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Dr. Trude Levi Eine Katze namens Adolf Erinnerungen einer ...

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<strong>Dr</strong>. <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong><br />

<strong>Eine</strong> <strong>Katze</strong> <strong>namens</strong> <strong>Adolf</strong><br />

<strong>Erinnerungen</strong> <strong>einer</strong> Überlebenden des Holocaust<br />

Als <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> vierzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erstmals wieder nach<br />

Deutschland kam, plagte sie Angst vor den Deutschen ihrer Generation - die Angst, jemandem<br />

die Hand zu geben, der an der Ermordung ihrer Eltern beteiligt gewesen sein könnte. In<br />

Deutschland musste sie dann voller Bestürzung zur Kenntnis nehmen, dass es hier noch immer<br />

Menschen gab, die gedankenlos den Nationalsozialismus verharmlosten. In einem alltäglichen<br />

Gespräch hatte eine ältere Frau sie auf die Eigenart <strong>einer</strong> ihrer <strong>Katze</strong>n aufmerksam gemacht und<br />

ihr erzählt, das Tier heiße <strong>Adolf</strong>, weil es so häufig die rechte Pfote hob. Damals schwor sich die<br />

Holocaustüberlebende, nie wieder in ein Deutschland zurückzukehren, in dem man <strong>Katze</strong>n nach<br />

<strong>Adolf</strong> Hitler benannte Doch sie kam häufig wieder und trägt heute in Zeitzeugengesprächen insbesondere<br />

dazu bei, junge Deutsche für einen verantwortungsvollen Umgang mit der nationalsozialistischen<br />

deutschen Vergangenheit zu sensibilisieren.<br />

<strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> stammt aus Szombathely, <strong>einer</strong> Provinzstadt nahe der ungarisch-österreichischen<br />

Grenze. In Ungarn war sie als Jüdin seit 1938 durch Sondergesetzgebung und den verbreiteten<br />

Antisemitismus diskriminiert, konnte sich in ihrer Heimat aber sicher fühlen, bis die Deutsche<br />

Wehrmacht das Land im März 1944 besetzte. Ab April 1944 musste <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> den „Gelben<br />

Stern“ tragen, einen Monat später wurde sie mit ihrer Familie in ein Ghetto eingewiesen und<br />

schließlich im Juni unter grauenhaften Umständen nach Auschwitz deportiert.<br />

<strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong>s Mutter wurde nach der Ankunft in Auschwitz sofort in der Gaskammer ermordet.<br />

Auch ihren Vater sah <strong>Trude</strong> an der Rampe von Auschwitz zum letzten Mal. Sie selbst kam ins<br />

Lager Birkenau. Nach qualvollen Wochen, in denen sie Hunger und Durst litt, auf bloßer Erde<br />

schlafen musste, sich nicht waschen konnte und der Gewalttätigkeit und Willkür des Lagerpersonals<br />

ausgeliefert war, wurde sie im Juli zusammen mit 1000 anderen ungarischen Frauen zur<br />

Zwangsarbeit nach Deutschland in das Außenkommando des KZ Buchenwald bei Hessisch-<br />

Lichtenau gebracht. Hessisch-Lichtenau war während des Zweiten Weltkriegs ein Munitionsproduktions-Zentrum<br />

der Dynamit-Nobel AG und des IG Farben-Konzerns.<br />

<strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> leistete als Zwangsarbeiterin in der Munitionsfabrik unter großer Gefahr Widerstand<br />

gegen den NS-Staat, denn sie wollte die deutsche Kriegsindustrie nicht unterstützen. Sie schloss<br />

sich <strong>einer</strong> Gruppe an, die die Produktion sabotierte.<br />

Niemand weiß, wie viele der jüdischen Zwangsarbeiterinnen in Hessisch-Lichtenau Opfer der<br />

unzureichenden Ernährung und fehlender medizinischer Versorgung wurden oder tödliche Arbeitsunfälle<br />

und Vergiftungen durch die hochgiftigen Munitionsstoffe erlitten. Wenige Wochen<br />

vor Kriegsende wurden die Lagerinsassen nach Leipzig verschleppt und dort auf den Todesmarsch<br />

geschickt. Viele der Geschundenen starben auf diesem Marsch oder wurden von SS-<br />

Männern erschossen, weil sie zu erschöpft waren, um weiterzulaufen. Am elften Tag, dem 23.<br />

April 1945, brach <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> ausgemergelt und kraftlos zusammen. Zu ihrem Glück war sie den<br />

deutschen Bewachern aber keine Kugel mehr wert. <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> war frei. Es war ihr 21. Geburtstag.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlitt <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> weitere schwere Schicksalsschläge. Es fiel ihr<br />

schwer, zur Ruhe zu kommen und in ein geordnetes Leben zurückzukehren. Ihr Lebensweg nach<br />

1945 ist dabei von den Leiden unter der nationalsozialistischen Herrschaft nicht zu trennen. Zu<br />

schrecklich war das Erlebte.<br />

Frau <strong>Levi</strong> lebt heute in London. Sie arbeitet dort in der Wiener Library. Seit ihrem Ruhestand<br />

führt sie Gespräche in englischen und deutschen Schulen, hält öffentliche Vorträge, spricht in<br />

Rundfunk und Fernsehen und steht in ständigem Briefwechsel mit deutschen und englischen<br />

SchülerInnen. 1994 publizierte <strong>Trude</strong> <strong>Levi</strong> ihre <strong>Erinnerungen</strong> „A Cat called <strong>Adolf</strong>“ in englischer<br />

Sprache, 1997 wurde es ins Deutsche übersetzt.


Ihr neues Buch ist vor kurzem in England erschienen: „Did you ever meet Hitler, Miss“ Im<br />

ersten Teil gibt Frau <strong>Levi</strong> einen kurzen Bericht über ihr Leben vor und während der Zeit in Lager<br />

und Fabrik. Der zweite Teil enthält Fragen der SchülerInnen aus Gesprächen aus den Schulen<br />

und aus den Mails, die die SchülerInnen im Anschluss an Frau <strong>Levi</strong>s Schulbesuche an sie<br />

schickten, und Frau <strong>Levi</strong>s Antworten darauf.

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