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Gutachten Hotstegs.pdf - Starke Stadtwerke

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Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong>, Mozartstr. 21, 40479 Düsseldorf<br />

Stadt Bad Oeynhausen<br />

Büro des Bürgermeisters<br />

Fax: 05731/14-1923<br />

Dr. Henning Obst<br />

Fachanwalt für<br />

Verwaltungsrecht<br />

Robert <strong>Hotstegs</strong><br />

Fachanwalt für<br />

Verwaltungsrecht<br />

Katharina Voigt<br />

Rechtsanwältin<br />

(angestellt)<br />

Ihr Zeichen: Unser Zeichen: Ansprechpartner/in: Datum:<br />

91/13/rh/D2/447-13<br />

Rechts an walt Robert <strong>Hotstegs</strong><br />

Tel. 0211 / 497657-16<br />

31.05.2013<br />

Kurzgutachten Bürgerbegehren<br />

"<strong>Starke</strong> <strong>Stadtwerke</strong> Bad Oeynhausen"<br />

1. Prüfauftrag<br />

Die Vertretungsberechtigten haben mich beauftragt, die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens "<strong>Starke</strong><br />

<strong>Stadtwerke</strong>" hinsichtlich seiner Zulässigkeit zu bewerten.<br />

Mir lagen hierzu insbesondere das Bürgerbegehren selbst (Muster der Unterschriftenliste), die<br />

Ratsvorlage VO/13/1953 vom 02.05.2013, die online veröffentlichte Beschlussniederschrift, sowie<br />

die Presseberichterstattung zur Frage einer Beanstandung des Ratsbeschlusses über die<br />

Zulässigkeit durch den Bürgermeister, schließlich auch die Beanstandung in Form der Ratsvorlage<br />

VO 13/1968 vor.<br />

Ich komme im Rahmen der vorliegenden, kurzfristigen Durchsicht zusammenfassend zu dem<br />

Ergebnis, dass das Bürgerbegehren nach meiner Bewertung ein zulässiges Ziel verfolgt. Das<br />

Begehren entspricht den gesetzlichen Anforderungen. Der Ratsbeschluss über die Zulässigkeit<br />

des Bürgerbegehrens ist daher gem. § 54 Abs. 1 GO NRW erneut zu beschließen.<br />

Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong><br />

Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

Mozartstr. 21<br />

40479 Düsseldorf<br />

Tel. 0211 / 497657-16<br />

Fax. 0211 / 497657-27<br />

kanzlei@obst-hotstegs.de<br />

www.obst-hotstegs.de<br />

PR 2069<br />

Amtsgericht Essen<br />

Steuer-Nr. 103/5812/0546<br />

Postbank Frankfurt a.M.<br />

BLZ: 500 100 60<br />

Kto. 7 432 608<br />

Stadtsparkasse Düsseldorf<br />

BLZ: 300 501 10<br />

Kto. 100 522 3373


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 2 -<br />

2. Sachverhalt<br />

2.1. Konzessionsvergabe ./. Rekommunalisierung<br />

In Bad Oeynhausen laufen die Konzessionsverträge für Strom und Gas 2013 bzw. 2014 aus.<br />

Im Rahmen der Beratung zur Durchführung des Konzessionsvergabeverfahrens wurde auch eine<br />

Kommunalisierung der Netzbetriebe geprüft. Die dazu durchgeführte Studie kommt zu dem<br />

Schluss, dass der Betrieb der Strom- und Gasnetze profitabel ist und auch von einem<br />

Kommunalunternehmen betrieben werden kann. Infolge dessen bewirbt sich auch die <strong>Stadtwerke</strong><br />

Bad Oeynhausen AÖR um eine entsprechende Konzession.<br />

Als Alternative zur Kommunalisierung ist seitens der Stadt Bad Oeynhausen eine (erhöhte)<br />

Aktienbeteiligung an der E.ON -Westfalen-Weser-AG bzw. der Erwerb von Kommanditanteilen an<br />

einer zukünftigen Gesellschaft, die 100 % der Aktien der EWA halten wird, angedacht. Die E.ON<br />

