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Anna Artaker Arbeiten 2000–2013 - Spike Art Quarterly

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<strong>Anna</strong> <strong><strong>Art</strong>aker</strong> <strong>Arbeiten</strong> 2000–2013<br />

<strong>Anna</strong> <strong><strong>Art</strong>aker</strong><br />

Girardig. 5/20<br />

A-1060 Wien<br />

anna@artaker.at<br />

0699 125 97 204


48 KÖPFE AUS DEM MERKUROV MUSEUM, 2009<br />

Filmstills, 16mm-Film, SW, stumm, 8 min (Loop)


48 KÖPFE AUS DEM MERKUROV MUSEUM, 2009<br />

16mm-Filmprojektion, Projektor etwa 2m von der Wand entfernt<br />

Ausstellungsansicht Gwangju Biennale, 2010<br />

Der Film zeigt 48 Großaufnahmen der Totenmasken aus dem Merkurov Museum in Gyumri/<br />

Armenien, die der armenisch-sowjetische Bildhauer Sergej Merkurov (1881–1952) den<br />

“Helden der Sowjetunion” abgenommen hat. Darunter finden sich Lenin, Wladimir Majakowski<br />

und Sergej Eisenstein, aber auch Felix Dserschinski, Leiter der gefürchteten<br />

Geheimpolizei, oder Andrej Schdanow, verantwortlich für die repressive Kulturpolitik<br />

unter Stalin. Die Masken sind jeweils zehn Sekunden lang im Close-Up zu sehen und<br />

chronologisch nach dem Sterbedatum der Persönlichkeiten gereiht.<br />

Der Filmtitel 48 KÖPFE AUS DEM MERKUROV MUSEUM benennt, was man sieht und verweist<br />

andrerseits auf Kurt Krens Film „48 Köpfe aus dem Szondi Test“ (1960). An die Stelle<br />

der Porträtaufnahmen von Psychotikern in Krens Film treten hier jedoch Merkurovs<br />

Gipsmasken als Träger von Präsenz und Bedeutung. Das Archiv an Gesichtern, das<br />

der Film dokumentiert, ist zugleich ein Fragment der Geschichte der Sowjetunion<br />

und eine unheimliche Physiognomie ihrer (toten) Helden.<br />

GESCHICHTE, 2010<br />

52 Stereofotografien der Totenmasken aus dem Merkurov Museum, Schaukästen: 52 x 34 x 26cm


GESCHICHTE, Ausstellungsansicht, Secession Wien, 2010<br />

GESCHICHTE setzt die Werkserie zu den Totenmasken Sergej Merkurovs fort und besteht<br />

aus 52 Stereofotografien der Masken. Diese werden in Schaukästen mit zwei Spiegeln<br />

präsentiert. Die Illusion der Dreidimensionalität der fotografierten Masken, die<br />

sich durch die stereoskopische Anordnung ergibt, betont die Analogie zwischen Abdruck<br />

und Fotografie als zwei Reproduktionsmedien, die auf dem ‚Kontakt’ mit ihrem<br />

Gegenstand beruhen.<br />

Die Präsentation der Masken ohne namentliche Zuordnung wirft Fragen nach der Ausdrucksfähigkeit<br />

des menschlichen Gesichts jenseits von Identifizierung auf. Die Schaukästen<br />

können jeweils nur von einer einzigen Person betrachtet werden, die sich dazu über<br />

die gläserne Deckplatte beugen muss. So findet sich der Betrachter Angesicht zu Angesicht<br />

allein mit der jeweiligen Totenmaske. Sofern er das Gesicht nicht identifizieren<br />

und historisch einordnen kann, beginnt fast unweigerlich die Spekulation<br />

über Biografie und Funktion des „Gesichtsträgers“ in der Geschichte der Sowjetunion.<br />

So ergibt sich aus der unmittelbaren Konfrontation mit jeder Maske das Spiel zwischen<br />

