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FINE Das Weinmagazin - 03/2010

FINE Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema dieser Ausgabe: SCHLOSS JOHANNISBERG

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Johannisberg, ein knappes Viertel der hier produzierten<br />

zweihundert- bis zweihundertvierzigtausend<br />

Flaschen werden direkt am Standort<br />

über Vinothek und Gastronomie verkauft. Neben<br />

dem Wein hat in jüngerer Zeit auch das Rheingau<br />

Musik Festival zur Popularität von Schloss<br />

Johannis berg beigetragen.<br />

Ein zierliches Reiterstandbild schmückt den<br />

kleinen Platz, der links von der Vinothek, an der<br />

Kopfseite durch das neue Kelterhaus von 1980 und<br />

rechts von einem kleinen Saal begrenzt wird. Kein<br />

Fürst, kein Herrscher wird durch die skulptur<br />

befeiert. Es dient nichts Geringerem als der Erinnerung<br />

an die Geburt edelsüßer Ries linge. Die<br />

Geschichte des Spätlesereiters ist schnell erzählt:<br />

Im Jahre des Herrn 1775 wartete man im Kloster<br />

Johannisberg auf das Startzeichen zum Beginn<br />

der Weinlese. Dies wurde durch die Obrigkeit<br />

erlassen, für das Kloster war der Fürstbischof von<br />

Fulda zuständig. Doch der berittene Bote, der mit<br />

einer Traubenprobe geschickt war, ließ auf sich<br />

warten – über mögliche Gründe wird bis heute<br />

mehr spekuliert als gewusst. Doch als er schließlich<br />

mit dem Bescheid eintraf, schien es um die<br />

Ernte schlecht bestellt. Flächendeckend hatte sich<br />

Schimmel über die Trauben gelegt, die Beerenhäute<br />

angegriffen und die Beeren selbst eingetrocknet.<br />

Fast schien es, als lohne eine ernte sich<br />

überhaupt nicht mehr. Doch der gewonnene Most<br />

war süß und der fertige Wein ganz ausgezeichnet<br />

mit einem ungeahnten Alterungspotential. Dieses<br />

Ereignis und das in der Folge systematische Vorgehen,<br />

solche Weine zu gewinnen, als epochal zu<br />

bezeichnen, ist nicht übertrieben.<br />

Schon zuvor hatte sich das Kloster dauerhaft<br />

in die Weingeschichtsbücher eingeschrieben.<br />

Der Initiator saß auch damals in Fulda. 1716<br />

erwarb Fürstabt Konstantin von Buttlar das Kloster.<br />

Freude an der Rhein gauer Landschaft und der<br />

Ruf, den sich das Kloster in der Wein erzeugung<br />

gemacht hatte, mögen seine Beweggründe gewesen<br />

sein. Zunächst ließ er die Gebäude bis auf<br />

die Kirche niederlegen. Mit viel Geld und den<br />

besten zeitgenössischen Barockbaumeistern wie<br />

Johann Dientzenhofer und Künstlern wie Carlo<br />

Maria Pozzi wurde eine sehenswerte Schloss anlage<br />

erbaut. In der Folge erweitere er die Rebfläche auf<br />

fast zwanzig Hektar. Angepflanzt wurde nicht der<br />

übliche »gemischte Satz«. Konstantin bestimmte<br />

Riesling als einzige in seinen Weinbergen anzubauende<br />

Rebe. <strong>Das</strong> verhalf mehr als ein halbes<br />

Jahrhundert vor dem bekannten Trierer Erlass<br />

zur Verbesserung der Moselweine dem Riesling<br />

zum ersten Durchbruch. Anfang des 19. Jahrhunderts<br />

schließlich ist der Riesling die einzig<br />

er laubte sorte im ganzen Rheingau. In diese Zeit<br />

fallen die ersten Flaschenabfüllungen, wieder ein<br />

bemerkenswerter Akt erfolgreicher und ertragreicher<br />

Innovation.<br />

Die neunhundertjährige Geschichte vom<br />

Johannisberg blieb auch nach dem entscheidenden<br />

Engagement der Fuldaer Bischöfe spannend.<br />

War es Glück, war es Können Der Johannisberg<br />

konnte die Wechselfälle immer wieder zu seinem<br />

Nutzen wenden. Zur nächsten Heraus forderung<br />

entwickelte sich die Säkularisation. <strong>Das</strong> Kloster<br />

wurde zum Spielball politischer und militärischer<br />

Kräfte. <strong>Das</strong>s schließlich 1816, nach mancherlei<br />

Ränken, Clemens Wenzel Lothar Fürst von<br />

Metter nich-Winneburg für seine Verdienste während<br />

des Wiener Kongresses vom habsburgischen<br />

Kaiser Franz I. mit dem Johannisberg bedacht<br />

wurde, erwies sich auf lange Sicht als Glücksfall.<br />

Auch die Habsburger profitierten von dieser Gabe,<br />

hatte sich Franz I. doch einen Zehnten des Weinertrags<br />

»auf ewige Zeiten« festschreiben lassen.<br />

Konnte der Fürst mit den Weinqualitäten<br />

auch nahtlos an die Fuldaer Tradition anschließen,<br />

der barocke Charakter des Johannisberger Schlosses<br />

behagte ihm nicht. Schon 1826 ließ er es klassizistisch<br />

umbauen. Die Mittel hierzu erwirtschaftete<br />

er, der vordem finanziell nicht gerade auf Rosen<br />

gebettet war, aus dem Verkauf Johannis berger<br />

Weine. In dieser Zeit bildete sich zum ersten Mal<br />

eine Kennzeichnung gereifter Weine in Flaschen<br />

mit unterschiedlichen Siegellackfarben heraus.<br />

Metternich verordnete überdies, dass jedes<br />

etikett die handschriftliche Signatur des Verwalters<br />

tragen müsse. Beide Traditionen haben sich<br />

24<br />

F I N E 3 / <strong>2010</strong>

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