Energie AG hat ihre Aktien an der E.ON-Westfalen-Weser-AG zum Kauf angeboten.<br />

Derzeit halten die <strong>Stadtwerke</strong> Bad Oeynhausen AÖR Aktien i.H.v. rd 1,24 % an der AG und<br />

künftig 1,57 % Anteile an der GmbH & Co. KG, die auf 3,62 % oder mehr aufgestockt werden<br />

sollen.<br />

Am 27.02.2013 hat der Rat der Stadt Bad Oeynhausen Interesse am Ankauf der Aktien der E.ON<br />

Energie AG durch die <strong>Stadtwerke</strong> Bad Oeynhausen AÖR bekundet, die entsprechende<br />

Absichtserklärung wurde vom Bürgermeister unterzeichnet.<br />

Der nunmehr veröffentlichte Gesellschaftsvertrag der Erwerbsgesellschaft sieht in § 25 vor, dass<br />

die Erteilung der Konzession durch einen Gesellschafter an einen Dritten einen wichtigen Grund<br />

für einen Ausschluss aus der Gesellschaft darstellt; es ist insoweit eine Verbindung zwischen der<br />

Konzessionsvergabe und dem Gesellschaftserwerb zu konstatieren. Das Bürgerbegehren<br />

befürchtet daher, dass eine Konzessionsvergabe an die kommunalen <strong>Stadtwerke</strong> angesichts des<br />

dann drohenden Ausschlusses aus der Gesellschaft sehr unwahrscheinlich ist. Der Bürgermeister<br />

bestreitet einen Zusammenhang zwischen der Konzessionsvergabe und der Aktieninhaberschaft<br />

bzw. Unternehmensbeteiligung. Die Konzessionsvergabe erfolge nach objektiven Kriterien, die für<br />

jeden Bewerber in gleichem Maße anzuwenden seien. Ob die Kommune als vergebende Stelle an<br />

einem der Bewerber beteiligt sei oder nicht, sei irrelevant.


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 3 -<br />

In einer Sondersitzung am 15.05.2013 hat der Rat der Stadt Bad Oeynhausen das eingereichte<br />

Bürgerbegehren mit einem Abstimmungsergebnis von 28 Ja-Stimmen, 12 Enthaltungen und einer<br />

Nein-Stimme für zulässig erklärt. Der Bürgermeister hat diesen Ratsbeschluss am 16.05.2013<br />

beanstandet und dem Rat mit der Druckvorlage VO/13/1968 zur Beratung im Rahmen der<br />

Ratssitzung am 05.06.2013 vorgelegt.<br />

2.2. Verfahren des Bürgerbegehrens<br />

Das Bürgerbegehren ist am 15.02.2013 durch Rechtsanwalt Ott schriftlich angezeigt worden.<br />

Die Verwaltung erstellte sodann eine Kostenschätzung gem. § 26 Abs. 2 GO NRW, die dem<br />

bevollmächtigten Rechtsanwalt am 28.02.2013 zugestellt wurde.<br />

Unstreitig wurden vor Ablauf der - verlängerten - Frist nach § 26 Abs. 3 GO NRW 456 Listen mit<br />

3.309 Unterstützungsunterschriften (davon mindestens 2.836 ordnungsgemäß) eingereicht. Die<br />

Listen 1 bis 183 wurden am 21.03.2013 und die Listen 184 bis 456 am 16.04.2013<br />

entgegengenommen.<br />

Die Zulässigkeit wird seitens des Bürgermeisters im wesentlichen zum einen hinsichtlich der zur<br />

Entscheidung zu bringenden Frage angezweifelt. Die Fragestellung gebe nicht eindeutig zu<br />

erkennen, ob lediglich Aktienanteile gemeint seien, die die <strong>Stadtwerke</strong> zur Zeit halten oder auch<br />

solche, die noch zu erwerben sein könnten. Zum anderen werde in der Begründung der falsche<br />

