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Grosse Kunstausstellung München 1952 - Neue Gruppe Haus der ...

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GKA-52.rtfd 18.01.11 00:11<br />

<strong>Grosse</strong> <strong>Kunstausstellung</strong> München <strong>1952</strong><br />

Von Hans Heilmaier<br />

Die Probleme und daraus resultierenden Wandlungen des zeitgenössischen<br />

Kunstschaffens zeichnen sich am deutlichsten in jenen Groß-Ausstellungen ab; die<br />

ein Kritiker einmal respektlos mit "Jahrmärkte <strong>der</strong> Kunst" umschrieben hat. Es mag<br />

nicht zuletzt <strong>der</strong> kaleidoskopische Aspekt solcher Mammutveranstaltungen sein,<br />

welcher die Neugicrde des Publikums stimuliert, weil es dort wirklich "etwas zu sehen<br />

gibt". Auch <strong>der</strong> in Kunstdingen unerfahrene Laie weiß, daß er hier auf seine<br />

Rechnung kommt.<br />

Wo endet, wo beginnt die ,,zeitgenössische" Kunst Inwieweit trägt sie bereits<br />

"geschichtliche" Züge im Sinne eines abgeschlossenen Gestaltungsprozesses<br />

Wie fügt sich das Werk des einzelnen ins Gesamtbild ein — Eine erschöpfende<br />

Antwort auf diese Fragen ist nicht leicht. Schließt doch das Heute bis zu<br />

einem gewissen Grade auch das Gestern mit ein. Die künstlerische Entwicklung ist<br />

vergleichbar mit einer Leiter, die man Sprosse um Sprosse erklimmt, ohne sich<br />

dessen bewußt zu werden. So erging es Cezanne, <strong>der</strong> die Natur via Poussin zu<br />

entdecken glaubte. In Wirklichkeit aber entdeckte er sich selbst.<br />

Recht auf künstlerische Freiheit<br />

Der Freiheit des künstlerischen Schaffens sind keine an<strong>der</strong>en Grenzen gesetzt als<br />

die <strong>der</strong> schöpferischen Potenz. In einer die Würde <strong>der</strong> menschlichen Persönlichkeit<br />

achtenden Gesellschaftsordnung versteht sich das eigentlich von selbst. Doch liegt<br />

im Wesen allen künstlerischen Tuns begründet, daß es dort, wo es zu neuen Aussagen<br />

drängt und in <strong>der</strong> Meinung <strong>der</strong> Öffentlichkeit die Konventionen des Ästhetischen<br />

verletzt, auf Wi<strong>der</strong>stand stößt. Dieser Wi<strong>der</strong>stand kann als positives<br />

Spannungsmoment zu fruchtbarer Zwiesprache zwischen Kunstwerk und Betrachter<br />

führen. Er kann aber auch, im negativen Sinne, so lange fortbestehen, bis eine<br />

neue ästhetische Konvention die alte verdrängt. "Ist <strong>der</strong> Wille zur Lösung da", betonte<br />

Staatssekretär Brenner in seiner Eröffnungsrede, "so ist <strong>der</strong> gemeinsame<br />

Weg von Kunstschaffendem und Aufnehmendem in sich nahende Kunstformen<br />

gewahrt." Je<strong>der</strong> Ausstellungsbesucher müßte ein "Aufnehmen<strong>der</strong>" sein, auch dann,<br />

wenn <strong>der</strong> Schaffende die ihm teuer gewordene, ursprünglich aber ebenso<br />

fremd erschienene ästhetische Konvention durch eine neue, noch ungewohnte<br />

Konzeption zu gefährden scheint. Der Gewinn neuer künstlerischer Einsichten<br />

wöge dabei den vermeintlichen Verlust wohl auf.<br />

Ein Recht auf künstlerische Freiheit ist ohne ein Recht auf Kritik andrerseits<br />

nicht vorstellbar. Eine Kunst ohne den Stachel <strong>der</strong> Kritik wäre auf die Dauer vielleicht<br />

zur Lethargie verdammt. Eine "populäre" Kunst würde vielleicht den Beifall<br />

<strong>der</strong> Masse finden. Sie würde aber bald auch an<strong>der</strong>en Göttern als <strong>der</strong> Muse dienen.<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: sie würde aufhören Kunst zu sein.<br />

