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Goldhaubenzeitung 2007/2 - Goldhaubengemeinschaft

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GEDANKEN ZU<br />

„FAMILIE IM WANDEL“<br />

von Michaela Herzog<br />

Immer wieder blättere ich in unserer Familienchronik,<br />

die ich für den väterlichen Zweig meiner<br />

Familie vor einigen Jahren zusammengestellt habe.<br />

Mein besonderes Interesse gilt bis heute meinem<br />

Urgroßvater und seinem Leben in der zweiten Hälfte<br />

des 19. Jahrhunderts. Und seinen drei Frauen, die ich<br />

gerne kennen gelernt hätte. Ihr Leben beschäftigt<br />

und berührt mich. Gedanken gehen mir durch den<br />

Kopf: Wie mögen sie wohl ausgesehen haben,<br />

Theresia, Anna Maria und Clara, die sehr jung, alle<br />

drei an den Folgen einer Geburt gestorben sind<br />

Blond oder dunkelhaarig Fröhlich und lebenslustig<br />

oder zurückgezogen und schweigsam Waren sie<br />

glückliche und zufriedene Frauen Drei Frauen, die<br />

als Bäuerinnen einem großen Hof vorgestanden sind.<br />

Mitgift, Arbeitsfähigkeit und Gesundheit waren<br />

wesentliche Kriterien, die die Suche nach einer geeigneten<br />

Ehefrau bestimmt haben. Denn die bäuerliche<br />

Wirtschaft war auf zwei, sich ergänzende, vollwertige<br />

Arbeitskräfte ausgerichtet. Und jeder Hof brauchte<br />

einen Erben.<br />

Da Theresia, Anna Maria und Clara in einer Zeit<br />

gelebt haben, in der die Fotografie noch nicht entwickelt<br />

war, erinnern keine Bilder an diese drei Frauen,<br />

die im Kindbett gestorben sind.<br />

Nach dem Tod der dritten Frau blieb mein Urgroßvater,<br />

47 Jahre, mit den drei Kindern, die überlebt<br />

haben, zurück. Mit einer Haushälterin, einer Kindsdirn,<br />

mehreren Knechten und Mägden. Die Schwiegertochter<br />

pflegte den Witwer, bis er im Alter von 78<br />

Jahren starb.<br />

Die Familiengeschichte meiner Mutter kenne<br />

ich aus ihren Erzählungen und denen meiner drei<br />

Tanten. Aufgewachsen als Töchter eines Polizeibeamten,<br />

inmitten eines Arbeiterbezirkes einer kleinen<br />

ALLGEMEINES BÜRGERLICHES GESETZBUCH<br />

VON 1811<br />

Im so genannten „Privat- beziehungsweise Familienrecht“<br />

wurde ein einziges Familienmodell festgeschrieben:<br />

Der Mann ist außerhäuslich erwerbstätig,<br />

die Frau hat sich um sein Wohl, um Haushalt und<br />

Kinder zu kümmern.<br />

Im § 91 wurde der Mann zum Haupt der Familie<br />

erklärt. Die Frau wurde verpflichtet, für Kost und<br />

Logis am Erwerb des Mannes mitzuwirken, Haushalt<br />

und Kinder zu versorgen und den Beischlafwünschen<br />

des Mannes nachzukommen.<br />

Die meisten dieser Bestimmungen wurden in Österreich<br />

erst seit Mitte der 1970er Jahre mit dem Beginn<br />

der großen Familienrechtsreform geändert.<br />

Industriestadt. Der Großvater, der so gerne einen<br />

Sohn gehabt hätte, konnte zu Beginn des 2. Weltkriegs<br />

gar nicht oft genug betonen, wie froh er über<br />

seine vier Mädeln war, die nicht einrücken mussten.<br />

Die Großmutter, die gerne im Lebensmittelgeschäft<br />

der eigenen Schwester mithalf, wollte nichts wissen<br />

von der Lernbegierigkeit meiner Mutter und ihrer<br />

älteren Schwester. „Tuats lieba strickn, anstatt lesn.“<br />

Die Töchter erlernten alle einen Beruf, den sie nach<br />

der Verehelichung wie selbstverständlich aufgaben.<br />

Alle vier Schwestern haben Kinder bekommen.<br />

Ich bin in einer traditionellen Familie aufgewachsen.<br />

Meine Mutter, vor der Hochzeit Sozialarbeiterin<br />

und nach der Eheschließung Hausfrau, war jedoch<br />

sehr darauf bedacht, dass nicht nur unser Bruder<br />

sondern auch wir zwei Schwestern studieren konnten.<br />

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