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sonderausgabe<br />
zur neuen<br />
insolvenzordnung<br />
Newsletter<br />
EDITORIAL<br />
Das ESUG auf Erfolgskurs – trotz Widerstand<br />
Ein Jahr ESUG, ein Anlass für das DIAI, die Handlungsempfehlungen<br />
zum ESUG aus dem Vorjahr neu aufzulegen und an<br />
die aktuellen Entwicklungen anzupassen. Es waren zwölf<br />
enorm interessante Monate mit Höhen und Tiefen und einem<br />
neuen Gesetz, das die Erwartungen in weiten Bereichen erfüllt,<br />
in manchen gar übertroffen hat. Inzwischen haben mehr<br />
als die Hälfte der Insolvenzgerichte bereits Erfahrungen mit<br />
ESUG-Verfahren und man erkennt, dass der grundlegende<br />
Paradigmenwechsel mehr und mehr vollzogen wird. Der Schutz<br />
der Gläubigerinteressen liegt im Eigenverwaltungs- wie im<br />
Schutzschirmverfahren nunmehr ausschließlich in den Händen<br />
der Gläubiger und es liegt dann konsequent auch nur an<br />
ihnen die Aufhebung einer angeordneten Eigenverwaltung zu<br />
betreiben, wenn sie Schäden befürchten. Klagte man früher<br />
über die Ignoranz der Gerichte, so gilt die Klage nun eher den<br />
Privatbanken, die sich weitgehend einer Mitwirkung entgegenstellen,<br />
während gerade die Sparkassen sowie die Volksund<br />
Raiffeisenbanken das neue Recht aktiv tragen und auch<br />
als eine gute Möglichkeit der Kundenbindung ansehen.<br />
Auch die ersten Wochen des Jahres 2013 haben den positiven<br />
Trend deutlich bestätigt: Die Eigenverwaltung wird zunehmend<br />
angenommen, immer mehr Unternehmen wollen<br />
davon Gebrauch machen. Die weitaus überwiegende Zahl<br />
der Insolvenzgerichte steht dem Verfahren aufgeschlossen<br />
gegenüber, allerdings formiert sich auch bei einigen Gerichten<br />
Widerstand, vielfach gemeinsam mit örtlichen Insolvenzverwaltern,<br />
die gerne zurück zu den<br />
alten Zeiten möchten, als man sich<br />
noch aufeinander verlassen konnte und<br />
die Gläubiger nicht gestört haben. Es<br />
entsteht in solchen Konstellationen der Eindruck, dass von<br />
Insolvenzverwaltern begleitete Eigenverwaltungen dann eher<br />
nicht zu Ende geführt werden und man sich dem Widerstand<br />
der Gerichte beugt, vielleicht auch, um einer zukünftigen<br />
Bestellung nicht im Wege zu stehen. Das widerspricht diametral<br />
den Zielen des Gesetzgebers und wird in mehreren<br />
Beiträgen inzwischen auch als rechtswidrig gebrandmarkt.<br />
Es ist ja gerade das wesentliche Ziel der Reform gewesen,<br />
dass ein gut vorbereitetes Verfahren Erfolg haben soll. Wir<br />
sehen aber auch, dass bei zunehmender Kompetenz der Gerichte<br />
die Professionalität bei Beratern noch deutlich besser<br />
werden muss, auch weil verbreitet auf eine gute Vorbereitung<br />
immer noch kein Schwerpunkt gelegt wird.<br />
Wir wollen Ihnen mit diesem Sondernewsletter einen Einblick<br />
in die Entwicklung der letzten Monate geben und dort wo es<br />
erforderlich erscheint Altbekanntes nochmals erläutern. Wir<br />
wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.<br />
Prof. Dr. Hans Haarmeyer<br />
Leitender Direktor des Deutschen <strong>Institut</strong>s für <strong>angewandtes</strong><br />
<strong>Insolvenzrecht</strong> DIAI<br />
02 Ein Jahr ESUG – ein Erfahrungsbericht<br />
05 Einführung in das neue <strong>Insolvenzrecht</strong><br />
08 Der vorläufige Gläubigerausschuss: Stärkung der<br />
Gläubigermitbestimmung<br />
10 Auswirkungen des ESUG auf die gerichtliche Praxis<br />
12 Die richtige Verfahrensvorbereitung und die optimale<br />
Abstimmung mit dem Insolvenzgericht<br />
14 Die Durchsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung<br />
16 Der Ablauf des Schutzschirmverfahrens<br />
19 Schutzschirmverfahren versus vorläufige Eigenverwaltung<br />
21 Eisengießerei Karlshütte hatte Mut zur Insolvenz<br />
23 Ich und der Schutzschirm – aus der Sicht eines<br />
Sanierungsgeschäftsführers<br />
27 Anforderungen an die Bescheinigung für das<br />
Schutzschirmverfahren<br />
29 DES: vom Gläubiger zum Gesellschafter werden<br />
30 Die Verbesserung der Risikoposition der Bank durch<br />
Insolvenzplan und Eigenverwaltung<br />
32 Steuern in der vorläufigen Eigenverwaltung<br />
34 Insolvenzplan in Eigenverwaltung zum Erfolg führen<br />
36 Endlich Klarheit – nur der Schuldner darf Masseverbindlichkeiten<br />
begründen!<br />
38 Der „unechte“ Massekredit nach ESUG<br />
40 Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung<br />
42 Die Haftung des Sanierungsgeschäftsführers<br />
im Schutzschirmverfahren<br />
1
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Ein Jahr ESUG – ein Erfahrungsbericht<br />
RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />
Mit dem Inkrafttreten des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) am 1. März<br />
2012 hat sich die Welt der Insolvenzabwicklung grundlegend verändert. Das neue <strong>Insolvenzrecht</strong> ist in den meisten<br />
Unternehmen noch nicht angekommen, es gilt noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Buchalik Brömmekamp<br />
konnte schon 28 Anträge auf vorläufige Eigenverwaltung nach § 270a InsO oder Einleitung eines Schutzschirmverfahrens<br />
nach § 270b InsO vorbereiten und diese Verfahren beratend begleiten. Von diesen 28 Verfahren wurden<br />
inzwischen mehrere bereits nach Bestätigung der jeweiligen Insolvenzpläne schon wieder aufgehoben. Die dabei<br />
gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sind zumeist positiv.<br />
1. Auswirkungen des ESUG auf die Insolvenzantragstellung<br />
Noch ist nicht wirklich klar, wie viele Unternehmen seit dem<br />
1. März 2012 einen Antrag nach § 270a InsO oder § 270b<br />
InsO gestellt haben. Experten sprechen von ca. 180 beantragten<br />
Verfahren. Die Zahl der Anträge lässt sich nur<br />
schwer abschätzen, weil bis zur Eröffnung keine Veröffentlichungspflicht<br />
besteht. Dennoch sind es deutlich mehr Verfahren<br />
in Eigenverwaltung als vor der Geltung des ESUG.<br />
Gleichwohl ist das neue <strong>Insolvenzrecht</strong> den meisten Unternehmen<br />
noch nicht bekannt. Wesentliche Veröffentlichungen<br />
dazu gibt es bislang nur in der juristischen Fachpresse.<br />
Die Wirtschaftspresse hat das ESUG noch nicht für sich<br />
entdeckt, obwohl gerade ihr die wichtige Rolle zukäme,<br />
hierüber aufzuklären.<br />
2. Was ist neu am ESUG<br />
Auch die große <strong>Insolvenzrecht</strong>sreform 1999 sah die Möglichkeit<br />
zur Eigenverwaltung vor, allerdings erst im eröffneten Verfahren.<br />
Bis zur Eröffnung verblieb es bei der vorläufigen Insolvenzverwaltung.<br />
Die Entscheidung über die Anordnung der<br />
Eigenverwaltung fiel erst mit dem Eröffnungsbeschluss. Manche<br />
Richter ließen vorab nicht erkennen, ob sie gewillt waren,<br />
die Eigenverwaltung mit der Eröffnung des Verfahrens anzuordnen.<br />
Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Beschluss<br />
waren nicht zulässig. Häufig sprach sich der vorläufige Insolvenzverwalter<br />
schon aus rein pekuniären Interessen und wegen<br />
des für ihn einhergehenden Machtverlustes gegen die Anordnung<br />
der Eigenverwaltung aus. Aus Beratersicht war der Zeitraum<br />
bis zur Eröffnung des Verfahrens stets eine Zitterpartie,<br />
weil dem Insolvenzschuldner nicht mit Sicherheit gesagt werden<br />
konnte, ob die beantragte Eigenverwaltung vom Gericht<br />
angeordnet wird. Wurde die Anordnung der Eigenverwaltung<br />
abgelehnt, dann drohte dem Gesellschafter der Verlust seines<br />
Unternehmens, denn das Ziel der Insolvenzverwaltung war in<br />
den seltensten Fällen der Unternehmenserhalt für den Gesellschafter,<br />
sondern die Zerschlagung oder die Veräußerung<br />
an einen Investor, meist einen Wettbewerber. Häufig wurde<br />
dabei argumentiert, dass der Unternehmer mit der beantragten<br />
Insolvenz gezeigt habe, dass er nicht in der Lage sei, das<br />