Ausstellungstechnik und Jurierung<br />

Die Jury stellt ein notwendiges Übel dar, für das man bis auf den heutigen Tag<br />

nichts Besseres gefunden hat. Als beson<strong>der</strong>e Schwierigkeit in <strong>der</strong> Bewertung von<br />

Kunstwerken erweist sich immer wie<strong>der</strong> das Unmeßbare und Impon<strong>der</strong>able <strong>der</strong><br />

Materie. Das Ergebnis <strong>der</strong> Prüfung von Bil<strong>der</strong>n und Plastiken beruht auf einer Summe<br />

notwendigerweise subjektiver Urteile. Um so mehr Anlaß besteht für die Juro-<br />

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ren, ihre Entscheidungen so objektiv als nur möglich zu treffen. ,,Durch die Einbeziehung<br />

von Nichtmitglie<strong>der</strong>n", heißt es in einer Verlautbarung <strong>der</strong> Ausstellungsleitung,<br />

„ist praktisch jedem bildenden Künstler, sofern er etwas Wesentliches auszusagen<br />

hat, die Möglichkeit geboten, sich an dieser Ausstellung zu beteiligen."<br />

Das hört sich natürlich etwas utopisch an, wenn man bedenkt, daß hier Künstler<br />

über ihresgleichen zu befinden haben. Die Einsendungen <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> drei<br />

Münchener Künstlergruppen sind von dieser Vorschrift ausgenommen. Die Entscheidung<br />

über die ,,wesentliche Aussage" bleibt in diesen Fällen also <strong>der</strong> Selbstkritik<br />

überlassen. Es wäre vielleicht zu erwägen, künftig hin auch die Arbeiten <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> dem Prüfungsausschuß zu unterbreiten. Es bliebe dann die Möglichkeit,<br />

ein abgelehntes OEuvre durch ein ,,wesentlicheres" zu ersetzen. Wenn an<strong>der</strong>erseits<br />

fast ein Drittel <strong>der</strong> in diesem Jahre eingesandten dreitausend Werke Gnade<br />

vor den Augen <strong>der</strong> Jury fand, so ist anzunehmen, daß im Hinblick auf das Wesentliche<br />

keine übertrieben strengen Maßstäbe angelegt worden sind.<br />

Die Hängung von Bil<strong>der</strong>n und die Aufstellung von Plastiken in Groß-Ausstellungen<br />

ist das an<strong>der</strong>e Problem, für das man noch keine Patentlösung gefunden<br />

hat. Die ausstellungstechnischen Experimente <strong>der</strong> letzten Jahre, vor allem im<br />

einstigen Central Collecting Point und im Münchener Amerika-<strong>Haus</strong>, haben bewiesen,<br />

daß hier ein erfin<strong>der</strong>ischer Geist mit relativ wenigen Mitteln „zaubern" kann.<br />

Der Maler Ernst Geitlinger hat es vermocht, im Saale <strong>der</strong> Abstrakten und <strong>der</strong> Gegenstandslosen<br />

das herkömmliche Hängeschema belebend aufzulockern. Zwei<br />

Münchener Firmen — „Die Einrichtung" und „Form im Raum" — haben durch Leihgaben<br />

von Wohngerät zum Gelingen des Unternehmens beigesteuert. Über diesen<br />

Versuch wird noch später die Rede sein.<br />

Bildner und Bildhauer<br />

Erstere modellieren in Gips und Ton. Letztere hauen und meißeln aus Holz o<strong>der</strong><br />

Stein. Welcher Kategorie <strong>der</strong> Vorzug gebührt, ist müßig zu fragen. Für das Kriterium<br />

entscheidet allein die künstlerische Form. Rund hun<strong>der</strong>t Skulpturen, in <strong>der</strong> Mehrzahl<br />

Kleinplastiken, verzeichnet <strong>der</strong> Katalog. Weniger wäre hier manchmal mehr<br />

gewesen. Vergebens späht man nach einem großen, anregenden Vorbild aus. Das<br />

Beispiel eines Henry Moore hat in England, sozusagen über Nacht, eine neue Bildhauergeneratin<br />

auf den Plan gerufen. Genie schreckt ab, zieht aber auch an.<br />

Rodin, Maillol und Archipenko beweisen es. Das Gros <strong>der</strong> deutschen Bildhauer<br />

von Format glänzt heuer beinah durch Abwesenheit, o<strong>der</strong> sie haben sich, wie<br />

