29.01.2015 Aufrufe

Document PDF - Asociatia Tinerilor Istorici din Moldova

Document PDF - Asociatia Tinerilor Istorici din Moldova

Document PDF - Asociatia Tinerilor Istorici din Moldova

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

GESCHICHTE IM FILM UND FILM ALS GESCHICHTE.<br />

DAS BILD DIMITRIE CANTEMIRS 1 IM GLEICHNAMIGEN SPIELFILM<br />

(MOLDOVA-FILM), 1973<br />

Marina DUMBRAVĂ<br />

„Aber es ist doch ein Dokumentarfi lm, über den du referierst, oder“ fragte mich vorsichtig<br />

ein Bekannter, der von Beruf Historiker ist, mit einer Selbstverständlichkeit, die gleichzeitig<br />

zeigt, wie heikel es wird, wenn Geschichte und Film miteinander konfrontiert werden.<br />

Doch mittlerweile scheint auch die lang anhaltende Vorstellung, der Film besitze für die Geschichtswissenschaft<br />

nur dokumentarischen Wert und müsste sich auf die Konservierung der<br />

Geschichte beschränken, überwunden zu sein (Mattl/Stuhlpfarrer 1994; Meyers 1998). Fiktionale<br />

Filme sind Elemente der Geschichtsschreibung geworden, und sie werden, ebenso wie<br />

die klassische Dokumentationen und semidokumentarische Sendungen, von Historikern nicht<br />

mehr als Übel wahrgenommen. 2 Auch Historiker sind fl eißige Kinogänger geworden (Rother<br />

1991; Rosenstone 1994).<br />

Doch warum lohnt es sich für die Historiker, den Film überhaupt in ihre Forschungen<br />

einzubeziehen<br />

Der Film ist nicht nur eine visuelle Quelle; als Massenmedium beeinfl usst er massiv den<br />

Prozess der politischen Willensbildung. In dieser Funktion produzieren Filme Geschichtsbilder,<br />

die das kollektive Gedächtnis fl eißig mitgestalten. Der Kult um die Leitfi guren nationaler<br />

Identität ist innerhalb aller europäischer Kinematografi en vorzufi nden (Rother 1998).<br />

Indem Filme als „Mythomotoren“ fungieren, treten sie in Konkurrenz zu einem der stärksten<br />

Wirkungsfelder der Geschichtsschreibung. Auch Spielfi lme betreiben Geschichtspolitik,<br />

weil sie Geschichte erzählen. Spielfi lm und Historiographie organisieren beide den Diskurs<br />

über Vergangenheit und behaupten, jeder für sich, Experte für die kollektive Erinnerung zu<br />

sein.<br />

Des Weiteren ist die Intensität und Faszination der Filmbilder zu nennen. Ein Spielfi lm<br />

berührt nicht nur der Verstand, seine Wirkung liegt vor allem in den Gefühlen, also ein hochwirksames<br />

Medium um Spannungen zu erzeugen und Empfi ndungen zu erregen.<br />

Zudem weiß man spätestens seit Siegfried Krakauer, dass Filme über das politische<br />

und kulturelle Selbstverständnis einer Gesellschaft Auskunft geben. (Kracauer 1977). Nach<br />

Karsten Fledelius bekommt man durch den Spielfi lm zwar einen indirekten und oft verdrehten<br />

oder sogar falschen Eingang zur abgebildeten Realität, gewinnt aber auf der anderen Seite<br />

1<br />

Dimitrie Cantemir ist als „Multitalent“ in der europäischen Geschichte eingegangen. Als Gelehrter und Schrifsteller,<br />

Philosophen, Historiker, Musikwissenschaftler, Geographen, Literaten und Diplomaten und kurzzeitig<br />

Fürst der Moldau (1693, 1710-1711) war er in den Kulturen mehrere europäische heimisch. Den größten Teil<br />

seiner Jugend hatte Cantemir in Konstantinopel verbracht, wo er sich eine Bildung in den klassisch-antiken<br />

und orientalischen Sprachen und Kultur aneignete. Nach dem unglücklichen Ausgang seiner militärischen<br />

Allianz mit dem Zar Peter I bei Stanilesti, die zur Befreiung Moldau vom türkischen Joch führen sollten, fl oh<br />

er nach Russland, wo er als Ratgeber des Zaren tätig war und wo er 1723 starb. Neben der politisch-geographischen<br />

Beschreibung der Moldau, die er auf Wunsch der Brandenburgisch-Preußischen Akademie der<br />

Wissenschaften , die ihn zu einem ihrer ersten auswärtigen Mitglieder ernannte, ist er in Westeuropa vor allem<br />

durch seine Geschichte vom Aufstieg und Fall des Osmanischen Reiches bekannt geworden, die im 18. Jhr.<br />

ins Französische, Englische, Deutsche und Italienische übersetzt wurde.<br />

2<br />

Für die Ursachen dieser Abneigung brachte Marc Ferro eine interessante Erklärung: Historiographie wurde im<br />

Auftrag der Herrschenden ausgeübt und die Historiker vertraten allzu oft die Interessen der Staates. Historiker<br />

haben demzufolge staatliches Quellenmaterial im Mittelpunkt. Was nicht aufgeschrieben war, hatte keine<br />

Identität (FERRO 1977).<br />

– 244 –

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!