Unternehmen erfolgreich zu führen und man es deshalb in<br />
andere Hände geben müsse. Der Gesetzgeber will mit diesen<br />
Klischees durch das neue Recht aufräumen. Eine frühzeitige<br />
Insolvenzantragstellung ist nur dann für den Unternehmer<br />
interessant, wenn er sein Unternehmen behalten kann. Diese<br />
Möglichkeit wird ihm mit dem neuen Recht eröffnet.<br />
Seit dem 1. März 2012 soll das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung<br />
nach § 270a InsO anordnen, wenn der Antrag<br />
des Schuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos<br />
ist. Wird der Antrag auf Eigenverwaltung von einem<br />
einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
unterstützt, hat das Gericht keine nennenswerte Möglichkeit,<br />
die (vorläufige) Eigenverwaltung zu verhindern.<br />
3. Anreiz zu frühzeitiger Insolvenzantragstellung<br />
Mit der nunmehr weitgehend bestehenden Planungs- und<br />
Rechtssicherheit über die Anordnung der Eigenverwaltung durch<br />
das Gericht ist der Anreiz des Schuldners zur frühzeitigen Antragstellung<br />
massiv gestiegen. Der professionelle Berater kann,<br />
sofern die notwendigen wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen<br />
vorliegen, die es vorab zu prüfen gilt, den Erfolg eines<br />
solchen Verfahrens in Eigenverwaltung fast garantieren.<br />
4. Anfechtung von Steuerzahlungen und geringere<br />
Verfahrenskosten als weitere Argumente für die vorläufige<br />
Eigenverwaltung bzw. Schutzschirmverfahren<br />
Insbesondere in größeren, massestarken Verfahren mit<br />
hohen Umsätzen gibt es zwei wesentliche Argumente, die<br />
2
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den Weg über vorläufige Eigenverwaltung bzw. das Schutzschirmverfahren<br />
schon fast zwingend vorgeben:<br />
Das eine Argument bezieht sich auf einen gesetzlichen Webfehler.<br />
Der erst zum 1. Januar 2011 systemwidrig neu eingeführte<br />
§ 55 Abs. 4 InsO bestimmt, dass Verbindlichkeiten aus<br />
dem Steuerschuldverhältnis, die im Eröffnungsverfahren, also<br />
dem Zeitraum zwischen Antragstellung und Eröffnung begründet<br />
worden sind, im eröffneten Verfahren als Masseverbindlichkeiten<br />
gelten. Gezahlte Steuern wie Umsatzsteuer, Branntweinsteuer,<br />
Lohnsteuer etc. können somit nach Eröffnung vom<br />
Sachwalter gemäß §§ 129 ff. InsO angefochten werden. Bei<br />
einem Unternehmen mit 2 Mio. Euro Umsatz/Monat und einer<br />
monatlichen Bruttolohnsumme von 500 TEuro kann neue Liquidität<br />
über die Insolvenz von fast 2 Mio. Euro generiert werden,<br />
sodass der Sanierungserfolg wahrscheinlicher wird.<br />
Das andere Argument sind die deutlich geringeren Verfahrenskosten<br />
bei einem Verfahren in Eigenverwaltung. Berücksichtigt<br />
man, dass die Verfahrenskosten in der Regelinsolvenz<br />
eines Unternehmens dieser Größenordnung bei geschätzt<br />
1,2 Mio. Euro liegen und sich in der Eigenverwaltung auf ein<br />
Drittel bis ein Viertel reduzieren, lässt sich die Masse um<br />
800 TEuro gegenüber der Regelinsolvenz anreichern – Geld,<br />
das zur Verteilung an die Gläubiger verfügbar ist und die Quote<br />
deutlich erhöht. Das liegt daran, dass der Sachwalter in der<br />
Regel nur 60 Prozent der für den Insolvenzverwalter bestimmten<br />
Vergütung erhält. Zudem entfallen die sonst üblichen<br />
Zuschläge auf die Regelvergütung, da einige Tätigkeiten nun<br />
vom eigenverwaltenden Schuldner selbst durchgeführt werden.<br />
Dazu zählen die Einleitung der Insolvenzgeldvorfinanzierung,<br />
die Insolvenzplanerstellung oder die Verhandlungen mit<br />
Kunden und Lieferanten. Das Argument, dass diese eingesparten<br />
Kosten nun auf den Berater entfallen würden, ist nur<br />
bedingt nachvollziehbar. Zum einen bedient sich auch der<br />
Insolvenzverwalter im Regelinsolvenzverfahren externer Berater,<br />
die er gesondert aus der Masse vergütet. Zum anderen<br />
lässt sich das Honorar des Beraters – anders als die Vergütung<br />
des Insolvenzverwalters – vorher aushandeln und beläuft<br />
sich deshalb in der Regel nur auf einen Bruchteil dessen.<br />
5. Stärkerer Einfluss der Gläubiger auf das Verfahren<br />
Bislang wurde die Insolvenz praktisch zwischen Gericht und<br />
Insolvenzverwalter geregelt. Die Gläubiger wurden üblicherweise<br />
erst im eröffneten Verfahren einbezogen, dann waren aber die<br />
wesentlichen Weichen bereits gestellt und eine Beeinflussung<br />
auf das Verfahren war kaum mehr möglich. Die Einflussnahme<br />
der Gläubiger ist durch das ESUG deutlich gestärkt worden.<br />
Frühzeitig einbezogen bestimmen nunmehr die Gläubiger, ob<br />
es zur Anordnung einer Eigenverwaltung kommt, wer als (vorläufiger)<br />
Sachwalter vom Gericht bestellt wird, wer die Bewertungsgutachten<br />
und die Kassenprüfung durchführt, genauso<br />
wie der vorläufige Gläubigerausschuss die Konditionen dieser<br />
Dienstleister mitbestimmt. Sie kontrollieren neuerdings den<br />
Schuldner und den (vorläufigen) Sachwalter und erhalten regelmäßige<br />
Informationen über den Gang des Verfahrens. Letzteres<br />
war bei „unwilligen Verwaltern“ in der Vergangenheit eher<br />
die Ausnahme. Noch nicht alle Gläubiger nehmen derzeit diese<br />
neuen Rechte – insbesondere wegen nicht auszuschließenden<br />
Haftungsrisiken – wahr. Haftungsrisiken lassen sich aber durch<br />
die Einschaltung eines externen Kassenprüfers und eine Haftpflichtversicherung<br />
vollständig eliminieren.<br />
6. Erheblich gesteigerte Möglichkeiten zur<br />
Unternehmenssanierung<br />
Liegt ein belastbares operatives Sanierungskonzept vor und<br />
kann auf Dauer die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Insolvenzschuldners<br />
durch operative Restrukturierungsmaßnahmen<br />
wiederhergestellt werden, bietet die Planinsolvenz in Eigenverwaltung<br />
eine Plattform mit unglaublichen Möglichkeiten. Mit<br />
dem Insolvenzgeld, der Rückholung von Steuerzahlungen sowie<br />
dem Einfrieren von Altverbindlichkeiten wird die Liquidität massiv<br />
gestärkt, sodass zusätzliche Sanierungskredite meist überflüssig<br />
werden. Damit wird ein wesentliches Hindernis zur nachhaltigen<br />
Sanierung des Unternehmens aus dem Wege geräumt.<br />
Hinzu kommt durch die erhebliche Entschuldung auf der Grundlage<br />
von Verzichten ungesicherter Gläubiger (u. a. Bundesagentur<br />
für Arbeit, ungesicherte Banken und Lieferanten, Pensions-<br />
Sicherungs-Verein, Wegfall von Nachranggläubigern) eine<br />
Steigerung der Eigenkapitalquote von bis zu 80 Prozent. Das<br />
noch vor Antragstellung unterkapitalisierte und illiquide Unternehmen<br />
weist nun eine beachtliche Eigenkapitalquote auf, die<br />
die nachhaltige Sanierung nicht nur unterstützt, sondern fast<br />
schon der Erfolgsgarant für das Gelingen der Sanierung ist.<br />
Wesentliches Sanierungshindernis war bislang das Erfordernis,<br />
neue Liquidität zur Verlustfinanzierung und Umsetzung der<br />
Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Diese konnte<br />
im Regelfall nur von den Banken kommen. Mit der Möglichkeit,<br />
Liquidität im Verfahren zu generieren, ist eine zusätzliche<br />
Bankenfinanzierung meist nicht mehr notwendig.<br />
7. Professionelle Verfahrensvorbereitung als<br />
Erfolgsfaktor<br />
Ohne eine professionelle Begleitung ist der Erfolg einer Planinsolvenz<br />
in Eigenverwaltung nicht darstellbar. Schon bis zur<br />
Antragstellung gibt es mindestens 40 wichtige Punkte abzuar<br />
3
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
beiten, um den Erfolg sicherzustellen. Dazu gehören die Vorbereitung<br />
des Insolvenzantrages selbst, die Einleitung der Insolvenzgeldvorfinanzierung,<br />
vorbereitende Gespräche mit den<br />
potenziellen vorläufigen Gläubigerausschussmitgliedern, mit<br />
dem vorläufigen Sachwalter und mit dem Gericht, die Vorbereitung<br />
einer Vereinbarung eines „unechten“ Massekredites,<br />
