deutsch museum von verzascatal - Museo di Val Verzasca
deutsch museum von verzascatal - Museo di Val Verzasca
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M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Casa Genar<strong>di</strong>ni in Sonogno, Aussenansicht<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
M u s e u M s f ü h r e r<br />
Vor dem <strong>museum</strong><br />
mühlsteine<br />
der letzten, bis 1926 aktiven Wassermühle <strong>von</strong> Sonogno.<br />
steinmörser (er pira)<br />
D E U T S C H<br />
Wir gehen da<strong>von</strong> aus, dass <strong>di</strong>eser beachtliche Mörser als kleine Mühle für den Hausgebrauch<br />
bis zur Einführung der Wassermühlen im Tal genutzt wurde. Später funktionierte man ihn zur<br />
Verarbeitung des Hanfs um.
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
2. Stock<br />
1. Stock<br />
EG<br />
Kaminfeger<br />
gestern<br />
das<br />
verzascheser<br />
haus:<br />
schlafzimmer<br />
das<br />
verzascheser<br />
haus:<br />
typische Küche<br />
Kaminfeger: illustrierte Bilder<br />
(Eingang, Treppen und Korridor)<br />
Casa Genar<strong>di</strong>ni in Sonogno, Innenansicht<br />
Kaminfeger<br />
heute<br />
schulzimmer<br />
subsistenzwirtschaft<br />
Info point<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
M u s e u M s f ü h r e r<br />
<strong>di</strong>e sammlung<br />
D e u t s c h<br />
Das Museum stellt Themen aus dem Leben und Schaffen der einheimischen Bevölkerung<br />
des <strong>Verzasca</strong>tals aus. Die Schwerpunkte liegen auf dem Wohnraum (Saal 2 - 3), <strong>di</strong>e<br />
landwirtschaftliche Tätigkeit und das Hirtenleben (Saal 1). Das Schulwesen (Saal 4) und<br />
<strong>di</strong>e Kaminfeger (Saal 5 - 6).<br />
au<strong>di</strong>o - untermalung<br />
Das Museum wurde in einem typischen Haus des <strong>Verzasca</strong>tals eingerichtet. Um einen<br />
Teil der früheren leben<strong>di</strong>gen Atmosphäre aufleben zu lassen, wurde neben den Gebrauchs<br />
- und Einrichtungsgegenständen eine Au<strong>di</strong>o - Untermalung eingerichtet. Frau Can<strong>di</strong>da<br />
Willemse - Matasci hat für <strong>di</strong>ese im Laufe der Zeit einen Schatz an einheimischen<br />
Kinderreimen, Sprichwörter und Ausdrucksweisen des <strong>Verzasca</strong>tals zusammengetragen.<br />
Diese werden im typischen Dialekt <strong>von</strong> Sonogno <strong>von</strong> der Sammlerin selber vorgetragen.<br />
Begleitet wird sie dabei <strong>von</strong> einem fünfjährigen Mädchen namens Chiara, mit der sie sich<br />
unterhält. Zu hören sind <strong>di</strong>e Texte in der Küche und im Schlafgemach. Für <strong>di</strong>e Küche<br />
wurden gezielt Texte ausgewählt, <strong>di</strong>e sich inhaltlich mit der Nahrung und dem Wetter<br />
befassen. Im Schlafgemach hingegen, kann man Kinderreime und Gebete hören.<br />
touch screen<br />
Im Eingangsbereich (Saal 1) stehen Fotos, Kurzfilme und Dokumente über das Museum<br />
und das <strong>Verzasca</strong>tal zur Verfügung. Dieses Material gibt einen ausgezeichneten Überblick<br />
über das Tal. Der Besucher findet dort ausserdem weitere Anregungen und Informationen<br />
über Lehrpfade und andere interessante Gebäude des <strong>Verzasca</strong>tals.
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Beispiel einer Almwirtschaft im <strong>Verzasca</strong>tal<br />
Sonogno – Alpe Vigornesso (Max Gschwend, 1946)<br />
<strong>di</strong>e Wirtschaft im tal<br />
Mit seinen steilen Hängen und dem schmalen Talboden, den kaum<br />
besonnten Nordhängen und den weitgehend auf 1400 ü/M gelegenen<br />
ausgedehnten Weideflächen, war das <strong>Verzasca</strong>tal schon immer eine<br />
karge Landschaft. Die Landwirtschaft stützte sich auf <strong>di</strong>e beschränkt<br />
nutzbaren Anbauflächen. Weinanbau war nur bis 600 Meter möglich.<br />
Der allgemein verbreiteten Viehhaltung standen meist steile und steinige<br />
Weidehänge zur Verfügung. Trotz <strong>di</strong>eser durch <strong>di</strong>e Landschaft<br />
des Tales geprägten harten Be<strong>di</strong>ngungen, waren <strong>di</strong>e Einwohner bis<br />
zum Anfang des 20. Jahrhunderts weitgehend Selbstversorger. Die<br />
Bevölkerung deckte ihren Lebensunterhalt durch <strong>di</strong>e Wanderherden,<br />
einen bescheidenen Handel auf dem Markt <strong>von</strong> Locarno und dem<br />
Ver<strong>di</strong>enst den <strong>di</strong>e saisonalen Auswanderer heimbrachten.<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
raum 1: suBsistenzWirtschaft<br />
D e u t s c h<br />
Viehzucht und milchWirtschaft<br />
Diese bestimmte durch <strong>di</strong>e Pflege und Aufzucht der Tiere und <strong>di</strong>e damit verbundene halbnoma<strong>di</strong>sche<br />
Lebensweise der Wanderhirten ihren Lebensablauf. Die Wanderbewegungen der<br />
Hirten aus dem <strong>Verzasca</strong>tal umfassten im wesentlichen folgendes Gebiet: im Winter zogen<br />
<strong>di</strong>e Hirten in das Tal und zwar in <strong>di</strong>e Dörfer Tenero, Gordola, Lavertezzo Piano, Gerra Piano<br />
und Cugnasco. Im Sommer trieben sie <strong>di</strong>e Herden zurück ins <strong>Verzasca</strong>tal, im Mai auf<br />
<strong>di</strong>e Voralmen und im Sommer auf <strong>di</strong>e hoch gelegenen Almen. Die Milch und ihre Nebenerzeugnisse<br />
bildeten einen Teil ihres Unterhalts, sowie <strong>di</strong>e Viehhaltung mit dem Bestossen<br />
der Almen, <strong>di</strong>e Heuernte, der Unterhalt und Bau der Ställe im Tal, Dorf und am Berg.<br />
BeWirtschaftung der felder und <strong>di</strong>e polenta<br />
