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24.01.2015 Aufrufe

Gesellschaften und Verbände Zehn Jahre Öffentlicher Gesundheitsdienst im Land Brandenburg von links nach rechts: Dr. Siegrun Steppuhn (MASGF), Dr. Heinz-Walter Knackmuß, Dr. Elke Friese (MASGF) 1. Die de-Maizière-Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst Die de-Maizière-Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst überführte den Öffentlichen Gesundheitsdienst der DDR in die Strukturen der Bundesrepublik. Die Verordnung über den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Aufgaben der Gesundheitsämter in den Landkreisen und kreisfreien Städten vom 8. August 1990 stellte die Forderung auf, dass Gesundheitsämter bei den Kreisverwaltungen und Verwaltungen der kreisfreien Städte einzurichten sind. Die Aufgaben in den vorhandenen ambulanten, stationären und anderen Strukturen des Gesundheitswesens der DDR, die nach bundesrepublikanischem Verständnis zum Öffentlichen Gesundheitsdienst gehörten, wurden darin den Gesundheitsämtern zugeschrieben. Was die de- Maizière-Verordnung an Gesundheitseinrichtungen in den Kreisen nicht erfasste und von den Krankenkassen nach bundesdeutschem Recht nicht finanziert wurde, fiel ab 1. Januar 1991 in der Regel ebenfalls an die Gesundheitsämter. Schon Mitte des Jahres 1990 war in der überwiegenden Mehrzahl der Kreise des zukünftigen Landes Brandenburg mit dem Aufbau der Gesundheitsämter begonnen worden, unterstützt durch Berater aus Nordrhein-Westfalen, dem Partnerland Brandenburgs. Eine frühzeitige Weiterbildung durch die Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf hat den Amtsärzten der Länder Mecklenburg- Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin grundlegendes Wissen über den Öffentlichen Gesundheitsdienst der Bundesrepublik Deutschland vermittelt. Zunächst war auch die Lebensmittelkontrolle, bis auf einen Anteil der Überwachung von Lebensmitteln tierischer Herkunft, die von Tierärzten durchgeführt wurde, nach der de- Maizière-Verordnung in Verantwortung der Gesundheitsämter. Fachärzte für Hygiene und Gesundheitsaufseher kontrollierten die Lebensmittel. Am 16. Dezember 1991 wurde im Land Brandenburg durch das Gesetz zur Ausführung des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes, wie in den alten Bundesländern üblich, die Lebensmittelkontrolle von den Gesundheitsämtern getrennt und den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern übertragen.Die Landwirtschaft hatte sich zum Nachteil für die Verbraucher durchgesetzt. Brot und Wein sind keine tierischen Lebensmittel. Es hat mich immer sehr befremdet, die Überwachung der Lebensmittel allein den Tierärzten zu überlassen. Der BSE-Skandal in Europa macht deutlich, welche Brisanz dieses Problem der ausschließlichen Überwachung der Lebensmittel durch Tierärzte in sich birgt. Ich plädiere nach wie vor dafür, diese Aufgaben wieder Ärzten in Gesundheitsämtern zu übertragen. In der Europäischen Union gibt es ebenfalls Überlegungen und Entscheidungen zur Verbesserung des Verbraucherschutzes nach dem BSE-Skandal. Im Land Brandenburg sind inzwischen in den Kommunen Ämter vorhanden, die beide Aufgabengebiete abdecken. Zum Beispiel sind in den Landkreisen Barnim, Oberhavel und in der kreisfreien Stadt Brandenburg die Gesundheitsämtern mit den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern zusammengelegt worden. Leiter dieses Amtes ist in Oberhavel und Brandenburg der Amtsarzt und in Barnim der Amtstierarzt. Anregungen, die Gesundheitsämter mit den Umweltämtern zusammenzulegen, wie sie in Hamburg als Gesundheits- und Umweltämter existieren, fanden in Brandenburg keine Resonanz. Alle neuen Bundesländer bis auf Thüringen haben inzwischen die de-Maizière-Verordnung durch moderne Gesundheitsdienstgesetze ersetzt. 