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Theoretische und erkenntnistheoretische Konsequenzen ...

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12<br />

rationalistischen Ansätze. Kaum eine „konstruktivistische“ IB-Studie – insbesondere in<br />

den USA – kann darauf verzichten, zur Selbstlegitimation zunächst darzustellen, dass<br />

der jeweils untersuchte Fall mit dem Modell des machtorientierten egoistischen<br />

Nutzenmaximierers nicht befriedigend erklärt werden kann. Damit aber steht nicht die<br />

Fragestellung nach Einflüssen auf die Handlungsorientierung bzw. die Handlungsmodi-<br />

Wahl im Mittelpunkt der Analysen, sondern die Plausibilisierung der Bedeutsamkeit<br />

eines „konstruktivistischen“ Faktors, welchen der Rationalismus negiert (vgl. Ruggie<br />

1998a: 856). Weder können mit dieser Herangehensweise die Bedingungen entdeckt<br />

werden, unter denen ideelle Faktoren über die rationalistische Handlungsorientierung<br />

dominieren, noch ist zu erwarten, dass auf diesem Wege die rationalistische<br />

Handlungsorientierung systematisch in einen konstruktivistischen Ansatz integriert<br />

wird.<br />

(2) Der Kern konstruktivistischer Analysen sind Konstruktionen, ihr Zustandekommen<br />

<strong>und</strong> ihre Auswirkungen auf Handlungsorientierungen. Entscheidend sind folglich die<br />

„Konstrukteure“, was die Analyseebene kognitiv – <strong>und</strong> möglicherweise auch emotional<br />

– begabter Akteure erfordert (Onuf 1997: 9). Von solchen wird die internationale Politik<br />

in einer soziologischen Weltgesellschafts-Perspektive bevölkert, aber nur selten in den<br />

rationalistischen Ansätzen der Internationalen Beziehungen. Darüber finden solche<br />

Akteure <strong>und</strong> Strukturen, die an der Stabilisierung etablierter Weltbilder beteiligt sind<br />

(z.B. Geschichtsschreibung, Massenmedien) oder unter bestimmten Bedingungen zu<br />

dessen Wandel beitragen können, nur selten die ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Die<br />

Fragestellungen der „sozialkonstruktivistischen“ IB-Forschung orientierten sich zu sehr<br />

an Konstruktionen, die für ein besonderes, vom materiellen Nutzenkalkül abweichendes<br />

Verhalten in Anschlag gebracht werden können. Übersehen werden darüber die<br />

Zusammenhänge, in denen jene Vorstellungen <strong>und</strong> Weltbilder – also gesellschaftlichen<br />

Konstruktionen – der internationalen Politik hervorgebracht werden, die allenthalben<br />

für die Wirklichkeit der internationalen Politik gehalten werden.<br />

Eine konsequent sozialkonstruktivistische Perspektive in Anknüpfung an die Soziologie<br />

von Schütz, Berger <strong>und</strong> Luckmann (Schütz 1971; Schütz/Luckmann 1975;<br />

Berger/Luckmann 1980) einzunehmen, könnte möglicherweise diese Blindstelle füllen<br />

<strong>und</strong> zugleich einen weiterführenden Theorierahmen für die Internationalen Beziehungen<br />

bereitstellen. Damit ließe sich sowohl der Wandel der gesellschaftlichen Konstruktionen<br />

der staatlichen Wirklichkeit <strong>und</strong> ihrer außenpolitischen Zielsetzungen als auch der<br />

Wandel der (welt-) gesellschaftlichen Konstruktion der internationalen Politik, auch im<br />

Hinblick auf die Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure, analytisch erfassen.

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