Geschichts- und Gesichtsträger, auf das der Werktitel verweist.<br />

TURKISH JOKES, 2009<br />

Doppelseitiger Offsetdruck auf Bilddruckpapier, Format A1, endlos viele Kopien


TURKISH JOKES, Ausstellungsansicht Kunstraum Niederoesterreich, 2009<br />

TURKISH JOKES verweist schon im Titel auf Jens Haanings gleichnamige Arbeit im<br />

öffentlichen Raum (1994), die hier zugleich interpretiert und für den Ausstellungsraum<br />

adaptiert wird. Meine Arbeit mit demselben Titel entstand im Rahmen einer Ausstellung<br />

zur Kunst im öffentlichen Raum, die allerdings nicht ebendort sondern im<br />

Kunstraum Niederoesterreich stattfand, also in einem klassischen Kunstraum.<br />

Die Qualität von Haanings Turkish Jokes liegt in meinem Augen vor allem darin,<br />

dass sie einfach und effektiv die Sprachbarrieren aufzeigt, die den „öffentlichen“<br />

Raum durchziehen und meist auch soziale und kulturelle Grenzen sind. Das führt mich<br />

zur Behauptung, dass der öffentliche Raum nicht identisch ist mit dem architektonischen<br />

Raum der Stadt, sondern als sprachlich definierter Raum gedacht werden muss.<br />

Diese Lesart von Haanings Turkish Jokes findet sich in meiner eigenen Arbeit repräsentiert:<br />

Indem ich Haanings Arbeit nacherzähle übertrage ich sie vom urbanen<br />

Raum, in dem sie stattgefunden hat, in einen Sprachraum (konkret denjenigen des<br />

gedruckten Wortes) und vom öffentlichen zurück in den Ausstellungsraum.<br />

Gleichzeitig wird durch die an Felix Gonzalez Torres’ stacks angelehnte Form von<br />

skulpturalen Papierstapeln versucht, eine Öffentlichkeit herzustellen, die über<br />

diejenige des Kunstraums hinausreicht (wie bei Gonzalez Torres können Ausstellungsbesucher<br />

nach Belieben Plakate mitnehmen).


PENDANTS, 2012<br />

7 als Puzzles produzierte Bildpaare, verbunden durch Austausch von Puzzleteilen<br />

560-teilig, 42 x 29,7cm (ungerahmt), Direktdruck auf Karton, 2012 (mit Meike S. Gleim)


…<br />

PENDANTS, Detail (Orangerie in Versailles und Palm Jumeirah Resorts im Persischen<br />

Golf, Dubai / Vereinigte Arabische Emirate, 560-teiliges Puzzle, 42 x 29,7cm<br />

…<br />

DOMINO (Interieurs), 2013<br />

aneinandergereihte Ausdrucke auf Karton, verschiedene Formate (mit Meike S. Gleim)<br />

Die Serie PENDANTS besteht aus Bildpaaren, die visuelle und auf den zweiten Blick<br />

inhaltliche Korrespondenzen aufweisen. Jedes Bild wird als 560-teiliges, zusammengesetztes<br />

Puzzle präsentiert, wobei zwischen korrespondierenden Bildern Puzzleteile<br />

vertauscht sind. Auf diese <strong>Art</strong> wird einerseits die Perfektion der Bilder<br />

gestört, andrerseits werden dieselben miteinander verknüpft. Dadurch wird auf<br />

einen nicht sofort ersichtlichen Aspekt im jeweils anderen Bild verwiesen.<br />

DOMINO (Interieurs) besteht aus Bildern von Interieurs, die nach dem Domino-Prinzip<br />

aneinander gereiht werden: Ein Element rechts im Bild (wie Sessel, Blumenschmuck<br />

etc.) findet sich in ähnlicher Form am linken Rand des darauf folgenden Bildes,<br />

das Element rechter Hand hier wiederrum links im nächsten usw. Auf diese <strong>Art</strong> werden<br />

verschiedene Räume miteinander verschränkt, dabei jedoch der Gegensatz, den sie<br />

trotz des verbindenden Elements bilden, hervorgehoben.