Eindruck vermittelt, dass die Konzessionserteilung an die Aktieninhaberschaft gekoppelt sei. Das<br />

eingereicht Bürgerbegehren werde damit der Funktion der Begründung, die Unterzeichner über<br />

den Sachverhalt und die Argumente der Initiatoren aufzuklären, nicht gerecht. Schließlich wird<br />

angeführt, das Bürgerbegehren habe unzulässiger Weise eine Vorder- und eine Rückseite.<br />

Mangels körperlicher Zusammenfassung zwischen Text auf der Vorderseite und Unterschrift auf<br />

der Rückseite bestehe nicht die Gewähr, dass die Unterzeichner den Text auf der Vorderseite zur<br />

Kenntnis nehmen könnten.<br />

Am 15.05.2013 hat der Rat das Bürgerbegehren für zulässig erklärt. Am 16.05.2013 hat der<br />

Bürgermeister den Ratsbeschluss beanstandet . Die Beanstandung genügt dem Formerfordernis<br />

des § 54 Abs. 2 GO NRW und enthält eine "begründete schriftliche Darlegung" für die<br />

Beanstandung , hierdurch wird bis zur erneuten Befassung des Rates die Wirksamkeit des<br />

Ratsbeschlusses aufgeschoben,<br />

vgl.<br />

Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung NRW, Band I, § 26 VII. Nr. 1 a.E.; Becker, in:<br />

Articus/Schneider, Gemeindeordnung NRW, § 26 Nr. 4 lit. d).


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 4 -<br />

3. rechtliche Würdigung<br />

Das Bürgerbegehren enthält die zwingend vorgeschriebenen Bestandteile von Frage, Begründung<br />

und Vertretungsberechtigten. Das Bürgerbegehren ist auch der Verwaltung schriftlich angezeigt<br />

worden. Eine Kostenschätzung der Verwaltung wurde mit Schreiben vom 28.02.2013 erstellt und<br />

war zwingend aufzunehmen.<br />

3.1. Abgrenzung zu anderen "<strong>Stadtwerke</strong>"-Begehren<br />

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass sich das Bürgerbegehren grundlegend von der Struktur<br />

anderer, bereits in der Rechtsprechung (anderer Bundesländer) entschiedener Verfahren<br />

hinsichtlich der Gestaltung der Energieversorgung unterscheidet.<br />

Während die Frage der Konzessionsvergabe selbst nicht einem Bürgerbegehren zugänglich wäre<br />

(so Verwaltungsgericht Stuttgart, Beschluss v. 29.04.2013, Az. 7 K 929/13), bleibt diese Thematik<br />

vom Bürgerbegehren in Bad Oeynhausen völlig unberührt. Hiervon geht auch die Verwaltung<br />

zutreffend aus.<br />

Ebenso ist vorliegend das Stadium der Entscheidungsreife erreicht, weil sich das Begehren<br />

gerade nicht auf das Vergabeverfahren richtet, sondern auf die Frage der gesellschaftsrechtlichen<br />

Beteiligung (anders als der Sachverhalt in Verwaltungsgericht Münster, Beschluss v. 27.03.2012,<br />

Az. 1 L 37/12).<br />

3.2. unbestimmte Fragestellung / bürgerbegehrensfähiger Antrag<br />

Der Bürgermeister beanstandet (weiterhin), dass die Fragestellung des Begehrens<br />

auslegungsbedürftig sei und vorliegend zu keinem hinreichend bestimmten, damit im Ergebnis<br />

auch nicht zu einem bürgerbegehrensfähigen Antrag führen würde.<br />

Dem rechtlichen Ansatzpunkt, dass ein Bürgerbegehren hinreichend bestimmt sein muss, ist<br />

ebenso zuzustimmen wie der Annahme, dass ein Bürgerbegehren der Auslegung zugänglich ist.<br />

Zur Frage der Bestimmtheit haben verschiedene Obergerichte bereits entschieden. Da ein<br />

Bürgerbegehren in allen Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen eine „Entscheidung“<br />

vorbereiten soll und der spätere Bürgerentscheid die Qualität eines Ratsbeschlusses erhält, ist die<br />

Rechtsprechung über die Bundeslandsgrenzen hinaus vergleich- und übertragbar.<br />

