Biomechanische Grundlagen des Carvens
Biomechanische Grundlagen des Carvens
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<strong>Biomechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong> <strong>des</strong> <strong>Carvens</strong><br />
Martin Tutz<br />
Zusammenfassung<br />
Durch die Verwendung stärker taillierter Skier<br />
steigen die Anforderungen an den Skiläufer<br />
bezüglich Kondition und Können. Um das Fahrverhalten<br />
der Carvingskier besser verstehen zu<br />
können werden im ersten Teil einige geometrische<br />
Zusammenhänge hergeleitet. In den weiteren<br />
Abschnitten folgen Analysen ausgewählter<br />
Situationen im Skilauf bzw. eine Begründung,<br />
warum sich die Verwendung von Bindungsplatten<br />
durchgesetzt hat.<br />
Folgende Punkte werden thematisiert:<br />
• Zusammenhang zwischen den geometrischen<br />
Größen Taillierungsschnitt, Taillierungsradius,<br />
Schwungradius, Kontaktlänge und Biegedistanz<br />
beim Carvingski.<br />
• Das Sturzverhalten in Abhängigkeit <strong>des</strong> Taillierungsradius.<br />
• Die Maximale Belastung in Abhängigkeit von<br />
Kurvenradius und Skitaillierung.<br />
• Die Notwendigkeit der Verwendung von Bindungsplatten.<br />
Schlüsselworte<br />
Carving, Taillierung<br />
Summary<br />
Due to skis with more sidecut the requirements<br />
on the skier with regard to fitness and skills<br />
increase. For a better understanding of the driving<br />
behaviour of carving skis geometric relations<br />
are presented in the first part. The analysis<br />
of special situations in skiing and a discussion<br />
of the usage of binding plates are given in the<br />
further sections.<br />
Following topics are discussed:<br />
• Relation between the geometric quantities<br />
sidecut, sidecut radius, arc radius, contact<br />
length and flexure distance.<br />
• The crash-behaviour depending on the sidecut<br />
radius.<br />
• The maximum load depending on arc radius<br />
and sidecut of the ski.<br />
• The necessity of using binding plates.<br />
Key words<br />
carving, sidecut<br />
Einleitung<br />
Seit dem Siegeszug <strong>des</strong> Carvingskis in den<br />
90er Jahren hat sich die Fahrtechnik deutlich<br />
verändert. Dies liegt einerseits an den taillierten<br />
Skiern, andererseits an der Verwendung von<br />
Bindungsplatten.<br />
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Carving-<br />
und Parallelschwung ist, dass beim Carven<br />
der Schwung ohne Rotationsmoment um<br />
die Körperlängsachse eingeleitet wird. Der Ski<br />
wird quasi aus dem Bein heraus „auf die Kante<br />
gestellt“. Ein Schwung wird, sofern es das<br />
Können <strong>des</strong> Skiläufers zulässt, ohne seitliche<br />
Rutschkomponente gefahren. Im vorliegenden<br />
Artikel sollen die Zusammenhänge zwischen<br />
Tallierungsschnitt, Tallierungsradius, Biegedistanz<br />
und Schwungradius wiedergegeben<br />
werden, um das Fahrverhalten der Carvingskier<br />
besser verstehen zu können. Darüber hinaus sollen<br />
das Fahrverhalten der Skier bei einem sich<br />
anbahnenden Sturz sowie die auftretenden Kräfte<br />
bei der Kurvenfahrt analysiert werden.<br />
Grundlegende geometrische Zusammenhänge<br />
Um das Fahrverhalten eines taillierten Skis<br />
verstehen zu können muss die Geometrie <strong>des</strong><br />
Skis genau analysiert werden. In den folgenden<br />
Kapiteln werden Zusammenhänge zwischen den<br />
