FINE Das Weinmagazin - 03/2010
FINE Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema dieser Ausgabe: SCHLOSS JOHANNISBERG
FINE Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema dieser Ausgabe: SCHLOSS JOHANNISBERG
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Temperatur oder das entstehende Kohlen dioxid<br />
gesteuert werden. Doch vor dem Ver gären ist die<br />
diffizile Arbeit der Lese zu bewerkstelligen. Auf<br />
Schloss Johannisberg wird komplett von Hand<br />
gelesen. Zwanzig eigene Helfer werden durch<br />
einhundert langjährig ausgebildete Kräfte verstärkt.<br />
Oft wird in zwei Eimer gelesen: das<br />
gesunde Lesegut in den einen, nicht perfektes<br />
in den anderen. An Lesetischen wird dann sorgfältig<br />
zwischen edelfaul, faul und gesund selektioniert.<br />
Je nach Zustand des Leseguts entscheidet<br />
Ritter, ob eine Ganztraubenpressung sinnvoll ist<br />
oder eine Maische standzeit durchgeführt werden<br />
soll; die drei Membranpressen im neuen Kelterhaus<br />
erlauben viele Varianten. Die Moste werden<br />
durch Sedimentation glanzhell vorgeklärt. Vierzig<br />
bis fünfundvierzig Prozent der Weine werden<br />
spontan vergoren, alle Rieslinge in den Holzfässern<br />
und auch ein Teil der Edelstahlgebinde.<br />
Sie werden in der beschriebenen Weise aus den<br />
Holzfässern beimpft. Doch auch Reinzuchthefen<br />
spielen weiterhin ihre Rolle. <strong>Das</strong> erste Gewächs<br />
ist ein gutes Beispiel. Dem Jahrgang entsprechend<br />
stammt es zu ungefähr achtzig Prozent aus dem<br />
Holz. Doch ist die Domäne im Holzfasskeller mit<br />
einem ziemlich robusten Bakterium gesegnet. Es<br />
leitet auch unter eigentlich ungünstigen Bedingungen<br />
(pH-Wert unter 3,0 bei Temperaturen um<br />
zehn Grad) zuverlässig den biologischen Säureabbau<br />
ein, in dem Äpfelsäure in die mildere Weinsäure<br />
überführt wird.<br />
D<br />
er Stil der Domäne sind Weine von kräftiger<br />
Statur, denen dennoch eine eigentümliche<br />
Eleganz zu eigen ist. Auch nehmen die Weine<br />
in der Lagerung keineswegs einen breiten und<br />
langweiligen Charakter an. Um das zu gewährleisten<br />
müssen Cuvée-Partner gefunden werden,<br />
die die Weine aus dem Holzfass sinnvoll ergänzen.<br />
<strong>Das</strong> werden häufig Weine aus dem Edelstahl<br />
sein, die mit Reinzuchthefen vergoren wurden.<br />
Es gibt Überlegungen, die Hefen aus den beiden<br />
Top gebinden gezielt vermehren zu lassen. Doch<br />
Gerd Ritter ist sich nicht sicher. »<strong>Das</strong> ist dann<br />
doch wieder eine Art von Reinzuchthefe!« Er<br />
schätzt die Vielfalt der Hefen bei der Spontanvergärung<br />
über alles.<br />
Die Sonne wärmt angenehm nach der feuchten<br />
Kühle des Kellers. Sein Eingang liegt unter der<br />
breiten Doppeltreppe in der Mitte des westlichen<br />
Flügels. Vis-à-vis laden baumbeschattete Sitzgelegenheiten<br />
zu einer zünftigen Winzer vesper<br />
oder auch feineren Gerichten ein. Bewirtschaftet<br />
werden Gutsrestaurant und Weingarten zur<br />
gegenseitigen Zufriedenheit von Käfer’s. Oberhalb<br />
der Reben die Weine von Schloss Johannisberg<br />
zu trinken, ist ein leicht nachzuvollziehender<br />
Genuss. Hier und im angrenzenden<br />
Wein-Cabinet, das schon 1980 im ehemaligen<br />
Kelterhaus als Vinothek entstand, werden substanzielle<br />
Mengen Wein verkauft. Nicht weniger<br />
als einhundertdreißigtausend Besucher aus aller<br />
Herren Länder strömen Jahr für Jahr auf den<br />
F I N E<br />
R h e i n g a u<br />
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