reisende sommer - republik 2005 dokumentation

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Sommer-Republik Harriersand Stephan F. Greulich Dokumentation des Workshops Forum Arbeitsutopien am 20. August 2005 Dem Workshop gingen drei Vorträge zur Einführung in das Thema voran. Sie gaben Einblick in Utopieentwicklung, Utopieentwurf und die Organisation heutiger Arbeit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten im Workshop dann notieren, was für sie persönlich wichtige Ziele von guter Arbeit sind. Idee war, uns im Idealfall auf eine für alle erstrebenswerte Arbeitsutopie für unsere gedankliche Gründung einer Musterrepublik zu einigen. Aus zeitlichen Gründen ist dies bedauerlicherweise nicht in dieser Form gelungen. Deshalb möchte ich versuchen, die eingebrachten und unten im Einzelnen angeführten unterschiedlichen Vorschläge zu systematisieren. Das bedeutet, dass ich Sinneinheiten zusammenfasse und überlege, welche Vorteile sich gegenüber gegenwärtiger Arbeit herausbilden könnten. Gleiches gilt für mögliche Nachteile. Anhand der verschiedenen Argumente kann jeder für sich nochmals einen Anlauf unternehmen, die Arbeit in unserer utopischen Musterrepublik nach unseren Wünschen zu denken und gestalten. Zu beachten ist der Leitgedanke von Utopien: Die radikale Kritik an den bestehenden Verhältnissen. Damit entsteht das Potential, praktisches Handeln anleiten zu können! Zeit: - Arbeitszeit: (nur) ein halbes Jahr bezahlte Arbeit - selbstbestimmte Arbeitszeiten - Projekt-Modell: intensive Arbeitsphasen wechseln sich ab mit Ruhephasen (möglichst selbstbestimmt) - jeweils einen halben Tag und ein halbes Jahr mit der Tätigkeit verbringen, die mich erund ausfüllt, den Rest der Zeit unbedingt reisen, lesen, schreiben und mit Kindern verbringen SOMMER - REPUBLIK 106

- unabhängig (örtlich, zeitlich), vielseitig - Selbstbestimmung, Zeit für andere Aktivitäten - Umverteilung von Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung - flexibel - abhängig von Lebenssituation Bemerkenswert erscheint mir, dass in unserer Runde die Arbeitszeit für die meisten der wich- tigste Punkt war. Hier besteht offenbar eine große Unzufriedenheit mit unserer heutigen Arbeit und deren Zeiteinteilung in Dauer, Lage und Verteilung. Viele wünschen sich eine solche so genannte flexibilisierte Arbeitszeit, um das eigene Leben nicht nur nach dem Takt der Arbeit richten zu müssen. Schwierig wird es allerdings, wenn die zeitlichen Anforderungen der Arbeit nicht mit den Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer übereinstimmen. Hier liegt der Kern, warum viele so unzufrieden sind. Was in unserer Musterrepublik stattfinden müsste, ist also eine Prioritätenverschiebung zugunsten einer selbst zu wählenden Arbeitszeit. Zumeist schätzen viele geringere Arbeitszeiten, einen Zeitraum, der sich besser mit ihrer eigenen Le- bensplanung verbinden lässt oder Phasen von längeren Freiräumen ohne Arbeit. Ein sicherer Vorteil dessen wäre, dass durch Zeit-Sharing – verbunden mit Entlohnungseinbußen aber gleichzeitig Lebensqualitätsgewinnen – mehr Personen der Zugang zur Erwerbsarbeit ermög- licht ist. Zeitautonomie ist bei Selbständigen ebenfalls nur eingeschränkt vorhanden. Auch sie sind natürlich abhängig von der Arbeitszeit der sie umgebenden Wirtschaft und Organisationen. Die wichtigste Aufgabe der Arbeitszeitgestaltung in unserer Musterrepublik wäre deshalb eine umfassende „Work-Live-Balance“. Sinn: - selbstbestimmt, abwechslungsreich, sinnvoll (für mich) - sinnvoll - Sinnhaftigkeit (Identifikationsmöglichkeiten), Eigenverantwortung und Initiativmöglichkeit - bedürfnisorientiert - Austausch, Befruchtung, Vernetzung der Ressourcen/persönliche Fähigkeiten jedes einzelnen für gemeinsame Projekte/Ziele - flache Hierarchie, gutes Betriebsklima - ziel-/erfolgsorientiert, Einsatz entsprechend gewünschtem und möglichem Anforderungsprofil Als zweite wichtige Eigenschaft von Arbeit wird der Sinn angesehen. Diese Kategorie analysierte erstmals Marx genauer, indem er Arbeitsvollzüge und Produktionsverhältnisse des kapitalistischen Wirtschaftsprozesses untersuchte. Marx fand heraus, dass mit den Bedingungen der Arbeitsteilung und des Privateigentums an Produktionsmitteln die Arbeit den Charakter verliert, ein Ausdruck der menschlichen Kräfte zu sein, weil die Organisation und die Produkte der Arbeit ein vom Wollen und Planen der Personen unabhängiges Dasein annehmen. Etwas einfacher ausgedrückt und auf unsere heutige Zeit bezogen bedeutet dies, dass die Betriebsleitung – die wie- SOMMER - REPUBLIK 107

