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4. Einheit VO/KO: Innere Verwaltung und Grundrechte • Vom Fremdenrecht betroffene Grundrechte im Einzelnen • Beispiele aus der jüngeren Judikatur ao. Univ.- Prof. Dr. Dieter KOLONOVITS, M.C.J. VO/KO: Innere Verwaltung und Grundrechte 2 Gleichheitssatz • Gleichbehandlung Fremder untereinander – Erweiterung des Gleichheitssatzes (Art 2 StGG, Art 7 B-VG) durch das BVG über die Beseitigung rassischer Diskriminierung (BGBl 1973/390) auf das Verhältnis Fremder untereinander • Verbot unsachlicher Differenzierung • Allgemeines Sachlichkeitsgebot (vgl VfSlg 15.836) • Willkürverbot: Qualifiziert rechtswidrige Vollziehung bewirkt Grundrechtsverletzung Gleichheitssatz • Ein Bescheid einer Behörde oder eine Entscheidung des AsylGH verletzt das BVG betreffend das Verbot rassischer Diskriminierung, wenn – Gegenüber dem Fremden Willkür (Nach den Kriterien des Art 7 B-VG) geübt wird – Ein gegen dieses BVG verstoßendes Gesetz angewandt wird – Einem angewendeten Gesetz fälschlicherweise ein diesem BVG widersprechend erscheinender Inhalt unterstellt wird VO/KO: Innere Verwaltung und Grundrechte 3 VO/KO: Innere Verwaltung und Grundrechte 4 Gleichheitssatz Gleichheitssatz • VfSlg 15.836 – Sachverhalt: Mit § 21 Abs 3 FPG 1997 beschränkte der Gesetzgeber den Familiennachzug rechtmäßig Niedergelassener mit einer Altersgrenze von 14 Jahren, zumal davon auszugehen sei, dass bei älteren Kindern der Möglichkeit der Erwerbstätigkeit ein höherer Stellenwert eingeräumt werde als der Familieneinheit – Rechtliche Würdigung: Diese Regelung zur Beschränkung des Familiennachzuges auf unmündige Minderjährige ist jedoch sachfremd und verstößt daher gegen den verfassungsrechtlich festgelegten Grundsatz der Gleichbehandlung von Fremden untereinander • Abhängigkeitsverhältnis endet nicht mit Vollendung des 14. Lj • Gesetzgeber verkennt schulrechtliche und beschäftigungsrechtlichen Lage (Minderjährigkeit bis zur Vollendung des 15. Lj oder bis zur späteren Beendigung der Schulpflicht) • VfSlg 15.451 – Sachverhalt: Eine Abschiebung in die Volksrepublik China sei nicht unzulässig, da ein Antrag auf Unzulässigkeit der Abschiebung trotz ausdrücklicher Rechtsbelehrungen nicht rechtzeitig gestellt worden sei und daher eine Refoulement-Prüfung nicht erfolgte – Rechtliche Würdigung: In grundlegender Verkennung der Rechtslage wurde durch die belangte Behörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, obwohl dies im Hinblick auf die Rechtslage bezüglich der Refoulement-Prüfung von Amts wegen geboten gewesen wäre VO/KO: Innere Verwaltung und Grundrechte 5 VO/KO: Innere Verwaltung und Grundrechte 6 1

<strong>4.</strong> <strong>Einheit</strong><br />

<strong>VO</strong>/<strong>KO</strong>: <strong>Innere</strong> <strong>Verwaltung</strong><br />

<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>rechte<br />

• Vom Fremdenrecht betroffene<br />

Gr<strong>und</strong>rechte im Einzelnen<br />

• Beispiele aus der jüngeren Judikatur<br />

ao. Univ.- Prof. Dr. Dieter<br />

<strong>KO</strong>LONOVITS, M.C.J.<br />

<strong>VO</strong>/<strong>KO</strong>: <strong>Innere</strong> <strong>Verwaltung</strong> <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>rechte<br />