in der Einleitung genannten Größen formuliert,<br />
auf die in den anschließenden Erörterungen<br />
immer wieder zurückgegriffen wird (1,2).<br />
Taillierungsschnitt<br />
Abbildung 1: Abmessungen <strong>des</strong> Carving-Skis, s... Taillierungsschnitt,<br />
b e ... Breite am Ende <strong>des</strong> Skis, b t ... Taillierungsbreite in der<br />
Skimitte, b s ... Schaufelbreite, R t ... Taillierungsradius<br />
Betrachtet man einen Ski wie in Abbildung 1<br />
dargestellt, so ergibt sich folgender geometri-<br />
6 ÖSTERREICHISCHES JOURNAL FÜR SPORTMEDIZIN 4/2003
scher Zusammenhang: Aus der Schaufelbreite<br />
b s , der Taillierungsbreite b t und der Breite b e am<br />
Ende <strong>des</strong> Skis kann man den Taillierungsschnitt<br />
s berechnen.<br />
1<br />
s = ( bs − 2b t<br />
+ b e<br />
) . [1]<br />
4<br />
Schwungradius<br />
Zusammenhang zwischen Taillierungsradius<br />
und Taillierungsschnitt<br />
Abbildung 3: Zur Berechnung <strong>des</strong> Schwungradius R s und der<br />
Biegedistanz d b als Funktion <strong>des</strong> Aufkantwinkels ϕ. Blickrichtung<br />
von hinten auf den Ski.<br />
Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Kontaktlänge C,<br />
Taillierungsschnitt s und Taillierungsradius R t <strong>des</strong> Skis.<br />
Am Ski ist der Taillierungsradius R t angegeben.<br />
Es soll im Folgenden der Zusammenhang zwischen<br />
Taillierungsradius und Taillierungsschnitt<br />
hergestellt werden (siehe Abbildung 2)<br />
⎛ ⎞<br />
s = R − cos⎜<br />
α<br />
t<br />
R t ⎟ . [2]<br />
⎝ 2 ⎠<br />
Mittels Taylorreihenentwicklung kann bei Abbruch<br />
nach dem 2. Glied als gute Näherung<br />
2<br />
⎛ ⎞<br />
⎜ ⎛ α ⎞<br />
⎜ ⎟ ⎟<br />
⎜ ⎝ 2 ⎟<br />
s = R<br />
⎠<br />
t<br />
− R t ⎜<br />
1−<br />
2 ⎟<br />
[3]<br />
⎜<br />
⎟<br />
⎝ ⎠<br />
geschrieben werden. Setzt man den Zusammenhang<br />
zwischen dem Winkel α und der Kontaktlänge<br />
C <strong>des</strong> Skis (linearisierter Fall)<br />
C = αR t<br />
bzw.<br />
C<br />
α = [4]<br />
in Gleichung [3] ein und vereinfacht, erhält man<br />
R t<br />
Fährt ein Skiläufer, bei gegebenem Taillierungsradius<br />
R t , eine Kurve ohne seitliche Rutschkomponente,<br />
so kann mit Hilfe von Abbildung 3 und<br />
Gleichung [6] der Zusammenhang zwischen<br />
dem Taillierungsradius R t und dem Schwungradius<br />
R s angeschrieben werden<br />
wobei ϕ den Aufkantwinkel <strong>des</strong> Skis symbolisiert<br />
(2). Man erkennt, dass bei einem Aufkantwinkel<br />
ϕ von π/4 rad (= 45°) der Schwungradius<br />
etwa 71 % <strong>des</strong> Taillierungsradius beträgt. Zur<br />
Darstellung <strong>des</strong> Schwungradius R s als Funktion<br />
<strong>des</strong> Aufkantwinkels ϕ für verschiedene Taillierungsradien<br />
R t , bei einer angenommenen Kontaktlänge<br />
C von 1,6 m siehe Abbildung 4.<br />
Schwungradius R s<br />
(m)<br />
26<br />
24<br />
22<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
( ϕ )<br />
R = cos , [7]<br />
s<br />
R t<br />
0 20 40 60 80<br />
Aufkantwinkel ϕ (°)<br />
R t<br />
=16m<br />
R t<br />
=20m<br />
R t<br />
=24m<br />
Abbildung 4: Schwungradius R s als Funktion <strong>des</strong> Aufkantwinkels ϕ<br />
für verschiedene Taillierungsradien R t , bei einer angenommenen<br />
Kontaktlänge C von 1,6 m.<br />
bzw.<br />
2<br />
C<br />
s = , [5]<br />
8<br />
R t<br />
2<br />
C<br />
R t<br />
= . [6]<br />