Zu den Anforderungen, die an das Erfordernis der „hinreichenden Bestimmtheit“ der Fragestellung<br />

zu stellen sind, hat so u.a. der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom<br />

05.10.2007 - 8 TG 1562/07 ausgeführt:


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 5 -<br />

"Die hohe demokratische Legitimation von Bürgerbegehren/Bürgerentscheiden als Elemente<br />

direkt-plebiszitär demokratischer Entscheidungen kommt in der Regelung des § 8b HGO<br />

etwa dadurch zum Ausdruck, dass ein erfolgreiches Bürgerbegehren, dem die<br />

Gemeindevertretung nicht nach Absatz 4 Satz 3 dieser Vorschrift folgt, in einem<br />

Bürgerentscheid fortgeführt werden kann, der nach Absatz 7 Satz 1 mit der erforderlichen<br />

Mehrheit die Wirkung eines endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung hat und nach<br />

Absatz 7 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 für die Dauer von mindestens drei Jahren weder durch<br />

die Gemeindevertretung noch durch ein neues Bürgerbegehren abgeändert werden kann,<br />

also für diesen dreijährigen Zeitraum das Handeln der Gemeinde verbindlich bestimmt,<br />

während auf der anderen Seite ein Beschluss der Gemeindevertretung von vornherein einen<br />

solchen Bestandsschutz nicht genießt, sondern von einem Bürgerbegehren sofort in Frage<br />

gestellt und bei Erfolg aufgehoben werden kann (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 13. Juli<br />

2004 - - ff. = juris Rdnr. 46).<br />

Fundamentale Voraussetzung für die Ordnungsmäßigkeit der kommunalen<br />

Willensbildung ist aber die Erkennbarkeit der Zielsetzung von Bürgerbegehren. Die<br />

zur Entscheidung zu bringende Frage muss aus dem Antrag mit hinreichender<br />

Klarheit und Eindeutigkeit zu entnehmen sein, weil die Bürger wissen müssen,<br />

welchen Inhalt das von ihnen unterstützte Begehren hat, und weil auch nur in diesem<br />

Fall festgestellt werden kann, dass die notwendige Stimmenzahl für dieses Begehren<br />

erreicht wurde. Außerdem muss der Bürgerentscheid wegen seiner Wirkung als<br />

endgültiger Beschluss der Gemeindevertretung einen vollziehbaren Inhalt<br />

haben.Deshalb ist für die Auslegung nicht die subjektive, im Laufe des Verfahrens erläuterte<br />

Vorstellung der Initiatoren von Sinn, Zweck und Inhalt des Bürgerbegehrens, sondern allein<br />

der objektive Erklärungsinhalt maßgeblich, wie er in der Formulierung und Begründung des<br />

Antrags zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und<br />

musste. Diese Anforderungen sind im Interesse einer unverfälschten direktdemokratischen<br />

Willensbildung vergleichsweise strikt zu handhaben (vgl. von Danwitz, DVBl. 1996 S. 134<br />

[137 r. Sp.]). Es muss deshalb anhand der vom objektiven Empfängerhorizont ausgehenden<br />

Auslegung zweifelsfrei geklärt werden können, über welchen konkreten Gegenstand und<br />

welche Fragestellung die Unterzeichner die Durchführung eines Bürgerentscheids verlangen<br />

(vgl. Spies, Bürgerversammlung/Bürgerbegehren/Bürgerentscheid, 1999, S. 165)."<br />

Diesem Ansatz folgt auch die nordrhein-westfälische Rechtsprechung. Das Bürgerbegehren ist<br />

nach dem Empfängerhorizont der Bürgerschaft und des Rates auszulegen.<br />

Dabei hat das Oberverwaltungsgericht in der auch von der Verwaltung unvollständig zitierten<br />

Entscheidung aus dem Jahr 2008 hingewiesen:


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 6 -<br />

„Der vorliegende Fall gibt Anlass zu der Feststellung, dass im Rahmen einer<br />

Verpflichtungsklage maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Bewertung eines<br />

