von ihnen ausgeht.<br />
Fallstudien<br />
Innerhalb des Forschungsvorhabens<br />
wurde eine Auswahl von vier Fallstudien<br />
getroffen und eingehend analysiert –<br />
hinsichtlich ihrer Vorgeschichte, ihres politisch-gesellschaftlichen<br />
Prozesses, der<br />
in ihnen formulierten Argumente und<br />
zur Verfügung stehenden Entscheidungsgrundlagen<br />
sowie ihrer Ergebnisse (vgl.<br />
Kap. 5). Ein besonderer Schwerpunkt wurde<br />
auf die Untersuchung der Rolle lokaler<br />
Bürgerinitiativen gelegt.<br />
Der Dresdner Neumarkt diente dabei als<br />
ein Beispiel der Wiederherstellung eines<br />
Stadtquartiers bzw. städtebaulichen Ensembles<br />
und damit auch einer Reihe bürgerlicher<br />
Bauten (vgl. Kap. 5.1). Auf der<br />
Ebene der Einzelgebäude wird dabei eine<br />
Reihe unterschiedlicher Wiederaufbautypen<br />
verwendet, von originalgetreuer und<br />
Fassadenrekonstruktion bis hin zu den<br />
üblichen Praktiken der – mehr oder weniger<br />
gelingenden – Einfügung in einen (hier<br />
gleichzeitig entstehenden) städtebaulichen<br />
Kontext. Dabei ist die nun verfolgte Strategie<br />
Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses<br />
innerhalb der Stadtgesellschaft, der<br />
auch in Zusammenhang mit den sonstigen<br />
Rekonstruktionsbemühungen in Dresden –<br />
einschließlich der Frauenkirche – betrachtet<br />
werden soll. In der Analyse sollen insbesondere<br />
Entstehung, Anwendung und<br />
Ergebnis der Leitbauten-Strategie überprüft<br />
werden sowie die Besonderheiten<br />
von städtebaulichen Rekonstruktionen gegenüber<br />
Einzelbauten untersucht werden.<br />
Zusätzlich ist die Bedeutung des Frauenkirchen-Wiederaufbaus<br />
als Katalysator<br />
von großem Interesse.<br />
Die Kontroverse um den Wiederaufbau<br />
der Leipziger Universitätskirche St. Pauli<br />
gehört zu den sowohl schärfsten als auch