die Erstellung eines Insolvenzszenarios und der Liquiditätsplanung<br />
für die Insolvenz, die Einholung von Versicherungsschutz<br />
u.v.m. Allein der Insolvenzantrag mit dem Ziel der Eigenverwaltung<br />
setzt die Erstellung von ca. 20 Einzeldokumenten voraus.<br />
Beim Schutzschirmverfahren ist der Antrag noch erheblich<br />
komplexer. Nach einer Erhebung des Amtsgerichtes Charlottenburg<br />
vom August 2012 waren bislang über 90 Prozent der<br />
gestellten Anträge nach neuem Recht unzulässig, weil es an<br />
einer professionellen Vorbereitung fehlte. Ein Insolvenzschuldner<br />
schafft das definitiv nicht alleine. Die erheblichen Chancen,<br />
die das neue Recht bietet, wurden in diesen Fällen durch mangelhafte<br />
Vorbereitung zunichte gemacht.<br />
8. Akzeptanz durch die Insolvenzverwalter noch nicht<br />
durchgängig<br />
Viele Insolvenzverwalter haben mit dem neuen <strong>Insolvenzrecht</strong><br />
noch Akzeptanzschwierigkeiten. Das ist nachvollziehbar, wenn<br />
man die damit verbundenen Einkommenseinbußen und den<br />
Verlust an Einfluss berücksichtigt. Die Verwalterszene sollte<br />
das neue Recht akzeptieren und sich auf die geänderten Rahmenbedingungen<br />
einstellen. Die Erfahrungen mit dem neuen<br />
Recht sind für die Beteiligten insgesamt so positiv, dass nicht<br />
damit zu rechnen ist, dass der Gesetzgeber das Rad wieder<br />
zurückdrehen wird. Ein Verwalter, der das neue <strong>Insolvenzrecht</strong><br />
öffentlich ablehnt, wird kaum erwarten können, dass er vom<br />
Schuldner oder den Gläubigern noch für das Amt des vorläufigen<br />
Sachwalters vorgeschlagen wird. Es ist damit zu rechnen,<br />
dass die Zahl der relevanten Insolvenzen mit Sanierungspotenzial<br />
in Zukunft deutlich steigen wird. Will ein Verwalter<br />
an diesem Markt partizipieren, muss er dafür offen sein.<br />
9. Hohe Akzeptanz durch die Gerichte, aber viele<br />
Hürden bei der Umsetzung<br />
Die Akzeptanz seitens der Gerichte ist überraschend hoch.<br />
Nachdem anfänglich bei den meisten Gerichten erhebliche<br />
Unsicherheit über den Gang der neuen Verfahren herrschte,<br />
positionieren sich die Gerichte nach den ersten Erfahrungen<br />
immer klarer. Allerdings sind die Unterschiede bei den einzelnen<br />
Gerichten aufgrund fehlender gesetzlicher Vorgaben und<br />
fehlender höchstrichterlicher Entscheidungen noch groß. Es<br />
liegt am Berater, die bislang aufgetretenen Rechtsprobleme<br />
durch Studium der bisherigen Gerichtsbeschlüsse zum ESUG<br />
zu antizipieren und durch Vorgespräche mit dem zuständigen<br />
Gericht auszuschließen bzw. zu lösen. Unterschiedliche Auffassungen<br />
vertreten die Insolvenzgerichte in Deutschland gegenwärtig<br />
etwa in Bezug auf folgende wesentlichen Punkte:<br />
die repräsentative Zusammensetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses,<br />
die Personenidentität von Berater und<br />
Bescheiniger nach § 270b InsO, die Schwellenwerte für die<br />
Kosten des vorläufigen Gläubigerausschusses, die Befugnis zur<br />
Eingehung von Masseverbindlichkeiten im Eröffnungsverfahren<br />
durch den eigenverwaltenden Schuldner. Schwierigkeiten<br />
ergeben sich auch daraus, dass die meisten Gerichte – selbst<br />
bei einer stattgefundenen intensiven Vorbesprechung des<br />
Insolvenzantrages im Vorfeld der eigentlichen Antragstellung<br />
– ihre Beschlüsse nicht unverzüglich nach der eigentlichen<br />
Antragstellung erlassen. Das liegt daran, dass sie erst einmal<br />
noch genau prüfen wollen, ob z. B. der vorläufige Gläubigerausschuss,<br />
der vom Schuldner vorgeschlagen wurde, formal richtig<br />
zusammengesetzt wurde, die Eigenverwaltung nicht offensichtlich<br />
aussichtslos ist oder Bedenken im Hinblick auf die<br />
Begründung von Masseverbindlichkeiten bestehen. Wenn das<br />
Gericht, wie in einem Fall geschehen, für diese Prüfung erst<br />
einen Gutachter einsetzt, wird durch den dadurch eintretenden<br />
Zeitverlust die weitere Unternehmensfortführung erst<br />
einmal blockiert. Der gestellte Antrag wurde in diesem Stadium<br />
meist auch schon nach außen kommuniziert. Vor der Einreichung<br />
des Gutachtens wird das Gericht aber einen ersten<br />
Beschluss in der Regel nicht erlassen. Der Betrieb ist in der<br />
Zwischenzeit praktisch lahmgelegt und die Mitarbeiter warten<br />
auf ihre Löhne und Gehälter. Nur mit frühzeitigen und intensiven<br />
vertrauensbildenden Vorgesprächen mit dem zuständigen<br />
Gericht und vor allem der Bereitschaft des Gerichtes, schon<br />
vor der Antragstellung erste Prüfungen durchzuführen, kann<br />
einem solchen Szenario ausreichend begegnet werden.<br />
10. Ausblick<br />
Obwohl die Anfangsschwierigkeiten mit dem neuen <strong>Insolvenzrecht</strong><br />
in Teilbereichen offenkundig sind, ist das ESUG<br />
insgesamt als großer Erfolg zu bezeichnen. Der Gesetzgeber<br />
hat damit ein neues Sanierungsinstrument geschaffen,<br />
das von der Praxis angenommen wird. Der oftmals<br />
vorgebrachte Missbrauch hält sich in Grenzen. Die ersten<br />
Erfahrungen mit den Gerichten zeigen, dass die Richter ihre<br />
Torwächterfunktion ausfüllen und eher zur Überregulierung<br />
als zur Deregulierung neigen. Wichtig wird es jetzt im<br />
nächsten Schritt sein, das neue Recht den von der Insolvenz<br />
bedrohten Unternehmen auch zu kommunizieren, damit<br />
diese von den neuen Sanierungsmöglichkeiten durch<br />
Insolvenz Gebrauch machen.<br />
4
www.diai.org<br />
Einführung in das neue <strong>Insolvenzrecht</strong><br />
RA Dr. Jasper Stahlschmidt, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Das <strong>Insolvenzrecht</strong> vor Inkrafttreten des ESUG verhinderte in vielen Fällen, dass lebensfähige Unternehmen durch<br />
ein eröffnetes Insolvenzverfahren saniert werden konnten, weil die fehlende Berechenbarkeit eines Insolvenzverfahrens<br />
Unternehmen davon abhielt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Vielmehr wurde der Weg über die außergerichtliche<br />
Sanierung so lange beschritten, bis alle Reserven verbraucht waren und nur noch die Liquidation des<br />
Unternehmens möglich war.<br />
Mit dem reformierten <strong>Insolvenzrecht</strong> strebt der Gesetzgeber<br />
eine frühzeitige Sanierung von Unternehmen an, um die<br />
Spielräume für eine außergerichtliche Sanierung zu erhöhen.<br />
Gleichzeitig ist der Weg durch die Insolvenz für den Insolvenzschuldner<br />
beherrsch- und berechenbarer.<br />
Die vorgenommenen Änderungen der Insolvenzordnung sollen<br />
auch ihren Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes<br />
Deutschland leisten, z. B. diesen interessanter für ausländische<br />
Investoren machen und dem vereinzelt aufgetretenen<br />
insolvenzrechtlichen „Forum Shopping“ (Unternehmensverlagerungen<br />
ins Ausland mit dem Ziel, dort Erleichterungen für<br />
die Sanierung und Erhaltung von Unternehmen in Anspruch<br />
zu nehmen) die Grundlage entziehen. Der Schwerpunkt des<br />
Gesetzes besteht deshalb in der Erleichterung der Sanierung<br />
von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger<br />
auf die Auswahl des Insolvenzverwalters/Sachwalters,<br />
einem erleichterten und bereits in das Eröffnungsverfahren<br />
vorverlagerten Zugang zur Eigenverwaltung sowie dem Ausbau<br />
und der Straffung des Insolvenzplanverfahrens.<br />
Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen/Neuerungen:<br />
1. Stärkung der Gläubigerrechte<br />
Um die Gläubigerrechte zu stärken, wird die Möglichkeit<br />
geschaffen, bereits unmittelbar nach dem Eingang eines<br />
Eröffnungsantrages einen vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
einzurichten, sofern im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens<br />
zwei der drei folgenden Schwellenwerte erreicht<br />
wurden (§ 22a Abs. 1 InsO):<br />
– 4,84 Mio. Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf<br />
