reisende sommer - republik 2005 dokumentation
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unterwegs zu den eigenen Inhalten, Formen, Farben und Worten<br />
bewegen wir uns alle in vieler Hinsicht unwillkürlich zwischen möglich<br />
und unmöglich. Was die Kinder uns letztlich auf den von ihnen gemalten<br />
Bildern zeigen oder nicht zeigen, und was sie uns für den Film wie<br />
sagen oder nicht sagen, erzählt uns in jedem Falle etwas vom Wesen<br />
ihrer „privaten Utopien“.<br />
Hier einige Einblicke in die Arbeitsprozesse, die Mittel, Wege, Erlebnisse<br />
und Ergebnisse unserer gemeinsamen Beschäftigung mit dem Thema.<br />
Lieblingswunschträume<br />
„Lieblingswunschtraum“ – so lautet meine „Übersetzung“ des Begriffs<br />
der privaten Utopie für die Kinder. Beim ersten Treffen erzähle ich ihnen,<br />
worum es geht: „Wir alle haben ja viele verschiedene Wünsche und<br />
Träume. Heute wollen wir herausfinden, ob jeder von euch einen<br />
besonders wichtigen Lieblingswunschtraum hat. Weil man das oft selber<br />
gar nicht so gut weiß, machen wir uns mal zusammen auf die Suche.<br />
Dazu haben wir hier die Wunschkiste. Schauen wir mal, was drin ist...“<br />
Utopia und die Wunschkiste<br />
Ich habe eine große rote Pappschachtel mit, die „Wunschkiste“. Diese<br />
spielt fortan eine wichtige Rolle in unserem Projekt, sie funktioniert<br />
nämlich als eine Art Briefkasten. Ein Kind darf sie öffnen und findet darin<br />
einen ersten Brief „an die Klasse 2a der Schule an der Freiligrathstraße“<br />
– Absender: „Utopia, die Hüterin der Wunschkiste“. Utopia habe ich für<br />
uns erdacht als ein Geschöpf unbekannter Herkunft und Gestalt, sowie<br />
unbekannten Wohnorts. Utopia hat mich ausgewählt, um in ihrem<br />
Namen mit den Kindern der Klasse zu kommunizieren. Sie erscheint mir<br />
im Traum, unterhält sich mit mir, fragt nach den Kindern und diktiert mir<br />
bisweilen Briefe 1 an sie...<br />
Traumreise und Skizzen<br />
Im ersten Brief, den ein Kind vorliest, steht die Bitte an die Kinder,<br />
jeweils einen Stift und einen der unbeschriebenen Zettel aus der<br />
Wunschkiste vor sich bereitzulegen, und dann dem zweiten Brief zu<br />
lauschen, den ich ihnen vorlese. Dieser enthält eine Traumreise, welche<br />
den Kindern ermöglicht, in Ruhe in ihre persönliche Vorstellungswelt<br />
einzutauchen, denn... Lieblingswunschträume sind oft leise und<br />
versteckt in uns drin. Sie sind oft scheu und sie sind oft sehr geheim.<br />
Lieblingswunschträumen kann man am besten erst einmal ganz alleine<br />
1 Alle Briefe von Utopia an die Klasse sind in der Materialmappe zum Projekt zu lesen.<br />
4<br />
begegnen. 2 Die Kinder erwünschen sich nach und nach beim Zuhören<br />
mit geschlossenen Augen, wo sie sind, wie es dort aussieht, was sie<br />
dort hören oder riechen, wer und was dort auch noch ist, wie alt sie<br />
dabei sind, was sie besonderes können, was genau sie gerade machen<br />
oder was dort passiert, und was dabei für sie so besonders schön ist<br />
und sie glücklich macht. Alles das mit der Betonung darauf, dass alles<br />
möglich ist, auch was es in Wirklichkeit gar nicht gibt oder was gar nicht<br />
wirklich geht, und mit der Bitte, sich alles sehr gut zu merken. Zum<br />
Schluss steht die Bitte an die Kinder, das gerade „Erlebte“ gleich nach<br />
dem „Aufwachen“ auf dem bereitgelegten Wunschzettel aufzuzeichnen<br />
oder zu schreiben.<br />
Die Kinder skizzieren und schreiben ihre Lieblingswunschträume. 3 Wir<br />
beantworten Fragen, und betonen noch einmal besonders, dass das<br />
Kind jeweils selbst mit auf der Zeichnung und/oder der Beschreibung<br />
vorkommen soll. Die Skizzen-Zettel werden wieder in der Wunschkiste<br />
gesammelt. Kinder, die fertig sind, bekommen – leise und einzeln! – die<br />
Aufgabe, die geheimnisvolle Utopia zu malen, so wie sie sie sich<br />
vorstellen. 4<br />
Vom Entwurf zum Bild<br />
Utopia wünscht sich – per Brief im Wunschkisten-Briefkasten – von<br />
jedem Kind, dessen Lieblingswunschtraum noch genauer kennen zu<br />
lernen... und darum den eigenen Wunschzettel noch einmal gemeinsam<br />
mit mir zu betrachten und zu besprechen. Im Einzelgespräch außerhalb<br />
der Klasse frage ich nochmals jedes Kind nach allen in der Traumreise<br />
enthaltenen Aspekten. Ausgehend von der Skizze ergänzen, präzisieren<br />
und erweitern wir die jeweilige Wunschvorstellung; ich mache mir dabei<br />
Gesprächsnotizen.<br />
Beim nächsten gemeinsamen Treffen beginnen wir die Arbeit an den<br />
farbigen Bildern mit verschiedenen Materialien auf A3-Bögen. Als<br />
Gedächtnisstütze, Vorlage und Anregung für sein Bild findet jedes Kind<br />
in der Wunschkiste die eigene Skizze und dazu einen individuellen Brief 5<br />
von Utopia mit Stichworten aus dem jeweiligen Einzelgespräch: Auf<br />
deinem Zettel ist schon einiges von deinem Lieblingswunschtraum zu<br />
sehen. Und einiges hast du Maja dazu erzählt. Das sieht man noch<br />
nicht. Auf deinem großen Bild wünsche ich mir nun ALLES zu sehen,<br />
2 Zitat aus Utopias Brief 2<br />
3 Einige der Lieblingswunschtraum-Skizzen sind in der Materialmappe zum Projekt zu sehen.<br />
4 Einige Bilder der Utopia sind in der Materialmappe zum Projekt zu sehen.<br />
5 Ein Muster des individuellen Briefes an die Kinder ist in der Materialmappe zum Projekt zu lesen.<br />
5<br />
SOMMER - REPUBLIK<br />
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