Matare, mit <strong>der</strong> Einsendung von Holzschnitten und Werkstudien begnügt. Die<br />

Plastik als funktioneller und schmücken<strong>der</strong> Partner <strong>der</strong> Architektur ist durch Heiligers<br />

Relieffragment aus dem Fries im Berliner Schillertheater vertreten. Auch die<br />

im Zeichen elementarer Formgebung stehenden Steinskulpturen seines Landsmannes<br />

Paul Dierkes seien in diesem Zusammenhang erwähnt. Die aus maseriertem<br />

Holz geschnitzte „Familie" des Stuttgarters 0. H. Hajek, dessen weitere<br />

Entwicklung Aufmerksamkeit verdient, scheint noch <strong>der</strong> Figurenwelt Henry Moores<br />

verpflichtet. Die Hamburgerin Barbara Haeger zeigt zwei ansprechende Bronzefigürchen;<br />

die "Brunnenfigur" des Murnauers Rudolf Pfefferer weist in Ausdruck und<br />

Formempfinden verwandte Züge mit <strong>der</strong> Bildnerei Marinis auf. Letzterer hat es offenbar<br />

auch Anton Hiller angetan, dessen modellierter "Reiter" einer an<strong>der</strong>en Stilepoche<br />

als sein trojanisches Tragtier anzugehören scheint. Hier beginnt das Reich<br />

<strong>der</strong> archaisierenden Münchener Bildhauergruppe. Wobei es sich oft nicht leicht er-<br />

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mitteln läßt, wer sich zum Apoll von Tenea und wer sich zu seinem etruskischen<br />

Vetter aus Veji bekennt. Toni Stadler beschränkte sich diesmal auf die Abgabe einer<br />

männlichen Porträtmaske, während Brenninger mit vier Arbeiten figuriert. Er<br />

spricht sich im Kleinformat überzeugen<strong>der</strong> als im Monumentalismus. Filier, Priska<br />

v. Martin, Dix, Mikorey, Edith Erdle-Wißler, Goedtke und Buttler haben sich auf das<br />

"kleine" Maß beschränkt. Gudrun Rühl-Geyers Miniatur- "Geschwister" und die<br />

"Steinwerkzeuge" von Höhlt gehören einem neuen Bronzezeitalter an. Das von<br />

den Malern vernachlässigte Porträt wird von den Bildhauern nach wie vor gepflegt.<br />

Hoffmann, Seitz, Knecht, Dietz, Georg Müller und Rauch setzen in dieser Spezies<br />

die Tradition des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts fort. Ottos "Stehende", Ammans "Schauende"<br />

und die hockende Mädchenfigur von Marie Luise Wilckens sind ausgereifte Arbeiten.<br />

Stangl und die Tierbildner Bermuth, Theuerjahr und Rosenkranz warten mit<br />

originellen Lösungen auf. Die interessante „Tänzerin" Schörghofers wirkt etwas<br />

manieriert.<br />

Die Malerei ist keine Sinekure<br />

In unseren Tagen politischer Spannung und technischer Vorherrschaft ist die freie<br />

Kunstausübung keine Sinekure. Wenn trotzdem weitergemalt wird, so entspricht<br />

dies einem auch in turbulenten Zeiten sich manifestierenden Drang nach schöpferischer<br />

Äußerung. Dieses Sichaussprechen in Farben und Formen vollzieht sich<br />

dort, wo es um ein allgemeines Kräftemessen geht - sei es auf <strong>der</strong> Biennale o<strong>der</strong><br />

auf <strong>der</strong> Großen Münchener <strong>Kunstausstellung</strong>- , in erfreulich "unmusealer" Weise,<br />

Reifendes und Gewordenes, Unfertiges und Endgültiges fügen sich zum bunten<br />

Mosaik, in welchem jedes Steinchen sein Eigenleben zu behaupten sucht.<br />

Das Gegenstandsmotiv hat im "<strong>Haus</strong> <strong>der</strong> Kunst" auch heuer wie<strong>der</strong> Übergewicht.<br />

Ein konservativer Zug <strong>der</strong> süddeutschen, voran <strong>der</strong> lokalen Malerei, bestimmt<br />

die Schaffensweise <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>n Münchener Künstlergenossenschaft<br />

und <strong>der</strong> Sezession. Auch die eifrig um frische Blutzufuhr bemühte <strong>Neue</strong><br />