- unabhängig (örtlich, zeitlich), vielseitig<br />

- Selbstbestimmung, Zeit für andere Aktivitäten<br />

- Umverteilung von Arbeit durch Arbeitszeitverkürzung<br />

- flexibel<br />

- abhängig von Lebenssituation<br />

Bemerkenswert erscheint mir, dass in unserer Runde die Arbeitszeit für die meisten der wich-<br />

tigste Punkt war. Hier besteht offenbar eine große Unzufriedenheit mit unserer heutigen Arbeit<br />

und deren Zeiteinteilung in Dauer, Lage und Verteilung. Viele wünschen sich eine solche so<br />

genannte flexibilisierte Arbeitszeit, um das eigene Leben nicht nur nach dem Takt der Arbeit<br />

richten zu müssen. Schwierig wird es allerdings, wenn die zeitlichen Anforderungen der Arbeit<br />

nicht mit den Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer übereinstimmen. Hier liegt<br />

der Kern, warum viele so unzufrieden sind. Was in unserer Muster<strong>republik</strong> stattfinden müsste, ist<br />

also eine Prioritätenverschiebung zugunsten einer selbst zu wählenden Arbeitszeit. Zumeist<br />

schätzen viele geringere Arbeitszeiten, einen Zeitraum, der sich besser mit ihrer eigenen Le-<br />

bensplanung verbinden lässt oder Phasen von längeren Freiräumen ohne Arbeit. Ein sicherer<br />

Vorteil dessen wäre, dass durch Zeit-Sharing – verbunden mit Entlohnungseinbußen aber<br />

gleichzeitig Lebensqualitätsgewinnen – mehr Personen der Zugang zur Erwerbsarbeit ermög-<br />

licht ist. Zeitautonomie ist bei Selbständigen ebenfalls nur eingeschränkt vorhanden. Auch sie<br />

sind natürlich abhängig von der Arbeitszeit der sie umgebenden Wirtschaft und Organisationen.<br />

Die wichtigste Aufgabe der Arbeitszeitgestaltung in unserer Muster<strong>republik</strong> wäre deshalb eine<br />

umfassende „Work-Live-Balance“.<br />

Sinn:<br />

- selbstbestimmt, abwechslungsreich, sinnvoll (für mich)<br />

- sinnvoll<br />

- Sinnhaftigkeit (Identifikationsmöglichkeiten), Eigenverantwortung und Initiativmöglichkeit<br />

- bedürfnisorientiert<br />

- Austausch, Befruchtung, Vernetzung der Ressourcen/persönliche Fähigkeiten jedes einzelnen<br />

für gemeinsame Projekte/Ziele<br />

- flache Hierarchie, gutes Betriebsklima<br />

- ziel-/erfolgsorientiert, Einsatz entsprechend gewünschtem und möglichem Anforderungsprofil<br />

Als zweite wichtige Eigenschaft von Arbeit wird der Sinn angesehen. Diese Kategorie analysierte<br />

erstmals Marx genauer, indem er Arbeitsvollzüge und Produktionsverhältnisse des kapitalistischen<br />

Wirtschaftsprozesses untersuchte. Marx fand heraus, dass mit den Bedingungen der Arbeitsteilung<br />

und des Privateigentums an Produktionsmitteln die Arbeit den Charakter verliert, ein<br />

Ausdruck der menschlichen Kräfte zu sein, weil die Organisation und die Produkte der Arbeit ein<br />

vom Wollen und Planen der Personen unabhängiges Dasein annehmen. Etwas einfacher ausgedrückt<br />

und auf unsere heutige Zeit bezogen bedeutet dies, dass die Betriebsleitung – die wie-<br />

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