Die Musiktheorie (Teil 2) - Jupiter Blasinstrumente
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Praxis für Musiker<br />
JAY-Workshops für Blasmusiker (20): Mike Rafalczyk, Coach für Posaune<br />
<strong>Die</strong> <strong>Musiktheorie</strong> (<strong>Teil</strong> 2)<br />
Von Mike Rafalczyk<br />
Der erste Theorieteil liegt nun schon ein paar Wochen zurück<br />
und Ihr habt Euch hoffentlich etwas damit beschäftigt. Aufbauend<br />
darauf nun der zweite <strong>Teil</strong>, dem Ihr aber nur folgen könnt,<br />
wenn Ihr den ersten <strong>Teil</strong> verstanden habt. Bewahrt Euch einfach<br />
beide <strong>Teil</strong>e auf, dann habt Ihr jederzeit eine grundlegende<br />
<strong>Musiktheorie</strong> zur Hand.<br />
Nachdem wir die Durtonleitern<br />
und den Quintenzirkel angesprochen<br />
hatten, betrachten wir<br />
nun die Töne nicht nacheinander<br />
in Tonleitern gespielt, sondern<br />
gleichzeitig:<br />
<strong>Die</strong> Akkorde<br />
Ein Akkord besteht aus mindestens<br />
drei gleichzeitig gespielten<br />
Tönen. Den ersten nennt man<br />
Grundton, den zweiten Terz<br />
und den dritten Quinte. Huch,<br />
da sind ja schon zwei fachchinesische<br />
Ausdrücke mit denen wir<br />
etwas anfangen können! Und<br />
schon kommen die nächsten:<br />
über Dur und Moll entscheidet<br />
die Terz: kleine Terz = Mollterz,<br />
große Terz = Durterz. Auch das<br />
sind alte Bekannte! Grundton<br />
und Quinte bleiben (fast immer)<br />
gleich, über Dur und Moll entscheidet<br />
(immer) nur die Terz.<br />
Das kann man an C-Dur schön<br />
sehen:<br />
. . . und wieder unser Sonderling<br />
auf der 7. Stufe der C-Dur Tonleiter,<br />
der eben keine reine<br />
Quinte hat. <strong>Die</strong> reine Quinte von<br />
h wäre fis. Fis kommt aber nicht<br />
in der C-Dur Tonleiter vor. <strong>Die</strong><br />
Erklärung steht weiter unten.<br />
Und natürlich kann man dieses<br />
System auch einfach auf die anderen<br />
Tonarten (siehe Quintenzirkel)<br />
übertragen. <strong>Die</strong> Abfolge<br />
von Dur- und Mollakkorden<br />
bleibt immer gleich. Jetzt müsste<br />
auffallen, dass die Folge von<br />
Grundton Terz Quinte= Akkord<br />
c e g C-Dur<br />
d f a d-moll<br />
e g h e-moll<br />
f a c F-Dur<br />
g h d G-Dur<br />
a c e a-moll<br />
h d f h-halbvermindert<br />
Dur- und Mollakkorden exakt der<br />
Folge von Dur- und Molltonleitern<br />
entspricht!<br />
Wenn wir uns die entstehenden<br />
Akkorde ansehen, stellen wir<br />
fest, dass es genau drei Durakkorde<br />
sind. Das ist der Grund<br />
dafür, warum sich so viele<br />
Stücke mit drei Durakkorden<br />
begleiten lassen!<br />
Wenn dann noch weitere Akkorde<br />
benötigt werden, sind es<br />
ganz oft die leitereigenen Akkorde<br />
– also die Akkorde, die<br />
sich aus einer Durtonleiter bauen<br />
lassen. Der Einfachheit halber<br />
spricht man von den Stufen<br />
– passt ja auch irgendwie zum<br />
Wort Leiter.<br />
<strong>Die</strong> Akkorde haben auch eine<br />
feste Funktion. Es ist auffallend,<br />
dass auf bestimmte Akkorde immer<br />
auch bestimmte Andere<br />
Folgen. So spricht man zum einen<br />
von den »Stufen«. <strong>Die</strong>se<br />
werden im Schriftlichen mit römischen<br />
Ziffern belegt, also z.B.<br />
in C-Dur:<br />
Darüber hinaus haben sich festgelegte<br />
Begriffe etabliert, von<br />