WELTKARTE, 2010<br />

Bleistiftzeichnung und Frottagen einer histor. Silbermünze auf Papier, 184 x 100cm<br />

WELTKARTE entstand für die Ausstellung Das Potosí-Prinzip. Fokus der Ausstellung ist<br />

die Stadt Potosí im bolivianischen Hochland, deren Silbervorkommen Ende des 16. Jahrhunderts<br />

die Basis für die erste ‘Weltwährung’ bildeten – der spanischen Silbermünze<br />

zu acht Real. Die Geschichte von Potosí steht somit für den Beginn des globalen<br />

Zeitalters. Zugleich ist es die koloniale Geschichte der Ausbeutung der indigenen<br />

Bevölkerung, die zur lebensgefährlichen Arbeit in den Silberminen gezwungen wurde.<br />

Sie wird als Prinzip begriffen, das sich bis heute wiederholt.<br />

Mit der WELTKARTE will ich den Zusammenhang zwischen Seefahrt und Kartografie<br />

einerseits und konstanten Handelsbeziehungen zwischen Orient, Okzident, Amerika<br />

und Afrika mit dem Silber-Peso als erster Weltwährung andrerseits darstellen.<br />

Es handelt sich um eine handgezeichnete 1:1 Reproduktion einer Weltkarte, die 1600<br />

von Arnoldo di Arnoldi in Siena gedruckt wurde. Es ist eine der allerersten Weltkarten,<br />

die in etwa dem Bild entspricht, das wir uns bis heute von der Erde machen.<br />

Vorbild für di Arnoldi war die 1592 veröffentlichte Weltkarte des niederländischen<br />

Kartografen Petrus Plancius. Meine Reproduktion der Karte beschränkt sich auf die<br />

Küstenlinien in ihrem damals bekannten Verlauf und das Loxodromen-Netz, das auf der<br />

Karte die Ozeane durchzieht. Zusätzlich finden sich darauf Frottagen einer historischen<br />

Silbermünze, die zwischen 1586 und 1591 in Potosí geprägt wurde — was sie zur Zeitgenossin<br />

der Weltkarte macht. Aneinandergereiht markieren die Frottagen die Seewege,<br />

über die das Silber aus Potosí sowohl in östlicher als auch westlicher Richtung rund<br />

um den Globus floss.


UNBEKANNTE AVANTGARDE, 2007<br />

zehn historische Gruppenfotos, zehn begleitende Legenden<br />

GROUPE DADA, Paris 1922<br />

Foto: Man Ray, Man Ray Trust / Centre Georges Pompidou, Paris<br />

BAUHAUS, Dessau 1926<br />

Foto: Bauhaus Archiv Berlin<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1 2<br />

3<br />

4<br />

5 6 7 8 9 10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

1 Céline Arnauld, Literatin<br />

2 Emmy Ball-Hennings, Kabarettistin und Schriftstellerin<br />

3 Maria d’Arezzo, Lyrikerin<br />

4 Suzanne Duchamp, Malerin<br />

5 Hannah Höch, Künstlerin<br />

6 Mina Loy, Künstlerin, Dichterin und Schauspielerin<br />

7 Sophie Taeuber, Künstlerin, Tänzerin, Professorin und Herausgeberin<br />

8 Unbekannt<br />

9 Mary Wigman, Tänzerin, Choreografin und Tanzpädagogin<br />

1 Anni Albers, Künstlerin und Textildesignerin<br />

2 Gertrud Arndt, Künstlerin<br />

3 Marianne Brandt, Künstlerin und Designerin<br />

4 Alma Buscher, Kindermöbeldesignerin<br />

5 Friedl Dicker-Brandeis, Künstlerin und Innenarchitektin<br />

6 Ilse Fehling, Bühnenbildnerin<br />

7 Marguerite Friedlaender, Keramikerin<br />

8 Lotte Marx-Colsmann, Künstlerin<br />

9 Lucia Moholy, Fotografin<br />

10 Lilly Reich, Innenarchitektin<br />

11 Grete Reichardt, Textildesignerin<br />

12 Unbekannt<br />

13 Elsa Thiemann, Fotografin


UNBEKANNTE AVANTGARDE, Installationsansicht (Abstract Expressionists, New York 1950)<br />