8s<br />
Generell ist der Schwungradius immer kleiner<br />
(oder gleich) dem Taillierungsradius, da der<br />
Wert der Kosinusfunktion maximal 1 werden<br />
kann. Dies ist genau dann der Fall, wenn der<br />
Aufkantwinkel ϕ gleich 0 rad (= 0°) ist. Bei<br />
ÖSTERREICHISCHES JOURNAL FÜR SPORTMEDIZIN 4/2003 7
diesem Winkel ist aber kein Schwung ohne seitliche<br />
Rutschkomponente möglich.<br />
Biegedistanz<br />
Damit bei der Durchführung eines Schwunges<br />
die Kante <strong>des</strong> Skis mit ihrer vollen Länge Kontakt<br />
zum Schnee hat, muss sich der Ski entsprechend<br />
durchbiegen.<br />
Die zugehörige Biegedistanz d b erhält man als<br />
Funktion <strong>des</strong> Taillierungsschnitts s aus Abbildung<br />
3<br />
d b<br />
= s tan ϕ . [8]<br />
( )<br />
Wie aus Gleichung [8] ersichtlich, hängt die<br />
Biegedistanz d b ebenfalls vom Aufkantwinkel<br />
ϕ ab. In Abbildung 5 ist die Skidurchbiegung d b<br />
bei gegebenen Taillierungsradien als Funktion<br />
<strong>des</strong> Aufkantwinkels ϕ dargestellt. Man erkennt<br />
mit Hilfe der Gleichungen [5] und [8], dass bei<br />
einem Taillierungsradius R t von 14 m bei einem<br />
Ski mit Kontaktlänge C von 1,6 m und einem<br />
Aufkantwinkel ϕ = 1,22 rad (= 70°) die Skidurchbiegung<br />
d b etwa 6,3 cm beträgt.<br />
Biegedistanz d b<br />
(m)<br />
0.12<br />
0.10<br />
0.08<br />
0.06<br />
0.04<br />
0.02<br />
0.00<br />
R t<br />
=16m<br />
R t<br />
=20m<br />
R t<br />
=24m<br />
0 20 40 60 80<br />
Aufkantwinkel ϕ (°)<br />
Abbildung 5: Biegedistanz d b als Funktion <strong>des</strong> Aufkantwinkels ϕ<br />
für verschiedene Taillierungsradien R t .<br />
Sturzgefahr beim Verschneiden eines Skis<br />
Abbildung 6: Zur Berechnung <strong>des</strong> Weges x quer zur Fahrtrichtung<br />
beim Verschneiden eines Skis (β ...Winkel, R s<br />
... Schwungradius).<br />
Als Kriterium für die Sturzgefahr ziehen wir<br />
die Auslenkung x <strong>des</strong> Skis quer zur Fahrtrichtung<br />
heran (3). Aus Abbildung 6 ergibt sich bei<br />
vorausgesetztem absolut hartem Untergrund und<br />
uneingeschränkter Skidurchbiegung<br />
( 1− cos β )<br />
x = R s<br />
, [9]<br />
wobei R s den Schwungradius <strong>des</strong> Skis darstellt.<br />
Weiters kann der Winkel β als Funktion der<br />
Fahrtgeschwindigkeit v, der Reaktionszeit t r<br />
(jene Zeit, die der Läufer braucht, um mit der<br />
Korrektur seines Fahrfehlers beginnen zu können)<br />
und <strong>des</strong> Schwungradius R s angeschrieben<br />
werden<br />
vtr<br />
sin β = . [10]<br />
R<br />
Für sehr kleine Winkel β gilt, dass sin(β) ≈ β ist.<br />
Wir können daher Gleichung [10] vereinfachen<br />
zu<br />
vtr<br />
β = . [11]<br />
R<br />
Setzt man die Gleichungen [7] und [11] in Gleichung<br />
[9] ein und vereinfacht, so erhält man für<br />
den Weg x quer zur Fahrtrichtung<br />
⎛ ⎛ vt ⎞⎞<br />
( ) ⎜<br />
r<br />
x = Rt<br />
cos ϕ<br />
1−<br />
cos<br />
⎜<br />
⎝<br />
( ) ⎟<br />
⎝ R cos ϕ ⎠<br />
⎟⎟ . [12]<br />
t ⎠<br />
Der transversale Verschneidungsweg x hängt<br />
von der Fahrtgeschwindigkeit v und der Reaktionszeit<br />
t r <strong>des</strong> Skiläufers sowie vom Taillierungsradius<br />
R t und vom Aufkantwinkel ϕ <strong>des</strong> Skis ab.<br />
Beispiel: Fährt ein Skiläufer in gehockter Position,<br />
Geschwindigkeit v=80 km/h, mit einem<br />
Ski mit Taillierungsradius R t =22 m, so erhält<br />