der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages i.S.v. § 268<br />
Abs. 3 HGB,<br />
– 9,68 Mio. Euro Umsatzerlöse sowie<br />
– im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer.<br />
Auch unterhalb der Schwellenwerte erfolgt die Einrichtung<br />
eines vorläufigen Gläubigerausschusses auf Antrag des<br />
Schuldners, des vorläufigen Sachwalters oder eines Gläubigers,<br />
wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder in<br />
Betracht kommen und dem Antrag die Einverständniserklärungen<br />
der benannten Personen beigefügt werden (§ 22a<br />
Abs. 2 InsO).<br />
Die Befugnisse des vorläufigen Gläubigerausschusses sind<br />
sehr weitreichend:<br />
– Vor Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen<br />
zu äußern, die an den Verwalter zu stellen sind<br />
(§ 56a Abs. 1 InsO).<br />
– Sofern sich der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig<br />
für eine bestimmte Person als Verwalter ausspricht, ist<br />
diese Entscheidung für das Gericht bindend, es sei denn,<br />
die vorgeschlagene Person ist für die Übernahme des<br />
Amtes nicht geeignet (§ 56a Abs. 2 Satz 1 InsO).<br />
– Hat das Gericht ohne Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
einen Verwalter bestellt, so kann der vorläufige<br />
Gläubigerausschuss in seiner ersten Sitzung mit<br />
einem einstimmigen Beschluss einen anderen Verwalter<br />
wählen (§ 56a Abs. 3 InsO).<br />
– Vor der Entscheidung über einen Antrag auf Eigenverwaltung<br />
ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit<br />
zur Äußerung zu geben (§ 270 Abs. 3 Satz 1 InsO).<br />
– Ein Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung kann vom<br />
Gericht nur abgelehnt werden, wenn Umstände bekannt<br />
sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen<br />
für die Gläubiger führen wird (§ 270 Abs. 2 Nr. 2<br />
InsO). Wird aber der Antrag von einem einstimmigen Beschluss<br />
des vorläufigen Gläubigerausschusses unterstützt,<br />
gilt die Anordnung als nicht nachteilig für die Gläubiger<br />
(§ 270 Abs. 3 Satz 2 InsO).<br />
2. Stärkung der Eigenverwaltung und neues<br />
Schutzschirmverfahren<br />
Der Gesetzgeber wollte die Eigenverwaltung weiter stärken, um<br />
im Idealfall im Einvernehmen mit den Gläubigern die Kennt<br />
5
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
nisse und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsleitung bestmöglich<br />
nutzen zu können und eine zeit- und kostenintensive<br />
Einarbeitungszeit eines Insolvenzverwalters zu vermeiden.<br />
Vor der Reform wurde die Eigenverwaltung nur sehr zurückhaltend<br />
eingesetzt, vor allem, weil das Verfahren für den<br />
Insolvenzschuldner nicht kalkulierbar war. Zwischen Antragstellung<br />
und Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde vom<br />
Insolvenzgericht immer ein vorläufiger Insolvenzverwalter<br />
mit zum Teil sehr weitgehenden Befugnissen eingesetzt.<br />
Erst im Beschluss des Gerichtes über die Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens, also nach zwei bis drei Monaten,<br />
wurde über die Anordnung der Eigenverwaltung entschieden.<br />
Die Nichtanordnung konnte erhebliche negative Auswirkungen<br />
wirtschaftlicher Art auf den weiteren Verlauf des<br />
Insolvenzverfahrens haben, insbesondere dann, wenn die<br />
Eigenverwaltung bereits mit Antragstellung vom Schuldner<br />
angekündigt wurde.<br />
Das ESUG erleichtert die Voraussetzungen für die Anordnung<br />
der Eigenverwaltung. So werden die Gläubiger über den<br />
vorläufigen Gläubigerausschuss schon vor der Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens in die Entscheidung über die Eigenverwaltung<br />
einbezogen. Bereits in der Phase zwischen Insolvenzantragstellung<br />
und Eröffnung kann die sogenannte vorläufige<br />
Eigenverwaltung angeordnet werden (§ 270a InsO).<br />
Damit wird vom Gericht eine Vorentscheidung über die<br />
Anordnung der Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren<br />
getroffen. Die Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Anordnung<br />
der Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren entfällt<br />
folglich. Sofern der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig<br />
den Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung unterstützt,<br />
kann das Gericht diesen Antrag nicht ablehnen, auch<br />
dann nicht, wenn das Gericht der Ansicht ist, dass den Gläubigern<br />
durch die Anordnung Nachteile entstehen.<br />
Mit dem neuen Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO), das<br />
eine weitere Form der vorläufigen Eigenverwaltung ist und<br />
deren Wirkungen nochmals verstärkt, wird dem Schuldner<br />
im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung<br />
ein eigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung<br />
gestellt. Der Schuldner erhält auf einen entsprechenden<br />
Antrag und Beschluss des Gerichtes bis zu drei Monate<br />
Zeit, in einer Art „Schutzschirmverfahren“ unter Aufsicht<br />
eines vorläufigen Sachwalters frei von Vollstreckungsmaßnahmen<br />
einen Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend<br />
als Insolvenzplan umgesetzt werden kann.<br />
Voraussetzung für die Einleitung eines solchen Schutzschirmverfahrens<br />
ist nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO, dass<br />
der Schuldner mit dem Eröffnungsantrag eine mit Gründen<br />
versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen<br />
Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwaltes oder<br />
einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorlegt, aus der<br />
sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung,<br />
aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die<br />
angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.<br />
Eine wesentliche Stärkung erfährt das Schutzschirmverfahren<br />
durch die Befugnis des Schuldners, Masseverbindlichkeiten<br />
begründen zu können (§ 270b Abs. 3 InsO). Er<br />
erhält damit die Rechtsposition, die bislang nur ein starker<br />
vorläufiger Insolvenzverwalter innehatte.<br />
Mit der Änderung des § 270 InsO und den neuen Regelungen<br />
der §§ 270a, 270b InsO wird die Anordnung der Eigenverwaltung<br />
für den sanierungswilligen Insolvenzschuldner berechenbarer.<br />
Wenn das Verfahren vom Berater gut vorbereitet<br />
ist und er die Rückendeckung der wichtigsten Gläubiger erhält,<br />
ist die Anordnung der Eigenverwaltung praktisch sicher.<br />
Sie kann dann weder vom Insolvenzgericht noch vom vorläufigen<br />
Sachwalter verhindert werden.<br />
3. Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens<br />
a) Eingriff in die Rechte der Anteilsinhaber<br />
Nunmehr ist es nach dem Vorbild des US-amerikanischen<br />
Chapter-11-Verfahrens möglich, die Rechte der Anteilsinhaber<br />
durch Regelungen im Insolvenzplan zu ändern. Die<br />
Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteilsoder<br />
Mitgliedschaftsrechte, der sogenannte Debt-Equity-<br />
Swap (§ 225a InsO), eröffnet in der Praxis neue, hochinteressante<br />
Gestaltungsmöglichkeiten. Das bisherige Vetorecht<br />
der Altgesellschafter ist aufgehoben und Nachschusspflichten<br />
des Erwerbers wegen einer Überbewertung ihrer Forderungen<br />
sind ausgeschlossen.<br />
b) Einschränkung der Möglichkeiten zur Verhinderung des<br />
Planes<br />
(1) Früher war es möglich, dass einzelne Gläubiger unter Berufung<br />
auf die Regelungen des § 251 InsO das Zustandekommen<br />
des Insolvenzplanes verhindern oder zumindest<br />
deutlich durch das Einlegen von Rechtsmitteln hinauszögern<br />
konnten, wenn sie glaubhaft machten, dass sie<br />
durch den Plan schlechter gestellt werden (§ 251 Abs. 2<br />
InsO a.F.). In der Praxis führte dies insbesondere bei Großverfahren<br />
dazu, dass der Schuldner gezwungen war, diesen<br />