Auf den wenigen Feldern im Tal wurden Roggen und Hanf angebaut. Der Mais, welcher<br />
zur Zubereitung der Polenta <strong>di</strong>ente wurde hingegen in der Maga<strong>di</strong>no Ebene angebaut.<br />
Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts bestand <strong>di</strong>e Ebene aller<strong>di</strong>ngs aus Feuchtwiesen, welche<br />
<strong>von</strong> dem Fluss Ticino öfters überschwemmt wurden. Dieses führte zu einer wenig verlässlichen<br />
Ernte auf den mühsam angelegten Feldern.<br />
<strong>di</strong>e Kastanie<br />
Ein äusserst wichtiger Nahrungslieferant für <strong>di</strong>e Bevölkerung des <strong>Verzasca</strong>tals war der<br />
Kastanienbaum. Die Familien wanderten oft bis auf den Monte Ceneri um im Herbst in<br />
den dortigen Wäldern <strong>di</strong>e Früchte zu sammeln. So selbstverständlich war <strong>di</strong>e Kastanie als<br />
Nahrungslieferant im täglichen Leben der Bewohner des <strong>Verzasca</strong>tals, dass sie den Kastanienbaum<br />
schlicht el arbor (den Baum) nannten. Die frisch gesammelten Kastanien bewahrte<br />
man zusammen mit Buchenblättern in Bottichen auf. Zum Trocknen legte man <strong>di</strong>ese in <strong>di</strong>e<br />
grá (ein Gestell, in dem man <strong>di</strong>e Kastanien über dem Feuer trocknete).<br />
Die getrockneten Kastanien wurden in Säcke gefüllt und solange geklopft bis <strong>di</strong>e Schale<br />
abgesprungen war. Dazu be<strong>di</strong>ente man sich auch eines speziellen Werkzeuges, das spa<strong>di</strong>gia<br />
genannt wurde und im Saal ausgestellt ist. Aufbewahrt wurden <strong>di</strong>e getrockneten Kastanien<br />
in Holztruhen.
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das Brot<br />
Dieses wurde meistens aus Roggenmehl zubereitet, welches <strong>von</strong> den wenigen<br />
Anbauflächen im Tal stammte. Das Mehl wurde auch in denen im<br />
Tal vorhandenen Mühlen gemahlen. Im Dorf Frasco kann man noch heute<br />
jeden Samstag eine alte funktionsfähige Mühle besuchen. Gebacken wurde<br />
zweimal im Monat im eigenen Hausofen oder in Gemeinschaftsöfen.<br />
Das Roggenbrot bewahrte man mehrere Wochen in frischen und gut durchlüfteten<br />
Räumen auf. Weissbrot blieb eine Seltenheit und man kaufte es auf<br />
dem Markt <strong>von</strong> Locarno für Kranke oder Wöchnerinnen ein.<br />
<strong>di</strong>e saisonale ausWanderung<br />
Die kärglichen Lebensbe<strong>di</strong>ngungen zwangen viele Bewohner des Tales zur saisonalen<br />
Auswanderung. Bekannt ist das <strong>Verzasca</strong>tal in <strong>di</strong>esem Zusammenhang<br />
für seine Kaminfeger. Der Anfang des Rundgangs zum obigen Thema beginnt<br />
beim beleuchteten Kamin in Saal 1. Er führt zu den oberen Stockwerken, wo<br />
er endet.<br />
inVentar<br />
1 Penagia todésca: Drehbutterfass. Siehe auch Variante in Kastenform.<br />
2 Er bolgèta: Salztasche aus Ziegenhaut.<br />
3 El trüsée: Käsebrecher.<br />
4 Er lira: Käsebecher.<br />
5 Er rüfa: Aufhängung mit einem Zahnradmechanismus für den<br />
Käsekessel. Er ist der Vorläufer der Kaminkette. Es gab da<strong>von</strong> auch<br />
einfachere Ausführungen.<br />
6 El tórn: Kesselträger mit drehbarem Arm.<br />
raum 1: suBsistenzWirtschaft<br />
D e u t s c h<br />
7 Er caldéra: Käsekessel aus Kupfer. Die grössten auf den Almen genutzten Kessel,<br />
konnten bis zu 200 Liter Milch fassen und ihr Transport auf <strong>di</strong>e Alm gestaltete sich zu<br />
der Zeit als kein leichtes Unterfangen.<br />
8 Er blaca: Käseleinen zum Herausheben der geronnenen Käsemasse aus den Kessel.<br />
9 Penagia: Butterfass. Verschiedene Ausführungen.<br />
10 Behälter für das Lab (quagiaröö). Schachtel in der <strong>di</strong>e quagiaröö, <strong>di</strong>e getrockneten Mägen<br />
<strong>von</strong> Zicklein aufbewahrt wurden. Damit wurde <strong>di</strong>e Milch zum Gerinnen gebracht.<br />
11-13 El motígn: Holzbecken um <strong>di</strong>e Butter zu waschen.<br />
Div. Ausführungen.<br />
14 Brénta, brentígn: Milchbrente.<br />
15 Er perzória, el perzöiro: Abtropfbrett. Schräges, mit Rillen versehene Platte, Brett oder<br />
Stein, auf dem <strong>di</strong>e frische Käsemasse zum Abtropfen gelegt wurde.<br />
16 El Scérc: Käseformen.<br />
17 El cópp: Rahmschöpfer aus Holz.<br />
18 El scagn: Melkschemel.<br />
19 Conca: Flasche Schale zum Abrahmen der Milch.<br />
20 El dartóo: Milchfilter. Die Milch wurde früher durch eine Handvoll Hexenkraut (el<br />
mamedvént) gefiltert, welches man über <strong>di</strong>e Oeffnung legte. Später wurde <strong>di</strong>eses Verfahren<br />
durch ein Tuch ersetzt.<br />
21 Scarèta: Träger für «conca» Milchfilter.<br />
22 Butterstempel.<br />
23 Traggestell für Heu und Holz.<br />
24 Ass der presev: Teil einer Futterkrippe mit halbrunden Ringen (pagnaa) an denen<br />
<strong>di</strong>e Ziegen und Schafe festgebunden wurden. Beiliegend auch einige zu der Zeit<br />
gebräuchlichen Halsbänder für Ziegen und Kälber (carigia).<br />
25 Sack. In <strong>di</strong>esen legte man <strong>di</strong>e getrockneten Kastanien und schlug sie solange auf einen<br />
Stein oder Holzstumpf, bis sich <strong>di</strong>e Schalen <strong>von</strong> der Früchten gelöst hatten.<br />
26 Er padèla dai brasch: Marronipfanne.<br />
27 El spisc: Holzhammer um <strong>di</strong>e Kastanien aus den Igeln zu schlagen.<br />
28 Er gióva: Zange zum sammeln der Kastanien samt ihrem stacheligen Gehäuse.<br />
29 Er spa<strong>di</strong>gia: Gerät um <strong>di</strong>e getrockneten Kastanien <strong>von</strong> der Schale zu trennen.<br />
