Anja Freytag, Robert Zeranski
Anja Freytag, Robert Zeranski
Anja Freytag, Robert Zeranski
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Referenten: <strong>Anja</strong> <strong>Freytag</strong>, <strong>Robert</strong> <strong>Zeranski</strong><br />
Seminarleiter: Prof. Dr. Bernd Zimmermann<br />
Wintersemester 2008 / 2009<br />
Historische Aspekte der Stochastik<br />
„Stochastik“ stammt aus dem griechischen: stochazesthai (mutmaßen, vermuten),<br />
stochasmos (die Vermutung)
Text der zwischen 1222 und 1268 entstand Ovidius: „De Vetula“<br />
(405) Du wirst aber vielleicht sagen, dass einige Zahlen von denjenigen, die<br />
bei den Würfelspielern in Gebrauch sind, ein größeres Gewicht haben als<br />
andere, und zwar deshalb, weil ein Würfel sechs Seiten und sechs einfache<br />
Zahlen hat, und es daher bei drei Würfeln 18 sind, von denen Würfeln 3<br />
übrigbleiben müssen.<br />
(410) Diese werden auf verschiedene Art variiert, und es entstehen so<br />
zweimal acht zusammengesetzte Zahlen, freilich nicht von gleichem Wert,<br />
denn die höheren und niederen Zahlen treten selten auf, die mittleren<br />
häufig, und die übrigen in umso größerer Zahl und um so häufiger, je näher<br />
sie gerade den mittleren Werten liegen.<br />
(461) Es gibt also nicht allein den Zufall; ich sage dir aber in wenigen<br />
Worten, dass darin der Zufall stecken muss, wenn das Glück dir oder deinem<br />
Kameraden den besseren Wurf zugesteht.
Historischer Überblick<br />
Indien 2000 - 1000 v. Chr.<br />
Würfelspiel: vornehmste Unterhaltung des Adels, großer Eifer in<br />
Kreisen des Volkes (Vorschriften über Spielhäuser und Spielschulden)<br />
(I) Würfel: Nuss des Vibhidaka-Baumes<br />
Spiel: Die Anzahl der Würfel des Gegenspielers zu Zahl bestimmter<br />
Eigenschaft ergänzen<br />
(II) Würfel: Rechtwinklige, vierseitige Prismen (pasakas),<br />
Spiel: Das vorher Genannte muss gewürfelt werden (24 Variationen)<br />
keine Glücksspielrechnung, keine Berechnung von Chancen<br />
(pasakas sind im auch im Orakel verwendet worden)
Historischer Überblick<br />
Griechen und Römer 6. Jh. v. Chr.<br />
Spiel mit Astragalen (Knöchel: Sprungbein von Schaf oder Ziege)<br />
Im Dezember war spielen allgemein erlaubt, sonst verpönt!<br />
Astragalen: Bedeutung wurde an der Form erkannt (keine zusätzliche<br />
Bezeichnung)<br />
Spiele: Meisterwurfspiel (wer weniger wirft, muss Gegenspieler<br />
einen seiner Astragalen geben)<br />
Rate-Spiel (raten ob Anzahl gerade oder ungerade)<br />
Lose spielten große Rolle: verteilendes Los, beratendes Los,<br />
wahrsagendes Los
Historischer Überblick<br />
Die Anfänge 1500 - 1700<br />
Cardano (1501 – 1576) Beim Würfelspiel beobachtete Zufallsgesetze z.B.<br />
Problem der Gewinnaufteilung. Schrieb das älteste Buch, dass der<br />
Wahrscheinlichkeitsrechnung gewidmet war.<br />
1654 Chevalier de Méré, angeblich Berufsspieler, beklagt sich bei Blaise<br />
Pascal (1623 - 1662), dass die Mathematik mit dem Leben nicht<br />
übereinstimme. Bei zwei Würfelspielen<br />
(1) mit 1 Würfel, 6 Ausfälle, in 4 Würfen mindestens eine Sechs<br />
(2) mit 2 Würfeln, 6*6 = 36 Ausfälle, in 6*4 = 24 Würfen<br />
mindestens eine Doppelsechs<br />
zu erhalten müsste die gleichen Chancen haben, denn die beiden Verhältnisse 6:4<br />
und 36:24 sind gleich. Die Spielpraxis zeigte aber, dass dem nicht so ist.