denen man zumindest die Begriffe<br />
für die leitereigenen Durakkorde<br />
kennen sollte (hervorgehoben).<br />
Wozu ist das alles gut <br />
Ihr wisst, dass ich Jazzmusiker<br />
bin und ich höre schon den<br />
heimlichen Vorwurf »das ist<br />
doch alles Jazz« – dazu muß ich<br />
sagen: »Das ist alles Quatsch!«<br />
Das bisher Besprochene ist klassische,<br />
europäische Harmonielehre.<br />
Sie ist die Basis für Klassik,<br />
Folk, Rock, Blues, etc. Ja, auch<br />
für Jazz. Aber wer bereit ist, sich<br />
etwas näher mit z.B. Johann Sebastian<br />
Bach zu beschäftigen,<br />
wird sehr schnell erkennen, dass<br />
der über diese Dinge schon damals<br />
weit hinaus gegangen ist.<br />
Kennt Ihr die Situation, dass<br />
man selbst (oder ein Sänger)<br />
ein Stück singen möchte, die<br />
Originaltonart auf der Platte<br />
aber zu hoch oder zu tief ist<br />
Oder der Trompeter der Band<br />
kommt nicht so hoch wie das<br />
Vorbild auf der Aufnahme, oder,<br />
oder, oder<br />
Wer hier in der Lage ist, ein<br />
Stück in einer anderen, besser<br />
liegenden Tonart zu spielen (das<br />
nennt man transponieren), ist<br />
eindeutig im Vorteil. Jeder Sänger,<br />
jeder Instrumentalist kann<br />
aus diesem ganzen Zeug unendlich<br />
viel für sich selbst herausholen!<br />
Sehen wir uns z.B. einen ganz<br />
einfachen Blues an. <strong>Die</strong> einfachste<br />
Form eines Blues hat 12<br />
Takte. Wir bleiben bei C-Dur:<br />
C / C / C / C /<br />
F / F / C / C /<br />
G / F / C / C (G)<br />
Lediglich drei Akkorde (die drei<br />
Akkord: Stufe: Bezeichnung:<br />
C-Dur I Tonika (T)<br />
d-moll II Subdominantparallele (Sp)<br />
e-moll III Tonikagegenklang (Tg)<br />
F-Dur IV Subdominante (S)<br />
G-Dur V Dominante (D)<br />
a-moll VI Tonikaparallele (Tp)<br />
h-halbvermindert VII verkürzter Dominantseptakkord (D7)<br />
leitereigenen Durakkorde) haben<br />
vom Bluesmusiker, über<br />
den Boogie-Pianisten, über den<br />
Rock'n'Roll, Soul, Funk und Gospel,<br />
die Beatles, bis hin zum<br />
Rock Generationen von Musikern<br />
ihr Leben lang beschäftigt.<br />
Drei popelige Akkorde!<br />
Ich will kurz erklären, wie es zu<br />
den Begriffen für die Akkorde<br />
auf den sieben Stufen kommt.<br />
Tonika: sie ist die Basis, von hier<br />
geht alles aus, hierher kehrt alles<br />
zurück<br />
Subdominantparallele: sie hat<br />
mit der Subdominante zwei<br />
Töne gemeinsam<br />
Tonikagegenklang: hat mit der<br />
Tonika zwei Töne gemeinsam<br />
Subdominante: der Akkord unter<br />
der Dominante<br />
Dominante: sie leitet immer<br />
wieder zur Tonika zurück<br />
Tonikaparallele: dieser Mollakkord<br />
hat zwei andere Töne mit<br />
der Tonika gemeinsam<br />
Verkürzter Dominantseptakkord:<br />
die hierin enthaltenen<br />
Töne entsprechen der Dominante<br />
plus Septime. Aber diesem<br />
Akkord fehlt der Grundton<br />
– deshalb »verkürzt«.<br />
Das muss man sich nicht alles<br />
merken. Aber zu wissen, wie die<br />
Akkorde miteinander zusammenhängen,<br />
ist gut. Sehen wir<br />
uns Akkordverbindungen an:<br />
<strong>Die</strong> II – V – I Verbindung in C<br />
Dur, also: d-moll, G-Dur, C-Dur,<br />
werdet Ihr selber in unendlich<br />
vielen Stücken wiederfinden.<br />
Alle Beispiele für alle vorkommenden<br />
Akkordverbindungen<br />
aufzuzählen ist leider unmöglich.<br />