30 Catapóm: Obstpflücker.
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Die Küche<br />
Es handelt sich hier um ein typisches Beispiel einer Küche des <strong>Verzasca</strong>tals.<br />
Noch in Benutzung bis Anfang des 20. Jahrhunderts, wurden seitdem<br />
keine Veränderungen am Bestand vorgenommen. Die Familie, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>eses<br />
Haus bewohnte, gehörte auch zu den Wanderhirten, deren Leben dem<br />
Rhythmus und den Bedürfnissen der Tiere unterlag. Dies spiegelt sich auch<br />
in der Ausstattung der Küche wieder. Es gibt weder Tisch noch Stuhl. Die<br />
einzelnen Familienmitglieder nahmen auf den Bänken ihr bescheidenes<br />
Mahl zu unterschiedlichen Uhrzeiten ein.<br />
feuer und gastfreundschaft<br />
Das tägliche Leben spielte sich im Wesentlichen in der Küche ab. Sozialer Kontakt<br />
und der Austausch der Familienmitglieder untereinander geschah in der Küche vor<br />
dem Kaminfeuer. War <strong>di</strong>es doch ein Ort welcher allein schon durch das wärmende<br />
Feuer willkommen hiess. Deshalb nannten <strong>di</strong>e Bewohner des Tals <strong>di</strong>e Küche auch<br />
einfach cá: Haus. Die Kinder erle<strong>di</strong>gten ihre Schulaufgaben auf kleinen Bänken<br />
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raum 2: <strong>di</strong>e Küche<br />
D e u t s c h<br />
sitzend, <strong>di</strong>e an den Kamin gerückt wurden. Der Rest der Familie besonders <strong>di</strong>e Frauen, klatschten,<br />
erzählten sich Geschichten und Märchen am Kaminfeuer. Vor dem Schlafengehen, war es auch üblich,<br />
dort den Rosenkranz zu beten. Bei einer bevorstehenden Geburt richtete und sterilisierte <strong>di</strong>e<br />
comare (<strong>di</strong>e Hebamme) an <strong>di</strong>esem einzigen Feuer im Haus auch ihre Instrumente.<br />
heizung<br />
Die Küche war der einzige warme und beheizte Ort im ganzen Haus. Be<strong>di</strong>ngt durch den mangelhaften<br />
Abzug des Kamins, trat oft Rauch aus und schwärzte somit im Laufe der Zeit <strong>di</strong>e Wände.<br />
<strong>di</strong>e ernährung<br />
Diese bestand gegen Ende des 19. Jahrhunderts vorwiegend aus Polenta, Brot und Kastanien. Ansonsten<br />
ass man <strong>di</strong>e Feldfrüchte <strong>di</strong>e im Tal angebaut werden konnten wie <strong>di</strong>e Kartoffel und ernährte<br />
sich <strong>von</strong> den Milchprodukten wie Milch und Käse <strong>di</strong>e man durch <strong>di</strong>e Viehhaltung gewann. Fleisch<br />
kam selten auf den Tisch der einheimischen Bevölkerung. War <strong>di</strong>eses jedoch der Fall, dann bestand<br />
es aus erlegtem Wild oder Kleinvieh vom Hof und bei einer hauseigenen Schlachtung aus Schweinefleisch.<br />
Andere Nahrungsmittel <strong>di</strong>e man für den täglichen Gebrauch benötigte wie Zucker, Reis,<br />
Kaffee oder Salz, wurden im Dorfladen oder auf dem Markt <strong>von</strong> Locarno eingekauft.<br />
aufBeWahrung der speisen<br />
Die schnell verderblichen Speisen wurden zur Aufbewahrung in den kühlen Kellern gelagert. Diese<br />
besassen eine eigene Belüftung der fidariöo (schräges Wandloch) genannt, der für eine konstant<br />
bleibende Temperatur sorgte. Zusätzlich durchquerte oft ein offener Wasserlauf den Raum, welcher<br />
zur Erhaltung der Feuchtigkeit im Keller beitrug. Zur Aufbewahrung ausserhalb des Ortes wurden<br />
auch <strong>di</strong>e sogenannten fregère benutzt.<br />
Wasser und strom<br />
Das Wasser holte man sich am Brunnen. Erst 1934 wurde ein Aquädukt gebaut. Die Beleuchtung<br />
bestand anfänglich aus Kerzen und Petroleumlampen. Frasco und Sonogno gehörten zu den ersten<br />
Dörfern <strong>di</strong>e <strong>von</strong> dem kleinen wasserbetriebenen Elektrizitätswerk in Frasco Strom erhielten. Im<br />
Winter jedoch, wenn in Frasco das Wasser gefror, oder Buchenblättern den Wasserzufluss des Elektrizitätswerks<br />
verstopften, blieb es in den Dörfern dunkel. Erst nach 1940 konnten alle Dörfer des<br />
Tales an den Strom angeschlossen und versorgt werden.
