JRK CAMP 2008 - Bayerisches Jugendrotkreuz
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Was bisher geschah...<br />
Seit Vivis Vater arbeitslos ist, musste die Familie nicht nur<br />
umziehen, auch das Leben ändert sich. Besonders belastend<br />
sind für die Familie die fi nanziellen Sorgen. Und jetzt ist die<br />
Arbeit von Vivis Mutter auch nicht mehr sicher...<br />
14. Folge<br />
Vivi hatte beschlossen, sie in dem Glauben zu lassen. Denn<br />
wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass ihr durchaus<br />
solche Gedanken durch den Kopf gegangen waren. Richtig<br />
fi ese Geburtstagswünsche hatte sie sich für Anna überlegt.<br />
Die ansteckende Krankheit war noch harmlos. Emine hatte<br />
Vivi geholfen, immer neue Strafen für Anna zu erfi nden:<br />
zum Beispiel eine Nacht im Ameisenhaufen verbringen, fünf<br />
Stunden Bio-Unterricht bei Herrn Schäfer (ohne Pause), die<br />
Jungs- Toiletten in der Schule putzen oder mindestens sieben<br />
Regenwürmer essen. Genau dreizehn verschiedene<br />
Scharlach-Verwünschungen hatten sie sich ausgedacht,<br />
dann konnten sie nicht mehr vor lauter Albernheit.<br />
Vivi ließ sich auf dem Kantstein nieder und schnappte nach<br />
Luft. Emine setzte sich daneben und wischte sich über das<br />
verschwitzte Gesicht. Beide holten ihre mitgebrachten Flaschen<br />
aus den Taschen und tranken, solange der Tee und<br />
das Wasser noch einigermaßen kühl waren. Dann liefen sie<br />
weiter und quetschten sich gleichzeitig durch die Tür des Kinderhauses.<br />
Pia und die anderen hatten schon alles vorbereitet.<br />
Durchsichtige, farbige Tücher hingen vor den Fenstern<br />
und verwandelten den nüchternen Aufenthaltsraum in ein<br />
geheimnisvoll wirkendes Zimmer. An der Wand standen geöffnete<br />
Koffer und Umzugskartons, in denen Unmengen alter<br />
Kleider, Rüschenblusen, dicker Mäntel und vieler anderer<br />
Verkleidungssachen darauf warteten, angezogen zu werden.<br />
Aus der Küche duftete es nach frisch gebackenen Waffeln.<br />
Alle Kinder, die sich für das Märchenfest angemeldet hatten,<br />
20 |<br />
bäffchen<br />
REGINA RUSCH<br />
DIE PAAR KRÖTEN!<br />
durften sich eine Waffel nehmen. Die dicke Esmeralda bekam<br />
die erste, weil sie sich als Erste angemeldet hatte. Vivi<br />
und Emine kamen an zweiter und dritter Stelle, es folgten vier<br />
weitere Mädchen und drei Jungen. Mirko sollte sich ganz hinten<br />
anstellen, denn er hatte sich überhaupt nicht angemeldet.<br />
Doch weil er vor Wut darüber eine zerbeulte Coladose mit<br />
voller Wucht in die Küche kickte, wurde er von Pia kurzerhand<br />
vor die Tür gesetzt.<br />
Jetzt konnten sie endlich anfangen! Zuerst ging es ans<br />
Schminken. Vivi und Emine malten sich rote Münder und<br />
grünblaue Lidschatten, sie halfen sich gegenseitig beim Wimperntuschen<br />
und Augenbrauennachziehen und behängten<br />
sich mit Ohrclips, Ketten und Armreifen. „Toll seht ihr aus!“,<br />
sagte Pia, die mit einem Märchenbuch auf der Turnmatte saß<br />
und wartete, bis alle in eine andere Rolle geschlüpft waren.<br />
Das Verkleiden war viel schwieriger als das Schminken. Vivi<br />
stieg in ein paar riesengroße Stiefel mit hohen Absätzen<br />
und hängte sich einen schweren, dunkelblauen Mantel um.<br />
Emine zog ein langes Seidenkleid mit einer breiten Schärpe<br />
an. Es war wirklich nicht leicht, etwas zu fi nden, das zu einem<br />
passte. Vivi zog alles wieder aus und wühlte in einem der<br />
Kartons, bis sie einen rötlich braunen Pelzkragen fand. Sie<br />
legte ihn um ihren Hals und wusste auf einmal ganz genau,<br />
wonach sie suchte. „Ich brauche einen Umhang“, rief sie, „am<br />
besten rot.“ Leider gab es keinen roten Umhang, nur ein rosa<br />
eingefärbtes Bettlaken. Vivi wickelte es um Brust und Bauch<br />
wie ein großes Badelaken. Dann legte sie ihren roten Samtstoff<br />
um die Schultern und rückte den Pelzkragen zurecht.<br />
„Wie fi ndest du mich?“, fragte sie Emine, die sich mit einer<br />
kurzen Bluse, einem Rock und vielen Schals und Tüchern<br />
wie eine orientalische Bauchtänzerin zurechtgemacht hatte.<br />
Emine erkannte sofort, dass Vivi eine Königin war. Sie legte<br />
ihr rasch noch eine Kette mit glänzenden weißen Perlen auf<br />
die Haare. Vivi musste den Kopf ganz gerade halten, wenn<br />
ihr Diadem nicht herunterrutschen sollte. So saß sie aufrecht