Bürgerbegehrens als zulässig nicht nur der der mündlichen Verhandlung ist, sondern<br />

dass es - gerade auch für die Bestimmtheit der Fragestellung - wegen der Erforderlichkeit<br />

des in § 26 Abs. 4 GO geregelten Quorums aus materiell-rechtlichen Gründen auch auf den<br />

Zeitpunkt der Unterzeichnung des Bürgerbegehrens durch die Bürger ankommt.“<br />

vgl.<br />

OVG NRW, Beschluss v. 30.10.2008, Az. 15 A 2027/08 (Hervorhebungen des<br />

Unterzeichners).<br />

Damit ist jedes Bürgerbegehren vor die Herausforderung gestellt, ein sowohl zum Zeitpunkt der<br />

Unterschriftensammlung wie auch zum Zeitpunkt der etwa notwendigen gerichtlichen<br />

Entscheidung hinreichend bestimmt genug zu sein.<br />

Dem wird das vorliegende Bürgerbegehren gerecht. Die Fragestellung "...Anteile an dem<br />

Energieunternehmen EON-Westfalen-Weser-AG (EWAG) oder deren Rechtsnachfolgerin" ist<br />

bereits dem Wortlaut nach ausreichend konkretisiert.<br />

Denn die Fragestellung meint, dass alle Anteile (auch wie vom Bürgermeister in seiner<br />

Beanstandung angedachte zukünftig angekaufte) entweder der EWAG oder, wenn diese nicht<br />

mehr existiert, sondern eine Rechtsnachfolgerin vorhanden ist, alle Anteile an dieser<br />

Rechtsnachfolgerin auf Weisung an die SBO durch diese verkauft werden sollen.<br />

Die Begründung des Bürgerbegehrens führt zu keinen Auslegungszweifeln. Denn wenn die Stadt<br />

Schritte unternehmen sollte, entgegen der Intention des Bürgerbegehrens weitere Anteile zu<br />

erwerben, unterliegen diese ebenfalls später dem Gebot eines (unterstellt: erfolgreichen)<br />

Bürgerentscheids. Auch die neu erworbenen Anteile wären „ihre Anteile“ im Sinne des<br />

Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids.<br />

Die Alternativbenennung der Rechtsnachfolgerin kann aus der o.g. Überlegung heraus, dass das<br />

Bürgerbegehren sowohl im Zeitpunkt der Unterschriftensammlung wie auch im Zeitpunkt einer<br />

etwaigen gerichtlichen mündlichen Verhandlung zulässig sein muss, keinen Bedenken begegnen.<br />

Der Begriff der "Rechtsnachfolge" ist weder irreführend noch missverständlich. Der Begriff lässt<br />

nur offen, unter welcher Firmierung die Rechtsnachfolgerin auftreten wird, da dies dem<br />

Gründungsakt vorbehalten ist.<br />

Hierin setzt das Bürgerbegehren auch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts<br />

Nordrhein-Westfalen um, wonach in den Fällen, in denen die Rechtsnachfolge oder die Folge<br />

eines Vertragsabschlusses nicht im Begehrenstext enthalten ist, grundsätzlich


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 7 -<br />

"[...] der Gegenstand des Bürgerbegehrens nach erfolgtem Vertragsschluss auch nicht dahin<br />

verstanden werden [kann], dass den Bürgern die Frage vorgelegt werden soll, ob der<br />

geschlossene Vertrag im Rahmen des Möglichen rückgängig gemacht werden soll. Ein<br />

solches Begehren mag, wenn es ein initiierendes Bürgerbegehren ist, grundsätzlich möglich<br />

sein.<br />

Vgl. zur Abgrenzung kassatorischer und initiierender Bürgerbegehren OVG NRW, Urteil vom<br />

28.1.2003 - 15 A 203/02 -, S. 10 f. des amtlichen Umdrucks."<br />

vgl. Oberverwaltungsgericht NRW, Beschluss v. 29.04.2003, Az. 15 A 3916/02.<br />

Vorliegend verknüpft das Begehren daher in zulässiger Weise kassatorische wie initiierende<br />