2<br />

Gleichheitssatz<br />

• Gleichbehandlung Fremder untereinander<br />

– Erweiterung des Gleichheitssatzes (Art 2<br />

StGG, Art 7 B-VG) durch das BVG über die<br />

Beseitigung rassischer Diskriminierung<br />

(BGBl 1973/390) auf das Verhältnis Fremder<br />

untereinander<br />

• Verbot unsachlicher Differenzierung<br />

• Allgemeines Sachlichkeitsgebot (vgl VfSlg 15.836)<br />

• Willkürverbot: Qualifiziert rechtswidrige<br />

Vollziehung bewirkt Gr<strong>und</strong>rechtsverletzung<br />

Gleichheitssatz<br />

• Ein Bescheid einer Behörde oder eine<br />

Entscheidung des AsylGH verletzt das BVG<br />

betreffend das Verbot rassischer<br />

Diskriminierung, wenn<br />

– Gegenüber dem Fremden Willkür (Nach den Kriterien<br />

des Art 7 B-VG) geübt wird<br />

– Ein gegen dieses BVG verstoßendes Gesetz<br />

angewandt wird<br />

– Einem angewendeten Gesetz fälschlicherweise ein<br />

diesem BVG widersprechend erscheinender Inhalt<br />

unterstellt wird<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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<strong>VO</strong>/<strong>KO</strong>: <strong>Innere</strong> <strong>Verwaltung</strong> <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>rechte<br />

4<br />

Gleichheitssatz<br />

Gleichheitssatz<br />

• VfSlg 15.836<br />

– Sachverhalt: Mit § 21 Abs 3 FPG 1997 beschränkte der<br />

Gesetzgeber den Familiennachzug rechtmäßig<br />

Niedergelassener mit einer Altersgrenze von 14 Jahren, zumal<br />

davon auszugehen sei, dass bei älteren Kindern der Möglichkeit<br />

der Erwerbstätigkeit ein höherer Stellenwert eingeräumt werde<br />

als der Familieneinheit<br />

– Rechtliche Würdigung: Diese Regelung zur Beschränkung des<br />

Familiennachzuges auf unmündige Minderjährige ist jedoch<br />

sachfremd <strong>und</strong> verstößt daher gegen den verfassungsrechtlich<br />

festgelegten Gr<strong>und</strong>satz der Gleichbehandlung von Fremden<br />

untereinander<br />

• Abhängigkeitsverhältnis endet nicht mit Vollendung des 1<strong>4.</strong> Lj<br />

• Gesetzgeber verkennt schulrechtliche <strong>und</strong><br />

beschäftigungsrechtlichen Lage (Minderjährigkeit bis zur<br />

Vollendung des 15. Lj oder bis zur späteren Beendigung der<br />

Schulpflicht)<br />

• VfSlg 15.451<br />

– Sachverhalt: Eine Abschiebung in die Volksrepublik<br />

China sei nicht unzulässig, da ein Antrag auf<br />

Unzulässigkeit der Abschiebung trotz ausdrücklicher<br />

Rechtsbelehrungen nicht rechtzeitig gestellt worden<br />

sei <strong>und</strong> daher eine Refoulement-Prüfung nicht<br />

erfolgte<br />

– Rechtliche Würdigung: In gr<strong>und</strong>legender<br />

Verkennung der Rechtslage wurde durch die<br />

belangte Behörde kein Ermittlungsverfahren<br />

durchgeführt, obwohl dies im Hinblick auf die<br />

Rechtslage bezüglich der Refoulement-Prüfung von<br />

Amts wegen geboten gewesen wäre<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Gleichheitssatz<br />

