30.01.2015 Aufrufe

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

PDF-Download - Newsletter Urbane Transformationen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wiederaufbauprozesse: Zentrale Einflussfaktoren<br />

105<br />

in der Regel einerseits ein Identifikationspotenzial<br />

für die städtische Bevölkerung<br />

und kollektive Identitätsbildung der Stadtgesellschaft<br />

gemeint, andererseits eine auf<br />

Vermarktung nach innen und außen ausgerichtete<br />

Imagebildung, die hier vor allem<br />

als ökonomische Funktion aufgefasst<br />

werden soll (siehe Kap. 4.35). Die zunehmend<br />

pluralisierte und fragmentierte<br />

Stadtgesellschaft, die nicht in der Lage ist,<br />

eine prägende gemeinsame Identität zu<br />

entwickeln, wird von denjenigen, die eine<br />

Identitätsbildung als Argument anführen,<br />

als Manko, wenn nicht gar als Unannehmlichkeit<br />

oder Bedrohung empfunden.<br />

Gegebenenfalls werden daraus auch weitere<br />

Ableitungen hinsichtlich eines fehlenden<br />

gesellschaftlichen Zusammenhalts<br />

auf das Fehlen oder die Schwäche der kollektiven<br />

Identität bzw. die geringe Identifikation<br />

des Einzelnen mit der Stadtgesellschaft<br />

vorgenommen. Insofern werden<br />

Rekonstruktionen aus mehrerlei Hinsicht<br />

als geeignete Maßnahmen zur Identitätssteigerung<br />

angeführt. Zunächst durch den<br />

bereits angeführten Geschichts- und Ortsbezug:<br />

Es scheint erstens einfacher, ehemals<br />

bestehende Bezüge wiederherzustellen,<br />

als gänzlich neue zu (er-)finden.<br />

Zweitens gelten Bauwerke neben lokalen<br />

Ereignissen, Brauchtum und Erzählungen<br />

sowie den damit jeweils verbundenen<br />

gesellschaftlichen Diskursen durch<br />

ihre Zeichenhaftigkeit und teilweise hohe<br />

Symbolkraft insgesamt als Mittel zur Identifikation<br />

mit der Stadt. Drittens können<br />

sie im Sinne von Wahrzeichen sicher auch<br />

der Distinktion und Unterscheidbarkeit<br />

von anderen Städten dienen. Schließlich<br />

bietet aber auch die Ereignishaftigkeit und<br />

die gemeinschaftliche Anstrengung, die<br />

ein Wiederaufbauvorhaben darstellt, einiges<br />

Identifikationspotenzial. Im Gegensatz<br />

zu einem zeitgenössischen Bauwerk wird<br />

von Befürwortern häufig davon ausgegangen,<br />

dass keine gänzlich neue Identifikationsleistung<br />

erforderlich ist, sondern dass<br />

hier vormals vorhandene Bezüge ebenso<br />

einfach wiederhergestellt werden könnten,<br />

wie die Rekonstruktion des Gebäudes als<br />

technisch machbar angesehen wird. Damit<br />

ein Neubau als Ausdruck einer kollektiven<br />

Identität angesehen werden kann,<br />

müsste nach dieser Auffassung zunächst<br />

ein gesellschaftlicher common sense bestehen,<br />

der in einem langwierigen Prozess<br />

ausgehandelt werden müsste und der auch<br />

zu empfindlichen Kompromissen seitens<br />

des Milieus der Rekonstruktionsbefürworter<br />

führen könnte. Im konservativen Bezug<br />

auf eine trotz Zerstörung als bestehend<br />

angesehene Geschichtlichkeit können, so<br />

die Einschätzung, hingegen die Unsicherheit<br />

und Instabilität der Gegenwart durch<br />

ein Anknüpfen an die als sicher und stabil<br />

angenommene Vergangenheit überwunden<br />

werden.<br />

Innerhalb der Argumentation, die einer<br />

Rekonstruktion eine identitäts bildende<br />

Funktion zuweist, wird zumeist übersehen,<br />

dass eben die beschriebene gesellschaftliche<br />

Fragmentierung und Individualisierung<br />

dazu führt, dass nicht nur<br />

ein momentaner Mangel an Identifikation<br />

mit der Stadt besteht, sondern dass<br />

auch die Identitätsbildung erschwert ist.<br />

Da der Raum selber keine Identität besitzt,<br />

kann er sie im Wortsinne auch nicht stiften.<br />

Allerdings können sich Einzelne wie<br />

auch Gruppen in ihrer insgesamt komplexen<br />

Identitätskonstruktion auf den Raum<br />

beziehen. Hier besitzt zumindest die lokale<br />

Ebene das höchste Identifikationspotenzial.<br />

Ein (ggf. rekonstruiertes) Gebäude<br />

kann dabei langfristig als Identitätsanker<br />

oder Medium dienen. Es kann Menschen<br />

und Bewohnergruppen in Bürgerinitiativen<br />

etc. zusammenführen und dadurch<br />

vergemeinschaftend wirken, gleichzeitig<br />

aber auch den Geschmacks- und Lebensstilgruppen<br />

Gelegenheit bieten, sich<br />

durch Zustimmung bzw. Ablehnung voneinander<br />

abzusetzen. Dabei stellt ein solches<br />

Gebäude jedoch nur einen Baustein<br />

der raumbezogenen Identität neben vielen<br />

dar und ist kaum als ausschlaggebende<br />

Bedingung anzusehen. Es reicht also nicht,<br />

ein spektakuläres Bauwerk mit erheblicher<br />

Außenwirkung zu errichten, um eine<br />

Identifikation mit dem Wohnort auszulösen.<br />

Es ist gut denkbar, dass ein herausragendes<br />

Gebäude, auf das die Bewohner<br />

stolz sind und das sie ästhetisch ansprechend<br />

finden, die lokale Bindung verstärkt,<br />

wenn diese zumindest in Ansätzen bereits<br />

vorhanden ist. Gerade jemand, der sich<br />

vielleicht selbst im Wiederaufbauprozess<br />

engagiert hat, wird einen Teil seiner Identität<br />

sicherlich aus der Verwirklichung seines<br />

Anliegens – gut sichtbar und baulich<br />

„verewigt“ in dem rekonstruierten Gebäude<br />

– beziehen. Je nach Strukturierung und

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!