<strong>Gruppe</strong> bleibt davon nicht unberührt. Das ist kein Vorwurf, son<strong>der</strong>n eine Feststellung.<br />

Im großen Erdgeschoßsaale spürt man das Bemühen um Repräsentanz.<br />

Pechstein for<strong>der</strong>t mit Arbeiten aus seiner Sturm- und Drang- Periode zumVergleich<br />

mit Bil<strong>der</strong>n seiner Spätzeit heraus. Er spricht zugunsten <strong>der</strong> ersteren. Schmidt-<br />

Rottluff zeigt mit seinen "Spessarttannen" ein eindrucksvolles Alterswerk. Schade,<br />

daß Nolde nicht als Dritter im Bunde zugegen ist. Das "Chargieren" von Farbe und<br />

Form in Hofers Bil<strong>der</strong>n scheint diesen nicht zu bekommen. Fritsch greift in seinem<br />

"Traum vom Heimweh" das Chagallsche Motiv <strong>der</strong> Schwebefiguren auf. Purrmanns<br />

Tessiner Landschaften begegnete man bereits - auch in an<strong>der</strong>en Fassungen - auf<br />

seiner Wan<strong>der</strong>ausstellung. Die sprichwörtliche Farbenfreudigkeit Maria Caspar-<br />

Filsers wird we<strong>der</strong> von Karl Meisenbach noch von Arnold Balwe erreicht. Am<br />

besten - nach <strong>der</strong> eben Genannten - schneidet in diesem Wettlauf um die Farbe<br />

Elisabeth Balwe-Staimmer ab. Lamprecht nahm, motivlich gesehen, einen Stellungswechsel<br />

von den bayerischen Bergen nach Nizza vor. Lichtenbergers<br />

"Tänzerpaar" war, wenn wir nicht irren, auf einer <strong>der</strong> ersten Nachkriegsbiennalen<br />

ausgestellt. Coesters farbige Tafelbil<strong>der</strong> verraten seinen Hang zur skurrilen Illustration.<br />

Crodels Großgemälde "Geburt des Sommers" ist eine recht verworrene Allegorie.<br />

Michel Wagner kommt mit seinen Pferden und Harlekinen über seine "blaue<br />

Epoche" nicht hinaus. Über die Kompositionen Teutschs, die Paysagen Großmanns<br />

und Troendles Variationen volkstümlicher Themen läßt sich nichts <strong>Neue</strong>s<br />

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sagen. Gabriele Münters "Blumen auf dunklem Grund", Sailers auf Utrillo-Manier<br />

gemaltes "Hotel la Lune" und Drexels neo-realistische "Parklandschaft" sind zu<br />

vermerken. Hartmann zeigt diesmal etwas zu glatte Bildnisse. Willi Geiger, <strong>der</strong><br />

neuerdings Stilleben malt, scheint seine Kriegs- und Trümmerperiode zu liquidieren.<br />

Die Berliner und Rheinlän<strong>der</strong> liegen unter den auswärtigen Gästen zahlenmäßig<br />

an erster Stelle. Ahlers-Hestermann, Eglau, Wolf Hoffmann, Friedrich<br />

Vordemberge, Hundt, Max Kaus und <strong>der</strong> Altmeister expressionistischer Holzschnitte,<br />

Otto Pankok, sind hier längst keine Unbekannten mehr. Im Schaffen ihrer Landsleute<br />

Huhnen, Kügler, Kuhn und Kögler drängt das abstrahierende Element immer<br />

stärker in den Vor<strong>der</strong>grund. Dieses Ineinan<strong>der</strong>fließen von Realität und Abstraktion<br />

hat seine Reize. Es kann auch, wie manche Bil<strong>der</strong> Müller-Landaus und die "Drei<br />

Figuren" Walter Beckers zeigen, zu gewissen Diskrepanzen führen. Habermanns<br />

"Weiblicher Akt mit Tisch" wirkt etwas überzeugen<strong>der</strong>. Ende, Cremer, Schlichter<br />

und <strong>der</strong> einfallsreiche Mac Zimmermanu bleiben ihrer surrealen Traumwelt treu.<br />