Elemente zu einer einheitlichen Fragestellung, die die Bürger zur Abstimmung im Bürgerentscheid<br />

bringen wollen.<br />

Die Fragestellung ist daher bereits unter diesen Gesichtspunkten hinreichend bestimmt und<br />

bürgerbegehrensfähig. Sie setzt die bisherige Rechtsprechung um.<br />

In keinem Fall handelt es sich vorliegend aber - wie die Verwaltung vermutet - um eine allgemeine<br />

Handlungsvorgabe "ins Blaue" hinein. Dies bemisst sich bereits daran, dass der Bürgermeister,<br />

dem die Ausführung eines beschlossenen Bürgerentscheids obliegen würde, jederzeit in der Lage<br />

ist, das Handeln der Stadt unter die Formulierung der Fragestellung zu subsumieren. Dass Dritte<br />

am Vorhaben des Bürgerbegehrens mitwirken müssen, also z.B. auch durch Kauf der Anteile der<br />

SBO, Zustimmung, o.ä. steht der Bürgerbegehrensfähigkeit nicht entgegen.<br />

In der Rechtsprechung sind eine Vielzahl von Bürgerbegehren für zulässig erklärt worden, die der<br />

Mitwirkung Dritter (außerhalb des Rates) bedurften. So namentlich zur Sanierung von<br />

Grundstücken, Gebäuden und Denkmälern, zum Bau oder Abriss öffentlicher Einrichtungen, zum<br />

Verkauf oder Ankauf von Grundstücken.<br />

Wie bereits dargelegt ist das Bürgerbegehren sowohl auf die jetzige Besitzsituation anwendbar,<br />

wie auch auf die Umstrukturierung der Gesellschaften ("Rechtsnachfolge"). Das Bürgerbegehren<br />

ist somit auf eine Entscheidung an Stelle des Rates gerichtet, die dieser ebenso beschließen<br />

könnte. Dies genügt zur "Bürgerbegehrensfähigkeit".<br />

Da ein mit einem Bürgerbegehren erzwungener Bürgerentscheid einem Beschluss des Rates<br />

gleichsteht, müssen die zu entscheidenden Fragestellungen nur so konkret formuliert sein wie die<br />

Ratsbeschlüsse selbst.<br />

vgl.<br />

u.a. Bayr. VGH, Urteil vom 08.05.2006, Az. 4 BV 05.756; VG Regensburg, Urteil vom


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 8 -<br />

02.02.2005, Az. RN 3 K 04.01408, m.w.N.; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen,<br />

Urteil vom 23.04.2002, Az.15 A 5594/00, DÖV 2002, 961; Hess. VGH, Beschluss<br />

vom 23.11.1995, Az. 6 TG 3539/95; Bayr. VGH, Beschluss vom 22.03.1999, Az.<br />

4 ZB 1352, BayVBl. 1999, 439.<br />

Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich das streitgegenständliche Bürgerbegehren<br />

jedoch als hinreichend bestimmt.<br />

Nur vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass etwaigen Ungenauigkeiten der Bestimmtheit durch<br />

eine wohlwollende, bürgerbegehrensfreundliche Auslegung zu begegnen wäre. Dies hat die<br />

Rechtsprechung vielfach dargelegt. Stellvertretend verweise ich auf die Ausführungen des<br />

Verwaltungsgerichts Karlsruhe, das kürzlich beschloss:<br />

"Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Fragestellung und aus der Begründung des<br />

Bürgerbegehrens. Bei der Auslegung eines Bürgerbegehrens ist nicht zwingend am<br />

buchstäblichen Ausdruck der zur Entscheidung gestellten Frage festzuhalten, sondern der<br />

wirkliche Wille der Bürger zu ermitteln. An die sprachliche Abfassung der Fragestellung<br />

dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Das Rechtsinstitut<br />

Bürgerbegehren/Bürgerentscheid ist so angelegt, dass die Fragestellung von<br />

Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden<br />

können soll. Es kann deshalb notwendig sein und ist zulässig - wie bei Willenserklärungen<br />

und Gesetzen auch -, den Inhalt einer Frage durch Auslegung zu ermitteln. Bei der<br />