UNBEKANNTE AVANTGARDE besteht aus zehn historischen Fotografien, auf denen Mitglieder<br />

der Künstlergruppen des 20. Jahrhunderts zu sehen sind (Dada, Surrealismus, Bauhaus<br />

etc.). Zugleich ist jedes Gruppenfoto Dokument einer erfolgreichen Inszenierung, da<br />

es ebenso wie die Porträtierten Eingang in die Kunstgeschichte gefunden hat.<br />

Eine weitere Gemeinsamkeit der Fotografien ist die Frau, die auf jedem Bild inmitten<br />

ihrer sonst ausschließlich männlichen Kollegen zu finden ist. So stehen die Fotografien<br />

auch für die Ausnahmestellung, die den Künstlerinnen von der Kunstgeschichte<br />

zugewiesen wurde.<br />

Ergänzt wird die Bildauswahl allerdings durch eine Recherche zu den Künstlerinnen<br />

der historischen Avantgarden. Das Ergebnis der Recherche findet sich auf den<br />

Legenden, die den Gruppenfotos zugeordnet sind. Diese verweisen auf die Dadaistinnen,<br />

Surrealistinnen, Situationistinnen etc., die auf den Fotos fehlen, also unsichtbar<br />

bleiben. So halten die ‘Legenden’ dem Anschein der Fotografien etwas entgegen,<br />

korrigieren die Kunstgeschichte und schreiben sie neu.<br />

PERSONENALPHABET (A PORTRAIT OF THE ARTIST AS AN ALPHABET), 2008<br />

Plakatinstallation, 32 SW-Kopien, Format variabel (A3, A4)<br />

Das PERSONENALPHABET setzt sich aus Porträtfotos verschiedener Personen zusammen.<br />

Jedes Foto steht für einen Buchstaben, wobei jeder Buchstabe von unterschiedlichen<br />

Personen repräsentiert werden kann (‘A’ wie: Andy Warhol, Alfred Hitchcock, Anne<br />

Frank usw.) So kann jede Aneinanderreihung von Porträts wie ein Wort „gelesen“<br />

werden, sofern der Leser die jeweiligen Personen namentlich identifizieren kann.<br />

Die Lesbarkeit einer Reihe von Bildern ist also eine Frage von Personengedächtnis<br />

und Referenzen des Lesers, genauso, wie auch die Zusammensetzung des PERSONEN-<br />

ALPHABETS von den Interessen derjenigen abhängt, die es erstellt.<br />

Das bedeutet, die Lesbarkeit von Inhalten, die im PERSONENALPHABET buchstabiert sind,<br />

nimmt in dem Maß zu, in dem sich Medienkonsum und Referenzen der Autorin mit denen<br />

ihrer Leser überschneiden.


NEUNZEHNHUNDERT ÖTVENHAT, 2004<br />

Leporello bestehend aus 10 Bildpaaren, Pigmentdruck auf Reinhadernpapier, 21,5 x 594cm (ausgefaltet)<br />

(mit Lilla Khoór)


NEUNZEHNHUNDERT ÖTVENHAT ist ein Leporello, das aus zehn Bildpaaren besteht. Die<br />

Bilder auf der linken Seite sind Filmstills aus „Sissi die junge Kaiserin“. Der<br />

Film mit Romy Schneider war die zweite Folge der Sissi-Trilogie von Ernst Marischka.<br />

Er wurde 1956 gedreht und kam noch im selben Jahr ins Kino. Die Filmhandlung endet<br />

mit dem triumphalen Einzug des Kaiserpaars in Budapest, wo Sissi zur Königin von<br />