Bach, Bon Jovi, Billy Idol;<br />
von Abba bis Zappa werdet Ihr<br />
selbst leicht neue Verbindungen<br />
hören lernen, oder die hier erklärten<br />
wiederfinden.<br />
Nehmen wir eine andere, sehr<br />
wichtige Akkordverbindung, den<br />
Turnaround – ja, den »Drehdichum«,<br />
weil man ihn unendlich<br />
im Kreis spielen könnte. Der Turnaround<br />
in C-Dur sieht so aus: A<br />
moll, D moll, G Dur, C Dur, Besteht<br />
aus der II-V-I Verbindung,<br />
plus dem Akkord auf der sechsten<br />
Stufe, also VI-II-V-I.<br />
<strong>Die</strong>se Akkordfolge kommt in jeder<br />
Musik immer wieder vor.<br />
2 Bayerische Blasmusik 6/2011
Praxis für Musiker<br />
<strong>Die</strong>se Akkordfolge könnte man<br />
endlos weiterspielen, das Ende<br />
ist gleichzeitig wieder der Anfang.<br />
Alles tonleitereigene Akkorde!<br />
<strong>Die</strong> Akkorde, mit denen wir uns<br />
bisher beschäftigt haben, sind<br />
alles nur Dreiklänge. Oft wird<br />
einem Akkord aber noch ein<br />
vierter Ton hinzugefügt, oder es<br />
werden Töne erhöht bzw. erniedrigt,<br />
um mehr Spannung zu<br />
erzeugen. Alle Musik ist ein ständiges<br />
Wechselspiel aus Spannung<br />
und Entspannung. Hier folgen<br />
die wichtigsten Akkorde und<br />
ihre Symbole. Der Einfachheit<br />
halber bleibe ich bei C-Dur.<br />
C7: der Sept- meistens Dominantseptakkord.<br />
Dem einfachen<br />
Durdreiklang wird die kleine<br />
Septime hinzugefügt (also c, e,<br />
g, b)<br />
C maj: ein Durakkord mit der<br />
leitereigenen, großen Septim.<br />
Oft dargestellt als C, gefolgt von<br />
einem kleinen Dreieck (c, e, g,<br />
h)<br />
C6: ein Durakkord mit großer<br />
Sext (c, e, g, a)<br />
C+: ein Durakkord, bei dem die<br />
Quinte um einen Halbton erhöht<br />
ist – der sogenannte »übermäßige«<br />
Akkord (c, e, gis)<br />
Csus: weder Dur- noch Mollakkord,<br />
denn er enthält statt einer<br />
Terz die Quarte. Der Zusatz<br />
»sus« kommt aus dem englischen<br />
»suspended fourth«. Im<br />
Deutschen heißt das »Vorhaltsquart«.<br />
<strong>Die</strong>ser Akkord hat eine<br />
starke Spannung und will aufgelöst<br />
werden. <strong>Die</strong>sem Quart-Vorhaltsakkord<br />
folgt fast immer die<br />
Auflösung in einen reinen Durakkord.<br />
(c, f, g)<br />
HØ: der halbverminderte Akkord.<br />
Bisher sind wir diesem<br />
seltsamen Weggefährten erfolgreich<br />
ausgewichen. Nun ist es<br />
an der Zeit, dass wir uns diesen<br />
komischen Spezi einmal näher<br />
ansehen. Wie der Name »vermindert«<br />
schon sagt, wird hier<br />
ein wichtiger Funktionston verändert.<br />
Wenn der Akkord auf der<br />
7. Stufe der C Dur Tonleiter, h<br />
halbvermindert, ein normaler<br />
Mollakkord wäre, müsste er neben<br />
dem Grundton und der<br />
Moll-Terz die reine Quinte haben,<br />
also fis (3 ½ Tonschritte).<br />
Da fis nicht zur C-Dur-Tonleiter<br />
gehört, ist es bei diesem Akkord<br />
also eine verminderte Quinte<br />
(f). Darum steht oft in Noten<br />
auch hmb5 (sprich: h-moll-bfünf)<br />
Und warum heißt dieser<br />
Akkord »halbvermindert« Weil<br />
es auch den Akkord h0 (h-Null)<br />
oder hdim (englisch: diminished),<br />
den verminderten Akkord<br />
gibt. (h, d, f, as)<strong>Die</strong>ser besteht<br />
aus den gleichen Tönen wie der<br />
halbverminderte Akkord, beinhaltet<br />
aber als vierten Ton auch<br />
noch die verminderte, kleine<br />
