14.11.2012 Aufrufe

reisende sommer - republik 2005 dokumentation

reisende sommer - republik 2005 dokumentation

reisende sommer - republik 2005 dokumentation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DEUTSCHE MUSTERREPUBLIK IN AMERIKA<br />

WAS DIE WESERINSEL HARRIERSAND MIT DER GRÜNDUNG<br />

EINER DEUTSCHEN MUSTERREPUBLIK IN AMERIKA VERBINDET<br />

HENRY SCHNEIDER<br />

PETER ROLOFF<br />

DIE SCHWARZEN<br />

1815. Der erfolgreiche Kampf gegen Napoleons Armeen hat den beteiligten<br />

Studenten aus allen deutschen Ländern Nationalgefühl und Selbstbewusstsein<br />

gebracht. An deutschen Universitäten gründen sich neuartige Burschenschaften<br />

mit einem politischen Ideal: Einheit der deutschen Nation unter demokratischer<br />

Verfassung. Doch Deutschland besteht aus 34 Kleinstaaten, und die Herrschenden<br />

beharren auf den alten feudalistischen Machtverhältnissen.<br />

Uni Gießen. Zwei Dutzend Studenten spalten sich von den anderen Burschenschaften<br />

ab. Sie wollen keine Reformen, sondern den Umsturz. ‚Die Schwarzen’<br />

werden sie genannt, gemäß ihrer "altdeutschen" Tracht: schwarzer Rock, weißer<br />

Kragen, dunkles Samtbarett. Sie bilden einen Geheimbund und pflegen spezielle<br />

Tugenden: Keine Frauenliebe, keine Trinkgelage, dafür Turnübungen! Sie führen<br />

lange politische und wissenschaftliche Diskussionen. Ihre politische Radikalität ist<br />

christlich fundiert, in einer Art mystischen Religiosität. Gemeinsame Kirchgänge<br />

und Abendmahlsfeiern stärken ihren Zusammenhalt.<br />

Geistiges Zentrum der Schwarzen sind die drei Gebrüder Follen (auch Follenius):<br />

Karl und August, später stößt der jüngste Bruder Paul dazu. Zunächst ist der<br />

älteste Bruder August der Wortführer. Doch die Gruppe wehrt sich gegen seine<br />

Herrscherallüren und August wechselt an eine andere Universität. (August Follen<br />

wird Jahre später von der Schweiz aus einen polemisch-politischen Kreuzzug<br />

gegen alles und jeden führen, unter anderem in seinem „Fliegenden Blatt von<br />

einem Verschollenen: An die gott-losen Nichts-Wütheriche“.)<br />

Karl Follen übernimmt nun souverän die Leitung der Schwarzen. „Wie ein Prophet<br />

unter seinen Jüngern“, empfindet ihn Friedrich Münch, ein Mitglied der Gruppe.<br />

Die Schwarzen werden auch an anderen Universitäten als ein radikaler Bund<br />

bewundert, der nichts weniger im Sinn hat als den gewaltsamen Sturz der<br />

Fürstenhäuser und die Gründung einer deutschen Republik. Für die entwerfen sie<br />

sogar eine komplette Verfassung (der erste Verfassungsentwurf in Deutschland),<br />

bis hin zur Festlegung der künftigen Hauptstadt: Berlin.<br />

Karl Follens konspirative Pläne zu einer Volkserhebung scheitern, doch gerade<br />

darum verschärft er seine Grundsätze: „Dem Menschen, welcher sich selbst<br />

achtet, bleibt keine andere Wahl, als seine eigene ... Überzeugung zur Ausführung<br />

zu bringen. ... Opfer, auch die schwersten, die er deshalb zu bringen hat, dürfen<br />

ihn darin nicht beirren.“ Im Klartext eine Aufforderung zu Tyrannenmord und<br />

Selbstaufopferung. Vielen in der Gruppe geht das zu weit, der Kreis schrumpft. Die<br />

Feuerköpfe, die weiter zu Karl Follen halten, nennen sich jetzt "die Unbedingten".<br />

1819. Ein glühender Anhänger Karl Follens, der Theologiestudent Karl Sand,<br />

ermordet den als russischen Spion verdächtigten Lustspieldichter August<br />

Kotzebue. Folge: die Karlsbader Beschlüsse. Die Herrscherhäuser Deutschlands<br />

beginnen mit der unnachsichtigen Verfolgung aller "Demagogen". Wer nicht im<br />

Gefängnis landet, geht in den Untergrund oder ins Ausland.<br />

SOMMER - REPUBLIK<br />

75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!