2. Gesundheitsdienstgesetz von 1994 Das Gesundheitsdienstgesetz im Land Brandenburg, dem eine Empfehlung der Landesregierung vom 9. Dezember 1993 zum Aufbau der Struktur von Gesundheitsämtern zu Grunde lag (Tab.), wurde am 3. Juni 1994 im Landtag verabschiedet. Leider hat die inhaltliche Auseinandersetzung im Vorfeld der Gesetzgebung durch den Streit über die Leitung der Gesundheitsämter (nicht nur Ärzte sollten dafür zugelassen werden) etwas gelitten. Trotzdem kann festgestellt werden, dass Brandenburg ein modernes Gesundheitsdienstgesetz hat, das bisher den Ansprüchen voll genügt. Es ist gut ausgewogen zwischen Pflicht und Kür. Das gesamte Dispensairesystem, das in der DDR sehr gut entwickelt war, hätte übernommen werden können. Der Rahmen des Gesetzes ließ das zu. Die Gesundheitsämter machten allerdings nur selten davon Gebrauch, weil diese Aufgaben nach Bundesrecht weitgehend den niedergelassenen Ärzten oder Institutsambulanzen obliegen. Der Bereich der Gerichtsmedizin wurde aus dem Gesetz für die Gesundheitsämter ausdrücklich ausgeklammert. Das Brandenburgische Institut für Rechtsmedizin wurde mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben betraut. Die Pflichten der Amtsapotheker werden von der Landesregierung wahrgenommen. Den Gesundheitsämtern obliegt nur die Kontrolle der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel, die außerhalb von Apotheken freiverkäuflich angeboten werden. Hierzu wurden Mitarbeiter speziell ausgebildet und befähigt, diese Aufgaben wahrzunehmen. 3. Neugliederung der Kreise Die Kreisgebietsreform per 1. Januar 1993, deren Umsetzung bis weit in das Jahr 1994 reichte, brachte in vielen Landkreisen einen erheblichen Personalabbau in den Gesundheitsämtern mit sich, weil mir der Zusammenlegung der Kreise alle Aufgaben sowie Stellenpläne noch einmal überprüft wurden. Nur die vier kreisfreien Städte Brandenburg, Cottbus, Frankfurt und Potsdam blieben vorerst verschont. Der Personalabbau wurde aber in den späten neunziger Jahren auch hier nachgeholt. Mit der Gebietsreform waren neue Probleme entstanden, die später deutlich wurden. Die Flächen in den Kreisen, die von Mitarbeitern zu durchqueren sind, um Kinder in Schulen und Kindertagesstätten zu untersuchen oder um Hausbesuche zu machen, sind erheblich. Bis zu zwei Stunden betrugen die Anfahrtswege in den Landkreisen. Viele Gesundheitsämter errichteten Nebenstellen in den Landkreisen oder beließen sie in den alten Kreisstädten. 4. Richtlinie zur Heilpraktikerprüfung von 1995 1995 hat die Landesregierung eine Richtlinie zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes erlassen. Darin wurde festgelegt, dass die schriftliche und mündliche Prüfung für Heilpraktiker im Gesundheitsamt der Stadt Potsdam erfolgt. Diese Konzentration der Aufgabe hat sich sehr bewährt und ein hohes Niveau der Prüfungen gesichert. 320 Brandenburgisches Ärzteblatt 10/2001 • 11. Jahrgang