Ungarn gekrönt wird. Gedreht wurde jedoch nicht vor Ort, sondern ausschließlich auf<br />

österreichischen Schauplätzen.<br />

Die Schwarz-Weiß Fotografien auf der rechten Seite wurden im selben Jahr tatsächlich<br />

in Budapest aufgenommen. Sie dokumentieren Szenen der Ungarischen Revolution im<br />

Herbst ‘56 (ungarisch: „ötvenhat“), die mit der heftig bekämpften Besetzung der<br />

Hauptstadt durch die Sowjetarmee ein blutiges Ende fand.<br />

Mit den Aufnahmen aus dem Kostümfilm, der den Schauplatz Budapest nur vorspiegelt,<br />

und nahezu zeitgleich, wirklich vor Ort entstandenen Fotografien, werden einander<br />

auch zwei verschiedene <strong>Art</strong>en, ‘Geschichte’ abzubilden gegenübergestellt. Die als<br />

Bildpaare präsentierten Aufnahmen weisen jeweils formale Ähnlichkeiten und Entsprechungen<br />

auf und fragen so nach dem authentisch-dokumentarischen bzw. inszenierten<br />

Charakter von Geschichtsbildern.


SOME OF THE NAMES OF PHOTOSHOP, 2009<br />

Plakatdruck, 464 x 91cm, Ausstellungsansicht Künstlerhaus/Passagengalerie, Wien 2009<br />

NEUNZEHNHUNDERT ÖTVENHAT, Ausstellungsansichten, Collegium Hungaricum Berlin, 2006<br />

SOME OF THE NAMES OF PHOTOSHOP ist ein vergrößertes Bildschirmfoto, ausgedruckt auf<br />

einer 4,60m langen Papierbahn. Es zeigt die 41 Namen, die für Sekunden auf dem Bildschirm<br />

erscheinen, wenn das Bildbearbeitungsprogramm Photoshop startet. Die hierarchisch<br />

und nicht alphabetisch gereihten Namen — von Thomas Knoll, dem „Erfinder“ von<br />

Photoshop bis Kevin Connor, Director of Product Management bei Adobe Systems — stehen<br />

für die Grundlage des heute fast immer computergestützten <strong>Arbeiten</strong>s mit Fotografie<br />

und Bildern.<br />

Die Namen benennen also Personen, die durch ihre Arbeit die uns umgebende Bilderflut<br />

wesentlich mitbestimmen: Entweder, indem sie Anwendungen zur digitalen Bildbearbeitung<br />

programmieren, die in der Folge in der Fotografie und der bildenden Kunst zum Einsatz<br />

kommen. Oder, indem sie daran arbeiten, die von Adobe entwickelten Datenformate und<br />

Programme als internationale Standards durchzusetzen.<br />

Der Verweis auf leitende Entwickler von Photoshop (CS2, Version 9.0) und Führungskräfte<br />

bei Adobe Systems ist zugleich ein Hinweis auf die weltmarktbeherrschende<br />

Monopolstellung des internationalen Konzerns. Die schwarz auf weiß gedruckten Namen<br />

können so auch als Anweisung gelesen werden, dieses Monopol als gegenwärtige Voraussetzung<br />

für das <strong>Arbeiten</strong> mit Bildern wahrzunehmen.