Gläubigern gesetzeswidrig Sondervorteile zu verschaffen,<br />
um den Plan zum Abschluss zu bringen. Heute hat der<br />
Schuldner die Möglichkeit, im Plan vorzusehen, für diese<br />
Gläubiger Mittel für den Fall bereitzustellen, dass sie ihre<br />
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Schlechterstellung nachweisen. Ob die Beteiligten einen<br />
Ausgleich aus diesen Mitteln erhalten, ist außerhalb des<br />
Insolvenzverfahrens zu klären (§ 251 Abs. 3 Satz 2 InsO).<br />
Damit verhindern selbst jahrelange Prozesse das zügige<br />
Zustandekommen des Planes nicht.<br />
(2) In der Vergangenheit konnten Rechtsmittel gegen den Beschluss,<br />
durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde,<br />
ohne Begründung eingelegt werden. Das war selbst dann<br />
möglich, wenn dem Plan durch denjenigen, der das<br />
Rechtsmittel eingelegt hatte, zugestimmt worden war.<br />
Rechtsmittel sind nach § 253 InsO nur noch zulässig,<br />
wenn dem Plan spätestens im Abstimmungstermin<br />
schriftlich widersprochen, gegen den Plan gestimmt und<br />
glaubhaft gemacht wurde, dass der widersprechende<br />
Gläubiger durch den Plan wesentlich schlechter gestellt<br />
wird und dass dieser Nachteil nicht durch Zahlung aus den<br />
in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden<br />
kann.<br />
c) Erleichterte Aufhebung des Insolvenzverfahrens<br />
In der Vergangenheit führte die Pflicht zur Berichtigung aller<br />
unstreitigen Masseansprüche vor der Aufhebung des Insolvensverfahrens<br />
zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten,<br />
da für zahlreiche bereits begründete Verbindlichkeiten noch<br />
keine Rechnungen vorlagen, aber auch Dauerschuldverhältnisse<br />
fortgesetzt werden sollten. Nach § 258 Abs. 2 InsO hat<br />
der Verwalter vor der Aufhebung des Verfahrens nur noch<br />
die unstreitigen fälligen Masseansprüche zu berichtigen und<br />
für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten. Für<br />
die nicht fälligen Masseansprüche kann jetzt auch ein<br />
Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass<br />
ihre Erfüllung gewährleistet ist.<br />
Mit den zahlreichen Änderungen der Insolvenzordnung durch<br />
das ESUG ist dem Gesetzgeber ein großer Wurf gelungen.<br />
Jedenfalls ist seine Intention, insbesondere der Eigenverwaltung<br />
und dem Insolvenzplanverfahren endlich zum Durchbruch<br />
zu verhelfen und die Gläubigerrechte deutlich zu<br />
stärken, an vielen Stellen des Gesetzes Nachdruck verliehen<br />
worden. Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass die<br />
Akzeptanz des neuen Rechts bei Gerichten, Unternehmen<br />
und auch Insolvenzverwaltern ständig zunimmt.<br />
Buch<br />
Von Robert Buchalik und Professor Dr. Hans Haarmeyer<br />
Sanieren statt Liquidieren<br />
Neue Möglichkeiten der Sanierung durch Insolvenz nach dem ESUG.<br />
Dieses Praxishandbuch nimmt Sie mit in die Echtzeit der Sanierung. Es klärt Sie<br />
über den Umgang mit dem neuen Recht auf und erläutert die Möglichkeiten einer<br />
Sanierung anhand von Beispielfällen aus der Praxis. Wichtige Instrumente wie<br />
Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren sowie die Möglichkeiten einer professionellen<br />
Vorbereitung werden von den Autoren eingehend dargestellt.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter: www.buchalik-broemmekamp.de<br />
2012. Gebunden. 253 Seiten. 39,95 Euro, ISBN 978-3-482-64041-4<br />
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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Der vorläufige Gläubigerausschuss: Stärkung der<br />
Gläubigermitbestimmung<br />
Prof. Dr. Hans Haarmeyer, leitender Direktor des DIAI, Bonn<br />
Unbestritten werden die Weichen für ein Unternehmen in der Insolvenz bereits in den ersten 10–14 Tagen in die<br />
richtige oder in die falsche Richtung gestellt. Vor diesem Hintergrund haben Schuldner wie Gläubiger nach dem<br />
neuen Recht die Möglichkeit erhalten, schon vom ersten Tag eines Verfahrens diese zentralen Weichenstellungen<br />
mit zu beeinflussen.<br />
Voraussetzung für eine solche „steuernde Mitwirkung“ ist<br />
jedoch, dass ein kriselndes Unternehmen zumindest in der<br />
letzten Phase der Krise professionell begleitet wird und den<br />
Dialog mit den wichtigsten Gläubigern aufnimmt und sie davon<br />
überzeugt, einen gemeinsamen Weg hin zu einer Sanierung<br />
des Unternehmens im Schutz des <strong>Insolvenzrecht</strong>es zu<br />
gehen. Unternehmen hingegen, die ihre Gläubiger mit einem<br />
Insolvenzantrag überraschen, sollen von diesen Möglichkeiten<br />
eines gesteuerten Verfahrens zu Recht ausgeschlossen<br />
werden. Zentrales Steuerungsinstrument zur Sicherung der<br />
frühen Gläubigermitbestimmung ist der vorläufige Gläubigerausschuss.<br />
Damit will der Gesetzgeber zugleich sicherstellen,<br />
dass das Insolvenzgericht vom ersten Tag an auch<br />
Erkenntnisse der Gläubiger über das Schuldnerunternehmen<br />
in seine Entscheidung einbinden kann.<br />
Ausschussmitglieder<br />
Das Insolvenzverfahren ist von heterogenen Gruppeninteressen<br />
geprägt. Soll verhindert werden – und dies ist der<br />
Wille des Gesetzgebers –, dass sich im Insolvenzverfahren<br />
das Recht des Stärkeren gegen die schützenswerten Interessen<br />
der allgemeinen Insolvenzgläubiger durchsetzt, dann<br />
müssen alle Gruppeninteressen auch in der Repräsentation<br />
der Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses zum<br />
Ausdruck kommen. Die Legitimation für einen steuernden<br />
Einfluss der Gläubiger folgt aus der Repräsentativität der<br />
Mitglieder. Ein im Eröffnungsverfahren vorgeschlagener vorläufiger<br />
Gläubigerausschuss sollte daher aus mindestens<br />
fünf Mitgliedern bestehen. Diese müssen überschneidungsfrei<br />
und eindeutig den Gruppen der Kreditwirtschaft, der<br />
Sicherungsgläubiger, der institutionellen Gläubiger, der ungesicherten<br />
Gläubiger sowie den Vertretern von Arbeitnehmerinteressen<br />
zuzuordnen sein. Wird mit dem Antrag eines<br />
Schuldners von den Gläubigern zugleich ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />
vorgeschlagen, in dem die fünf Gruppen von<br />
Gläubigern eindeutig und repräsentativ vertreten sind, so ist<br />
dieser als vorläufiger Gläubigerausschuss vom Gericht zu<br />
bestellen. Damit wird der Schuldner „belohnt“, der sich<br />
rechtzeitig an seine Gläubiger wendet und das Verfahren<br />
professionell vorbereitet. Gleichzeitig ist damit dann gewährleistet,<br />
dass die Gläubiger vom ersten Tag des Verfahrens<br />
– ohne dass ein verzögerndes Element eintreten kann – Einfluss<br />
auf die weitere Gestaltung, Bestimmung des vorläufigen<br />
Insolvenzverwalters, die Wahrnehmung von Sanierungsmöglichkeiten<br />
sowie eine möglichst schnelle Eröffnung<br />
nehmen können.<br />
Rechte und Aufgaben eines vorläufigen<br />
Gläubigerausschusses:<br />
• Mitwirkung bei allen wichtigen Entscheidungen im Eröffnungsverfahren<br />
• Anhörungsrecht vor Bestellung eines (vorläufigen) Verwalters<br />
durch Benennung eines konkreten Anforderungsprofiles<br />
(§ 56a Abs. 1 InsO)<br />
• Einstimmiger, bindender Vorschlag eines Verwalters<br />
(§ 56a Abs. 2 InsO)<br />
• Einstimmige Ersetzung der gerichtlichen Auswahlentscheidung<br />
ohne Beteiligung des vorläufiger Gläubigerausschusses<br />
(§ 56a Abs. 3 InsO)<br />
• Antrag auf Aufhebung des Schutzschirmverfahrens vor<br />
Ablauf der gesetzten Frist (§ 270b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2<br />
InsO)<br />
• Stellungnahme zum Antrag auf Eigenverwaltung (§ 270<br />
Abs. 3 InsO)<br />
• Gesetzliche Aufgaben nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO<br />
i.V.m. § 69 InsO sowie<br />
• Zustimmung zu allen Maßnahmen nach § 160 InsO<br />
Der „Kann-Soll-Muss-Ausschuss“<br />
Will man sich die neuen Möglichkeiten zur Gläubigermitbestimmung<br />