Auslegung hält die Rechtsprechung eine 'wohlwollende Tendenz' für gerechtfertigt, weil das<br />

Rechtsinstitut für die Bürger handhabbar sein soll, solange nur das sachliche Ziel des<br />

Begehrens klar erkennbar ist."<br />

vgl. so u.a. Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss v. 19.10.2012, Az 5 K 1969/12.<br />

Am konkreten Beispiel von gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen hat zuletzt auch das<br />

Verwaltungsgericht Regensburg in seinem Urteil vom 11.07.2012, Az. RN 3 K 11.1641, diese<br />

bürgerbegehrensfreundliche Auslegung angemahnt.<br />

Dieser Anforderung wird die Beanstandung des Bürgermeisters nicht gerecht.<br />

3.3. irreführende / unrichtige Begründung<br />

Soweit der Bürgermeister in seiner ursprünglichen Bewertung, nun aber auch im Rahmen der<br />

Beanstandung ausführt, der Anteilserwerb und die Konzessionsvergabe seien getrennte<br />

Vorgänge, ist dies ebenso zutreffend wie die Darlegung des Bürgerbegehrens und des<br />

bevollmächtigten Rechtsanwalts Ott, dass der Gesellschaftsvertrag diese beiden ursprünglich<br />

getrennten Vorgänge miteinander verbindet und hieraus ein Kündigungsrecht aus wichtigem


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 9 -<br />

Grund ableitet.<br />

Wenn der Bürgermeister somit bemängelt, es werde „der Eindruck vermittelt, die<br />

Konzessionserteilung [sei] mit der Aktieninhaberschaft gekoppelt“, entspricht dies den<br />

vorgeschlagenen vertraglichen Regelungen.<br />

Tatsächlich kann derzeit nicht prognostiziert werden, welche Auswirkungen eine<br />

Aktieninhaberschaft auf die Vergabe der Konzession im Ergebnis haben wird. Es steht dem<br />

Bürgerbegehren aber völlig frei, seine Sorge um eine unbefangene Konzessionsvergabe auch im<br />

Begehrenstext selbst zum Ausdruck zu bringen.<br />

Nicht anderes tut das Begehren mit der Formulierung „Eine Vergabe der Konzessionen an die<br />

örtlichen <strong>Stadtwerke</strong> ist dann aus unserer Sicht sehr unwahrscheinlich.“ Bereits sprachlich bring<br />

das Begehren hinreichend zum Ausdruck, dass es sich hierbei um eine politische wie auch<br />

inhaltliche Bewertung handelt. Dies wurde für jeden Unterzeichner ebenso wie für den Rat<br />

hinreichend deutlich.<br />

Ist diese politisch-inhaltliche Positionierung und Bewertung erkennbar und steht es somit dem<br />

Unterzeichnenden frei ihr inhaltlich zu folgen oder aber auch sie inhaltlich abzulehnen, kann es<br />

bereits logisch nicht zu einer Irreführung kommen bzw. gekommen sein.<br />

Die Begründung ist daher zutreffend und nicht irreführend.<br />

Der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass sich natürlich die politische Frage stellen<br />

kann, wie unabhängig die Konzessionsvergabe zukünftig noch durchgeführt werden kann. Dies ist<br />

aber eine Auseinandersetzung, die nicht im Rahmen der Zulässigkeitsentscheidung des Rates zu<br />

führen ist, sondern in der Vorbereitung auf den notwendigen Bürgerentscheid.<br />

Es steht den Ratsfraktionen wie auch den Vertretungsberechtigten und dem Bürgermeister frei,<br />

die jeweils eigene inhaltliche Position in der Öffentlichkeit zu bewerben und hierbei auf die<br />

ausgetauschten Argumente zu verweisen. Dieser politische Wettbewerb um die Stimmen im<br />

späteren Bürgerentscheid darf aber nicht dadurch unterlaufen werden, in dem nun eine erkennbar<br />

subjektive Bewertung des Bürgerbegehrens mit dem Argument der „Irreführung“ für eine<br />