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inVentar<br />
1 Er cabia: Vogelkäfig.<br />
2 Er züca dal vign: Kürbisflasche. Der ausgehölte Kürbis <strong>di</strong>ente als Weingefäss.<br />
3 El vall: Getreideschwinge. Damit trennte man <strong>di</strong>e Spreu vom Korn.<br />
4 Er marna: Backtruhe. Sie <strong>di</strong>ente der Zubereitung des Teiges aus<br />
Roggenmehl, Hefe und warmen Wasser.<br />
5 Er para: Brotschieber. Genutzt für den <strong>museum</strong>seigenen Holzofen.<br />
6 El corabi: Werkzeug zum auffangen und verteilen der Glut im Holzofen.<br />
7 Besen aus Ginsterreisen mit dem man <strong>di</strong>e Asche aus dem Backhofen fegte.<br />
8 Kerzenhalter. Es sind verschiedene Modelle ausgestellt.<br />
9 El masnígn dal cafè: Kaffeemühle.<br />
10 Salzfass zum Aufhängen.<br />
11 Er basla: Holzteller für <strong>di</strong>e Polenta.<br />
12 El mortée: Mörser mit Stössel aus Holz.<br />
13 Er füragn: Gefässe mit einem Deckel aus Spekstein. Er <strong>di</strong>ente der<br />
Aufbewahrung <strong>von</strong> gepöckeltem Fleisch oder geklärter Butter.<br />
14 Lavésg: Gefäss aus Speckstein zum kochen.<br />
15 El cal<strong>di</strong>röö: Kupferkessel zum kochen der Polenta.<br />
16 Bügeleisen mit Platte. Verschiedene Modelle.<br />
17 Kleiner Topf.<br />
18 Tostígn: Kaffeeröster. Gestell mit kleinem Kohlebecken. Div. Ausführungen.<br />
19 Sieb.<br />
20 Er sedèla: Wassereimer.<br />
21 Er füséra: Abtropfgestell für Geschirr. Typische verzascheser Ausführung.<br />
22 Form mit der Kerzen aus Ziegenfett hergestellt wurden.<br />
raum 2: <strong>di</strong>e Küche<br />
23 Gratügia: Käsereibe.<br />
24 Fruchtkorb. Von der Decke abgehängt hielt <strong>di</strong>e Nagetiere vom Obst fern.<br />
25 Brotleiter. Diese wurde in der Regel im Schlafzimmer aufbewahrt.<br />
26 Mäusefalle.<br />
27 Er credénza: Kredenz. Besonders erwähnenswert sind im unterem Teil des Möbels <strong>di</strong>e<br />
Gemshörner, an denen <strong>di</strong>e Kochtöpfe aufgehängt wurden.<br />
28 Holzstück mit ausgearbeiteter Vertiefung. Aus dem Teil sollte ein Schüssel gewonnen<br />
werden.<br />
29 Er sacògia: Reisetasche.<br />
30 Besteckhalter aus Holz zum aufhängen mit geschnitztem Vogelkopf.<br />
31 Blechflasche mit Verschluss. Dieses Gefäss <strong>di</strong>ente der Aufbewahrung <strong>von</strong> Oel oder<br />
Petroleum für Lampen und Lanternen.<br />
32 El malvist: Weinfässchen. Im Dialekt malvist was «ungern gesehen» bedeutet. Dieses<br />
Weinfässchen musste nämlich vom Weinhändler umsonst gefüllt werden, wenn der Kunde<br />
eine Korbflasche oder ein Weinfass bei ihm erwarb.<br />
33 Steinguttopf. Aufbewahrung für geklärte Butter.<br />
au<strong>di</strong>o - untermalung<br />
D e u t s c h<br />
Zu dem Thema Nahrung und Wetter kann man <strong>di</strong>e <strong>von</strong> Frau Can<strong>di</strong>da Willemse - Matasci im<br />
laufe der Zeit gesammelten Kinderreime, Sprichwörter und Ausdrucksweisen aus dem <strong>Verzasca</strong>tal<br />
hören. Diese werden im Dialekt <strong>von</strong> Sonogno vorgetragen.
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Das Schlafzimmer<br />
Das Schlafzimmer war mit schlichten und praktischen Möbeln ausgestattet,<br />
<strong>di</strong>e im Tal angefertigt wurden. Meistens bestand <strong>di</strong>e Ausstattung aus einem<br />
Bett mit einer Wiege oder einem Kinderbettchen, einem Nachttischchen<br />
oder einer Sitztruhe. Die Gläubigkeit fand ihren Ausdruck in der Wanddekoration,<br />
welche aus Heiligen- oder Madonnendarstellungen bestand, einem<br />
Wandgefäss für das Weihwasser und einem Kruzifix.<br />
das Bett<br />
Die Füllung der Matratze bestand aus Buchenblättern, <strong>di</strong>e man im Herbst zusammenrechte<br />
und trocknete. Damit füllte man den Sack <strong>di</strong>e bisacca genannt,<br />
welche als Matratze <strong>di</strong>ente. Manchmal bestand <strong>di</strong>e Füllung statt aus Blättern auch<br />
aus den getrockneten Blättern der Maiskolben. Die Laken wurden gewöhnlich aus<br />
Hanf gewoben. Der Hanf wurde im Tal angebaut, geschnitten und in besonderen<br />
Gruben gewässert und eingeweicht, um dann zu einem festen Faden verarbeitet zu<br />
werden.<br />
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raum 3: das schlafzimmer<br />
D e u t s c h<br />
<strong>di</strong>e Wiege oder das KinderBettchen<br />
Die jüngsten Kinder schliefen in dem Schlafzimmer der Eltern. Die Kindersterblichkeit war damals<br />
sehr hoch. Die Kinder starben an Mangelernährung, mangelnder Hygiene oder kamen bei Unfällen<br />
ums Leben.<br />
schlafstellen<br />
In den Familien mit zahlreichen Kindern waren <strong>di</strong>e Betten knapp und es war üblich in einem Bett<br />
zu zweit zu schlafen.<br />
<strong>di</strong>e heizung<br />
Eine Heizung gab es keine. Die Häuser besassen damals noch keine Glasscheiben, wodurch <strong>di</strong>e Aussenluft<br />
ungehemmt durch den Wohnraum floss. In der kalten Jahreszeit führte <strong>di</strong>es dazu, dass <strong>di</strong>e<br />
Temperatur selbst in den Häusern unter den Gefrierpunkt sinken konnte. Um sich deshalb etwas<br />
gegen <strong>di</strong>e Kälte zu schützen, wurden <strong>di</strong>e Fenster mit einer Leinwand oder Brettern geschlossen.<br />
Die Schlafstelle wurde vor dem Schlafengehen mit dem Bettwärmer el prèvat genannt, angewärmt.<br />
Die einfachere Form des el prèvat bestand aus einem Stein, der im Feuer aufgewärmt wurde und<br />
anschliessend mit Lappen umwickelt zum Aufwärmen des Bettes <strong>di</strong>ente.<br />
<strong>di</strong>e BeKleidung<br />
In einer Sitztruhe im Schlafzimmer wurden <strong>di</strong>e Kleider sowie <strong>di</strong>e schörpia (Aussteuer) aufbewahrt.<br />
Die schörpia wurde in Handarbeit <strong>von</strong> den Frauen hergestellt und bestand für gewöhnlich aus Laken<br />
und Säuglingsbekleidung. Nachthemden waren nicht üblich. Des öfters legte man sich einfach mit<br />
der Tagesbekleidung ins Bett. Damals wurden <strong>di</strong>e Kleider nicht so oft gewechselt wie heute. Die<br />
persönliche Hygiene war auf das Minimum beschränkt. Man wusch sich über einem Eimer vor dem<br />
Kamin oder nahm ein Bad im Fluss, wenn <strong>di</strong>e Zeit es zuliess.<br />
WanddeKoration<br />
Im ganzen Alpenbogen war <strong>di</strong>e Marienanbetung sehr verbreitet. Deshalb fehlten auch bei den<br />
Bewohnern des <strong>Verzasca</strong>tals weder im Zimmer noch in der Küche <strong>di</strong>e kleinen Heiligenbilder, Reliquien<br />
oder das Mitbringsel einer Pilgerfahrt. Ein sehr beliebtes Pilgerziel war das Heiligtum der<br />
Madonna del Sasso in Orselina.
