K u rzfassu n g sb an d - Graz University of Technology
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168 Energieinnovation 2006<br />
Der ORC-Prozess wird vom Thermoölkessel über einen Thermoölkreislauf mit Wärmeenergie<br />
versorgt. Die speziellen Vorteile der ORC-Technologie liegen in ihrer Robustheit (hohe Lebensdauer,<br />
geringe Inst<strong>an</strong>dhaltungskosten), in der vollautomatischen und unbem<strong>an</strong>nten Betriebsweise<br />
(Personalbedarf nur 3 bis 5 Stunden pro Woche), in ihrem ausgezeichnetem Teillastverhalten und in<br />
dem für dezentrale Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungs<strong>an</strong>lagen relativ hohen elektrischen<br />
Wirkungsgrad ( = produzierte Strommenge / der ORC-Anlage zugeführter thermischer Energie) von<br />
rund 18%. Der ORC-Prozess ist ein in sich geschlossener Prozess, über Wärmetausch ist er zum<br />
einen mit dem Thermoölkreislauf (Input <strong>an</strong> thermischer Energie) und zum <strong>an</strong>deren mit dem<br />
Fernwärmenetz (Output <strong>an</strong> thermischer Energie) und dem örtlichen Leitungsnetz (Output elektrische<br />
Energie) verbunden.<br />
Als Arbeitsmittel wird in der ORC-Anlage ein Silikonöl eingesetzt. Dieses wird im Verdampferteil durch<br />
die über das Thermoöl zugeführte Energie verdampft und d<strong>an</strong>n in der nachgeschalteten Turbine<br />
entsp<strong>an</strong>nt. Die Turbine treibt einen Generator <strong>an</strong>, der aus der mech<strong>an</strong>ischen Energie Strom<br />
produziert. Der entsp<strong>an</strong>nte Silikonöldampf gel<strong>an</strong>gt d<strong>an</strong>n über einen Regenerator (zur internen<br />
Wärmerückgewinnung) in den Kondensator, wo er kondensiert wird und die dabei freiwerdende<br />
Wärme <strong>an</strong> das Fernwärmenetz abgibt. Das flüssige Silikonöl wird d<strong>an</strong>n über eine Pumpe wieder auf<br />
den erforderlichen Prozessdruck gebracht und nach Durchströmen des Regenerators wieder dem<br />
Verdampfer zugeführt. Damit ist der ORC-Kreislauf geschlossen.<br />
Die nun schon jahrel<strong>an</strong>ge Betriebserfahrung mit den ORC-Anlagen bei Biomasse-KWK-Anwendungen<br />
bescheinigt diesen eine ausgezeichnete Verfügbarkeit von über 97 %. Im Jahr 2004 wurden bei<br />
wärmegeführter Betriebsweise der 2001 in Lienz in Betrieb genommen 1.000 kW el ORC-Anlage rund<br />
5.500 Volllaststunden erreicht. Weiters zeigt sich, das die gar<strong>an</strong>tierten Nennleistungen deutlich<br />
überschritten werden konnten. Auch nach der Installation der 1.500 kW el ORC-Anlage im Jahr 2005<br />
werden durch den Au<strong>sb</strong>au des Fernwärmenetzes und durch die Installation des Pufferspeichers bei<br />
wärmegeführter Betriebsweise über 4.000 Volllaststunden für beide KWK-Anlagen erzielbar sein.<br />
Die auf den gemachten Erfahrungen und gewonnenen Daten durchgeführten wirtschaftlichen<br />
Bewertungen zeigen, dass die Stromgestehungskosten von Biomasse-Kraft-Wärme-<br />
Kopplungs<strong>an</strong>lagen auf ORC-Basis mit einer elektrischen Nennleistung zwischen 1.000 und 1.500 kW el<br />
zwischen 0,09 und 0,14 €/kWh liegen – je nach den gegebenen Rahmenbedingungen hinsichtlich<br />
Anlagengröße, Brennst<strong>of</strong>fpreis und Anlagenauslastung. Diese spezifischen Stromgestehungskosten<br />
ermöglichen in denjenigen Ländern einen wirtschaftlich sinnvollen Betrieb derartiger Anlagen, in<br />
denen entsprechende Förderprogramme zur Forcierung der Stromproduktion aus erneuerbaren<br />
Energieträgern gewährt werden. Eine weitere Voraussetzung für einen ökologischen und<br />
kosteneffektiven Betrieb der Anlage ist, dass nicht nur Strom sondern auch die Wärme, die durch den<br />
Betrieb des Heizkraftwerkes produziert wird, als Prozess oder Fernwärme verwendet werden k<strong>an</strong>n<br />
(wärmegeführter Betrieb der Gesamt<strong>an</strong>lage).<br />
Das größte Einsatzpotential für Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungs<strong>an</strong>lagen auf ORC-Basis liegt in<br />
mittelgroßen holzbe- und holzverarbeitenden Betrieben, in dezentralen Altholzfeuerungen sowie in<br />
Biomasse-Fernheizwerken (Neubau oder Umrüstung bestehender Anlagen).<br />
Durch die Weiterentwicklung der ORC-Technologie sind zukünftig noch höhere Wirkungsgrade zu<br />
erwarten. Eine Möglichkeit der Prozessoptimierung stellt die Implementierung eines verzweigten<br />
Kondensatkreislaufes beim ORC-Prozess dar. Durch diese Schaltungsvari<strong>an</strong>te wird in einem zweiten<br />
Thermoöl-Economiser dem Rauchgas zusätzlich Wärme entzogen, wodurch, laut durchgeführter<br />
Berechnungen, der elektrische Anlagenwirkungsgrad zwischen 4 % (gleiche spezifische<br />
Wärmetauscherflächen) und 8% (erhöhte spezifische Wärmetauscherflächen) gesteigert werden k<strong>an</strong>n.<br />
Die ersten praktischen Anwendungen werden zeigen zu welchem Teil diese<br />
Wirkungsgradsteigerungen in Real<strong>an</strong>lagen erreicht werden können. Eine Erhöhung der Temperatur<br />
des Thermoöles (von 300/250 auf 320/270 °C) trägt ebenfalls zur Steigerung des elektrischen<br />
Wirkungsgrades bei, jedoch sind für eine effiziente Realisierung dieser Option einige Modifikationen<br />
<strong>an</strong> Komponenten des ORC-Prozesses erforderlich. Ohne Modifikationen führt diese Maßnahme zu<br />
einer Steigerung des elektrischen Wirkungsgrades, wenn erhöhte Temperaturen im Kühlkreislauf<br />
(Fern- bzw. Prozesswärmevorlauftemperaturen) benötigt werden. Diese Optimierungsmassnahmen<br />
werden derzeit in ersten Anlagen umgesetzt und getestet.