Volken und die Keller, von 1314 bis 1888 - Gemeinde Volken
Volken und die Keller, von 1314 bis 1888 - Gemeinde Volken
Volken und die Keller, von 1314 bis 1888 - Gemeinde Volken
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Das Heimwesen der Witwe Anna <strong>Keller</strong> in <strong>Volken</strong> 1602<br />
Die Urk<strong>und</strong>e hält einen Hypothekarvertrag fest, ähnlich der Urk<strong>und</strong>e <strong>von</strong> 1575. Hans <strong>Keller</strong> <strong>und</strong> Witwe<br />
Anna <strong>Keller</strong>, wohnhaft in <strong>Volken</strong>, entlehnen gemeinsam je 100 Gulden, <strong>die</strong> sie für ihren Landwirtschaftsbetrieb<br />
brauchen. Der Text nennt den genauen Gr<strong>und</strong> nicht. Die Bemerkung, man habe das Geld zum „guten<br />
Nutzen“ verwendet, um weiterem „Schaden vorzukommen“, lässt vermuten, dass besondere Aufwendungen<br />
den Hof aus dem Gleichgewicht gebracht haben. Es macht den Anschein, dass Hans <strong>Keller</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />
Witwe Anna <strong>Keller</strong> den Betrieb gemeinsam führen. Ist vielleicht Hans <strong>Keller</strong> der Sohn der Witwe <strong>und</strong> haben<br />
<strong>die</strong> beiden nach dem Tod des Vaters den Hof übernommen <strong>und</strong> eventuell andere Miterben ausbezahlt<br />
Ähnliche Gründe könnten schon <strong>die</strong> frühere Generation um 1575 zur Geldaufnahme gedrängt haben.<br />
Der Geldgeber ist Ulrich Hettlinger, ein Bürger der Stadt Winterthur, der als Stadtrat aus angesehenem <strong>und</strong><br />
auch wohlhabendem Kreis stammt. Mehr lässt <strong>die</strong> Urk<strong>und</strong>e nicht verlauten. Das HBLS (Historisch-<br />
Biographisches Lexikon der Schweiz) führt Ulrich Hettlinger (+1638) als Schultheiss (1618-1634) <strong>von</strong><br />
Winterthur auf.<br />
Interessant ist, dass der Text in der Ich-Form der beiden Gläubiger aufgesetzt ist. Sie lassen <strong>die</strong> Urk<strong>und</strong>e<br />
ausstellen. Das deutet auf eine gehobene Stellung hin, was durch <strong>die</strong> Grösse des Bauernhofs erhärtet wird.<br />
Die Fertigung des Vertrags geschah in gleicher Weise wie 1575, also vor dem Vogteiamt Andelfingen, mit<br />
dem herrschaftlichen Schreiber <strong>und</strong> dem Siegel des zürcherischen Landvogts, <strong>die</strong>smal <strong>von</strong> Jakob <strong>von</strong><br />
Schanis, der <strong>von</strong> 1562 <strong>bis</strong> 1611 lebte. Wiederum fällt auf, dass <strong>die</strong> Sicherung des entlehnten Geldes sowie<br />
der Zinsleistung mit vielen Worten, beinahe im beschwörenden Ton, festgelegt wird. Da gibt es kein Entrinnen,<br />
keine Ausrede. Weder Krankheit noch kriegerische Ereignisse, weder Missernte noch Gerichtsentscheide<br />
können das Abgemachte schwächen. Die Gläubiger haften für Kapital <strong>und</strong> Zins mit all ihrem liegenden<br />
<strong>und</strong> fahrenden Gut.<br />
Der Quellenwert <strong>die</strong>ser Urk<strong>und</strong>e liegt vor allem in der Beschreibung des gemeinsamen Hofes <strong>von</strong> Hans<br />
<strong>und</strong> Anna <strong>Keller</strong>, den <strong>die</strong> beiden als Versicherungspfand einsetzen. Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden scheinen aber unter<br />
den beiden aufgeteilt zu sein, denn <strong>die</strong> Parzellen der beiden Eigentümer werden gesondert aufgelistet. Haus<br />
<strong>und</strong> Hofgebäude dürften wohl <strong>von</strong> beiden gemeinsam genutzt werden, denn sie werden ganz am Schluss<br />
des Güterverzeichnisses aufgeführt. Es fällt auf, dass der Landwirtschaftsbetrieb relativ gross <strong>und</strong> <strong>bis</strong> zu<br />
<strong>die</strong>sem Zeitpunkt noch nicht verschuldet ist. Die starke Parzellierung (insgesamt 35 Stück) weist wiederum<br />
auf <strong>die</strong> mittelalterliche Allmeindgenossenschaft hin, in der das Land in den verschiedenen Lagen <strong>und</strong> in<br />
unterschiedlichen Nutzungsbereichen an <strong>die</strong> einzelnen Genossenhöfe aufgeteilt wurde. Die zahlreichen<br />
Flur- <strong>und</strong> Personennamen machen <strong>die</strong> Urk<strong>und</strong>e zum wertvollen Dokument der mittelalterlichen Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> der Familienforschung.<br />
Die Bezeichnung „Kelhof“ fehlt in <strong>die</strong>ser Urk<strong>und</strong>e. Die Güter <strong>von</strong> Hans <strong>Keller</strong> <strong>und</strong> der Witwe <strong>Keller</strong> gehörten<br />
nicht zum Gr<strong>und</strong>besitz des Klosters St. Katharinenthal, sondern standen anscheinend gr<strong>und</strong>herrlich<br />
in Abhängigkeit <strong>von</strong> Winterthur <strong>und</strong> Zürich. Denn <strong>die</strong> Urk<strong>und</strong>e hält fest, dass Hans <strong>Keller</strong> jährlich einen<br />
Gr<strong>und</strong>zins <strong>von</strong> 3 Mütt Kernen, ½ Mütt Haber <strong>und</strong> l ½ Gulden nach Winterthur zu bezahlen habe, zusätzlich<br />
noch 3 Gulden nach Zürich. Auch <strong>die</strong> Witwe <strong>Keller</strong> schuldete ihren Gr<strong>und</strong>zins nach Winterthur, nämlich 3<br />
Mütt Kernen, l Mütt Haber <strong>und</strong> 6 ½ Gulden. Noch mehr weitet sich das Bild des damaligen Dorfes <strong>Volken</strong>,<br />
wenn man den Güterbeschrieb <strong>von</strong> Hans <strong>und</strong> Witwe <strong>Keller</strong> betrachtet. Da werden insgesamt 20 Anstösser<br />
genannt, <strong>die</strong> in <strong>Volken</strong> wohnten <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>besitz bebauten. Da<strong>von</strong> gehörten nur drei Personen der <strong>Keller</strong>-<br />
Sippe an, alle andern tragen einen andern Familiennamen.<br />
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