Gesellschaften und Verbände 5. Das Brandenburgische Psychisch-Kranken-Gesetz von 1996 Das Brandenburgische Psychisch-Kranken- Gesetz wurde am 8. Februar 1996 im Landtag verabschiedet. Damit sind dem Sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes Aufgaben bei der Beratung von psychisch Kranken und Suchtkranken als pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben auferlegt worden. Der Sozialpsychiatrische Dienst kann Anträge zur Unterbringung stellen, wie auch die Betreuer und Klinikärzte. In der Praxis hat sich aber zur Gefahrenabwehr bewährt, dass die Ordnungsämter der amtsfreien Städte und Gemeinden für akut psychisch Kranke eine Einweisung in die zuständigen psychiatrischen Abteilungen oder Kliniken veranlassen können. Obwohl die Suchtsberatung nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz eine pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe ist, haben sie einige Landkreise an freie Träger abgegeben. 6. Verordnung über den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst von 1997 Die Aufgaben des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes gemäß Gesundheitsdienstgesetz wurden 1997 durch eine Verordnung präzisiert. Darin sind jährliche Screeninguntersuchungen der Kita- und Tagespflegekinder, Gutachten zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, Schuleingangsuntersuchungen, Reihenuntersuchungen der Jahrgangsstufen sechs, sieben und zehn sowie jährliche Untersuchungen der Kinder in Förderschulen durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst vorgeschrieben. Das altersbedingte Ausscheiden vieler Kinderärzte und die Einsparung dieser Stellen hat dazu geführt, dass die jährlich vorgeschriebenen Screeninguntersuchungen der Kita-Kinder in einigen Kreisen nicht mehr durchgeführt werden können. Der Gesundheitsminister ist aufgefordert, diesen ungesetzlichen Zustand zu beheben. Hervorzuheben ist, dass die Landesregierung mit den Krankenkassen eine Vereinbarung abschließen konnte, nach der Impfstoffkosten für den Öffentlichen Gesundheitsdienst von den Kassen getragen werden. Die gute Impfmoral der Bevölkerung, die aus einer Pflichtimpfung in der DDR resultierte, hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Alle Ärztinnen und Ärzte, ob stationär, niedergelassen oder im Öffentlichen Gesundheitsdienst, sollten daran mitarbeiten, wieder einen möglichst hohen Durchimmunisierungsgrad in der Bevölkerung zu erreichen. 7. Rundschreiben zu den Aufgaben des Zahnärztlichen Dienstes von 1998 Das Kita-Gesetz von 1992 hatte schon für die Kinder dieser Altersgruppe die jährliche zahnärztliche Untersuchung vorgeschrieben. Über das Gesundheitsdienstgesetz hinaus wurden in dem Rundschreiben der Landesregierung von 1998 Empfehlungen zu den Aufgaben des Zahnärztlichen Dienstes der Gesundheitsämter gegeben. Darin ist festgeschrieben worden, dass alle Schüler bis zur 10. Jahrgangsstufe einmal jährlich zahnärztlich zu untersuchen sind. 8. Richtlinie über die Gesundheitsberichterstattung von 1999 Zur kommunalen Gesundheitsberichterstattung wurde 1999 eine Richtlinie nach § 15 des Gesundheitsdienstgesetzes erlassen. Diese Richtlinie regelt, welche Daten die Gesundheitsämter erfassen oder beschaffen und welche Daten an das Landesgesundheitsamt weitergeleitet werden müssen. Das Datenkonzept der Gesundheitsberichterstattung orientiert sich am Indikatorensatz für die Gesundheitsberichterstattung der Länder der Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamtinnen und Medizinalbeamten (AGLMB) und an den Berichtspflichten der Länder an den Bund und die Europäische Union. Als im Gesundheitsamt zu erhebende Daten werden - meldepflichtige Infektionskrankheiten, - Kita-Untersuchungen einschließlich Impfdaten, - Schuleingangs- und Schulabgangsuntersuchungen