• VfSlg 15.812<br />

– Sachverhalt: Ein in Österreich aufenthaltsberechtigter<br />

Vater reiste mit seinem 4-jährigen Kind, dem kein<br />

Aufenthaltsrecht zukam, aus dem damaligen<br />

Jugoslawien kommend, in das B<strong>und</strong>esgebiet ein.<br />

Dem Kind wurde die Erteilung einer NB aufgr<strong>und</strong> der<br />

unrechtmäßigen Einreise versagt, obschon Eltern <strong>und</strong><br />

eine Schwester in Österreich aufenthaltsberechtigt<br />

waren<br />

– Rechtliche Würdigung: Der Bescheid war aufgr<strong>und</strong><br />

der mangelhaften Interessenabwägung mit<br />

gravierenden Mängeln belastet, die bereits in die<br />

Verfassungssphäre reichen, daher liegt eine<br />

Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten<br />

Rechte auf Gleichbehandlung Fremder<br />

untereinander, sowie auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens vor<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Effektiver Rechtsschutz<br />

• Rechtsstaatsprinzip erfordert ein<br />

Mindestmaß an faktischer Effizienz des<br />

Rechtsschutzes<br />

• Rechtsgr<strong>und</strong>lage vor allem Art 13 iVm<br />

Art 3 bzw 8 MRK<br />

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Effektiver Rechtsschutz<br />

• VfGH 28.2.2011, G201/10<br />

– Sachverhalt: Gemäß § 44 Abs 5 NAG galten Verfahren zur<br />

Erlassung einer NB als eingestellt, wenn der Fremde das<br />

B<strong>und</strong>esgebiet verlassen hat.<br />

– Rechtliche Würdigung: Dass ein Verfahren zur Erteilung eines<br />

humanitären Aufenthaltstitels bei Ausreise des Fremden aus<br />

dem B<strong>und</strong>esgebiet automatisch eingestellt wird, verstößt gegen<br />

das Rechtsstaatsprinzip, da damit dem Fremden das Recht<br />

auf Durchführung eines Verfahrens <strong>und</strong> der Anspruch auf<br />

Erledigung dieses Verfahrens in einer der Überprüfung durch<br />

die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts unterliegenden<br />

Entscheidung genommen wird, insbesondere da keine<br />

Unterscheidung zwischen zwangsweiser Abschiebung <strong>und</strong><br />

freiwilliger Ausreise getroffen werden konnte<br />

Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• Schutzbereich<br />

– Die persönliche Sphäre des einzelnen Menschen<br />

– Private <strong>und</strong> familiäre Beziehungen<br />

• Eingriff<br />

– Versagung eines Aufenthaltsrechtes<br />

– Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme<br />

• Interessensabwägung zwischen öffentlichen<br />

Interessen <strong>und</strong> privaten Interessen des Fremden<br />

– VfSlg 15.400, 16.182; VfGH 10.03.2011, B 1565/10<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• Schutzbereich<br />

– Privatleben<br />

• Bereich, in dem sich die Persönlichkeit frei entwickeln kann<br />

• Sexualverhalten<br />

• Physische <strong>und</strong> psychische Integrität<br />

– Familienleben<br />

• Kernfamilie<br />

• Familienmitglieder, die ein effektives Zusammenleben oder<br />

Abhängigkeitsverhältnis zueinander aufweisen<br />

• De-facto-Familie<br />

Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• Eingriff in das Privatleben<br />

– Meldeverpflichtungen<br />

– Registrierungen von Vorgängen des Privatlebens für<br />

Zwecke der öffentlichen <strong>Verwaltung</strong><br />

• Eingriffe in das Familienleben<br />

– Verhinderung einer Familienzusammenführung durch<br />

Nichtgewährung eines Sichtvermerkes oder einer<br />

Aufenthaltsberechtigung<br />

– Verlust der Aufenthaltsberechtigung obwohl<br />

Familienangehörige in Österreich leben<br />

• Beachte: kein Recht auf Wahl des Familienwohnsitzes<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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2


Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• Schranken der Gesetzgebung<br />