man für den Weg x, bei einer geschätzten Reaktionszeit<br />
t r = 200 ms und einem Aufkantwinkel<br />
ϕ = π/12 rad (= 15°), 46 cm. D.h. Ein Fahrfehler<br />
bei dieser Geschwindigkeit wird bei diesem Ski<br />
mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Sturz<br />
führen.<br />
In Abbildung 7 sind die Verschneidungswege<br />
quer zur Fahrtrichtung bei gegebenen Taillierungsradien<br />
und einem Aufkantwinkel von 15°<br />
als Funktion der Geschwindigkeit dargestellt.<br />
Man sieht, dass der Weg quer zur Fahrtrichtung<br />
mit steigender Fahrtgeschwindigkeit und mit<br />
abnehmendem Taillierungsradius zunimmt. D.h.<br />
je stärker der Ski tailliert ist, <strong>des</strong>to schwieriger<br />
ist es, einen Fahrfehler, bei einer geschätzten<br />
Reaktionszeit t r von 200 ms, zu korrigieren.<br />
s<br />
s<br />
8 ÖSTERREICHISCHES JOURNAL FÜR SPORTMEDIZIN 4/2003
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
R t<br />
=16m<br />
R t<br />
=20m<br />
R t<br />
=24m<br />
Weg x (m)<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0.0<br />
30 40 50 60 70 80<br />
Geschwindigkeit v (km/h)<br />
Abbildung 7: Weg x quer zur Fahrtrichtung beim Verschneiden<br />
eines Skis als Funktion der Fahrtgeschwindigkeit v bei verschiedenen<br />
Taillierungsradien R t .<br />
Kurvenfahrt<br />
Unter Vernachlässigung <strong>des</strong> Luftwiderstan<strong>des</strong><br />
greifen am Gesamtschwerpunkt <strong>des</strong> Systems<br />
Skifahrer die Schwerkraft G und die Zentrifugalkraft<br />
F f an. Die Zentrifugal- bzw. Fliehkraft<br />
berechnet sich durch<br />
2<br />
v<br />
Ff<br />
= m , [13]<br />
R<br />
wobei m die Masse <strong>des</strong> Systems Skiläufer darstellt.<br />
v und R s symbolisieren die Geschwindigkeit<br />
bzw. den Schwungradius. Wie aus Gleichung<br />
[13] ersichtlich ist, geht die Geschwindigkeit in<br />
die Fliehkraft quadratisch ein. D.h., dass z.B.<br />
bei doppelter Geschwindigkeit die Fliehkraft<br />
viermal so groß wird.<br />
Die Resultierende dieser beiden Kräfte F res muss<br />
genau durch die Unterstützungsfläche gehen,<br />
um eine stabile Kurvenfahrt zu gewährleisten<br />
(siehe Abbildung 8). Dies erreicht der Skifahrer<br />
durch Neigen <strong>des</strong> Körpers zum Drehzentrum.<br />
Gleichzeitig muss der Ski im aufgekanteten<br />
Zustand gehalten werden. Der Aufkantwinkel<br />
<strong>des</strong> Skis muss mit dem Innenlagewinkel <strong>des</strong><br />
Körpers ε (siehe Abbildung 8) nicht übereinstimmen.<br />
Diese beiden Größen hängen aber<br />
vom Gleichgewicht der Kräfte, die am System<br />
wirken (Schwerkraft und Zentrifugalkraft), ab.<br />
Für einen sehr gut trainierten Skiläufer ist eine<br />
maximale resultierende Kraft bis 3000N (Spitzensportler)<br />
bewältigbar (3). Abbildung 9 zeigt<br />
die Schwungradien abhängig von der Fahrtgeschwindigkeit<br />
für verschiedene Grenzbelastungen.<br />
Hieraus ist ersichtlich, dass bei hohen<br />
Geschwindigkeiten die gefahrenen Radien, bei<br />
gleicher Maximalbelastung, deutlich vergrößert<br />
werden müssen.<br />
s<br />
Abbildung 8: Am Schwerpunkt <strong>des</strong> Systems Skifahrer angreifende<br />
Kräfte, G... Gewicht, F f ... Zentrifugalkraft, F res ... Resultierende<br />
Kraft, ε... Körperinnenlagewinkel.<br />
Schwungradius R s<br />
(m)<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
F max<br />
=2000N<br />
F max<br />
