Kunst und Bologna â eine Liaison dangereuse - Zürcher ...
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06 zett 4–08<br />
hochschule<br />
was kann transdisziplinarität<br />
R<strong>und</strong> 30 Dozentinnen <strong>und</strong> Dozenten der ZHdK –<br />
darunter Künstler, Tänzerinnen, Musiker, Designerinnen,<br />
Theaterleute <strong>und</strong> Filmschaffende – trafen sich<br />
vom 17. bis 19. Oktober 2008 auf dem Monte Verità,<br />
um den noch immer rätselhaften Begriff „Transdisziplinarität“<br />
einzukreisen. Heike Pohl* hat sechs von<br />
ihnen zwei Fragen gestellt, die zur Konkretisierung<br />
beitragen sollen. Fotos: Michael Simon**.<br />
Clemens Bellut, Philosoph, stellvertretender Leiter Institut<br />
Design2context:<br />
Was reizt dich an der Arbeit mit Menschen aus anderen Fachbereichen<br />
A priori nichts. Aber es gibt Fragestellungen, die sich mir aufdrängen<br />
<strong>und</strong> für die ich Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen brauche,<br />
die ich nicht mitbringe <strong>und</strong> die <strong>eine</strong> andere Bewegung von mir<br />
fordern, als ich sie von m<strong>eine</strong>n Kenntnissen <strong>und</strong> Erfahrungen her<br />
zuwege brächte.<br />
Gibt es für dich ein Schlüsselerlebnis/Projekt, bei dem Leute aus<br />
mehreren Disziplinen fruchtbar zusammengearbeitet haben<br />
Die Begründung der neuen <strong>und</strong> seit zwei Jahren eingeführten<br />
Diskursdisziplin „Totoismus“ mit m<strong>eine</strong>m Fre<strong>und</strong> Andres<br />
Bosshard zusammen, der Musiker <strong>und</strong> Klangforscher ist. Daran<br />
partizipieren inzwischen, oft ohne es zu wissen, viele Kolleginnen<br />
<strong>und</strong> Kollegen, die Musikerinnen, Künstler, Designerinnen,<br />
Wissen schaftler – <strong>und</strong> vor allem Fre<strong>und</strong>e sind.<br />
Corina Caduff, Kulturwissenschaftlerin, Rektorat:<br />
Was reizt dich an der Arbeit mit Menschen aus anderen Fachbereichen<br />
Ich mag es, wenn ich m<strong>eine</strong> eigenen Fragen in der Arbeit anderer<br />
wiedererkennen, wenn ich mich verwandt fühlen kann. Und<br />
ich mag es genauso, wenn ich staunend sehen kann, dass andere<br />
ganz anders arbeiten <strong>und</strong> dass ich gar nichts darüber weiss. Das<br />
Staunen – ob <strong>eine</strong>r unerwarteten Ähnlichkeit, ob <strong>eine</strong>r plötzlichen<br />
Fremdheit – ist etwas w<strong>und</strong>erbar Produktives.<br />
Gibt es für dich ein Schlüsselerlebnis/Projekt, bei dem Leute aus<br />
mehreren Disziplinen fruchtbar zusammengearbeitet haben<br />
Mich hat die „transdisziplinäre Träne“ sehr gerührt. Eine <strong>Kunst</strong>wissenschaftlerin,<br />
ein Musik- <strong>und</strong> ein Filmwissenschaftler <strong>und</strong><br />
ich als Literaturwissenschaftlerin haben gemeinsam ein Buch<br />
geschrieben über das Verhältnis der Künste. Ein Artikel handelt<br />
von der Träne. Dabei haben wir festgestellt, dass wir alle im Rahmen<br />
der je eigenen Disziplin kaum w<strong>eine</strong>n: Ich w<strong>eine</strong> nie beim<br />
Lesen, aber oft bei Filmen; der Filmwissenschaftler s<strong>eine</strong>rseits<br />
vergiesst k<strong>eine</strong> Träne im Kino, dafür bei der Musik usw. Die Tränen<br />
kommen <strong>eine</strong>m offensichtlich eher da, wo man gerade kein<br />
Profi ist ...<br />
Tina Mantel, Choreografin, Leitung BA Tanz, Dozentin Tanz/<br />
Choreografie:<br />
Was reizt dich an der Arbeit mit Menschen aus anderen Fachbereichen<br />
Die Erhellung über <strong>und</strong> die Inspiration für den eigenen Fachbereich<br />
Tanz <strong>und</strong> Choreografie durch die Auseinandersetzung mit<br />
anderen Arbeitsprozessen, Aufgabenstellungen <strong>und</strong> Konzepten.<br />
Gibt es für dich ein Schlüsselerlebnis/Projekt, bei dem Leute aus<br />
mehreren Disziplinen fruchtbar zusammengearbeitet haben<br />
Mich beschäftigt seit vielen Jahren, welche Inhalte sich für die<br />
r<strong>eine</strong> Tanzsprache eignen <strong>und</strong> wann <strong>und</strong> weshalb diese spezifische<br />
Sprache durch andere Sprachen ergänzt werden muss<br />
oder kann. Aus dieser Fragestellung heraus fand ich die Zusammenarbeit<br />
mit KünstlerInnen aus anderen Disziplinen immer<br />
spannend. So zum Beispiel im Projekt „Weiss“: 15 Künstlerinnen<br />
<strong>und</strong> Künstler aus den Bereichen Tanz, Architektur, Theater, Musik,<br />
bildende <strong>Kunst</strong> <strong>und</strong> Philosophie verbrachten zwölf St<strong>und</strong>en<br />
in <strong>eine</strong>m alten Schwimmbad, das kurz darauf zugeschüttet werden<br />
sollte. Sie entwickelten Aktionen wie strukturierte Bewegungsimprovisationen,<br />
Lesungen, verschiedene Solo-Performances<br />
<strong>und</strong> ritualisiertes Essen – es entstand ein Reichtum von<br />
Ideen, der in <strong>eine</strong>r weniger heterogenen Gruppe kaum möglich<br />
gewesen wäre.<br />
Patrick Müller, Leiter MA of Arts in Transdisziplinarität,<br />
Leiter Studio für Neue Musik:<br />
Clemens Bellut Corina Caduff<br />
Stephan Müller Tina Mantel