– Eingriff in Gr<strong>und</strong>recht nur zulässig, wenn<br />

• gesetzlich vorgesehen<br />

• in einer demokratischen Gesellschaft zur Erreichung eines in<br />

Abs 2 vorgesehenen Zweckes notwendig (materieller<br />

Gesetzesvorbehalt)<br />

• Schranken der Vollziehung<br />

– Ein <strong>Verwaltung</strong>sakt verletzt Art 8 MRK, wenn<br />

• Er gesetzlos ergeht,<br />

• Auf einer Art 8 MRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht<br />

• Die Behörde eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Norm in<br />

denkunmöglicherweise angewendet hat<br />

– Die Behörde hat stets eine Interessenabwägung zwischen<br />

öffentlichen Interessen <strong>und</strong> privaten Interessen des<br />

Fremden durchzuführen<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• VfSlg 15.400<br />

– Sachverhalt: Die Ausweisung eines von 1973 bis 1994 (mit einer<br />

Unterbrechung von 6 Monaten) legal in Österreich aufhältigen<br />

Drittstaatsangehörigen sei zur Aufrechterhaltung eines<br />

geordneten Fremdenwesens dringend geboten, obschon seiner<br />

Ehegattin <strong>und</strong> seinen drei Kinder weiterhin ein Aufenthaltstitel<br />

zukommt<br />

– Rechtliche Würdigung: Unter Berücksichtigung der konkreten<br />

Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des langen<br />

Aufenthaltes des BF im B<strong>und</strong>esgebiet <strong>und</strong> im Hinblick auf die<br />

Integration seiner ganzen Familie in Österreich, verletzt der<br />

angefochtene Bescheid den BF in seinem verfassungsgesetzlich<br />

gewährleisteten Recht auf Achtung seines Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens<br />

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Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• VfSlg 16.182<br />

– Sachverhalt: Eine Mutter <strong>und</strong> ihre drei Kinder sind<br />

langjährig unrechtmäßig im B<strong>und</strong>esgebiet aufhältig,<br />

verfügen aber über ein Familienleben mit ihrem legal<br />

aufhältigen Ehegatten bzw Vater<br />

– Rechtliche Würdigung: Der rechtswidrige Aufenthalt<br />

eines Fremden im Inland ist eine notwendige<br />

Voraussetzung für die Ausweisung. Das Vorliegen<br />

allein dieser Voraussetzung reicht jedoch nicht aus,<br />

eine Ausweisung zu verfügen, vielmehr muss eine<br />

solche zur Erreichung der in Art 8 Abs 2 EMRK<br />

genannten Ziele dringend geboten sein<br />

Recht auf Achtung des Privat- <strong>und</strong><br />

Familienlebens (Art 8 MRK)<br />

• VfGH 10.3.2011, B 1565/10<br />

– Sachverhalt: Der BF (geb. 1992) <strong>und</strong> seine Eltern wurden nach<br />

negativem Abschluss des Asylverfahrens (AsylG 1997!) von der BPD<br />

Linz gem § 53 Abs 1 FPG nach neunjährigem Aufenthalt ausgewiesen.<br />

Der BF absolvierte seine schulische Laufbahn in Österreich <strong>und</strong> kann<br />

Erfolge als Leistungssportler im Olympischen Boxen aufweisen<br />

– Rechtliche Würdigung: Verantwortung des Staates zur Schaffung der<br />

Voraussetzung, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht<br />

bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung neun Jahre verstreichen<br />

Keine Anpassungsfähigkeit des BF in dessen Herkunftsland, der<br />

wesentliche Teile seiner Kindheit <strong>und</strong> Jugend in Österreich verbrachte<br />