Der eingangs schon erwähnte Versuch, ein adäquates Klima für abstrakte<br />

und gegenstandslose Bil<strong>der</strong> zu schaffen, wurde in einem Saale <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong><br />

durchgeführt. Er ist, obgleich ein wenig über den Daumen gepeilt, überraschend<br />

gut gelungen. Durch die asymmetrische Verteilung von Stellwänden, die den<br />

Images als kleidsame Folie dienen, glaubt man sich in eine Art Privatmuseum o<strong>der</strong><br />

in eine mo<strong>der</strong>ne Bil<strong>der</strong>galerie versetzt. Das dazupassende Mobiliar in einem<br />

neuen Bauhausstil vervollständigt die Illusion des neuzeitlichen "home". Hier<br />

erweist sich auch, wer stärker ist: das Kunstwerk o<strong>der</strong> <strong>der</strong> dekorative Sog. Die<br />

Werke von Baumeister, Trökes, Cavael, Bercke, Eichhorn, Impkams, Geitlingcr,<br />

Thrier, Meistermann und Westpfahl bestehen die Belastungsprobe. Den Bil<strong>der</strong>n<br />

von Ackermann, Klinger und Altripp indessen scheint sie nicht immer zu bekommen.<br />

Von den Jüngeren warten Weil, Thieler, A. Winter-Rust, Glatzer, Deiglmayr,<br />

Augsburger, Vogel, Hübener, Orny mit mehr o<strong>der</strong> weniger guten Arbeiten auf.<br />

Kiesel, Schiffers, Bruckner und <strong>der</strong> traumversponnene Müller-Hufschmid zeigen<br />

schöne graphische Blätter.<br />

Die temperierten Paletten<br />

Eine weniger problematische Malerei zu pflegen, war von jeher das Anliegen <strong>der</strong><br />

Sezession. Aber auch in diesem Kreis temperierter Paletten bestehen hinsichtlich<br />

Qualität und persönlicher Aussage beträchtliche Unterschiede. Um die Senioren<br />

einer impressionistischen Malweise, wie Bauriedl, Dill und Pietzsch scharen sich<br />

gute Landschafter wie Kohl, Bosch, Scharrer, <strong>Haus</strong>e, Houwald und Graßmann.<br />

Burkart, Krimmel, Graf v. Merveldt und Inge Vahle-Gießlers „Zigeunerwagen" sind<br />

nicht ohne Eigenart. Wilhelm Heise verfolgt mit spitzer, dekorativer Zeichnung das<br />

Wachstum <strong>der</strong> Pflanzenwelt. Haniels "Stilleben mit Kalla" ist gut komponiert und in<br />

satten Farben gemalt. In <strong>der</strong> Kategorie des Figürlichen und des Porträts verdienen<br />

die Einsendungen von Lacher, Röhricht, Henning, Marianne Henselmann und die<br />

religiösen Kompositionsmotive Scheibes Beachtung, Peiffer-Watenphul hat aus<br />

seiner Kollektivschau im <strong>Haus</strong> <strong>der</strong> Kunstinstitute einige seiner Venedig-Bil<strong>der</strong><br />

abgezweigt.<br />

Wer Abwechslung in <strong>der</strong> Motivwahl schätzt, kommt in <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>n Münchner<br />

Künstlergenossenschaft auf seine Rechnung. Dort hat man die klassischen Themen:<br />

Landschaft, Stilleben und Figur noch nicht abgeschrieben. Mit an<strong>der</strong>en<br />

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Worten ausgedrückt: <strong>der</strong> Gestaltungskanon wird weitgehend vom Sujet bestimmt.<br />

Dabei bleibt noch genügend Spielraum für persönliche Interpretation und die Wahl<br />

<strong>der</strong> Mittel. Man bedient sich <strong>der</strong> Perspektive und <strong>der</strong> impressionistischen Farbflecktechnik<br />

ebenso wie <strong>der</strong> vereinfachenden expressiven o<strong>der</strong> gegenstandsnahen<br />

Form. So verschieden die Landschaften eines Aigner, Büger, C.O. Müller, Pallas,<br />

Runggaldier, Groß, Schnei<strong>der</strong>s und an<strong>der</strong>er in Handschrift und Struktur auch sein<br />

mögen: <strong>der</strong> Bildgehalt wird doch weitgehend von einem gemeinsamen Credo an<br />

die "Unversehrtheit" <strong>der</strong> Natur bestimmt. Schmidt bedient sich ihrer als Stimmungskulisse<br />

für seine Folklore-Szenen. Henny Protzen-Kundmüllers "Schiffe am Rhein"<br />

schwimmen bereits in einem an<strong>der</strong>en Fahrwasser. Bei <strong>der</strong> Entstehung des Stilllebens<br />

von Protzen scheinen Cezanne und <strong>der</strong> frühe Kubismus Geburtshilfe geleistet<br />

zu haben. Wanka hat das gleiche Thema realistischer angepackt. Die<br />

"Gaukler" Kremers, Schmuckers etwas überladener "Tisch mit roter Decke", Sohns<br />

transparente "Stehende mit Lampe", die "Mutter mit Kind" Schnurers, Kohlers<br />

