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Bundeswehr muss Ingo Steuer als Trainer von Sportsoldaten dulden

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Brandenburgisches Oberlandesgericht<br />

- Pressestelle -<br />

14767 Brandenburg an der Havel<br />

stellv. Pressesprecher Michael Thies<br />

Tel.: (03381) 39 – 9336<br />

Fax: (03381) 39 - 9350 / 9360<br />

E-Mail: pressesprecher@olg.brandenburg.de<br />

Internet: www.olg.brandenburg.de<br />

_________________________________________________________________________________________<br />

<strong>Bundeswehr</strong> <strong>muss</strong> <strong>Ingo</strong> <strong>Steuer</strong><br />

<strong>als</strong> <strong>Trainer</strong> <strong>von</strong> <strong>Sportsoldaten</strong> <strong>dulden</strong><br />

<strong>Ingo</strong> <strong>Steuer</strong>, <strong>Trainer</strong> der deutschen Meister und Europameister im Eiskunstpaarlauf<br />

Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, darf auch <strong>Sportsoldaten</strong> trainieren. Das entschied<br />

heute das Brandenburgische Oberlandesgericht.<br />

<strong>Ingo</strong> <strong>Steuer</strong>, der bei seiner Einstellung bei der <strong>Bundeswehr</strong> <strong>als</strong> Sportsoldat, zunächst<br />

<strong>als</strong> Sportler, später <strong>als</strong> <strong>Trainer</strong>, zwei Mal die Frage nach einer Tätigkeit für das MfS<br />

wahrheitswidrig verneint hatte, war <strong>von</strong> der <strong>Bundeswehr</strong> im März 2006 fristlos entlassen<br />

worden. Im Herbst 2007 wurde ihm mitgeteilt, dass die <strong>Bundeswehr</strong> es wegen<br />

seiner f<strong>als</strong>chen Angaben bei seiner Einstellung nicht <strong>dulden</strong> werde, dass er <strong>Sportsoldaten</strong><br />

trainiere. Herr <strong>Steuer</strong> trainiert seitdem keine <strong>Sportsoldaten</strong> mehr. Herr Szolkowy<br />

ist seit Sommer 2006 nicht mehr Sportsoldat.<br />

Herr <strong>Steuer</strong> hat in diesem Verhalten der <strong>Bundeswehr</strong> eine Beeinträchtigung seiner<br />

beruflichen Tätigkeit <strong>als</strong> freiberuflicher <strong>Trainer</strong> gesehen, weil die Sportfördergruppe<br />

bei der <strong>Bundeswehr</strong> eine tragende Säule der Sportförderung für Leistungssportler<br />

sei. <strong>Sportsoldaten</strong> könnten ihn <strong>als</strong> <strong>Trainer</strong> nicht wählen, ohne ihren Status und damit<br />

die Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu verlieren.<br />

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage des Herrn <strong>Steuer</strong> gegen die Bundesrepublik<br />

Deutschland mit Urteil vom 10.6.2010 abgewiesen. Der 6. Zivilsenat des<br />

Brandenburgischen Oberlandesgerichts hat auf seine Berufung die <strong>Bundeswehr</strong> verurteilt,<br />

ihn <strong>als</strong> Eiskunstlauftrainer <strong>von</strong> <strong>Sportsoldaten</strong> zu <strong>dulden</strong>, wenn sie ihn <strong>als</strong> <strong>Trainer</strong><br />

wählen, der sportliche Spitzenverband ihn beauftragt und der Deutsche Olympische<br />

Sportbund seine Tätigkeit befürwortet.<br />

Zur Begründung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, das Verhalten der <strong>Bundeswehr</strong><br />

greife in die gewerbliche Tätigkeit des Herrn <strong>Steuer</strong> ein, es habe für ihn den<br />

Effekt eines Boykotts. Deutsche Spitzensportler im Eiskunstlauf seien <strong>Sportsoldaten</strong><br />

mit Ausnahme der deutschen Europameister im Paarlauf, die <strong>von</strong> Herrn <strong>Steuer</strong> trainiert<br />

werden. Die <strong>Bundeswehr</strong> verhindere, dass er <strong>Trainer</strong>leistungen erbringen und<br />

hierdurch Einnahmen erzielen könne.<br />

Auch wenn Herr <strong>Steuer</strong> bei seiner Einstellung ein schweres Dienstvergehen begangen<br />

habe, indem er auf Befragung seine Tätigkeit für das MfS nicht offengelegt habe,<br />

rechtfertige dies bei einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles keine zielgerichtete<br />

Behinderung seiner beruflichen Tätigkeit <strong>als</strong> freiberuflicher Eiskunstlauftrainer.<br />

Herr <strong>Steuer</strong> habe seine Verpflichtungserklärung gegenüber dem MfS kurz


nach seinem 18. Geburtstag noch <strong>als</strong> Sportler unterschrieben und durch seine Tätigkeit<br />

<strong>als</strong> IM offenbar keiner der <strong>von</strong> ihm bespitzelten Personen einen konkreten Schaden<br />

zugefügt. Er sei 12 Jahre im Dienste der <strong>Bundeswehr</strong> tätig gewesen und habe<br />

dort höchste Auszeichnungen erhalten. Argumente gegen die fachliche Eignung des<br />

Klägers existierten nicht.<br />

Schließlich sei es die Aufgabe des Spitzenverbandes, der Deutschen Eislauf Union,<br />

und des Deutschen Olympischen Sportbundes, sich darüber klarzuwerden, ob sie<br />

ein Training durch Herrn <strong>Steuer</strong> zulassen wollten oder nicht. Wenn sie nach Überprüfung<br />

seiner früheren Tätigkeit für das MfS keine Einwände dagegen hätten, dass<br />

er heute Spitzensportler im Eiskunstlauf trainiere, sei die <strong>Bundeswehr</strong> nicht berechtigt,<br />

diese sportfachliche Entscheidung außer Kraft zu setzen.<br />

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht hat die Revision zum<br />

Bundesgerichtshof zugelassen.<br />

Brandenburg, den 29. März 2011 (Urteil vom 29.3.2011, 6 U 66/10)

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