einschließlich Impfdaten, - Untersuchungen des zahnärztlichen Dienstes und - Daten zur Trink- und Badewasserüberwachung vorgeschrieben. Darüber hinaus soll der Gesundheitsbericht eine demographische Darstellung der Bevölkerung der entsprechenden Kreise widerspiegeln und auf soziale Faktoren wie Sozialhilfeempfänger, Arbeitslosigkeit eingehen. Außerdem werden die medizinische Versorgung bewertet sowie Verkehrsunfälle und tödliche Arbeitsunfälle ausgewertet. Die Gesundheitsberichte der Kreise dienen dazu, Schwachstellen und positive Entwicklungen im Bereich der Gesundheit darzustellen und den Politikern Hinweise zum aktuellen Handeln zu geben. 9. Landesgesundheitsamt Leider wurden die drei Bezirkshygieneinstitute abgewickelt und das Landesgesundheitsamt nicht komplett mit deren Aufgaben betraut. Ein Landesuntersuchungsamt gibt es nicht. Das Land Brandenburg hat damit den bis dahin unbekannten Fall geschaffen, dass im Epidemiefall kein Staatliches Untersuchungsamt zur Verfügung steht. Alle anderen neuen Bundesländer haben ihre Hygieneinstitute in Landesuntersuchungsämter oder Medizinaluntersuchungsämter überführt. Da in Brandenburg mittlere Instanzen fehlen, hat die Landesregierung und besonders das Landesgesundheitsamt neben den amtlichen Untersuchungen auch Beraterfunktionen für alle Gesundheitsämter in fachlicher Hinsicht. Das kann das Landesgesundheitsamt mit der derzeitigen Personalstruktur und labortechnischen Ausstattung nur in Teilbereichen leisten. Nach meiner persönlichen Auffassung ist es falsch, dass das Landesgesundheitsamt nicht wie das Landesinstitut für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin direkt dem Ministerium untersteht, sondern dem für die Bürger wenig transparenten Landesamt für Soziales und Versorgung in Cottbus. Im Interesse einer bürgernahen und bürgerfreundlichen Verwaltung im Land Brandenburg ist eine Korrektur dieser Strukturen mit mehr Transparenz und gradlinigen Unterstellungsverhältnissen unumgänglich. Ohne wesentliche Erhöhung des Personalschlüssels hat die Landesregierung in den letzten Jahren immer mehr eigene Aufgaben an das Landesgesundheitsamt abgegeben. 10. Fachliche Besetzung der Gesundheitsämter Inzwischen sind die Amtsärzte der ersten Stunde in die Jahre gekommen und es ist erforderlich, junge Kollegen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst auszubilden. Der Bedarf an Amtsärzten, Kinderärzten, Psychiatern und vor allem Fachärzten für Hygiene und Umweltmedizin ist nicht unerheblich. Der Verband der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Brandenburg e. V. hat dieses Problem an die Landesregierung herangetragen, obwohl es vorrangig in Verantwortung der einzelnen Kommunalverwaltungen zu lösen ist. Er vertritt die Auffassung, dass alle Ärzte und Zahnärzte die zusätzliche Qualifikation eines Facharztes für öffentliches Gesundheitswesen haben sollten. Günstig wäre es, wenn die Landesregierung dem Länderverbund der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf beitreten würde. Dies würde die Kommunen finanziell erheblich entlasten und die Weiterbildung sowie die Fortbildung der Ärzte, Zahnärzte, Gesundheitsaufseher und Lebensmittelkontrolleure für die Kommunen kostengünstiger gestalten. Die Besetzung der Sozialpsychiatrischen Dienste in den Gesundheitsämtern mit Fachärzten für Psychiatrie war bis zum Inkrafttreten des Brandenburgischen Psychisch-Kranken-Gesetzes eher dürftig. Erst nach 1996 fand eine systematische Anstellung von Psychiatern statt, so dass der Sozialpsychiatrische Dienst jetzt fast flächendeckend fachärztlich besetzt ist. Obwohl die Einrichtung eines Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienstes schon 1994 im Ge- Brandenburgisches Ärzteblatt 10/2001 • 11. Jahrgang 321