Begründung der Unzulässigkeit herangezogen wird.<br />

3.4. Form des Bürgerbegehrens (Vorder- und Rückseite)<br />

Auch die gewählte Form des Bürgerbegehrens führt nicht zur Unzulässigkeit. Das Begehren selbst<br />

ist auf einer einzigen DIN-A4-Seite vollständig abgedruckt. Es enthält die o.g. und bewerteten<br />

Bestandteile, wie die Gemeindeordnung sie vorschreiben. Dazu zählen hier konkret der


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 10 -<br />

Einleitungssatz "Ich unterstütze...", die Fragestellung, die Begründung, die Kostenschätzung der<br />

Verwaltung und die Angabe der Vertretungsberechtigten nebst anschließender Tabelle zur<br />

Sammlung der Unterschriften.<br />

Diese Seite ist das vollständige, in sich geschlossene und allein durch den Rat rechtlich zu<br />

bewertende Bürgerbegehren.<br />

Rechtsirrig nimmt die Verwaltung und mit ihr der Bürgermeister im Rahmen der Beanstandung an,<br />

auch die Seite "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ..." sei Bestandteil des Bürgerbegehrens.<br />

Dies ist nicht der Fall. Hierzu besteht weder aus der Gestaltung beider Seiten, noch aus den<br />

Vorgaben von Gemeindeordnung und Rechtsprechung heraus Anlass.<br />

Die Seite "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger..." ist bereits optisch wie auch inhaltlich als<br />

Werbeschreiben der Bürgerinitiative gestaltet. Sie enthält keine Bestandteile des Begehrens<br />

(Frage, Begründung, Kostenschätzung, Vertretungsberechtigte, Unterschriften), sondern wirbt<br />

allein um die Unterstützung des Begehrens. Dies machen die Anrede, die Formulierungen "Bitte<br />

unterstützen Sie..." oder "stimmen Sie beim Bürgerentscheid mit JA" deutlich. Darüber hinaus<br />

erfüllt das Anschreiben offensichtlich auch weitere Werbezwecke, z.B. die Unterstützung der<br />

Initiative durch Spenden aus der Bevölkerung.<br />

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Bürgerbegehren bereits in seinem eigenen Text<br />

für seine Belange werben dürfte. Erst recht ist die Werbung außerhalb des Begehrens zulässig.<br />

Dem Umstand, dass das Werbeschreiben und das Bürgerbegehren auf die Vorder- und Rückseite<br />

des gleichen Blattes gedruckt wurden, kommt dabei keine rechtliche Bedeutung zu. Es ändert<br />

weder den Charakter des Werbeschreibens, noch den Charakter des vollständigen und (s.o.)<br />

zulässigen Begehrens.<br />

Nur zur Illustration sei ergänzend darauf hingewiesen, dass auch handschriftliche Notizen auf der<br />

Rückseite eines Bürgerbegehrens nicht dessen Zulässigkeit beeinträchtigen könnten, gleiches gilt<br />

für Werbeaufdrucke oder Aufkleber auf Briefumschlägen oder Aktenordnern des Begehrens,<br />

insbesondere aber auch für Werbeflyer, Handzettel, Plakate oder Berichte in den Medien.<br />

Der Landesgesetzgeber hat den Rat mit der Aufgabe betraut die Zulässigkeit "des<br />

Bürgerbegehrens" festzustellen. Der Rat ist nicht aufgerufen, die Öffentlichkeitsarbeit juristisch zu<br />

bewerten.<br />

Dies hat der Rat in seinem Beschluss über die Zulässigkeit zutreffend erkannt und ist daher auch<br />

in diesem Aspekt der Beratungsvorlage der Verwaltung nicht gefolgt.


Dr. Obst & <strong>Hotstegs</strong> Rechtsanwaltspartnerschaft<br />

- Seite 11 -<br />

4. Zusammenfassung<br />

Das vorliegende Bürgerbegehren ist somit nach der bisherigen Bewertung im Gesamtergebnis<br />

zulässig. Es enthält insbesondere keine unzulässige Fragestellung oder Begründung.<br />

Düsseldorf, den 31.05.2013<br />

Robert <strong>Hotstegs</strong><br />

Rechts an walt

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