=3000N<br />
20 40 60 80 100 120<br />
Geschwindigkeit v (km/h)<br />
Abbildung 9: Schwungradius R s als Funktion der Geschwindigkeit<br />
v bei verschiedenen Maximalbelastungen F max (angenommene<br />
Masse <strong>des</strong> Skiläufers 80 kg).<br />
Bindungsplatte - Standhöhe<br />
Damit die Skischuhe bei der Verwendung stärker<br />
taillierter Skier und extremen Innenlagen,<br />
d.h. sehr großen Aufkantwinkeln, aufgrund von<br />
eventuell auftretendem Bodenkontakt das Fahrverhalten<br />
nicht beeinflussen, muss die Standhöhe<br />
mittels Bindungsplatten bei Carvingskiern<br />
angehoben werden.<br />
Außerdem kann je nach Wahl der Bindungsplatten<br />
(einteilig oder zweiteilig) und Positionierung<br />
der Verschraubungspunkte die Steifigkeit<br />
bzw. das Dämpfungsverhalten der Skier verändert<br />
werden. Verwendet man Bindungsplatten<br />
mit dämpfenden Eigenschaften, werden die<br />
(höherfrequenten) Vibrationen der Skier auf<br />
den Läufer reduziert. Da die Dämpfung jedoch<br />
in beide Richtungen wirksam ist, leidet bis zu<br />
einem gewissen Grad auch das Steuerverhalten<br />
<strong>des</strong> Skis (3).<br />
ÖSTERREICHISCHES JOURNAL FÜR SPORTMEDIZIN 4/2003 9
Weiters verändert die Verwendung von Bindungsplatten<br />
die geometrischen Verhältnisse<br />
zwischen den am System Skiläufer angreifenden<br />
Kräften und dem Aufkantwinkel in äußerst<br />
komplizierter Weise, was bei einer diesbezüglichen<br />
Analyse die Verwendung komplexer<br />
mechanischer Modelle voraussetzt.<br />
Schlussfolgerung<br />
Schon mit relativ simplen geometrischen Überlegungen<br />
lassen sich grundlegende Zusammenhänge<br />
bei der Biomechanik <strong>des</strong> <strong>Carvens</strong>, unter<br />
teilweise stark vereinfachten Bedingungen,<br />
quantifizieren. So wurde zum Beispiel bei der<br />
Berechnung der Biegedistanz der Einfluss der<br />
Bindungsplatte am Ski vernachlässigt, und die<br />
Piste als absolut starr und eben angenommen.<br />
Für erste quantitative Aussagen zum Fahrverhalten<br />
von Carvingskiern sind die oben angestellten<br />
Überlegungen durchaus brauchbar. Will<br />
man detailliertere Aussagen über realistischere<br />
Szenarien treffen, müssen möglichst viele<br />
der vorerst vernachlässigten Einflussfaktoren<br />
berücksichtigt werden, was die Komplexität der<br />
Überlegungen deutlich erhöhen würde.<br />
Anschrift <strong>des</strong> Verfassers:<br />
Mag. Martin Tutz<br />
Institut für Sportwissenschaft der Universität<br />
Wien, Abt. für Biomechanik Bewegungswissenschaft<br />
und Sportinformatik<br />
Auf der Schmelz 6a<br />
A-1150 Wien<br />
Tel.: (0043/1) 4277-48885<br />
E-Mail: martin.tutz@univie.ac.at<br />
Literaturverzeichnis:<br />
1. Kaps P, Mössner M, Nachbauer W, Stenberg R.<br />
Pressure Distribution under a ski during carved turns.<br />
In: Müller E, Roithner R, Niessen W, Raschner C,<br />
Schwameder H (eds). 2nd International Congress on<br />
Skiing and Science (ICSS), St. Christoph am Arlberg<br />
2000, S180-202.<br />
2. Lind D, Sanders S P. The Physics of Skiing. AIP Press;<br />
New York 1997, 45-63 und 205-207.<br />
3. Niessen W, Müller E. Carving - <strong>Biomechanische</strong><br />
Aspekte bei der Verwendung stark taillierter Skier<br />
und erhöhter Standflächen im alpinen Skisport,<br />
Leistungssport 1999; 29,1: S39-44.<br />
10 ÖSTERREICHISCHES JOURNAL FÜR SPORTMEDIZIN 4/2003