Internet - Feuerwehrchronik
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3-2010 Seite 57<br />
legte fest, dass nur „die geeigneten Kräfte der<br />
Bielefelder Turngemeinschaft [...] ein Feuerwehr-Corps”<br />
bilden konnten.<br />
Die Kosten der Erstausrüstung der Turnerfeuerwehr<br />
wurden zum größten Teil von Bielefelder<br />
Versicherungsanstalten übernommen.<br />
Im Sommer 1860 nahm die freiwillige Turnerfeuerwehr<br />
ihren regulären Löschdienst auf, bezog<br />
1879 ihr Spritzenhaus und setzte sich<br />
unter der Leitung eines Hauptmanns wie folgt<br />
zusammen:<br />
Steigercorps mit 16 ausgerüsteten Rettern /<br />
Steigern in zwei Sektionen von jeweils acht<br />
Männern, wobei jeweils einer zum Sektionsführer<br />
zu ernennen war,<br />
34 „Spritzenleuten“ unter der Leitung<br />
eines Spritzenführers und<br />
12 „Wasserleuten“ mit einem Kommandoführer.<br />
Diese hatten für die Beschaffung<br />
von Wasser mit Brandeimern /<br />
fahrbaren Wasserkübeln zu sorgen,<br />
waren an der Spritze einsetzbar und<br />
bildeten die Reserve für weitere Arbeiten.<br />
Soweit bekannt unterstand in den Städten das<br />
Feuerlöschwesen drei Führungsgremien: der<br />
unmittelbaren Leitung des Magistrats bzw. des<br />
Bürgermeisters mit einer Feuerschau- und<br />
Löschkommission sowie für die Bedienung der<br />
Spritzen besondere Mannschaften unter Führung<br />
des Spritzenmeisters.<br />
Gemäß Feuerordnung besaß man zwar die<br />
Macht, besondere lokale Löschordnungen mit<br />
Strafbestimmungen zu erlassen und eine geregelte<br />
Hilfe herbeizuzwingen, aber es fehlte sowohl<br />
an den richtigen Helfern - beseelt von Gemeinsinn<br />
und Opferwilligkeit – als auch an<br />
Gerätschaften, diese waren mitunter fehlerhaft<br />
und genügten nicht mehr den Anforderungen.<br />
Aurel von Jülich verfasste 1924 in „Geschichte<br />
des Feuerschutzes in Rheinland und Westfalen“<br />
zur Pflichtfeuerwehr folgende Zeilen:<br />
„Wohl mag schon damals vor der Mitte des<br />
vorigen Jahrhunderts in manchen Herzen auch<br />
Rheinlands und Westfalens die Frage erwacht<br />
sein, weshalb man einen Dienst zwangsweise<br />
verrichtete, dessen freiwillige Erfüllung als<br />
Gebot der Menschlichkeit empfunden wurde<br />
und zugleich dem Mannesstolz höchste Befriedigung<br />
gewährt. Dieser Gedanke war Jahrhunderte<br />
lang verschüttet worden unter der papierenen<br />
Flut der behördlichen und polizeilichen<br />
Löschordnung, er blieb auch jetzt noch verschüttet,<br />
weil der Löschdienst nun einmal als<br />
Zwangsordnung galt und als solche bezeichnet<br />
wurde, weil niemand das rechte Wort fand,<br />
um diese Auffassung als gesetzliche Pflicht in<br />
die einer Herzenspflicht umzuwandeln. Die<br />
Gesinnung der Drückeberger, der Niedrigdenkenden,<br />
die sich jedem Opfer für die Allgemeinheit<br />
zu entziehen suchen, galt deshalb in<br />
mancher Stadt als die wahre Weisheit.<br />
Rette sich wer kann! so hieß es wieder wie<br />
einst, aber dieses mal fürchtete man nicht vor<br />
der entsetzlichen, unüberwindlichen Naturkraft,<br />
sondern vor der Erfüllung einer Pflicht<br />
des Gemeinsinns und der Nächstenliebe.<br />
Die Abneigung und Verachtung gegenüber<br />
dem Dienst als Feuerwehrmann verbreitete<br />
sich wie eine ansteckende Krankheit in mancher<br />
Stadt, und der seichte Spott behäbiger<br />
Spießbürgerlichkeit und überschlauer Selbstsucht<br />
hatte ein leichtes Spiel, jede edlere Auffassung<br />
zu verdrängen, wie das Unkraut der<br />
Binsenlilie sich auf den Marschen auf Kosten<br />
jedes anderen Pflanzenwuchses in gewaltigen<br />
Massen ausbreitet und dort den bezeichnenden<br />
Namen "Drückdahl" erhalten hat, weil es<br />
alles Höherwachsende niederdrückt.“