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inVentar<br />
Bett<br />
- Licéria. Bettgestell aus Lärchenholz. Eingelegt, führt <strong>di</strong>e Jahreszahl 1793<br />
und stammt aus dem Haus der Familie Rusconi in Brione <strong>Verzasca</strong>. Die<br />
Matratze wurde durch einen Sack mit getrockneten Buchenblättern ersetzt.<br />
Die Laken sind aus Hanf gewoben.<br />
- El prèvat. Das Bett konnte mit dem el prèvat (Bettwärmer) angewärmt<br />
werden. Dieser bestand aus einem Holzgestell welches zwischen <strong>di</strong>e Laken<br />
geschoben wurde. In den so entstandenen Hohlraum zwischen den Laken,<br />
legte man den mit Löchern versehene und mit glühenden Kohlen gefüllten<br />
Bettwärmer. Das Holzgestell verhinderte das ansengen der Laken und sorgte<br />
für eine gleichmässige Verteilung der Wärme im Bett.<br />
KinderBettchen<br />
- Kinderbettchen aus dem oberen Teil des Tales stammend.<br />
- Bisacca. Durch eine Oeffnung im Sack kann man den Inhalt der aus Buchenblättern<br />
(bisacche) besteht sehen.<br />
- Girello. Die Familien waren sehr kinderreich. Es gab immer Nachwuchs<br />
der gehütete werde musste. Diese Aufgabe fiel meistens auf <strong>di</strong>e älteren Kinder,<br />
denn <strong>di</strong>e Mutter war mit Arbeiten im und ausserhalb des Hauses ausgelastet.<br />
Hier ein Beispiel für ein Objekt welches der Beaufsichtigung der<br />
Kleinen <strong>di</strong>ente.<br />
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raum 3: das schlafzimmer<br />
WanddeKor<br />
- Diverse Bildchen (als mehrfarbige Drucke). Diese Drucke mit religiösem Inhalt waren in<br />
fast allen Küchen und Zimmern des <strong>Verzasca</strong>tals zu finden.<br />
- Bekleidung (Strümpfe, Schuhwerk,Tracht).Typische verzascheser Tracht. Datiert um das<br />
Ende des 19. Jahrhunderts. Auch noch heute, gibt es in dem Tal einen Trachtenverein.<br />
Dieser nimmt an örtlichen und schweizer Anlässen teil.<br />
- Weihwassergefäss.<br />
- Arcióm: gebogener Stab für <strong>di</strong>e Wiege. Diesen befestigte man an der Wiege um darüber<br />
ein Tuch zu legen welches den Säugling vor Insekten, Hitze und anderem schützen sollte.<br />
in der Vitrine<br />
Devotionalien und persönliche Gegenstände.<br />
au<strong>di</strong>o - untermalung<br />
D e u t s c h<br />
Man hört Kinderreime, Sprichwörter und Ausdrucksweisen aus dem <strong>Verzasca</strong>tal. Gesammelt<br />
<strong>von</strong> Can<strong>di</strong>da Willemse - Matasci und <strong>von</strong> ihr im Dialekt <strong>von</strong> Sonogno vorgetragen,<br />
wobei sie sich mit dem fünfjährigen Mädchen namens Chiara unterhält.
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Das Schulzimmer<br />
Das ausgestellte Schulzimmer ist sozusagen ein «reduziertes» Beispiel<br />
seiner Art, wie es wohl in vielen Dörfern des Tales ausgesehen<br />
haben mag. Die Einrichtung bestand aus wenigen Möbeln: <strong>di</strong>e<br />
Bänke, das Katheder (ein einfacher Tisch und Stuhl, <strong>di</strong>e manchmal<br />
auf einem Holzpodest standen) <strong>di</strong>e Tafel und ein Holzofen. Was <strong>di</strong>e<br />
Beleuchtung betrifft, so war <strong>di</strong>ese oft mangelhaft.<br />
zWei perioden und unterrichtsarten<br />
Man kann für <strong>di</strong>e Geschichte des Schulsystems im <strong>Verzasca</strong>tal im<br />
Wesentlichen zwei Perioden und Unterrichtsarten anführen. Die erste<br />
umfasst <strong>di</strong>e Zeit zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert in der es<br />
<strong>di</strong>e Kaplanischen Schulen gab. Von 1635 bis 1840 waren <strong>di</strong>ese in jedem<br />
Dorf vorhanden. Finanziert wurden sie durch <strong>di</strong>e Dorfgemeinschaft und<br />
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raum 4: das schulzimmer<br />
D e u t s c h<br />
grosszügigen Spendern. Diese Schulen standen nur den Knaben offen und wurden <strong>von</strong> den<br />
Pfarreien betrieben. Die zweite Periode beginnt mit der Mitte des 19. Jahrhunderts, als <strong>di</strong>e<br />
staatliche und unentgeltliche Schule eingeführt wurde. Diese stand beiden Geschlechtern<br />
offen und war für Kinder ab dem sechsten bis zu ihrem vierzehnten Lebensjahr obligatorisch.<br />
Als Förderer <strong>di</strong>eses Schulsystems muss Stefano Franscini (Staatskanzler <strong>von</strong> 1893 bis 1848)<br />
erwähnt werden. In <strong>di</strong>eser Zeit entstanden in dem <strong>Verzasca</strong>tal zahlreiche Schulgebäude.<br />
Möglich wurden <strong>di</strong>ese auch dank des grossen Einsatzes der Bevölkerung. Aufgrund der<br />
halbnoma<strong>di</strong>schen Lebensweise der Bevölkerung und der saisonalen Auswanderung (als<br />
Kaminfeger) war der Schulbesuch im Tal mit Konflikten belastet. Trotz der Anpassung<br />
des Unterrichtsjahrs auf den Zeitraum <strong>von</strong> November bis März, liess sich <strong>di</strong>e Lebensweise<br />
oft nur schwer mit einem regelmässigen Schulbesuch vereinbaren.<br />
<strong>di</strong>daKtiK, schulKlassen und unterrichtszeit<br />
Die zur Verfügung stehenden Lehrmittel waren im 19. bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
beschränkt. Geschrieben wurde anfänglich mit Kreide auf Schiefertafeln, später in<br />
Hefte mit Feder und Tinte oder mit Bleistiften. Die wenigen Bücher und Lehrtexte gingen<br />
<strong>von</strong> Hand zu Hand. Morgens bis nachmittags wurde unterrichtet. Die Lehrer mussten<br />
mit den recht grossen Klassen, in denen alle Altersstufen vertreten waren, fertig werden.<br />
Es wurden das Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt. Die Unterrichtsmethode basierte<br />
auf dem Auswen<strong>di</strong>glernen. Den Bedürfnissen des einzelnen Schülers wurde wenig Beachtung<br />
geschenkt.<br />
heizung und unterhalt des Klassenzimmers<br />
Jedes Klassenzimmer besass einen Holzofen, welcher am Morgen vom Lehrer eingeheizt<br />
wurde. Es war Bestimmung, dass jede Familie mit schulpflichtigen Kindern verpflichtet<br />
war, eine gewisse Quantität <strong>von</strong> Holzscheiten anzuliefern (verankert im Schulgesetz Art.<br />
4,1860). Jeder Schüler musste ausserdem jeden Tag ein paar Holzscheite mitbringen. Die<br />
Kinder wurden auch angehalten für <strong>di</strong>e Ordnung und <strong>di</strong>e Sauberkeit des Klassenzimmers<br />
zu sorgen.