…<br />

…<br />

LES ARCHIVES DES BARBARES, 2003<br />

Künstlerbuch, Installation und Ausstellung (mit Meike S. Gleim)<br />

DID YOU EVER DREAM OF BECOMING BARBARIAN ist der Titel einer Ausstellung, die im Herbst<br />

2003 in Paris zu sehen war. Die Ausstellung ist Teil des größer angelegten Projekts Les<br />

Archives des Barbares, das sich mit der Figur des Barbaren beschäftigt. Analysiert wird<br />

die Funktion, die dem Barbaren bei der Bildung der kulturellen Identität einer politischen<br />

Einheit zugewiesen wird, für die er immer das Außerhalb bildet. Es sind nie die Barbaren<br />

selbst, die ihre eigene Geschichte schreiben, sondern immer die anderen, diejenigen, für<br />

die der Barbar der bedrohliche Andere ist.<br />

Die Absicht des Projekts geht jedoch über diese Analyse hinaus. Mit der Gründung des<br />

Archivs der Barbaren wird die Rolle des Subjekts der Geschichtsschreibung besetzt. Vom<br />

Standpunkt des Barbaren aus wird die Polemik gegen ihn umgekehrt. Der Barbar erscheint<br />

nicht länger im Zusammenhang mit der Bedrohung der Zivilisation durch rohe und unzivilisierte<br />

Gewalt, sondern birgt im Gegenteil das Versprechen von Freiheit und Abenteuer.<br />

Hauptstück der Ausstellung ist ein Künstlerbuch, das in Bibliotheken verfügbare<br />

Publikationen, die den Begriff „Barbar“, „Barbarei“ etc. im Titel haben, als Fotos<br />

versammelt. Die Fotos der Buchcover und -titel sind so angeordnet, dass sich eine<br />

Narration rund um die Figur des Barbaren ergibt.<br />

Diese Narration funktioniert teilweise ganz buchstäblich, indem die Buchtitel durch<br />

Worte zu Sätzen zusammengefügt werden, zum Teil ergibt sich der Erzählstrang aber<br />

auch durch die Abbildungen auf dem Buchcover oder andere Versatzstücke. Im Lauf der<br />

Erzählung, die uns durch die verschiedenen Kontexte führt, in denen der Begriff auftaucht,<br />

verschwimmt die Figur allerdings mehr und mehr und es wird zunehmend unklar,<br />

wer oder was die „Barbaren” eigentlich sind.


DID YOU EVER DREAM OF BECOMING BARBARIAN, Ausstellungsansichten Public>, Paris 2003<br />

LES ARCHIVES DES BARBARES, Etymogelei des Begriffs “barbare”, Plakat in der Ausstellung,<br />

Filzmarker auf Papier, 84 x 119cm, 2003


OHNE TITEL (PSYCHO), 2001<br />

Video, Farbe, Ton, 5 min<br />

MINIMAL SEX, 2000<br />

Ausstellungsprojekt für kunstbuero 1060<br />

MINIMAL SEX ist der programmatische Titel einer Ausstellung, die sich mit den Mitteln<br />

einer minimalistischen Ästhetik mit Sexualität und Körperlichkeit beschäftigt. Da<br />

sexuelle Erfahrung selbst nicht pornografisch ist (sondern nur Bilder und Repräsentationen<br />

davon), verzichtet die Ausstellung ganz auf explizite Darstellungen und versucht<br />

das Thema auf einer eher imaginären als visuellen Ebene einzukreisen. Die Verortung<br />

der in der Ausstellung gezeigten <strong>Arbeiten</strong> in der Welt von Körperbildern und<br />

sexuellen Phantasien ergibt sich erst im Zusammenhang mit dem Ausstellungstitel.<br />

Die fixe Kamera ist auf den Abfluss einer Duschwanne gerichtet, Wasser beginnt auf das<br />

weiße Email zu prasseln — Detailaufnahme einer alltäglichen Situation. Ein benutztes<br />

Tampon wird ins Bild geworfen, für Betrachterinnen ebenso vertraut, wenn auch üblicherweise<br />

dem öffentlichen Blick entzogen. Ein Fuß bearbeitet das mit Blut und Wasser vollgesogene<br />

Tampon und eine leuchtend rote Farbwolke tritt aus. Das Rot bewegt sich in Fließrichtung<br />

zum Abfluss und verschwindet darin. Mit der Wiederholung wird das Blutrot blasser,<br />

bis schließlich alles Blut herausgewaschen und das Wasser wieder klar ist.

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