reisende sommer - republik 2005 dokumentation
reisende sommer - republik 2005 dokumentation
reisende sommer - republik 2005 dokumentation
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Mission possible?“<br />
Ausschnitte aus dem<br />
Gespräch, dass Lutz Liffers<br />
mit Andreas Walter<br />
am 20.08.05 im Inselhus<br />
führte<br />
Musikalische Begleitung:<br />
Jörg Kaier<br />
Lutz Liffers<br />
Es gibt unglaublich viele unterschiedliche Projekte. Ich kenne keines persönlich, das war nun<br />
das erste Projekt, das ich von dir erlebt habe, ich kenne es nur vom Lesen, Hören und Erzählen.<br />
Für mich zieht sich da ein roter Faden durch, auf den möchte ich später gerne kommen.<br />
Aber vielleicht stellst du ein paar Projekte vor. Du hast eine Gruppe initiiert, die heißt „interpicnic“<br />
ein loses Bündnis von Künstlern, die sich um dich herum gruppieren, die du immer wieder<br />
einbindest.<br />
Andreas Walter<br />
Es ist alles im weitesten Sinne Theater, aber dafür Darstellungsformen zu entwickeln, von<br />
denen wir nicht abhängig werden, die uns eine große Freiheit geben, unsere Ideen umzusetzen.<br />
Das heißt, dass wir nicht an Orten festhängen, dass wir nicht an großem Equipment festhängen<br />
und auch nicht an festen Spielplänen, sondern dass wir immer recht flott und frei<br />
entscheiden können, was wir machen. Wenn wir merken, wir haben zuviel gemacht, dann<br />
können wir auch sagen, jetzt machen wir im nächsten Monat nichts.<br />
LL<br />
Du hast gesagt, Orte sind für euch wichtig. Was müssen diese Orte für euch bieten?<br />
AW<br />
Wir haben gemerkt, für unsere Projekte ist es ganz schön, Orte zu nehmen, die noch nicht in<br />
eine Richtung künstlerisch geprägt sind. Das heißt, wenn man in einem Ort auftritt, der noch<br />
nicht in einem Theaterzusammenhang war, ist es einfach viel spannender, weil sich da oft neue<br />
Assoziationen für das Publikum ergeben. Wir sind zum Beispiel mal in einer Mensa aufgetreten,<br />
das war sehr schön, oder an einem Bootsanleger an der Spree. Das sind halt Sachen, wo<br />
der Ort automatisch sehr stark für sich spricht und dadurch, dass er da ist, uns auch sehr viel<br />
Arbeit abnimmt, weil er das ganze Bühnenbild mit einer bestimmten Umgebung schon bietet.<br />
LL<br />
Du hast ein aufsehenerregendes Projekt in Berlin gemacht: „Kreuzberger Passionsspiele“.<br />
AW<br />
Na, aufsehenerregend nicht. Es war ausverkauft, sagen wir so. Jörg hat den Jesus gemacht,<br />
den „Jörg“. Wir haben die Passionsgeschichte vom katholischen Passionsritus versucht, in den<br />
Alltag von Kreuzberg umzusetzen. Das klingt jetzt ein bisschen platt, aber wir haben uns wirklich<br />
bemüht zu gucken, was zwischen den Figuren passiert. Wer den Mel Gibson Film gesehen<br />
hat, das ist ja alles sehr merkwürdig, was da passiert, da wird einer die ganze Zeit gepeitscht<br />
und dann kommt noch der Teufel um die Ecke. Und man versteht eigentlich gar nicht wieso<br />
wird dieser Mensch gequält und was hat er falsch gemacht oder was passiert jetzt zwischen<br />
ihm und zum Beispiel dem Kreuzträger. Wir haben jetzt versucht, das umzusetzen, zu reduzieren,<br />
die ganze Dramatik herauszunehmen, die Sandalen rauszunehmen, das Kreuz wegzunehmen,<br />
die Nägel wegzunehmen und es vielleicht ein bisschen dabei zu banalisieren, damit<br />
die Konflikte zwischen den Figuren auch klarer werden.<br />
SOMMER - REPUBLIK<br />
110