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reisende sommer - republik 2005 dokumentation

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Cord Cordes, Bremen<br />

Ich habe über 100 Leute hier gehabt mit meinen Sommer-Camps. Und die haben alle am<br />

Anfang gesagt, das sieht aber hässlich aus da drüben (der Hafen). Und ich habe gesagt: wartet<br />

mal ab, bis du hier wirklich angekommen bist. Und alle, wirklich alle, haben nach mehreren<br />

Tagen gesagt: Das ist ein ganz schöner Kontrast, man ist hier auf der ruhigen Seite und wenn<br />

da drüben auch Ruhe wäre und nur Bäume, dann wäre das eigentlich langweiliger, als wenn<br />

Abends da die Lichter sind und die Schiffe kommen und gehen.<br />

Gunter Schröder, Harriersand<br />

Es ist eine lange Entwicklung gewesen. Ich bin 1981 nach Hause gekommen, ich bin ja von<br />

Geburt aus Harriersander, habe den Betrieb übernommen und habe zunächst konventionell<br />

gewirtschaftet. Schwerpunkt war immer Milch. Wir hatten verschiedene Gedankenmodelle,<br />

Versionen übernommen. Und einige Utopien –<br />

in Anführungszeichen – hatten wir umgesetzt<br />

und einige ließen sich halten, andere nicht.<br />

Gepaart ist das Ganze zusammen auch mit<br />

einer gewissen persönlichen Reifung, gerade in<br />

Zusammenhang mit meiner Eheschließung mit<br />

Angelika und mit den Kindern, die dann kamen.<br />

Das wir irgendwann Ende der 90er Jahre, als<br />

das zweite Experiment der<br />

Betriebsgemeinschaft zuende ging, so an den<br />

Punkt kamen, wie wollen wir denn jetzt weiter. Wollen wir jetzt zurück dahin, wo wir vor acht<br />

Jahren angefangen waren, oder wollen wir mal was anderes versuchen? Dann hatte sich ja<br />

nun auch die politische Lage ein bisschen verändert, so dass ökologische Landwirtschaft<br />

stärker gefördert wurde, ein bisschen salonfähiger war. Da haben wir gesagt, lass uns das<br />

einfach mal probieren, lass uns unsere Grenzen mal ablegen und mal sehen. Etwas mehr Mut<br />

einfach zur Lücke. Da haben wir uns drauf einlassen können und überraschenderweise ging<br />

das auch besser als gedacht.<br />

Es geht nur über Melken, alles andere geht nicht. Mit anderen Dingen reicht es hier auf<br />

Harriersand nicht zum Leben. Letztendlich wollten wir hier bleiben, das war ein klar erklärtes<br />

Ziel. Der Standort ist einfach zu schön um ihn aufzugeben, bevor man ihn aufgeben muss.<br />

Es kam vorhin so die Frage hoch, was ist der Reiz der Insel. Mir sprach das so ein bisschen<br />

aus der Seele. Ich habe ja nun den Vorteil, dass ich genau der Stadt (Brake) gegenüber liege.<br />

Ich hatte früher als Schulkind, ich war in Brake zur Schule gegangen, eigentlich von allen Fahrschülern<br />

den kürzen Weg. Wir gingen um halb acht aus dem Haus und waren um acht im<br />

Unterricht und waren um halb zwei wieder zu Hause. Wir hatten den kürzesten Weg – mit dem<br />

eigenen Boot.<br />

Was ich als sehr angenehm empfinde: Ich habe mein Refugium, ich bin alleine, ich habe<br />

meinen Standort. Ich habe aber immer Leben vor der Tür. Immer ist irgendein Schiffsverkehr,<br />

immer ist irgendwo drüben Licht, es ist nie Dunkel. Und Leben kann ich so viel zulassen an<br />

mich ran, wie ich will. Und wenn mir das reicht, dann werden die Schotten wieder zugemacht.<br />

Das ist das, was für mich die Insel ausmacht, der Fluss natürlich zusätzlich. Einfach eine<br />

Abgrenzungsmöglichkeit, die trotzdem Leben zeigt, aber mir nicht unbedingt etwas auf die<br />

Pelle rücken lässt.<br />

Wenn wir mal ein paar drollige Minuten haben, dann gehen wir in Brake direkt am Wasser in<br />

eine der Kneipen. Und dann denke ich immer, du sitzt doch auf der richtigen Seite eigentlich.<br />

Du guckst zum Leben und kannst aber deinen Freiraum genießen. Und wenn du denn einmal<br />

im halben Jahr rübergehst und kannst zu dir selber hingucken, dann reicht das.<br />

SOMMER - REPUBLIK<br />

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