Septim (was ja eigentlich eine<br />
Sexte ist, im Zusammenhang<br />
mit den anderen Tönen dieses<br />
Akkordes aber ganz anders<br />
klingt als ein Sextakkord und<br />
deshalb anders bezeichnet<br />
wird). Ein verminderter Akkord<br />
besteht also nur aus aufeinander<br />
geschichteten kleinen Terzen. h,<br />
d, f, as ist »h vermindert«. Kehren<br />
wir diesen Akkord einmal<br />
um, legen also das h nach oben,<br />
so dass d unser Grundton wird!<br />
d, f, as, h – auch alles kleine Terzen<br />
übereinander. D ist aber der<br />
neue Grundton, also ist das jetzt<br />
der Akkord »d vermindert«. <strong>Die</strong>ses<br />
Spiel können wir weiterführen.<br />
f, as, h, d ist F0, as, h, d, f ist<br />
as0 . Ich lerne also einen Akkord<br />
und habe gleich drei andere mitgelernt.<br />
Moment mal – es gibt<br />
zwölf verschiedene Töne. . .<br />
Wenn ich aus den gleichen Tönen<br />
also 4 verschiedene Akkorde<br />
machen kann, dann gibt es<br />
ja, etwas großzügig betrachtet,<br />
nur drei verschiedene verminderte<br />
Akkorde. Ist doch wirklich<br />
nicht schwer, oder<br />
Alles, was ich hier aufgeschrieben<br />
habe, bringt es nur dann,<br />
wenn Ihr euch damit beschäftigt.<br />
Man kann übrigens mit einem<br />
Blasinstrument prima die<br />
Töne von Tonleitern und Akkorden<br />
auch nacheinander spielen!<br />
Ihr denkt jetzt vielleicht »witzig,<br />
witzig«. Aber es gibt so viele Bigbands,<br />
Schülerbigbands etc. Da<br />
steht auch schon mal ein Solo<br />
für ein Blasinstrument drin.<br />
Und ich kann nicht zählen,<br />
wie viele mich<br />
schon gefragt haben<br />
»Sag mal, wie geht das<br />
eigentlich mit dem<br />
Improvisieren« Wenn<br />
in einem Arrangement<br />
ein Akkordsymbol<br />
steht, wisst Ihr jetzt,<br />
welche Tonleiter Ihr<br />
darüber spielen könnt,<br />
oder welche Akkordtöne<br />
Ihr verwenden könnt.<br />
Klar, das alleine haut noch keinen<br />
Zuhörer vom Hocker, aber<br />
es ist das Vokabular für die<br />
einzige Sprache, die auf der<br />
ganzen Welt verstanden wird.<br />
Wie heißt es bei Stevie Wonder<br />
»music is a world within itself,<br />
with a language we all understand«.<br />
In diesem Sinne: lernt<br />
einige Vokabeln, lernt diese<br />
wunderschöne Sprache zu sprechen.<br />
Viel Freude und Erfolg dabei<br />
wünscht Euch Euer<br />
Mike Rafalczyk<br />
Infos:<br />
www.jupiter.info/jay<br />
www.superchargeonline.de<br />
Mike Rafalczyk<br />
Als POsaunist, Bluesharpspieler und Sänger bei Tourneen, Konzerten<br />
und Studioaufnahmen mit folgenden Musikern/Bands:<br />
seit 1999 festes Mitglied bei Albie Donnelly's »Supercharge«,<br />
»Champion« Jack Dupree, Peanuts Huckoo (USA, Musiker bei L.<br />
Armstrong/Glenn Miller), Ken Colyer (tp, GB), Roy Williams (tb,<br />
GB), John Barnes (sax, GB), John Crocker (sax) und Vic Pitt (b),<br />
beide Musiker bei Chris Barber, Phillip Catherine (g, F), Musiker<br />
an den Theatern Duisburg, Oberhausen, Dortmund, Wuppertal,<br />
bei Produktionen wie »Dreigroschenoper«, »Buddy Boldens<br />
Blues«, »Bugsy Malone«, »Girls, Girls, Girls«, zehn Jahre Musiker<br />
bei »Komm' mit Mann!s«, Festivals in Dresden, Kempten, Bilbao<br />
(E), Eslöv (S), Basel (CH), St. Guermine (F), Kopenhagen (DK),<br />
Verona (I)<br />
Bayerische Blasmusik 6/2011<br />
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