via vorläufigem Gläubigerausschuss bewusst<br />
machen und die zentrale Bedeutung der richtigen gericht<br />
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lichen Weichenstellung erkennen, dann ist es gut, zunächst<br />
zwischen drei unterschiedlichen gesetzlichen Möglichkeiten<br />
zu unterscheiden:<br />
• dem „Kann-Ausschuss“,<br />
• dem „Soll-Ausschuss“ und<br />
• dem „Muss-Ausschuss“.<br />
Zugleich darf man sich nicht davor verschließen, dass die<br />
Varianz dessen, was tatsächlich bei Gericht vorkommt, sich<br />
in unzähligen Varianten unterscheiden wird. Wichtig ist aber<br />
zu wissen, dass das Recht zum Vorschlag geeigneter Personen<br />
den Gläubigern zusteht und nicht dem Gericht.<br />
Der „Kann-Ausschuss“<br />
War bisher umstritten, ob es überhaupt gesetzlich zulässig<br />
ist, schon im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
zu bestellen, so ist dies nach § 21 Abs. 2 Satz 1<br />
Nr. 1a InsO nunmehr eine vorläufige Maßnahme, keine Sicherungsmaßnahme,<br />
und kann daher in jeder Verfahrenslage<br />
von Amts wegen zur Anwendung gebracht werden. Eine Besonderheit<br />
ist, dass wegen fehlender Betriebsnähe Nichtgläubiger<br />
oder sachverständige Dritte in einem vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss nicht vertreten sein dürfen, wohl aber<br />
Gläubiger, die erst mit Eröffnung Gläubiger werden. Dazu<br />
gehören nicht nur der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG)<br />
und die Bundesagentur für Arbeit, sondern auch alle Gläubiger<br />
unbestrittener oder titulierter Forderungen. Für die Arbeitnehmer<br />
dürfte auch die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen<br />
durch eine im Unternehmen tätige Gewerkschaft<br />
zulässig sein.<br />
Der „Soll-Ausschuss“<br />
Auch wenn Unternehmen die Schwellenwerte eines Muss-<br />
Ausschusses (Umsatz ca. 10 Mio. Euro, Bilanzssume ca.<br />
5 Mio. Euro, 50 Arbeitnehmer) nicht erreichen, soll das<br />
Gericht nach § 22a Abs. 2 InsO einen vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
einsetzen, wenn dies vom Schuldner, einem<br />
beliebigen Gläubiger oder einem bereits bestellten vorläufigen<br />
Verwalter beantragt wird. Damit kann faktisch in jeder<br />
Unternehmensinsolvenz ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />
eingesetzt werden. Diesem Antrag ist stattzugeben,<br />
wenn dem Gericht Personen benannt werden, die als Mitglieder<br />
des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht<br />
kommen, deren Einverständniserklärungen dem Antrag<br />
beigefügt sind und keine Ausschlussgründe (§ 22a Abs. 3<br />
InsO) der Einsetzung entgegenstehen. Geht ein solcher Antrag<br />
direkt mit dem Antrag ein, dann darf das Gericht schon<br />
wegen der möglicherweise eintretenden wirtschaftlichen<br />
Folgen nicht zögern, den Ausschuss zu bestellen. Aber auch<br />
hier gilt der Grundsatz der Repräsentativität und der Notwendigkeit<br />
eines Interessenausgleiches durch einen Fünfer-Ausschuss.<br />
Der „Muss-Ausschuss“<br />
Erfüllt das Unternehmen die Schwellenwerte nach § 22a<br />
Abs. 1 InsO und hat es den Betrieb bei Antragstellung noch<br />
nicht eingestellt, so ist das Gericht gesetzlich verpflichtet,<br />
einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen und<br />
muss dies tun, wenn mit dem vollständigen Antrag zugleich<br />
ein ordnungsgemäß besetzter Ausschuss vorgeschlagen<br />
wird und die Einverständniserklärungen der Vorgeschlagenen<br />
vorliegen. Entscheidend für die Schwellenwerte sind<br />
die Merkmale im vorangegangenen Geschäftsjahr der Antragstellung.<br />
Das Gericht hat die Angaben des Schuldners<br />
nur auf Plausibilität zu prüfen, da ansonsten nicht erhebliche<br />
Verzögerungen eintreten, die den Sanierungsprozess<br />
gefährden könnten. Dem Insolvenzantrag müssen zwingend<br />
alle Anlagen nach § 13 InsO beigefügt sein. Fehlen diese<br />
Anlagen oder sind sie unvollständig, dann ist der Antrag<br />
unzulässig. Die Komplexität der Antragsunterlagen macht<br />
hier eine professionelle Vorbereitung unerlässlich. Von der<br />
Einsetzungspflicht befreien allein die zu erwartenden Belastungen<br />
für die Insolvenzmasse, die aber zu vernachlässigen<br />
sein dürfte, sowie eine über die Einsetzung erheblich<br />
hinausgehende Verzögerung (§ 22a Abs. 3 InsO). Hat das<br />
Gericht von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
zunächst abgesehen und sofort einen vorläufigen<br />
Verwalter bestellt, so muss es die Einsetzung unverzüglich<br />
nachholen, damit dieser gegebenenfalls von seiner Ersetzungsbefugnis<br />
Gebrauch machen kann und in seiner ersten<br />
Sitzung einstimmig einen anderen Verwalter wählen kann<br />
(§ 56a Abs. 3 InsO).<br />
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sonderausgabe newsletter 2013<br />
Auswirkungen des ESUG auf die gerichtliche Praxis<br />
Lutz Erdmann, Rechtspfleger am Amtsgericht Düsseldorf/Frank Pollmächer, Richter am Amtsgericht – Insolvenzgericht, Düsseldorf<br />
Das ESUG hat Auswirkungen auf die gerichtliche Praxis gezeigt. Schwierigkeiten bei der Umsetzung sind vornehmlich<br />
dadurch entstanden, dass die in Kraft getretenen Vorschriften zum Teil unklar und unscharf gestaltet worden<br />
sind. Insoweit ist an den Gesetzgeber zu appellieren, vor weiteren Änderungen der Insolvenzordnung verstärkt auf<br />
die (insolvenzgerichtliche) Praxis zu hören.<br />
Die durch das ESUG erfolgte Neufassung des § 13 InsO sieht<br />
vor, dass ein Schuldner seinem Antrag auf Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens ein Verzeichnis seiner Gläubiger und<br />
ihrer Forderungen beizufügen hat, wobei bei einem laufenden<br />
Geschäftsbetrieb bestimmte Forderungen sowie Angaben zur<br />
Größe des Unternehmens besonders kenntlich gemacht werden<br />
sollen. Beantragt zudem ein Schuldner die Eigenverwaltung<br />
und erreicht die Schwellenwerte des neu eingeführten<br />
§ 22a Abs. 1 InsO oder wird die Einsetzung eines vorläufigen<br />
Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren beantragt,<br />
werden bestimmte Angaben zur Gläubigerstruktur Pflicht.<br />
Neuregelungen sind nicht eindeutig<br />
Die Neuregelung des § 13 InsO ist bedauerlicherweise unscharf<br />
gefasst. So ist es unklar, ob auch die Angaben zum<br />
Umfang des Betriebes (Angaben zur Bilanzsumme, Umsatzerlösen<br />
und der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer,<br />
§ 13 Abs. 1 Satz 5 InsO) immer oder nie zwingend sind<br />
oder erst dann zwingend werden, wenn die weiteren Voraussetzungen<br />
des § 13 Abs. 1 Satz 6 InsO vorliegen. Da alle drei<br />
Aus legungsmöglichkeiten vertretbar sind, führt dies zu Unsicherheiten<br />
bei der Antragstellung. Zudem werden Angaben<br />
aus dem vorangegangenen Geschäftsjahr abgefragt, sodass<br />
diese bei Antragstellung nicht mehr aktuell sein müssen.<br />
Fehlerhafte Angaben des Schuldners bleiben ohne Sanktion.<br />
Die Praxis zeigt, dass Schuldner die Neufassung des § 13<br />
InsO weitaus überwiegend nicht beachten, insbesondere<br />
fehlt am häufigsten die Versicherung des Schuldners, dass<br />
das erstellte Gläubiger- und Forderungsverzeichnis richtig<br />
und vollständig ist. Dies ist problematisch, wenn es sich um<br />
einen laufenden Geschäftsbetrieb handelt, bei dem die<br />
Anordnung vorläufiger Maßnahmen dringlich ist.<br />
Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
In §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a, 22a InsO ist die Einsetzung<br />
eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren<br />
eingeführt worden. Erfüllt der Schuldner zwei<br />
der in § 22a Abs. 1 InsO genannten Kriterien, ist das<br />
Insolvenzgericht zur Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
verpflichtet. Dieser ist sodann gemäß<br />
§ 56a Abs. 1 InsO vor der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters<br />