(vgl EMRK 26.01.99, Fall Sarumi, Appl 43279/98) – maßgebliches<br />

Sozialistionsalter in Österreich verbracht<br />

Weiters nicht in die Abwägungsentscheidung einbezogen: Einreise<br />

des Beschwerdeführers im Alter von 8 Jahren mit seinen Eltern,<br />

Absolvierung beinahe der gesamten Schullaufbahn in Österreich,<br />

herausragende sportliche Leistungen für einen österreichischen<br />

Sportclub als aktiver Sportler im Boxen.<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Verbot der Folter <strong>und</strong> unmenschlicher oder<br />

erniedrigender Behandlung (Art 3 MRK)<br />

• Absolutes Verbot von Folter <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

die eine gröbliche Missachtung der Person<br />

darstellen<br />

• Verantwortlichkeit eines Staates für<br />

Verletzungen von Art 3 MRK, die einem<br />

Fremden nach fremdenpolizeilichen<br />

Maßnahmen dieses Staates durch einen<br />

anderen Staat drohen<br />

• Neben Art 33 GFK zentrale Gr<strong>und</strong>lage des<br />

Prinzips des Non-refoulement<br />

Verbot der Folter <strong>und</strong> unmenschlicher oder<br />

erniedrigender Behandlung (Art 3 MRK)<br />

• VfGH 6.3.2001, B 159/00 (Fall Omofuma)<br />

– Sachverhalt: Am 1. Mai 1999 wurde die Abschiebung des M. O.<br />

vorgenommen. Die Abschiebung sei mit Zwangsgewalt durchgesetzt<br />

worden. Nach der Landung des Flugzeuges, mit dem die Abschiebung<br />

erfolgte, in Sofia, wurde der Tod des M. O. festgestellt<br />

– Rechtliche Würdigung: Wenn der durch die Ausübung unmittelbarer<br />

Befehls- <strong>und</strong> Zwangsgewalt Betroffene während der Amtshandlung<br />

verstorben ist, so ist der UVS auch zuständig, über von nahen<br />

Angehörigen diesbezüglich behauptete, den Verstorbenen betreffende<br />

Rechtsverletzungen (Art 2 <strong>und</strong> Art 3 EMRK) zu erkennen<br />

Die bekämpfte Fesselung <strong>und</strong> Knebelung des Vaters der<br />

Beschwerdeführerin stehen mit dessen Abschiebung in einem so engen<br />

Zusammenhang, dass sie nicht unabhängig von dieser beurteilt werden<br />

können; dies insbesondere, da nach bislang unbestrittener<br />

Beschwerdebehauptung die Handfesseln bereits in Wien angelegt<br />

worden sind<br />

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Recht nicht der Todesstrafe unterworfen zu<br />

sein (Art 1 6. ZPMRK, Art 85 B-VG)<br />

• Fremdenpolizeiliche Maßnahmen verletzten<br />

dieses Recht, wenn im betreffenden Staat die<br />

Todesstrafe droht<br />

– VfSlg 13.981<br />

• Dem UVS ist bei Erlassung des angefochtenen Bescheides<br />

insofern ein grober Verfahrensfehler unterlaufen, als er das<br />

Vorbringen des BF, ihm drohten in der "B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Jugoslawien" seitens der Regierung schwere Repressalien<br />

<strong>und</strong> er sei dort seines Lebens nicht mehr sicher, zumal<br />

Wehrdienstverweigerer während des Krieges mit der<br />

Todesstrafe bestraft würden, ausschließlich unter Hinweis<br />

auf eine Auskunft der Vertretungsbehörde der<br />

"B<strong>und</strong>esrepublik Jugoslawien" in Graz für unbegründet<br />

erachtete<br />

Recht auf persönliche Freiheit<br />

(Art 5 MRK, PersFrBVG)<br />

– Schutzbereich<br />

• Persönliche Freiheit<br />

– Eingriff<br />

• Schubhaft, Gelinderes Mittel<br />

– Ungerechtfertigt durch jede rechtswidrige<br />

Anwendung<br />

• Inhaftnahme bei Fehlen der gesetzlichen<br />

Vorrausetzungen<br />

• Überschreitung der zeitlichen Grenzen<br />

• Beschwerdeentscheidung nicht innerhalb von<br />

einer Woche<br />

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Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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Recht auf persönliche Freiheit<br />