Gesellschaften und Verbände<br />

Zehn Jahre Öffentlicher Gesundheitsdienst<br />

im Land Brandenburg<br />

von links nach rechts: Dr. Siegrun Steppuhn (MASGF),<br />

Dr. Heinz-Walter Knackmuß, Dr. Elke Friese (MASGF)<br />

1. Die de-Maizière-Verordnung über den<br />

Öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

Die de-Maizière-Verordnung über den Öffentlichen<br />

Gesundheitsdienst überführte den<br />

Öffentlichen Gesundheitsdienst der DDR in<br />

die Strukturen der Bundesrepublik. Die Verordnung<br />

über den Öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

und die Aufgaben der Gesundheitsämter<br />

in den Landkreisen und kreisfreien Städten<br />

vom 8. August 1990 stellte die Forderung auf,<br />

dass Gesundheitsämter bei den Kreisverwaltungen<br />

und Verwaltungen der kreisfreien<br />

Städte einzurichten sind. Die Aufgaben in den<br />

vorhandenen ambulanten, stationären und<br />

anderen Strukturen des Gesundheitswesens<br />

der DDR, die nach bundesrepublikanischem<br />

Verständnis zum Öffentlichen Gesundheitsdienst<br />

gehörten, wurden darin den Gesundheitsämtern<br />

zugeschrieben. Was die de-<br />

Maizière-Verordnung an Gesundheitseinrichtungen<br />

in den Kreisen nicht erfasste und von<br />

den Krankenkassen nach bundesdeutschem<br />

Recht nicht finanziert wurde, fiel ab 1. Januar<br />

1991 in der Regel ebenfalls an die Gesundheitsämter.<br />

Schon Mitte des Jahres 1990 war in der überwiegenden<br />

Mehrzahl der Kreise des zukünftigen<br />

Landes Brandenburg mit dem Aufbau der<br />

Gesundheitsämter begonnen worden, unterstützt<br />

durch Berater aus Nordrhein-Westfalen,<br />

dem Partnerland Brandenburgs. Eine frühzeitige<br />

Weiterbildung durch die Akademie für<br />

Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf<br />

hat den Amtsärzten der Länder Mecklenburg-<br />

Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt<br />

und Berlin grundlegendes Wissen über den<br />

Öffentlichen Gesundheitsdienst der Bundesrepublik<br />

Deutschland vermittelt.<br />

Zunächst war auch die Lebensmittelkontrolle,<br />

bis auf einen Anteil der Überwachung von Lebensmitteln<br />

tierischer Herkunft, die von<br />

Tierärzten durchgeführt wurde, nach der de-<br />

Maizière-Verordnung in Verantwortung der<br />

Gesundheitsämter. Fachärzte für Hygiene und<br />

Gesundheitsaufseher kontrollierten die Lebensmittel.<br />

Am 16. Dezember 1991 wurde im<br />

Land Brandenburg durch das Gesetz zur Ausführung<br />

des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes,<br />

wie in den alten Bundesländern<br />

üblich, die Lebensmittelkontrolle von den<br />

Gesundheitsämtern getrennt und den Veterinär-<br />

und Lebensmittelüberwachungsämtern<br />

übertragen.Die Landwirtschaft hatte sich zum<br />

Nachteil für die Verbraucher durchgesetzt.<br />

Brot und Wein sind keine tierischen Lebensmittel.<br />

Es hat mich immer sehr befremdet, die<br />

Überwachung der Lebensmittel allein den<br />

Tierärzten zu überlassen. Der BSE-Skandal in<br />

Europa macht deutlich, welche Brisanz dieses<br />

Problem der ausschließlichen Überwachung<br />

der Lebensmittel durch Tierärzte in sich birgt.<br />

Ich plädiere nach wie vor dafür, diese Aufgaben<br />

wieder Ärzten in Gesundheitsämtern zu<br />

übertragen. In der Europäischen Union gibt<br />

es ebenfalls Überlegungen und Entscheidungen<br />

zur Verbesserung des Verbraucherschutzes<br />

nach dem BSE-Skandal.<br />

Im Land Brandenburg sind inzwischen in den<br />

Kommunen Ämter vorhanden, die beide Aufgabengebiete<br />

abdecken. Zum Beispiel sind in<br />

den Landkreisen Barnim, Oberhavel und in<br />

der kreisfreien Stadt Brandenburg die Gesundheitsämtern<br />

mit den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämtern<br />

zusammengelegt<br />