"Daphne und Chloe", Distlers "Engel" und Derings Holzschnitt "Verkündigung"<br />

könnten ihrer Faktur nach auch in <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>n <strong>Gruppe</strong> beheimatet sein. Blocherer,<br />

Rose, Leithäuser und vor allem Wendt stellen ihr Können als Bildnismaler unter<br />

Beweis. Geiselers "Odaliske" träumt von Matisse. Ulfigs "Straße", Neruds "Verlassenes<br />

Cafe", Kruses "Schwabinger Bai pare" und die nicht ohne Raffinesse geübte<br />

"peinture naive" des Malerehepaars Stefula bekunden die Vielfalt <strong>der</strong> Gestaltungsweisen.<br />

Wünsche-Mitterecker hat sich als einziger unter den Ausstellern an ein<br />

großformatiges Fresko gewagt. Eine, trotz aller Vorbehalte hinsichtlich <strong>der</strong> formalen<br />

Auffassung, respektable Arbeitsleistung.<br />

Von dem heterogenen Gesamtbild dieser Ausstellung auf die weitere Entwicklung<br />

zeitgenössischer Kunst zu schließen, ist ein unmögliches Unterfangen. Es<br />

scheint, als wären alle Gestaltungsweisen <strong>der</strong> letzten fünfzig Jahre präsent und<br />

sämtliche Register <strong>der</strong> Farbenorgel gezogen. Die Neigung zum Halbabstrakten<br />

(mehr im Sinne einer unverbindlichen Gegenstandsdeformation als nach den Regeln<br />

eines logischen Bildaufbaus) trägt keineswegs zu einer Klärung <strong>der</strong> Fronten<br />

bei. Die sogenannte ungegenständliche Malerei hat, wenn nicht alles trügt, ihre<br />

konstruktive Phase und damit auch die Gefahr einer "Kandinsky-Renaissance"<br />

überwunden. Während Publikum und Akademien anfangen, Picasso zu entdecken,<br />

ist hier noch lange nicht das letzte Wort gesprochen.<br />

aus: "DIE KUNST und DAS SCHÖNE HEIM", Heft 1 Oktober <strong>1952</strong><br />

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Bernd Krimmel: Flußboote Alfred Kremer: Dogenpalast bei Nacht<br />

Theodor v. Hötzendorff: Große Moorlandschaft Richard Pietzsch: Mühlbach im Winter<br />

Inge Vahle-Gießler: Zirkuswagen Wilhelm Gg. Maxon: Schrotthafen<br />

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Willi Kohl: Wintertag in Neuötting<br />

Wolf Bloem: Vorortbahnhof<br />

Oskar Wolfgang Scharrer: Bauernhof in Thüringen Erwin Henning: Knabe u. Mädchen<br />

Wilhelm Heise: Blätter im Glashaus Dorothea Stefula: Die Korallenkette<br />

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Ernst Geitlinger: Im Garten Edgar Ende: Der Fuß, <strong>der</strong> die Sonne verdeckt<br />

Albert Burkart: Sonntagabend Willi Baumeister: Linienfiguren<br />

W. Müller-Hufschmid: Zeichen Ernst Klinger: Rast<br />

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Eberhard Glatzer: Spiel im Wasser Josef Loher: Holsteinische Landschaft<br />

Rudolf Schlichter: Der nächtliche Wan<strong>der</strong>er Karl Schmidt Rottluff: Spessarttannen<br />

Maria Caspa-Filser: Holsteinische Landschaft Hans R. Lichtenberger: Tänzerpaar<br />

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Heinz Theuerjahr: Taube Paul Dierkes: Stürzen<strong>der</strong> Engel<br />

Karheinz Hoffmann: Mädchenkopf Bernhard Heiliger: Bildnis Karl Hofer<br />

Lothar Otto: Stehende Ernst Andreas Rauch: Alter Edelmann<br />

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