Document PDF - Asociatia Tinerilor Istorici din Moldova
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efand die Parteizentrale, dass die Filme von Vlad Ioviţa, darunter die fulminante Parabel Se<br />
caută un paznic (Ein Wächter wird gesucht) und der Dokumentarfi lm Piatră, Piatră (Der Stein),<br />
plötzlich als ideologisch unhaltbar galten und verboten wurden (Cimpoi u.a. 2005: 40).<br />
In Ermangelung anderer Alternativen in der für Künstler immer knapper werdenden Luft<br />
greift Ioviţa das vom ZK der KPM 1973 unterbreitete Angebot auf, einen Film über Cantemir zu<br />
drehen, nicht zuletzt in der Hoffnung, durch einige Nischen Ausdruck für seine nicht nur künstlerische<br />
Ansichten vermitteln zu können, nach dem Motto „sowohl den Wolf satt zu kriegen,<br />
als auch das Schaf heil über den Fluss zu bringen“. Der Film Dimitrie Cantemir sollte somit<br />
auch in der künstlerischen Biografi e von Vlad Ioviţa einen klaren Zweck erfüllen, d. h. eine Art<br />
ideologische Rehabilitierung des in Ungnade gefallenen Regisseurs der Partei gegenüber.<br />
3. Die Diskussion um das „wahre Bild“<br />
Doch bevor der Film aufgeführt werden kann, wird er von einem ganzen Heer von Parteizensoren,<br />
darunter Bodiul persönlich, und von Historikern unter die Lupe genommen.<br />
Eine der ersten Auseinandersetzungen zwischen Parteizensoren und Vlad Ioviţa über<br />
die Filmvorlage betraf die Erzählform des Filmes.<br />
1. Die Erzählform des Filmes (Tragödie vs. Historisch-biographisches Epos)<br />
Zum einen sah die ursprüngliche Idee des Regisseurs eine konzeptionelle Kontinuität<br />
mit der in den 1960er Jahren etablierten Vorstellung vor, Geschichte als Tragödie darzustellen.<br />
Ioviţa: „ ... für dieses künstlerisches Konzept bietet Cantemir eine wie dafür geschaffene<br />
Persönlichkeit: sein Wunschtraum, seine Heimat von der osmanischen Herrschaft zu<br />
befreien, wird von der dramatischen historischen Realität zunichte gemacht: die Niederlage<br />
von Stănileşti bezahlt <strong>Moldova</strong> mit noch größerer Abhängigkeit vom Osmanischen Reich, und<br />
Cantemir selbst muss das Land für immer verlassen …“ (Plămădeala 2005: 129).<br />
Die Kluft zwischen Individuum und Gesellschaft, die für die Filme der Tauwetterperiode<br />
noch prägend waren, hatte für das sowjetische Kino Anfang der siebziger Jahre keine<br />
entscheidende Bedeutung mehr. Nun war der „Staatsfi lm“ entstanden, der im Auftrag von<br />
Goskino 3 produziert wurde, was die Bindung an große Budgetentscheidungen und formale<br />
Reglementierungen bedeutete. In diesen Staatsfi lmen war die Rückkehr zu den konzeptionellen<br />
und formalen Prinzipien der Kunst der Stalinzeit unübersehbar. Es liegt auf der Hand,<br />
dass Cantemir in der Rolle eines „Leidtragenden“ kaum den Erwartungen der ideologischen<br />
Zurechtweiser entsprach: Ein komplexes Bild von Cantemir zu zeigen, widersprach außerdem<br />
den Vorgaben der Partei, einfache historische Filme zu produzieren, mit denen die breite<br />
Masse der Bevölkerung erreicht werden sollte. Die Partei erwartete in erster Linie „ …einen<br />
nationalen Helden, scharfsinnigen Wegbereiter der Freiheit und Unabhängigkeit des moldauischen<br />
Staates in Freundschaft und Einigkeit mit den Interessen Russlands.“ (SARM 1973, F.<br />
3158 (8), inv. 2, Ordner 249).<br />
Gleichzeitig wird Anfang 1970er Jahre eine Tendenz zur Unterhaltung hin, trotz oder<br />
gerade wegen dieser starren Vorgaben der Partei, immer deutlicher. Denn während in den<br />
1960er Jahren die sowjetische Filmwissenschaft die Kluft zwischen den Vorlieben der Kritik<br />
und denen der Zuschauer noch „übersah“, wurde in den 1970er Jahren das Publikumsinteresse<br />
zum Gegenstand von Untersuchungen. 4 Auch die historischen Filmbiographien setzten<br />
3<br />
Gemeint ist das staatliche Ministerium für Kinematografie, als solches nahezu einzigartig auf der Welt. Eine<br />
Einrichtung, die sich Mitte der 60er bis 80er Jahre nicht des besten Rufes erfreute, wurde ihr doch das Verbot<br />
von Filmen wie Andrej Tarkowskijs “Andrej Rubljow” oder Aleksandr Askoldovs “Kommissarin” zugeschrieben.<br />
4<br />
Während die Autorenfi lme von Tarkovskij nur auf 2-4 Millionen Zuschauer kamen und in den städtischen Bezirken<br />
gezeigt wurden, brachte 1975 ein billiges mexikanisches Melodrama (Esenija) 92 Millionen Zuschauer<br />
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