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reisende sommer - republik 2005 dokumentation

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Kulturhauptstadt Europas: Kulturelle Utopie für eine ganze Stadt?<br />

Lutz Liffers<br />

Bremen schied im Frühjahr <strong>2005</strong> aus dem nationalen Wettbewerb um den Titel Kulturhauptstadt<br />

Europas 2010 aus. Mit einer kleinen Gruppe Interessierter diskutierten wir<br />

unter freiem Himmel den utopischen Gehalt der Bremer Bewerbung und was davon<br />

übrig geblieben ist.<br />

Die Initiative zur Bewerbung ging von der grünen Kulturpolitikerin Helga Trüpel aus, die<br />

damit für die Entwicklung Bremens, das sich seit zwei Jahrzehnten in einem tiefgreifenden<br />

Strukturwandel befindet, neue Themen und Ziele setzen wollte. Es dauerte Jahre, bis sich die<br />

entscheidenden gesellschaftlichen Kräfte – Handelskammer, Arbeitnehmerkammer, Parteien,<br />

die ansässige Industrie, Medien und nicht zuletzt ein großer Teil der Kulturschaffenden – gemeinsam<br />

für die Bewerbung Bremens stark machten. Ein externer Intendant konnte gewonnen<br />

werden, der damalige Leiter der Schweizer EXPO Martin Heller, und ein Team wurde aufgebaut,<br />

das unter dem Dach der Bremen Marketing Gesellschaft das Konzept der Bewerbung<br />

erarbeitete.<br />

Mit der Bewerbung entstand in Bremen eine einzigartige Aufbruchstimmung. Nach der politischen<br />

und kulturellen Stagnation der vergangene Jahre wurde erstmals wieder öffentlich über<br />

zwei wichtige Fragen nachgedacht: Was kann Kultur für die Zukunft der Stadt beitragen und<br />

kann Kultur eine Leitidee für die Entwicklung der Stadt abgeben?<br />

Damit hatte sich die Bremer Bewerbung gegenüber den neun anderen deutschen Bewerberstädten<br />

deutlich profiliert. In Bremen ging es nicht in erster Linie um ein großes internationales<br />

Festival im Jahre 2010, sondern um ein brauchbares Konzept, mit dem die unterschiedlichen<br />

gesellschaftlichen Kräfte – Politik, Wirtschaft, Kultur – gemeinsam eine neue Idee von<br />

Stadt entwickeln und dabei tradierte Standpunkte und Frontstellungen verließen. Kultur kam<br />

endlich heraus aus der Kostgängerecke und reklamierte selbstbewusst seine Bedeutung für die<br />

Zukunft einer mittleren Großstadt mit großen Mittelproblemen. Kultur in Bremen wollte modellhaft<br />

für Europa zeigen, wie Antworten auf die zentralen Probleme der europäischen Städte<br />

gefunden werden können.<br />

Mit dem Scheitern der Bewerbung brachen die Gegensätze und Widersprüche erneut und mit<br />

drastischer Vehemenz auf. Zwar wurde Heller und sein Team beauftragt, ein „Nachfolgeprojekt“<br />

zu skizzieren, um die positiven Effekte der Bewerbung zu sichern – doch schon während<br />

der Konzeptionsphase wurde das Projekt von verschiedenen Kulturpolitikerinnen diskreditiert<br />

und schließlich von Kultursenator Gloystein gekippt. Schließlich formulierten im Sommer<br />

<strong>2005</strong> die Leiter der fünf großen Museen in einem Rundumschlag ihr Misstrauen gegen jeden<br />

Impuls von außen und sprachen sich für ein Ende des Experimentierens aus: Wir machen seit<br />

Jahren gute Arbeit und wir sind damit zufrieden.<br />

SOMMER - REPUBLIK<br />

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