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
inVentar<br />
das Klassenzimmer Besitzt folgende einrichtung:<br />
- Schulbank mit eingelassenem Tintenfass<br />
- Katheder des Lehrers: Tisch und Stuhl auf einem Holzpodest (für Platzmangelhaft<br />
sind <strong>di</strong>ese Objekte nicht anwesend)<br />
- Schiefertafel<br />
- Holzofen<br />
- Portrait <strong>von</strong> Stefano Franscini «Vater des öffentlichen Schulsystems»<br />
- Kruzifix<br />
- Landkarte vom Kanton Tessin (1930). Diese Landkarte ist insofern interessant,<br />
als sie das <strong>Verzasca</strong>tal noch so darstellt wie es vor dem Staudammbau<br />
ausgesehen hat<br />
Tintenlöscher<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
raum 4: das schulzimmer<br />
Vitrine linKs:<br />
- Schreibfedern<br />
- Tintenfässer<br />
- Tuschen<br />
- Tintenlöscher, welcher sich auf dem Katheder des Lehrers befand<br />
- Holzetui vom Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
Vitrine rechts:<br />
- Schulzeugnis<br />
- Heft mit Schönschrift<br />
- Diverse Hefte<br />
- Schulbücher: Geschichte, Gemeinschaftskunde, Vorlesebuch, Katechismus<br />
film<br />
A scuola con i nonni (39’) (Zur Schule mit den Grosseltern)<br />
D e u t s c h
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Der junge Kaminfeger Clau<strong>di</strong>o Pacchiani aus Vaglio<br />
Wie sind <strong>di</strong>e Kaminfeger heute? Tragen sie noch einen Hut und<br />
kleiden sie sich noch ganz in Schwarz? Werden sie immer noch als<br />
Glücksbringer betrachtet?<br />
In Zusammenarbeit mit der kantonalen Kamifegervereinigung präsentieren<br />
wir <strong>di</strong>e Bilder der Kaminfeger heute.<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
raum 5: der Kaminfeger heute<br />
ein Beruf<br />
Der Kaminfeger <strong>von</strong> heute steigt nicht mehr im Kamin rauf und runter. Er ist ein Techniker<br />
geworden, der sich mit den unterschiedlichen Anlagen und dem Material, welches<br />
verfeuert wird, wie Holz, Pellet, Heizöl oder Gas auskennt.<br />
<strong>di</strong>e symBole<br />
Die Visitenkarten wurden oft mit den Werkzeugen des Kaminfegers geschmückt. Die<br />
Treppe und der Hut gehören zu den Symbolen, <strong>di</strong>e man mit <strong>di</strong>esem Beruf am meisten<br />
identifiziert.<br />
Arbeitstagebuch des Kaminfegers Santino<br />
Gamboni aus Vogorno 1945<br />
D e u t s c h<br />
Lieferwagen des Kaminfegers<br />
Jans aus Giubiasco 2009
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
inVentar<br />
in den Vitrinen Wurden folgende oBjeKte<br />
zusammengetragen:<br />
- Visitenkarten<br />
- Dokumente<br />
- Fotografien<br />
- Diverse Objekte<br />
- Kaminfeger Hut<br />
- Kartenspiel Der schwarze Peter<br />
- Themenbezogene Bücher<br />
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raum 5: der Kaminfeger heute<br />
filme<br />
In <strong>di</strong>esem Saal ist es möglich, sich zwei Filme über <strong>di</strong>e Kaminfeger anzusehen.<br />
Einer ist in italienischer Sprache und einer auf Deutsch.<br />
- Russ und Armut (22’50’’) Dokumentarfilm <strong>von</strong> Nelo Risi, der sich inhaltlich auf <strong>di</strong>e Forschungsarbeit<br />
<strong>von</strong> Elisabeth Wenger Die Jungen vom Kamin stützt. Schlüsselwort: Sonogno, «Die Schwarzen<br />
Brüder», <strong>di</strong>e Arbeit <strong>von</strong> Minderjährigen.<br />
- Film <strong>von</strong> Anna Grossreiter (ca. 8’), <strong>von</strong> Kulturplatz den 07.09.2005<br />
D e u t s c h
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Die Kaminfeger<br />
Fiorente Gamboni,<br />
Stefano Mozzettini<br />
und Salvatore<br />
Moranda in Como,<br />
Weihnachten 1906<br />
(od. 1907).<br />
Foto im Besitz<br />
<strong>von</strong> Ines Gamboni<br />
und Elsa Morini<br />
Gamboni, Vogorno<br />
<strong>di</strong>e ausWanderung<br />
Not, Armut und <strong>di</strong>e karge Landwirtschaft des <strong>Verzasca</strong>tals trieb viele Einheimische<br />
dazu auszuwandern. Ein Phänomen, welches viele andere Täler des<br />
Alpenbogens gleichermassen betraf. Dank der Auswanderung, liess der demografische<br />
Druck auf <strong>di</strong>e bestehende Bevölkerung etwas nach. Es stellte sich<br />
sogar durch den ausserhalb ver<strong>di</strong>enten und heimgebrachten Ver<strong>di</strong>enst eine<br />
Aufbesserung der Lage in der Gemeinschaft ein.<br />
<strong>di</strong>e spezialisierung<br />
Durch <strong>di</strong>e saisonale Auswanderung, <strong>di</strong>e sich auf <strong>di</strong>e Solidarität und Empfehlungen<br />
zwischen den Familien und der Gemeinschaft stützte, hat jede Region<br />
ihre eigene Spezialisierung entwickelt. So wurde das <strong>Verzasca</strong>tal für seine<br />
zahlreichen Kaminfeger bekannt. Eine Tätigkeit <strong>di</strong>e schon im 16. Jahrhundert<br />
<strong>von</strong> den Auswanderern des nahe gelegenen Vigezzotals ausgeübt wurde.<br />
