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Volken und die Keller, von 1314 bis 1888 - Gemeinde Volken

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Mit 4 ½ Jahren verlor Johann Conrad seinen Vater, <strong>und</strong> seine Mutter musste mit Unterstützung durch ihren<br />

Bruder als Beistand <strong>und</strong> den Bruder ihres verstorbenen Mannes als „Vogt“, d.h. Vorm<strong>und</strong> <strong>die</strong> Familie mit<br />

ihren beiden überlebenden Kinder durchbringen. Wie <strong>die</strong> im Anhang aufgeführten Vorm<strong>und</strong>schaftsrechnungen<br />

zeigen, war <strong>die</strong> Familie relativ wohlhabend, <strong>und</strong> seiner Mutter wurde attestiert, dass sie ihre Kinder gut erziehe<br />

<strong>und</strong> das Vermögen mit Umsicht verwalte. Was indirekt aus den vorliegenden Dokumenten hervorgeht, ist <strong>die</strong><br />

Tatsache, dass sie den Bauernbetrieb, <strong>die</strong> Weinschenke <strong>und</strong> das Backen weiterführte. Das war zweifelsohne<br />

eine riesige Belastung für eine Witwe, <strong>die</strong> ja auch zwei Kleinkinder zu erziehen hatte. Sie scheint das mit Unterstützung<br />

durch Bruder <strong>und</strong> Schwager klaglos bewerkstelligt zu haben.<br />

Es kann da<strong>von</strong> ausgegangen werden, dass <strong>die</strong> beiden Kinder sehr rasch im Haushalt, auf dem Feld <strong>und</strong> im<br />

Restaurant mit anpacken mussten. Trotzdem durften <strong>die</strong> Kinder <strong>die</strong> Schule besuchen, was damals alles andere<br />

als üblich war in Bauernfamilien. So war Johann Conrad gut ausgebildet, als er mit 22 Jahren zum <strong>Gemeinde</strong>rats-Schreiber<br />

<strong>und</strong> kurz danach in den <strong>Gemeinde</strong>rat gewählt wurde <strong>und</strong> dort das Amt des Seckelmeisters übernahm.<br />

Bemerkenswert ist, dass damals das Mündigkeitsalter 25 war, Johann Conrad also noch als „Vogtknab“,<br />

d.h. bevorm<strong>und</strong>et, galt, als er schon Funktionen in der Verwaltung der <strong>Gemeinde</strong> übernommen hatte.<br />

Mit 28 Jahren, 1845, übertrug ihm seine Mutter <strong>die</strong> formelle Verantwortung für <strong>die</strong> „Weinschenke“, das heutige<br />

Restaurant Post. Bereits 1841 wurde <strong>die</strong>ses umgebaut, was in <strong>die</strong>sem Jahr zu einer Erhöhung der Brandassekuranz-Prämie<br />

<strong>und</strong> 1845 zu einer Neueinschätzung führte. Um all das zu bewältigen, trat er 1844 aus dem<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat aus, wurde aber 3 Jahre später, 1847, zum <strong>Gemeinde</strong>präsidenten gewählt, ein Amt, das er <strong>bis</strong><br />

1850 innehatte. Daneben bekleidete er in <strong>die</strong>sen Jahren <strong>die</strong> Funktion des Feuerwehr-Kommandanten.<br />

In den Jahren 1847 – 1856 wurden ihnen 6 Kinder geschenkt, zuerst 3 Mädchen (wo<strong>von</strong> eines leider mit knapp<br />

einjährig starb), hierauf 3 Buben, <strong>die</strong> allesamt eine gute Schulbildung erhielten. Eine Frage mag erlaubt sein:<br />

warum heiratete er in Uster, das doch sowohl <strong>von</strong> <strong>Volken</strong> wie auch <strong>von</strong> Eschlikon, Pfarrei Dinhart, woher<br />

seine Frau stammte, recht weit entfernt ist War es wohl <strong>die</strong> Besorgnis um seinen guten Ruf, da <strong>die</strong> erste<br />

Tochter schon 4 Monate nach der Hochzeit zur Welt kam Solche „Frühgeburten“ waren damals allerdings<br />

nicht unüblich, wenn auch vielleicht doch mit einem gewissen Stigma versehen.<br />

Über seine Zeit als <strong>Gemeinde</strong>rat <strong>und</strong> - Präsident kann im „<strong>Volken</strong> im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert“ sehr viel nachgelesen<br />

werden. Hier nur einige Highlights:<br />

In seiner Sitzung vom 5. Februar 1850 entschied der <strong>Gemeinde</strong>rat, dass der Sitzungsort weiterhin bei seinem<br />

Präsidenten Johann Conrad <strong>Keller</strong> sein sollte. Und da es gerade Winter <strong>und</strong> kalt war, wurde <strong>die</strong>sem Entschluss<br />

beigefügt, falls <strong>die</strong> Sitzung nicht in der unteren Stube (in der jetzigen Gaststube des Restaurants Post) stattfinden<br />

könne, also in <strong>die</strong> Stube im ersten Stock ausgewichen werden müsse <strong>und</strong> <strong>die</strong>se nicht geheizt sei, dann<br />

dürfe Präsident <strong>Keller</strong> das zum Feuern des Ofens benötigte Holz gratis <strong>von</strong> der <strong>Gemeinde</strong> beziehen. So war<br />

allen ge<strong>die</strong>nt: J.C. <strong>Keller</strong> konnte kostenlos <strong>die</strong> obere Kammer beheizen <strong>und</strong> seinen Ratskollegen vielleicht<br />

schon während, sicher aber nach der Sitzung, bei der Bekämpfung des Durstes helfen, <strong>und</strong> den andern <strong>Gemeinde</strong>räten<br />

wurde der Gang in <strong>die</strong> winterlichen Gefilde zur nächsten Beiz erspart.<br />

Als er 1853 als Kandidat für das Friedensrichteramt vorgeschlagen wurde, gleichzeitig aber auch <strong>Gemeinde</strong>ammann<br />

war, da pfiff ihn das Statthalteramt Andelfingen zurück. Diese Ämterkumulation war nicht mehr<br />

möglich. Er entschied sich für das Amt des <strong>Gemeinde</strong>ammanns. Allerdings verabschiedete <strong>die</strong> Kantonsregierung<br />

am 20. Juni 1855 ein Gesetz, das folgendes bestimmte: „Die <strong>Gemeinde</strong>ammänner, <strong>die</strong> Präsidenten <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Schreiber der <strong>Gemeinde</strong>räthe dürfen weder selbst eine Wirtschaft betreiben noch in einem Haus wohnen,<br />

in welchem eine solche betrieben wird“. Eine harte Massnahme. Johann Conrad <strong>Keller</strong> überlegte, rechnete <strong>und</strong><br />

entschied sich schliesslich für seine Weinschenke. Er trat als <strong>Gemeinde</strong>ammann zurück.<br />

J.C. <strong>Keller</strong> <strong>die</strong>nte auch in der lokalen Feuerwehr als Kommandant.<br />

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