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Theoretische und erkenntnistheoretische Konsequenzen ...

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gelten dann als Staaten, wenn sie <strong>und</strong> ihre RepräsentantInnen innergesellschaftlich<br />

konstituiert <strong>und</strong> international anerkannt werden (vgl. Bartelson 1998: 305). Staaten<br />

lösen sich auf, wenn ihre Organe <strong>und</strong> RepräsentantInnen in der innergesellschaftlichen<br />

Konstruktion der Wirklichkeit ihre Legitimation verloren haben <strong>und</strong> die internationale<br />

Anerkennung ihrer RepräsentantInnen entfällt – die Auflösung der DDR kann als<br />

Beispiel hierfür dienen.<br />

Wollen wir solche <strong>und</strong> ähnliche Transformationsprozesse der internationalen Politik<br />

miterfassen (vgl. Ruggie 1993), etwa die Veränderung kriegerischen Konfliktaustrags<br />

von Staaten- zu Bürgerkriegen, die Wandlungsprozesse von Staatlichkeit in der<br />

Europäischen Union oder die Entwicklung von Global-Governance-Strukturen im Zuge<br />

der Globalisierungsprozesse, bietet der in der Soziologie entwickelte<br />

Sozialkonstruktivismus eine hilfreiche Herangehensweise an (vgl. auch<br />

Cederman/Daase 2003). Er beschäftigt sich mit der Frage, auf welche Weise<br />

gesellschaftliche Ordnung entsteht <strong>und</strong> wie es kommt, dass sie uns als scheinbar<br />

objektive Wirklichkeit gegenübertritt (Berger/Luckmann 1980: Kap. 2). Ganz allgemein<br />

stellt der Sozialkonstruktivismus fest, „dass Gesellschaftsordnung ein Produkt des<br />

Menschen ist, oder genauer: eine ständige menschliche Produktion“ (Berger/Luckmann<br />

1980: 55). Dies betrifft sowohl jeden einzelnen Staat <strong>und</strong> seine Ordnung als auch das<br />

jeweils aktuelle Staatensystem (vgl. Ruggie 1993).<br />

„Gesellschaftsordnung ist nicht Teil der ‘Natur der Dinge’ <strong>und</strong> kann nicht aus<br />

‘Naturgesetzen’ abgeleitet werden. Sie besteht einzig <strong>und</strong> allein als ein Produkt<br />

menschlichen Tuns. Will man ihre empirischen Erscheinungen nicht hoffnungslos<br />

verdunkeln, so kann ihr kein anderer ontologischer Status zugesprochen werden. Sowohl<br />

nach ihrer Genese (Gesellschaftsordnung ist das Resultat vergangenen menschlichen Tuns)<br />

als auch in ihrer Präsenz in jedem Augenblick (sie besteht nur <strong>und</strong> solange menschliche<br />

Aktivität nicht davon ablässt, sie zu produzieren) ist Gesellschaftsordnung als solche ein<br />

Produkt des Menschen“ (Berger/Luckmann 1980: 55).<br />

Damit die Ordnungen der sozialen Welt fortexistieren <strong>und</strong> nicht ständig zerfallen <strong>und</strong><br />

neu errichtet werden müssen, ist folglich die gesellschaftliche Kontinuität menschlichen<br />

Handelns notwendig; oder anders ausgedrückt: Die uns als scheinbar objektive<br />

Wirklichkeit gegenüberstehende Gesellschafts- bzw. Weltordnung existiert nur so lange<br />

in der uns vertrauten Weise fort, wie das menschliche Handeln nicht von seiner<br />

kontinuierlichen Reproduktion ablässt. Verändertes soziales Handeln aber, unabhängig<br />

von der dahinterliegenden Intention, hat auch einen Wandel der sozialen Ordnung zur

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