Entwicklungsfördernde Pflege bei Frühgeborenen, Ehgartner ... - Salk
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Im folgenden Kapitel werde ich die Wichtigkeit der Eltern-Kind-Interaktion<br />
thematisieren und den Einfluss der psychosozialen Bedingungen auf die Betreuung von<br />
Frühgeborene näher beleuchten.<br />
5.3 „Warum weint meine Mama“ –<br />
Die Bedeutung einer Frühgeburt für die Eltern<br />
„Heute kommen mich Mama und Papa besuchen, ich freue mich. Meine Mutti hat nach<br />
der Geburt in einem anderen Krankenhaus gewohnt, deshalb konnte sie nicht immer <strong>bei</strong><br />
mir sein. Eigentlich schade, denn ich hätte sie so dringend gebraucht... Jetzt ist sie<br />
endlich hier, aber warum weint sie Die Schwester sagt, sie darf mich nicht aus meinem<br />
Glashaus nehmen, weil das Risiko einer Gehirnblutung zu groß wäre. Das versteh ich<br />
jetzt überhaupt nicht. Und ich glaub, meine Mama auch nicht...“<br />
Die Mutter eines Frühgeborenen erlebt das Ende der Gravidität meist in jenem<br />
Zeitraum, in dem sie gerade erst begonnen hat, die Einheit mit ihrem Ungeborenen zu<br />
genießen und sich intensiv auf die Schwangerschaft einzulassen. Konkrete Ursachen für<br />
eine Frühgeburt sind selten klar zu ermitteln. Meist ist ein Zusammenspiel von<br />
belastenden Faktoren körperlicher, psychischer oder sozialer Art für das vorzeitige Ende<br />
der Schwangerschaft verantwortlich (vgl. Huter, 2004, Seite 49).<br />
In der Literatur werden drei Gefühlsempfindungen beschrieben, die für die Mutter nach<br />
einer zu frühen Geburt vorrangig von Bedeutung sind:<br />
• Angstgefühle, nämlich das Bangen um die Genesung und das Überleben des<br />
Kindes, aber auch die Angst vor bleibenden Schäden oder Behinderungen<br />
• Niedergeschlagenheit: Die Stimmung der Mütter zeichnet sich aus durch<br />
Schlafstörungen, Essunlust, Müdigkeit, Energieverlust.<br />
• Gefühle des Versagens: Die Mutter hat es nicht geschafft, ein gesundes Baby zu<br />
entbinden und ist dazu nicht in der Lage, sich selbst um ihr Kind zu kümmern.<br />
(vgl. Huter, 2004, Seite 64 - 65)<br />
„Das Kind war für mich am Anfang völlig abstrakt. Dieser kleine rote Kopf in dem riesigen<br />
Inkubator. Ich konnte wegen des Kaiserschnittes fast drei Tage lang mein Kind nicht auf der<br />
Intensivstation besuchen und musste mich mit Polaroidfotos zufrieden geben. Das war sehr hart,<br />
weil ich am liebsten die ganze Zeit neben dem Inkubator gewesen wäre und meine Tochter<br />
gestreichelt hätte. Gleichzeitig war ich auch von der ganzen Situation völlig fertig und konnte<br />
den Abstand gebrauchen. Und just dieser Widerspruch quälte mich dann noch mehr.<br />
Nach meinem ersten Besuch auf der Intensivstation hatte ich oft das Gefühl, dass mir das Baby<br />
gar nicht gehört. Als ob es Eigentum des Krankenhaus wäre“ (Böning, 2005, Seite 27).<br />
Diese Worte einer Mutter, die ihr Kind mit 820 Gramm in der 27.<br />
Schwangerschaftswoche gebar, spiegeln für mich die erwähnte Gefühlswelt sehr<br />
wirklichkeitsgetreu.<br />
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