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Wohin <strong>di</strong>e ausWanderer gingen<br />
Gegen Ende des Herbstes, wenn <strong>di</strong>e landwirtschaftlichen Arbeiten ruhten, verliessen viele<br />
Einwohner das <strong>Verzasca</strong>tal, um ins Ausland zu gehen.<br />
Vorwiegend zogen sie als Kaminfeger nach Nor<strong>di</strong>talien. Die Reinigung der Kaminschlote erforderte<br />
keine besonderen technischen Kenntnisse. Dafür wurde <strong>di</strong>ese Dienstleistung auch im<br />
Vergleich zu anderen Arbeiten, <strong>di</strong>e eine Qualifikation voraussetzten, schlecht bezahlt, obwohl<br />
<strong>di</strong>e Arbeit mit viel Mühe und nicht unbeträchtlichen Gefahren verbunden war.<br />
Kinder als Kaminfeger<br />
Die geringen Kenntnisse und Vorraussetzung zur Ausübung <strong>di</strong>eser Tätigkeit führten auch<br />
vermehrt zur Auswanderung <strong>von</strong> Kindern im Alter <strong>von</strong> 12-13 Jahren. Die Kaminfeger liessen<br />
<strong>di</strong>ese, da sie klein und schlank waren, <strong>di</strong>e schwerste Arbeit <strong>di</strong>e im Hochsteigen in den Kaminen<br />
bestand, verrichten. Wie bei allen Auswanderern, organisierten sich <strong>di</strong>ese in kleinen Gruppen.<br />
Diese bestanden bei den Kaminfegern aus dem el faísc (der Herr) und aus einigen Kindern.<br />
Diese wurden meistens <strong>von</strong> ihren Familien aus Not dem Kaminfegermeister in Dienst gegeben.<br />
Der Kaminfeger, der uns heute als Glücksbringer gilt, lebte in der Vergangenheit oft eine<br />
Realität, <strong>di</strong>e <strong>von</strong> einer durch Armut be<strong>di</strong>ngten Auswanderung geprägt wurde.<br />
el taróm <strong>di</strong> rüsca / der jargon der Kaminfeger<br />
Zwischen den Kaminfegern des <strong>Verzasca</strong>tals, welche man <strong>di</strong>e rüsca nannte, entwickelte sich im<br />
Laufe der Zeit ein eigner Jargon: der taróm. Dieser Jargon wies denjenigen, der ihn sprach, als<br />
Zugehörigen der Gruppe der Kaminfeger aus. Ausserdem konnten sich so <strong>di</strong>e Kaminfeger in<br />
<strong>di</strong>esem Jargon untereinander verstän<strong>di</strong>gen, ohne <strong>von</strong> Dritten verstanden zu werden.<br />
inVentar<br />
D e u t s c h<br />
raum 6: <strong>di</strong>e Kaminfeger und ihre geschichte im <strong>Verzasca</strong>tal<br />
- Fahrrad<br />
- Spezielle Kaminfegerbürste und <strong>di</strong>e Ausrüstung des Kaminfegers (für weitere Details siehe<br />
im Katalog des Museums nach).
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Giorgio, <strong>di</strong>e Hauptperson des Romans Die Schwarzen Brüder.<br />
Stich <strong>von</strong> Hannes Binder<br />
In der allgemeinen Vorstellung vom Kaminfeger, überlagern sich Dichtung<br />
und Wahrheit. Das Museum möchte <strong>di</strong>ese beiden Ansichten in<br />
Form eines Denkanstosses gegenüberstellen. Die im Treppenaufgang<br />
ausgestellten, eindrücklichen Stiche <strong>von</strong> Binder laden den Besucher<br />
durch seine Interpretation zum phantasieren ein. Gleichzeitig führen<br />
sie ihn zu den wahren historischen Begebenheiten, <strong>di</strong>e im letzten Stockwerk<br />
des Hauses Genar<strong>di</strong>ni ausgestellt sind.<br />
<strong>di</strong>e schWarzen Brüder<br />
Der ursprünglich zweibän<strong>di</strong>ge Roman <strong>von</strong> Lisa Tetzner und Ehemann Kurt<br />
Held wurde 1941 veröffentlicht. Die Neuausgabe, <strong>di</strong>e fast um ein Viertel<br />
des Originaltextes gekürzt wurde, ist <strong>von</strong> Hannes Binder, einem Züricher<br />
Illustrator (1947) bebildert worden. Die Illustrationen ersetzen durch ihre<br />
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D e u t s c h<br />
treppe: <strong>di</strong>e Kaminfeger in den stichen Von hannes Binder<br />
Eindrücklichkeit vieles des gekürzten Textes und lassen <strong>di</strong>e Orte und ihre Darsteller plastisch<br />
hervortreten.<br />
<strong>di</strong>e geschichte<br />
Giorgio, ein vierzehnjähriger Junge aus Sonogno, geboren 1826, trifft das Schicksal als Kaminfeger<br />
nach Mailand gehen zu müssen. Die Lebensbe<strong>di</strong>ngungen sind hart und er kämpft<br />
stän<strong>di</strong>g um sein Überleben. Eines Tages begegnet er einer Gruppe <strong>von</strong> Jungen, <strong>di</strong>e sich in<br />
derselben schlechten Lage wie er befinden und eine geheime Sekte gegründet haben, <strong>di</strong>e sie<br />
Die Schwarzen Brüder nennen. Dank <strong>di</strong>eser Freundschaft und der Solidarität, <strong>di</strong>e er <strong>von</strong> ihnen<br />
erfährt, gelingt es ihm, sich der Ausbeutung zu entziehen und in sein Tal zurückzukehren.<br />
<strong>di</strong>e maltechniK<br />
Die <strong>von</strong> Hannes Binder für seine Illustrationen eingesetzte Technik wird scraper oder falscher<br />
Stich genannt. Das Bild entsteht aus einem schwarzen Untergrund, auf dem der Illustrator<br />
