K u rzfassu n g sb an d - Graz University of Technology
K u rzfassu n g sb an d - Graz University of Technology
K u rzfassu n g sb an d - Graz University of Technology
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Energieinnovation 2006 55<br />
3.1.3 „Ein makroökonomischer Bewertungs<strong>an</strong>satz zu den Kosten<br />
eines Stromausfalls im österreichischen Versorgungsnetz“<br />
Markus Bliem (IHS Kärnten) 1<br />
So <strong>of</strong>fensichtlich ein hohes Niveau <strong>an</strong> Versorgungssicherheit bzw. Versorgungsqualität im öffentlichen<br />
Stromnetz eine große wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung hat, so schwierig ist es in der<br />
Praxis, der Versorgungssicherheit einen ökonomischen Wert zuzuweisen. Ein Bewertungsproblem<br />
ergibt sich daraus, dass die Versorgungssicherheit keinen Marktpreis hat bzw. es keinen Markt gibt <strong>an</strong><br />
dem Stromunterbrechungen geh<strong>an</strong>delt werden. Aus ökonomischer Sicht liegt ein Optimum <strong>an</strong><br />
Versorgungssicherheit d<strong>an</strong>n vor, wenn der Grenznutzen eines höheren Sicherheitsniveaus den<br />
Grenzkosten für Maßnahmen zur Hebung der Versorgungssicherheit entspricht. Das heißt, wenn die<br />
Zahlung<strong>sb</strong>ereitschaft der Stromkonsumenten für ein höheres Sicherheitsniveau gleich den<br />
Grenzkosten ist. Ziel des Beitrages ist es, auf Basis von Daten der amtlichen Statistik eine<br />
makroökonomische Bewertung des Werts der Versorgungssicherheit bzw. der Kosten eines<br />
einstündigen Stromausfalls für Österreich durchzuführen. Eine makroökonomische Betrachtung eignet<br />
sich dafür eine grobe Untergrenze für Blackout-Kosten abzuschätzen, auch wenn einige direkte<br />
Kosten (beispielsweise Anlaufzeiten im Produktion<strong>sb</strong>etrieb) sowie indirekte Folgekosten nur<br />
unzureichend berücksichtigt werden können. Ebenso können keine sog. „non-use values“ in die<br />
Schätzung eingezogen werden.<br />
Vor allem in Nordamerika wurden in den letzten Jahren zahlreiche Untersuchungen zu den Kosten<br />
eines Blackouts im Elektrizität<strong>sb</strong>ereich gemacht. Wenngleich die veröffentlichten Studien relativ große<br />
methodische Unterschiede aufweisen und auch hinsichtlich der ermittelten Kosten zu abweichenden<br />
Ergebnissen gel<strong>an</strong>gen, zeigen alle Untersuchungen grundsätzlich, dass ein Blackout enorme<br />
volkswirtschaftliche Kosten verursacht (Eto, J., 2001). Die Kosten eines Stromausfalls hängen von<br />
einer Vielzahl von Variablen (Tageszeit, Unterbrechungsdauer, Vorhersehbarkeit etc.) ab und variiert<br />
stark zwischen den einzelnen Konsumenten (Privathaushalte, Industrie oder Gewerbekunden). Eine<br />
weitere Unterscheidung k<strong>an</strong>n auch zwischen direkten (Produktionsunterbrechungen, Schäden <strong>an</strong><br />
Einrichtungen, Verlust <strong>an</strong> Freizeit etc.) und indirekten Kosten (Kosten für öffentliche Gesundheit,<br />
Kriminalität etc.) gemacht werden. Stromausfälle können im Bereich der Wirtschaft zu<br />
Unterbrechungen im Arbeits- und Produktionsprozess führen und somit Kosten verursachen. Im<br />
Gegensatz dazu machen im Haushalt<strong>sb</strong>ereich materielle Schäden nur einen geringen Teil der<br />
Gesamtkosten aus. Vielmehr entstehen immaterielle Kosten beispielsweise durch den Verlust von<br />
Freizeit (-aktivitäten).<br />
Ausg<strong>an</strong>g<strong>sb</strong>asis für die makroökonomische Bewertung der Kosten eines Stromausfalls ist die<br />
Berechnung des Werts einer nicht gelieferten kWh Strom (Value <strong>of</strong> Lost Load). Dabei wird der<br />
Stromendverbrauch (kWh) in Verhältnis zur Wertschöpfung der einzelnen Wirtschaftssektoren gesetzt.<br />
Ergänzt wird diese Analyse um den ökonomischen ‚Wert der Freizeit’. Dieser entspricht dem Nutzen<br />
den ein Individuum aus der Freizeit erhält. Dieser lässt sich zwar nicht direkt messen, entspricht<br />
jedoch im Optimum den Opportunitätskosten der Arbeit (Becker, 1965). Oder <strong>an</strong>ders ausgedrückt, die<br />
Kosten einer Stunde Freizeit entsprechen dem Einkommen, dass m<strong>an</strong> in einer zusätzlichen Stunde<br />
Erwerbstätigkeit verdienen könnte. Die Opportunitätskosten einer Stunde Freizeit sind somit dem<br />
Reallohn gleichzusetzen. Die Bewertung der Freizeit erfolgt mit Hilfe von Daten zur<br />
Zeitverwendungserhebung sowie der Arbeitskostenerhebung. Ausgehend von einem durchschnittlich<br />
verfügbaren Zeitbudget von 89,6 Stunden pro Wochen sowie einem durchschnittlichen Reallohn von €<br />
12,6 pro Stunde k<strong>an</strong>n der Wert der Freizeit in Österreich in einem Jahr mit rd. € 480 Mrd. abgeschätzt<br />
werden. Eine Reihung der Freizeitaktivitäten im weitern Sinne zeigt, dass jene Aktivitäten die am<br />
meisten Zeit in Anspruch nehmen zugleich auch zumindest partiell vom Stromkonsum abhängig sind.<br />
Aus diesem Grund erscheint es realistisch <strong>an</strong>zunehmen, dass ein Stromausfall die Freizeitaktivitäten<br />
zumindest teilweise einschränken wird. In den Berechnungen wird deshalb mit einer<br />
Substitutionsmöglichkeit von Freizeitaktivitäten von 50 Prozent gerechnet.<br />
1 Institut für Höhere Studien Kärnten, Domgasse 3, 9020 Klagenfurt, Austria, Tel. +43 463 592 150-18<br />
e-mail: bliem@carinthia.ihs.ac.at, www.carinthia.ihs.ac.at;