(Art 5 MRK, PersFrBVG)<br />

• VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246<br />

– Sachverhalt: Der BF wurde mit 5.12.2006 aus dem<br />

österreichischen B<strong>und</strong>esgebiet ausgewiesen. Über den BF<br />

wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt,<br />

zumal er bisher seiner Ausreiseverpflichtung nicht<br />

nachgekommen sei. Aufgr<strong>und</strong> des mangelnden Ausreisewillen<br />

des BF käme nach Ansicht der Schubhaftbehörde ein gelinderes<br />

Mittel nicht in betracht<br />

– Rechtliche Würdigung: Die fehlende Ausreisewilligkeit allein<br />

vermag nicht die Annahme zu rechtfertigen, der BF werde sich<br />

der Abschiebung entziehen<br />

Zur Beurteilung der Notwendigkeit <strong>und</strong> Verhältnismäßigkeit der<br />

Schubhaft ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem<br />

öffentlichen Interesse an der Sicherung der<br />

Aufenthaltsbeendigung <strong>und</strong> dem privaten Interesse an der<br />

Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen<br />

vorzunehmen<br />

Recht auf persönliche Freiheit<br />

(Art 5 MRK, PersFrBVG)<br />

• VwGH 23.09.2010, 2007/21/0432<br />

– Sachverhalt: Ein türkischer Staatsangehörgier reiste unter<br />

Zuhilfenahme eines Schleppers über eine ihm unbekannte<br />

Reiseroute, in Österreich ohne Identitätsdokument <strong>und</strong> mittellos<br />

ein. Die von der örtlich Zuständigen BH verhängte Schubhaft<br />

wurde vom örtlich zuständigen UVS aufgehoben, dagegen<br />

wurde Amtsbeschwerde erhoben.<br />

– Rechtliche Würdigung: Der Behörde kommt dann kein Ermessen<br />

zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die<br />

persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung<br />

von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus,<br />

dass Schubhaft immer "ultima ratio" sein muss. Mit anderen<br />

Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch Anwendung<br />

gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig,<br />

Schubhaft zu verhängen. In diesem Fall hat die Behörde<br />

lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen.<br />

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Recht auf persönliche Freiheit<br />

(Art 5 MRK, PersFrBVG)<br />

• VfGH 13.3.2008 B1065/07<br />

– Sachverhalt: Kontakt zwischen dem BF <strong>und</strong> seinem<br />

Rechtsbeistand ist bloß über eine Glastrennscheibe möglich.<br />

Weder Unterlagen oder Papiere können ohne Beeinträchtigung<br />

durch das Herbeirufen eines Beamten vorgelegt, noch können<br />

Unterschriften für Anträge oder Vollmachten eingeholt werden.<br />

Eine ungestörte Besprechung <strong>und</strong> Erörterung von mitunter<br />

komplexen Sachverhalten <strong>und</strong> schwierigen Rechtsfragen ist<br />

schwer möglich<br />

– Rechtlich Würdigung: Das dem BF gemäß Art 6 iVm Art 4 Abs 7<br />

PersFrSchG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht, mit<br />

seinem Rechtsbeistand ungehindert <strong>und</strong> vertraulich zu<br />

kommunizieren, umfasst neben der akustischen Verständigung<br />

auch die Möglichkeit zum entsprechenden Austausch von<br />

Dokumenten oder sonstigen Unterlagen zwischen Anwalt <strong>und</strong><br />

Mandant Beschränkungen dieses Rechts bedürfen einer<br />

besonderen Rechtfertigung im Einzelfall<br />

<strong>VO</strong>/<strong>KO</strong>: <strong>Innere</strong> <strong>Verwaltung</strong> <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>rechte<br />

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