das gewünschte Motiv mit dem Bleistift vorzeichnet. Danach bearbeitet er <strong>di</strong>e Oberfläche mit<br />
einem feinen Messer indem er Teile abschabt und andere stehen lässt. Dadurch erzielt er <strong>di</strong>e<br />
gewünschte Schwarz / Weiss Schattierung. Binder behauptet, dass der Stoff des Romans sich<br />
ideal für <strong>di</strong>ese Art <strong>von</strong> Technik eignet. Er führt dazu drei Gründe an:<br />
- Das Weiss wäre wie der Schnee auf den Bergen und das Schwarz wie der Mailänder Russ.<br />
Der Junge, der <strong>di</strong>e pechschwarze Esse hochsteigt, erhelle sie mit seinen Erinnerungen an<br />
zuhause. Weiss und Schwarz inszenierten eine Handlung zwischen schön und hässlich,<br />
zwischen Gut und Böse.<br />
- Sie verleihe dem Roman in gewisser Hinsicht eine Art gegenständliche Dimension, da<br />
<strong>di</strong>e Bilder wie aus einer Schicht <strong>von</strong> Russ heraustreten. Tatsächlich besteht <strong>di</strong>e Tinte,<br />
welche Binder für seinen schwarzen Untergrund verwendet, auch aus einem Teil Russ.<br />
- Sie ähnelte der Technik der Stiche des 19. Jahrhunderts, <strong>di</strong>e Zeit, in der auch der Roman spielt.<br />
erzählerische fiKtion und realität<br />
Die Erzählung nimmt ihren Anfang im <strong>Verzasca</strong>tal und setzt sich in Locarno fort. Auf<br />
unterschiedlichen Pfaden, vom See auf <strong>di</strong>e Strasse, entführt sie den Leser in <strong>di</strong>e Lombardei
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
Stich <strong>von</strong> Hannes Binder aus Die Schwarzen Brüder<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
nach Mailand. Der Roman bezieht sich auf tatsächliche soziale und wirtschaftliche Zustände<br />
wie sie im 19. Jahrhundert existierten.<br />
Er malt ein Zeitbild in Romanform, in der sich das Leben der Bergbauern aus dem <strong>Verzasca</strong>tal,<br />
mit seinem Klima, der Not, den Beziehungen zu Locarno und dessen Markt, <strong>di</strong>e saisonale<br />
Auswanderung und <strong>di</strong>e Ausnutzung der Minderjährigen widerspiegelt.<br />
Der Roman beruht zwar auf echten historischen Begebenheiten, er interpretierte <strong>di</strong>ese jedoch<br />
frei und fantasievoll. In den Schwarzen Brüdern ist der Sinn nicht der, über Vergangenes zu<br />
berichten, sondern vielmehr den kleinen Schicksalen eine Stimme zu verleihen, in der sich der<br />
Kampf um <strong>di</strong>e Existenz im Leben der Menschen und deren Fähigkeit ihr Schicksal anzunehmen<br />
widerspiegeln.<br />
treppen und unter der treppe - inVentar<br />
D e u t s c h<br />
treppe: <strong>di</strong>e Kaminfeger in den stichen Von hannes Binder<br />
Die Ausstellung zeigt eine Auswahl aus den Illustrationen des Romans.<br />
Sie sind in vier Abschnitte gegliedert und folgen nicht unbe<strong>di</strong>ngt der chronologischen Abfolge<br />
des Romans.<br />
- Die Darstellung des Kaminfegers (unter der Treppe)<br />
- Die Landschaft und das ländliche Leben im <strong>Verzasca</strong>tal (Treppe im PT)<br />
- Das Dorf und <strong>di</strong>e Gemeinschaft (Treppe im PT und Korridor im ersten Stock)<br />
- Der Übergang der Landschaft vom Tal in <strong>di</strong>e Ebene (Korridor erster Stock und Treppe)<br />
- Die Tätigkeit in Mailand (Korridor zweiter Stock)
M U S E U M V O N V E R Z A S C A T A L<br />
texte und fotografien<br />
Texte <strong>von</strong>: Mario Carnevascini, Veronica Carmine, Giulia Pedrazzi,<br />
Lorenzo Sonognini.<br />
Fotos <strong>von</strong>: Veronica Carmine, Stefano Mussio, Giulia Pedrazzi, Roberto<br />
Pellegrini (CDE Bellinzona).<br />
www.museovalverzasca.ch<br />
M u s e u M s f ü h r e r<br />
BiBliographie<br />
Carla Rezzonico Berri, Kaminfeger. Mit Beiträgen aus den Akten des Tagung:<br />
Luigi Lorenzetti, Die Locarneser Kaminfeger. Erfahrung einer Auswanderung zwischen Armut<br />
und sozialer Kontrolle. Monica Gianettoni Grassi, Der Taróm der Kaminfeger.<br />
Renato Martinoni, Kaminfeger und Literatur, Museum des <strong>Verzasca</strong>tals, Locarno 2007<br />
Giovanni Bianconi, Das <strong>Verzasca</strong>tal, Herausgeber Armando Dadò, Locarno 1977<br />
Franco u. Angela Maria Binda, Das Museum des <strong>Verzasca</strong>tals. Katalog<br />
Paolo Binda, Catalogo del piccolo museo del fieno selvatico “Odro”, Sonogno 2007<br />
D e u t s c h<br />
Hannes Binder, Lisa Tetzner, Die Schwarzen Brüder. Illustrierter Roman, ZOOlibri,<br />
Reggio Emilia 2005 (zweite Ausgabe)<br />
Max Gschwend, Das <strong>Val</strong> <strong>Verzasca</strong> (Tessin). Seine Bevölkerung, Wirtschaft und Siedlung,<br />
Bellinzona 2007 (erste Ausgabe Aarau 1946)<br />
Lessico <strong>di</strong>alettale della Svizzera italiana, Zentrum für Dialektik und Völkerkunde,<br />
Bellinzona 2004<br />
Alfredo Poncini u. Linda Vosti Poncini, Lesen, Schreiben und Rechnen. Dreihundert Jahre<br />
Schule im <strong>Verzasca</strong>tal, Museum des <strong>Verzasca</strong>tals, Sonogno 1994