Historischer Überblick<br />
Die Anfänge 1500 - 1700<br />
Das Problem der Gewinnaufteilung, das schon Cardano beschäftigte: Bei einem<br />
Glücksspiel wird in mehreren Runden um einen Einsatz gespielt. Das Spiel wird<br />
vorzeitig unterbrochen. Wie ist der Einsatz unter die beiden Spieler gerecht zu<br />
verteilen?<br />
Die erste richtige allgemeine Lösung findet sich in einem Briefwechsel zwischen<br />
Pascal und Fermat (1601 - 1665)<br />
1657 Christiaan Huygens (1629 - 1695): Tractatus de Ratiociniis in Aleae Ludo.<br />
Enthält eine vollständige Theorie des Würfelspiels. Sie wurde durch den<br />
Briefwechsel zwischen Pascal und Fermat angeregt. Er schuf den Begriff der<br />
Erwartung.<br />
1669 Sterblichkeitsprobleme
Historischer Überblick<br />
Die moderne Entwicklung 1700 - 1933<br />
1713 Jakob Bernoulli (1654 - 1705): Ars conjectandi. (Über die Kunst des<br />
Vermutens) Das erste grundlegende Werk über die Wahrscheinlichkeitsrechnung.<br />
Es baut auf Huygens auf. Herausgegeben wurde das Werk posthum von einem<br />
Neffen Jakob Bernoullis, dem Mathematiker, Logiker und Juristen Nikolaus<br />
Bernoulli.<br />
� erste Verallgemeinerungen der konkreten Glücksspielprobleme<br />
Jakob Bernoulli: „Die Wahrscheinlichkeit ist ein Grad der Gewissheit und<br />
unterscheidet sich von ihr wie ein Teil vom Ganzen“ (1713)<br />
Er verwendet den Begriff „Urne“ als erster in Bezug auf eine Lostrommel
Historischer Überblick<br />
Die moderne Entwicklung 1700 - 1933<br />
1812 Pierre Simon de Laplace (1749 - 1827): Théorie analytique des<br />
probabilités. Erste Definition der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses als das<br />
Verhältnis der günstigen Fälle zu den möglichen Fällen. Er formulierte darüber<br />
hinaus die Regeln für das Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten.<br />
1908 Poincaré (1854 - 1912): Nach welchen Gesetzen fällt der Regen?<br />
1933 Andrei Nikolajewitsch Kolmogoroff (1903 - 1987): Grundbegriffe der<br />
Wahrscheinlichkeitsrechnung.<br />
Axiomatische Begründung der Wahrscheinlichkeitstheorie
Warum begann die Entwicklung erst so spät?
Aufgabe 1. Drei Spieler A, B, und C nehmen 12 Steine, von denen 4 weiß und 8<br />
schwarz sind, und spielen unter der Bedingung, dass derjenige Sieger sei, der als<br />
erster mit verbundenen Augen einen weißen Stein ergreift; dabei solle zuerst A,<br />
dann B und schließlich C ziehen, dann wieder A und so fort. In welchem Verhältnis<br />
stehen ihre Chancen zueinander?<br />
(a) mit zurücklegen (Huygens)<br />
(b) ohne zurücklegen (Huddle)<br />
Jakob Bernoulli fügte noch eine weitere Variante hinzu: Jeder zieht aus seiner<br />
eigenen Urne mit Steinen ohne zurücklegen in der angegebenen Reihenfolge.
Aufgabe 2. A wettet mit B, dass er aus 40 Spielkarten, von denen je 10 von<br />
derselben Farbe sind, vier Karten verschiedener Farbe herausziehen wird. Wie<br />
müssen sich die Einsätze verhalten, damit die Wette fair wird?
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit