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Volken und die Keller, von 1314 bis 1888 - Gemeinde Volken

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Wie <strong>die</strong> Volkemer <strong>die</strong> Zahlung der Gr<strong>und</strong>zinsen zu vermeiden suchten<br />

Schon früh, sicher aber ab dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert, fühlten sich <strong>die</strong> „Erblehenbauern“ immer mehr als effektive<br />

Besitzer der <strong>von</strong> ihnen bewirtschafteten Höfe. Sie hatten das Recht, ihren Hof zu verkaufen, zur Sicherung <strong>von</strong><br />

Krediten zu belasten <strong>und</strong> ihn zu vererben. Formal musste allerdings der Gr<strong>und</strong>herr, beim Kelhof in <strong>Volken</strong><br />

war <strong>die</strong> Priorin des Klosters St. Katharinental Gr<strong>und</strong>herrin, ihre Zustimmung geben. Diese wurde <strong>von</strong> der Person<br />

des neuen Erblehenbauers abhängig gemacht.<br />

Wie <strong>die</strong> früheren Urk<strong>und</strong>en zeigen, war der Kelhof zu <strong>Volken</strong> sehr gross <strong>und</strong> bot einer wachsenden Anzahl<br />

<strong>von</strong> Familien ein Auskommen. Somit war es nur logisch, dass über <strong>die</strong> Jahrh<strong>und</strong>erte eine Aufsplitterung des<br />

Besitzes stattfand. Schon in der Urk<strong>und</strong>e <strong>von</strong> 1574 äusserte St. Katharinental <strong>die</strong> Sorge, dass der Kelhof auf zu<br />

viele Pächter aufgeteilt würde <strong>und</strong> schränkte deshalb deren Anzahl auf höchstens 8 ein.<br />

Mit fortschreitender Parzellierung wuchs <strong>die</strong> Unübersichtlichkeit. Schon 1675 manifestierte sich unter den<br />

Bauern <strong>die</strong> Tendenz, sich der Zinsen zu entziehen. Im erneuerten Urbar des Klosters Rheinau <strong>von</strong> 1675 z.B.<br />

(als Urbar werden Güter- <strong>und</strong> Einkünfteverzeichnisse bezeichnet, <strong>die</strong> der Wirtschaftsführung, der Verwaltung,<br />

der Rechts- <strong>und</strong> der Besitzstandssicherung der Gr<strong>und</strong>herrschaft <strong>die</strong>nten) 30 steht, dass <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>stücke ohne<br />

Vorwissen Rheinaus zerstückelt worden seien, indem man hoffte, so allmählich den Zins zu hinterziehen. Der<br />

Gr<strong>und</strong>zins wurde nur noch als Steuer empf<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> so kommt es, dass <strong>die</strong> Volkemer Bauern sich oft weigerten,<br />

ihn zu bezahlen. 31 .<br />

Auch <strong>die</strong> Verantwortlichen <strong>von</strong> Katharinental erkannten, dass wegen der Aufsplitterung des Gr<strong>und</strong>besitzes<br />

<strong>und</strong> Schlamperei bei der Führung des Urbars eine korrekte Kontrolle des Gr<strong>und</strong>zinses fast unmöglich geworden<br />

war. Ihr Urbar war liederlich oder gar falsch nachgeführt worden <strong>und</strong> musste <strong>von</strong> Gr<strong>und</strong> auf ersetzt werden.<br />

Im „Ersatzurbar <strong>und</strong> Traglibell für den Gr<strong>und</strong>zins des Klosters St. Katharinental ab 1756-1851“ 32 wird<br />

denn auch beklagt, dass seit 1756 wegen „Verteilungen, Erbfall, das Kaufen <strong>und</strong> Verkaufen“, hauptsächlich<br />

aber „sonderheitlich durch das liederliche <strong>und</strong> saumselige Betragen des Heinrich Gysslers Urbar <strong>und</strong> Lagerbrief<br />

überall <strong>und</strong> gänzlich in eine solche Confusion gebracht“ wurden, dass man den Gr<strong>und</strong>zins nicht mehr<br />

mit der erforderlichen Sorgfalt einziehen <strong>und</strong> kontrollieren konnte.<br />

Dies löste bei der Priorin <strong>von</strong> St. Katharinental als Gr<strong>und</strong>herrin <strong>und</strong> ihren Verwaltern den Entschluss aus, das<br />

aufgetretene Problem nachhaltig zu bereinigen. An hand noch vorhandener Zinsenbelege <strong>und</strong> alter Urbarien<br />

wurde 1773 ein neuer Urbar mit detaillierten Aufzeichnungen ab 1756 rekonstruiert. Für das Jahr 1756 wurden<br />

nicht weniger als 80 gr<strong>und</strong>zinspflichtige Familien aufgeführt, wo<strong>von</strong> nur noch 20 den Namen <strong>Keller</strong> trugen.<br />

Das zeigt sehr deutlich, wie nachhaltig sich <strong>die</strong> Besitzes- <strong>und</strong> damit Abgabe-Verhältnisse in den 462 Jahren<br />

Gr<strong>und</strong>herrschaft des Klosters St. Katharinental geändert hatten. Die Einschränkung der Erblehenträger des<br />

Kelhofes auf acht Familien war endgültig Makulatur geworden. Der nun seriös bereinigte Urbar wurde <strong>bis</strong><br />

zum Loskauf des Gr<strong>und</strong>zinses 1847 - 1851 fortgeführt. Zur Dokumentation der Wichtigkeit <strong>und</strong> zur Sicherung<br />

der Rechtsgültigkeit wurde der Ersatz-Urbar „mit obrigkeitlicher Bewilligung durch <strong>die</strong> Kanzley Andelfingen<br />

im Beysein des Lehensvogtes“ genehmigt. Damit war eine seriöse Gr<strong>und</strong>lage für <strong>die</strong> Zinszahlungen auf dem<br />

St. Katharinental’schen Gr<strong>und</strong>besitz geschaffen.<br />

Weiter wurde bestätigt, dass ein vertrauenswürdiger Mann als „Trager“ bestimmt werden müsse, der <strong>die</strong> Aufgabe<br />

hatte, <strong>die</strong>se Abgaben einzuziehen <strong>und</strong> sie gesamthaft dem Kloster abzuliefern. Es ist aufgr<strong>und</strong> der vorhandenen<br />

Urk<strong>und</strong>en anzunehmen, dass allgemein schon vor im 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>die</strong> sogenannte „Tragerei“<br />

eingeführt wurde. Normalerweise wurde der Besitzer des Kernstücks des alten Hofes zum Trager bestimmt,<br />

der gegen eine bescheidene Entlöhnung <strong>von</strong> allen Parzellen des ehemaligen Hofes <strong>die</strong> entsprechenden<br />

Zinsanteile einsammeln <strong>und</strong> abliefern musste. 33<br />

Als Konsequenz, <strong>und</strong> damit ein ähnliches Risiko nicht noch einmal eintreten könne, fällten jetzt <strong>die</strong> Verantwortlichen<br />

des Klosters St. Katharinental einen Gr<strong>und</strong>satz-Entscheid, der in der nachfolgenden Urk<strong>und</strong>e auf<br />

Seiten 29ff wiedergegeben ist.<br />

30 Historisches Lexikon www.hls-dhs-dss.ch/index.php<br />

31 Paul Kläui: Gerichtsherrschaft Flaach-<strong>Volken</strong>, Seite 40<br />

32 Signatur IV A 1 im <strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong><br />

33 Historisches Lexikon der Schweiz, Andreas Ineichen: http://www.hls-dhs-dss.ch/index.php<br />

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