zu hören, soweit dies nicht zu einer<br />
nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners<br />
führt. Nicht selten kommen jedoch auch „große“<br />
Insolvenzverfahren „auf den letzten Drücker“ und werden<br />
(meist auch noch schlecht vorbereitet) am Freitag zu<br />
Gericht gebracht. Wenn dann zunächst zu ermitteln ist,<br />
ob die Parameter zur Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
erfüllt sind, Personen ermittelt werden<br />
müssen, die zur Übernahme des Amtes im vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss geeignet und auch bereit sind, dieser<br />
sich sodann zusammensetzen und sich unter anderem auf<br />
einen vorläufigen Insolvenzverwalter und/oder dessen<br />
Anforderungsprofil einigen muss, wird auch bei einem<br />
guten Zusammenspiel zwischen Gericht, Schuldner und<br />
Gläubigerausschuss mindestens eine Woche vergangen<br />
sein. Dieser Zeitraum dürfte für die meisten laufenden<br />
Betriebe unzuträglich sein, da das Unternehmen in diesem<br />
Zeitraum quasi „führungslos“ ist. Eine erfolgreiche<br />
Beteiligung an der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters<br />
wird sich nur dann verwirklichen lassen, wenn<br />
dem Insolvenzgericht mit dem Insolvenzantrag ein vollständiger<br />
Gläubigerausschuss benannt wird und sich dieser<br />
kurzfristig auf ein Anforderungsprofil einigt oder dem<br />
Gericht nach Möglichkeit mehrere bereits dort gelistete<br />
Verwalter vorgeschlagen werden, da dies dem Insolvenzgericht<br />
eine umgehende Auswahl eines geeigneten und<br />
unabhängigen Verwalters ermöglicht.<br />
Unbestimmte Rechtsbegriffe im Schutzschirmverfahren<br />
Ein weiteres Kernstück des ESUG sind die Regelungen zur Erleichterung<br />
von Sanierungen im Rahmen des soge nannten<br />
Schutzschirmverfahrens (§ 270b InsO). Diese modifizieren<br />
nicht nur das Regelungskonzept der Eigenverwaltung, sondern<br />
stellen auch eine neue Art des Antragsverfahrens dar.<br />
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Hier stellen sich unterschiedliche Fragen rechtlicher und<br />
praktischer Natur. Die mit Gründen zu versehende Bescheinigung<br />
gemäß § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO, dass eine<br />
Zahlungsunfähigkeit und eine offensichtliche Aussichtslosigkeit<br />
der Sanierung nicht gegeben ist, ist von den Gerichten<br />
zu prüfen. Bezüglich der Person des Testierenden<br />
arbeitet der Gesetzgeber mit dem Begriff des „in Insolvenzverfahren<br />
erfahrenen ...“. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff<br />
ist von den Gerichten auszulegen. Bestehen begründete<br />
Zweifel an der Schlüssigkeit des Testates, ist der<br />
Schuldner aufzufordern, seinen Vortrag oder die Bescheinigung<br />
nachzubessern. Bei verbleibenden ernstlichen<br />
Zweifeln wird auch die Einschaltung eines Sachverständigen<br />
zu erwägen sein. Um Streitigkeiten zu Beginn des<br />
Verfahrens zu vermeiden, erscheint eine frühzeitige Einbeziehung<br />
des jeweiligen Insolvenzgerichtes angezeigt,<br />
um Einvernehmen hinsichtlich der Person des Testierenden<br />
und der Aussagetiefe der Bescheinigung zu erzielen.<br />
Vorschlag Sachwalter<br />
Gemäß § 270b Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO kann der Schuldner<br />
eine Person als Sachwalter vorschlagen, die personenverschieden<br />
von dem Aussteller der Bescheinigung nach<br />
§ 270b Abs. 1 InsO sein muss. Das Gericht kann von diesem<br />
Vorschlag nur abweichen, wenn die vorgeschlagene<br />
Person zur Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Es<br />
liegt nahe, dass ein solcher vom Schuldner vorgeschlagener<br />
Sachwalter bei den Gläubigern Misstrauen an dessen<br />
Unabhängigkeit hervorrufen wird, dies gilt insbesondere<br />
dann, wenn dieser „mitgebrachte“ Sachwalter auch zuvor<br />
den Schuldner beraten hat. Ein Schuldner ist insoweit gut<br />
beraten, einen von ihm und dem Bescheiniger vollkommen<br />
unabhängigen vorläufigen Sachwalter vorzuschlagen.<br />
Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />
Probleme im Rahmen der Eigenverwaltung entstehen insbesondere<br />
bei der Frage, wer im Eröffnungsverfahren zur<br />
Begründung von Masseverbindlichkeiten befugt ist. Für<br />
das sogenannte Schutzschirmverfahren ist geregelt, dass<br />
auf Antrag des Schuldners das Insolvenzgericht anzuordnen<br />
hat, dass dieser Masseverbindlichkeiten begründen<br />
darf (§ 270b Abs. 3 Satz 1 InsO). Eine auch nur ähnliche<br />
Formulierung findet sich allerdings für das normale vorläufige<br />
Eigenverwaltungsverfahren gemäß § 270a InsO nicht.<br />
Es wundert nicht, dass sich verschiedene Ansichten zur<br />
Frage gebildet haben, ob und wer im Rahmen des § 270a<br />
InsO Masseverbindlichkeiten begründen darf.<br />
Vier Ansichten sind zu verzeichnen. So wird die Auffassung<br />
vertreten, dass mangels gesetzlicher Grundlage<br />
eine entsprechende Befugnis nicht eingeräumt werden<br />
kann. Andere Meinungen gehen davon aus, dass der<br />
eigenverwaltende Schuldner entsprechend dem sogenannten<br />
vorläufigen starken Insolvenzverwalter per se<br />
Masseverbindlichkeiten im Eröffnungsverfahren erzeugt.<br />
Wird der Weg über eine Einzelermächtigung für vertretbar<br />
gehalten, wird noch danach differenziert, ob diese<br />
dem Schuldner oder dem vorläufigen Sachwalter zu erteilen<br />
ist.<br />
Einarbeitung ins Planverfahren<br />
Die Gestaltungsmöglichkeiten von Insolvenzplänen wurden<br />
durch das ESUG erheblich erweitert. So können im<br />
Insolvenzplan sämtliche gesellschaftsrechtlich zulässigen<br />
Regelungen getroffen werden, wobei die Umwandlung von<br />
Fremd- in Eigenkapital (dept to equity swap) besonders<br />
hervorzuheben ist.<br />
Die zum 1. Januar 2013 in Kraft tretende Verlagerung der<br />
Planverfahren aus dem Zuständigkeitsbereich der Rechtspflegerschaft<br />
in den Bereich der Richterschaft wird zunächst<br />
zu Verzögerungen führen, da nicht nur die entsprechenden<br />
personellen Kapazitäten fehlen, sondern auch<br />
erst eine Einarbeitung in die neue Materie erforderlich<br />
ist. Die Übergangsregelung, dass eine entsprechende Zuständigkeit<br />
des Richters nur für Planverfahren besteht,<br />
wenn das zugrundeliegende Insolvenzverfahren nach dem<br />
1. Januar 2013 beantragt worden ist, schwächt dieses<br />
Problem nur unerheblich ab.<br />
Besondere Anforderung dürften Pläne darstellen, die erst<br />
in eröffneten Verfahren vorgelegt werden. Da nach Verfahrenseröffnung<br />
die Zuständigkeit vom Richter auf den<br />
Rechtspfleger übergeht, wird in diesen Fällen eine erneute<br />
Einarbeitung in das Insolvenzverfahren und anschließend<br />
eine Befassung mit dem Plan erforderlich. Vor diesem<br />
Hintergrund wird die knappe zweiwöchige Frist des<br />
§ 231 Abs. 1 Satz 2 InsO schwer einzuhalten sein. Ein<br />
Insolvenzplan sollte vor diesem Hintergrund möglichst mit<br />
Antragstellung als Entwurf eingereicht werden, um den<br />
Gerichten als auch den weiteren Beteiligten ausreichend<br />
Gelegenheit zu geben, ohne zeitliche Nöte Problemfelder<br />
des Planes in Ruhe zu erörtern. Dies gilt auch für die Frist<br />
gemäß § 232 Abs. 3 Satz 2 InsO, innerhalb derer die<br />
Beteiligten zum Plan Stellung nehmen können.<br />
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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Die richtige Verfahrensvorbereitung und die optimale<br />
Abstimmung mit dem Insolvenzgericht<br />
RA Prof. Dr. Jochen Vogel, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Der Erfolg der Einleitung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens nach § 270a InsO oder eines Schutzschirmverfahrens<br />
nach § 270b InsO hängt von vielen Faktoren ab. Wesentlich ist die professionelle Abstimmung<br />