worden. Leiter dieses Amtes ist in<br />

Oberhavel und Brandenburg der Amtsarzt<br />

und in Barnim der Amtstierarzt.<br />

Anregungen, die Gesundheitsämter mit den<br />

Umweltämtern zusammenzulegen, wie sie in<br />

Hamburg als Gesundheits- und Umweltämter<br />

existieren, fanden in Brandenburg keine Resonanz.<br />

Alle neuen Bundesländer bis auf Thüringen<br />

haben inzwischen die de-Maizière-Verordnung<br />

durch moderne Gesundheitsdienstgesetze<br />

ersetzt.<br />

2. Gesundheitsdienstgesetz von 1994<br />

Das Gesundheitsdienstgesetz im Land Brandenburg,<br />

dem eine Empfehlung der Landesregierung<br />

vom 9. Dezember 1993 zum Aufbau<br />

der Struktur von Gesundheitsämtern zu Grunde<br />

lag (Tab.), wurde am 3. Juni 1994 im<br />

Landtag verabschiedet. Leider hat die inhaltliche<br />

Auseinandersetzung im Vorfeld der Gesetzgebung<br />

durch den Streit über die Leitung<br />

der Gesundheitsämter (nicht nur Ärzte sollten<br />

dafür zugelassen werden) etwas gelitten.<br />

Trotzdem kann festgestellt werden, dass Brandenburg<br />

ein modernes Gesundheitsdienstgesetz<br />

hat, das bisher den Ansprüchen voll<br />

genügt. Es ist gut ausgewogen zwischen<br />

Pflicht und Kür. Das gesamte Dispensairesystem,<br />

das in der DDR sehr gut entwickelt war,<br />

hätte übernommen werden können. Der Rahmen<br />

des Gesetzes ließ das zu. Die Gesundheitsämter<br />

machten allerdings nur selten davon<br />

Gebrauch, weil diese Aufgaben nach<br />

Bundesrecht weitgehend den niedergelassenen<br />

Ärzten oder Institutsambulanzen obliegen.<br />

Der Bereich der Gerichtsmedizin wurde aus<br />

dem Gesetz für die Gesundheitsämter ausdrücklich<br />

ausgeklammert. Das Brandenburgische<br />

Institut für Rechtsmedizin wurde mit der<br />

Wahrnehmung dieser Aufgaben betraut.<br />

Die Pflichten der Amtsapotheker werden von<br />

der Landesregierung wahrgenommen. Den<br />

Gesundheitsämtern obliegt nur die Kontrolle<br />

der nicht rezeptpflichtigen Arzneimittel, die<br />

außerhalb von Apotheken freiverkäuflich angeboten<br />

werden. Hierzu wurden Mitarbeiter<br />

speziell ausgebildet und befähigt, diese Aufgaben<br />

wahrzunehmen.<br />

3. Neugliederung der Kreise<br />

Die Kreisgebietsreform per 1. Januar 1993,<br />

deren Umsetzung bis weit in das Jahr 1994<br />

reichte, brachte in vielen Landkreisen einen<br />

erheblichen Personalabbau in den Gesundheitsämtern<br />

mit sich, weil mir der Zusammenlegung<br />

der Kreise alle Aufgaben sowie Stellenpläne<br />

noch einmal überprüft wurden. Nur<br />

die vier kreisfreien Städte Brandenburg, Cottbus,<br />

Frankfurt und Potsdam blieben vorerst<br />

verschont. Der Personalabbau wurde aber in<br />

den späten neunziger Jahren auch hier nachgeholt.<br />

Mit der Gebietsreform waren neue Probleme<br />

entstanden, die später deutlich wurden. Die<br />

Flächen in den Kreisen, die von Mitarbeitern<br />

zu durchqueren sind, um Kinder in Schulen<br />

und Kindertagesstätten zu untersuchen oder<br />

um Hausbesuche zu machen, sind erheblich.<br />

Bis zu zwei Stunden betrugen die Anfahrtswege<br />

in den Landkreisen. Viele Gesundheitsämter<br />

errichteten Nebenstellen in den<br />

Landkreisen oder beließen sie in den alten<br />

Kreisstädten.<br />

4. Richtlinie zur Heilpraktikerprüfung<br />

von 1995<br />

1995 hat die Landesregierung eine Richtlinie<br />

zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes<br />

erlassen. Darin wurde festgelegt, dass die<br />

schriftliche und mündliche Prüfung für Heilpraktiker<br />

im Gesundheitsamt der Stadt Potsdam<br />

erfolgt. Diese Konzentration der Aufgabe<br />

hat sich sehr bewährt und ein hohes<br />

Niveau der Prüfungen gesichert.<br />

320 Brandenburgisches Ärzteblatt 10/2001 • 11. Jahrgang

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