und Kommunikation zwischen dem Schuldner und dessen Beratern (Sanierungsberater), dem vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss, dem vorläufigen Sachwalter sowie dem Insolvenzgericht. Gerade die Kommunikation mit<br />
und zu dem Insolvenzgericht ist ein unverzichtbarer Bestandteil für den Erfolg eines Verfahrens nach § 270a<br />
und/oder § 270b InsO.<br />
Die Erfahrungen des ersten Jahres ESUG zeigen nunmehr<br />
sehr deutlich: Ohne eine frühzeitige Abstimmung mit den<br />
Insolvenzgerichten drohen erhebliche Verfahrensverzögerungen,<br />
die den gesamten Sanierungsprozess gefährden<br />
oder gar unmöglich machen können. Ein Insolvenzgericht,<br />
welches sich erstmals am Tage der Antragstellung<br />
mit einem Insolvenzantrag nach neuem Recht befasst,<br />
wird nur in den seltensten Fällen bereits am selben Tag<br />
noch einen Beschluss über die Anordnung einer vorläufigen<br />
Eigenverwaltung oder gar eines Schutzschirmverfahrens<br />
erlassen. Denn zu Recht nehmen die Insolvenzgerichte<br />
für sich in Anspruch, die eingereichten Unterlagen<br />
umfassend zu prüfen. Und ein sorgfältig vorbereitetes<br />
Verfahren nach neuem Recht kann schnell einen oder<br />
mehrere Aktenordner mit Anträgen und weiteren ergänzenden<br />
Unterlagen füllen. Alleine die schiere Masse erfordert<br />
bereits einen entsprechenden zeitlichen Prüfungsaufwand.<br />
Frühzeitige Kommunikation mit dem Richter<br />
Hinzu kommt, dass der Geschäftserteilungsplan regelmäßig<br />
erst mit dem Antrag den zuständigen Richter zuweist. Dennoch<br />
zeigt die Praxis, dass bei zahlreichen Insolvenzgerichten<br />
die Richter gerade in diesen Fällen auch kollektiv für<br />
Vorbesprechungen zur Verfügung stehen. In einer mündlichen<br />
Vorbesprechung kann eine zügige Darstellung komplizierter<br />
Sachverhalte erfolgen und so die eigentliche<br />
Prüfungsarbeit durch das Insolvenzgericht deutlich effizienter<br />
gestaltet werden.<br />
Allerdings gibt es auch andere Beispiele. Ebenso wie teilweise<br />
Verfahren nach §§ 270a, 270b InsO über Wochen ohne klare<br />
Kommunikation eingeleitet durch die betreuenden Berater<br />
begleitet werden, verweigern sich eine Reihe von Insolvenzgerichten<br />
bzw. einzelne Richter kategorisch einer Vorbesprechung.<br />
Mit weitreichenden Folgen für das Unternehmen.<br />
Zwangsläufig müssen die Sanierungsberater deutlich umfassendere<br />
Unterlagen erstellen, um alle Einzelfragen in einer<br />
individuell gewünschten Tiefe beantwortet zu können. Dies<br />
wiederum verlängert automatisch den zeitlichen Prüfungsaufwand<br />
des Insolvenzgerichtes.<br />
Den Insolvenzgerichten, die Vorgespräche kategorisch ablehnen,<br />
scheint häufig nicht bewusst zu sein, welche Komplikationen<br />
sie damit auslösen, aber auch welche Risiken sie<br />
dadurch eingehen. Neben einer Gefährdung des Sanierungserfolges<br />
in Teilen oder als Ganzes werden bereits<br />
Amts haftungsansprüche in Fällen diskutiert, in denen die<br />
Verweigerung der Insolvenzgerichte zu einer faktischen<br />
Handlungsunfähigkeit des antragstellenden Unternehmens<br />
führte.<br />
Fehlende Erfahrung<br />
Dabei beruht die Ablehnung eines Vorgespräches aus unserer<br />
Erfahrung regelmäßig nicht auf Böswilligkeit, sondern auf<br />
fehlender Einschätzung und Erfahrung mit dem neuen Recht<br />
und den komplexen Verfahren. Denn das Insolvenzgericht<br />
wird bei einer Antragstellung nach §§ 270a, 270b InsO mit<br />
einer ganzen Reihe von juristisch-betriebswirtschaftlichen<br />
Einschätzungen und Begründungen konfrontiert, die so – das<br />
spiegeln die Gespräche mit den Richtern wider – eben nicht<br />
zu deren Tagesgeschäft gehören.<br />
Die Praxis zeigt, dass Gerichte, die bereits Verfahren nach<br />
§§ 270a, 270b InsO durchgeführt haben, die Möglichkeit<br />
eines Vorgespräches mit dem Sanierungsberater/Sanierungsgeschäftsführer<br />
dazu nutzen, um Tage vor der Antragstellung<br />
die nicht unterschriebenen Antragsunterlagen frühzeitig<br />
zu besprechen und sich ergebende Problemstellungen<br />
vorzudiskutieren. Auch kann so der Sanierungsberater<br />
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gerichtsspezifischen Besonderheiten (Anforderungen an<br />
die Darstellung oder bestimmte, zusätzlich beizubringende<br />
Unterlagen) frühzeitig Rechnung tragen.<br />
Beim Schutzschirm ist Vorgespräch unschädlich<br />
Ein solches Gespräch sollte im Idealfall mindestens zwei bis<br />
drei Tage vor der Insolvenzantragstellung erfolgen, beim<br />
Schutzschirmverfahren auch deutlich früher. Letzteres ist<br />
haftungsrechtlich unschädlich, weil der Insolvenzschuldner<br />
für dieses Verfahren zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht<br />
zahlungsunfähig sein darf (vgl. § 270b Abs. 1 Sätze 1 und 3<br />
InsO). Anders verhält es sich beim Verfahren nach § 270a<br />
InsO. Hier ist Vorsicht geboten. In dem Moment, in dem nach<br />
außen dokumentiert wird, dass ein Insolvenzantrag wegen<br />
Zahlungsunfähigkeit gestellt werden soll, muss sichergestellt<br />
sein, dass der Lieferant, der jetzt noch Ware liefert, nicht<br />
geschädigt wird und dass der Waren- oder Dienstleistungsbezug<br />
vor Antragstellung bezahlt wird. Das wird in der Praxis<br />
nicht einfach zu bewerkstelligen sein.<br />
Gegenstand eines Vorgespräches sollte im Idealfall eine Verständigung<br />
mit dem zuständigen Insolvenzrichter über die<br />
folgenden Punkte sein:<br />
• Einrichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
(§ 22a InsO):<br />
Idealerweise bringt der Schuldner zu dem Vorbesprechungstermin<br />
mit dem Gericht bereits eine Vorschlagsliste<br />
mit potenziellen Gläubigerausschussmitgliedern<br />
mit. Gegebenenfalls benennt er dem Gericht sogar<br />
schon konkrete Personen, die sich bereit erklärt haben,<br />
als Mitglieder am vorläufigen Gläubigerausschuss mitzuwirken<br />
(belegt durch entsprechende schriftliche<br />
Einverständniserklärungen). Dabei sollte der Insolvenzschuldner<br />
darauf achten, dass der vorläufige<br />
Gläubigerausschuss auch repräsentativ ausgesucht<br />
wird, d. h., den gesetzlichen Vorgaben entsprechend<br />
vorgeschlagen wird. Einzelheiten ergeben sich bekanntermaßen<br />
aus § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO i.V.m. § 67<br />
Abs.2 InsO. Auch hier kann es die Schwierigkeit geben,<br />
dass mancher angesprochene und prädestinierte Gläubiger<br />
nicht im Gläubigerausschuss mitwirken will. Hier<br />
spielen häufig zeitliche Gründe (so zeigt die Erfahrung,<br />
dass die zuständigen Mitarbeiter von Großbanken erst<br />
ab gewissen Größenordnungen tätig werden) und mögliche<br />
Haftungsrisiken eine Rolle. Eine Mitwirkungsablehnung<br />
muss dem Gericht im Zweifel durch eine<br />
entsprechende Erklärung belegt werden und lässt sich<br />
im Vorgespräch erörtern.<br />
• Person des vorläufigen Sachwalters:<br />
Der Schuldner kann dem Gericht bei Beantragung eines<br />
Schutzschirmverfahrens einen vorläufigen Sachwalter vorschlagen.<br />
Von diesem Vorschlag darf das Gericht nur abweichen,<br />
wenn der vorläufige Sachwalter aus Sicht des<br />
Gerichtes offensichtlich ungeeignet ist (siehe § 270b Abs. 2<br />
Satz 2 InsO). Das liegt vor, wenn es ihm an der erforderlichen<br />
Unabhängigkeit fehlt. Im Übrigen empfiehlt es sich,<br />
mit dem Gericht eine vertrauensvolle Abstimmung im<br />
Hinblick auf die Person des vorläufigen Sachwalters herbeizuführen.<br />
Bei einem vorläufigen Sachwalter, den das<br />
Gericht nicht kennt oder anerkennt, wird zunächst einmal<br />
Skepsis vorherrschen und das Gericht wird umfangreiche<br />
Erkundigungen über die Person des Vorgeschlagenen<br />
durchführen. Viel sinnvoller ist es, einen Sachwalter vorzuschlagen,<br />
der bei diesem Gericht gelistet und regelmäßig<br />
dort bestellt wird. Diese Abstimmungsarbeit mit<br />
dem Gericht gilt es auch in einem Verfahren nach § 270a<br />
InsO zu leisten, wenn ein einstimmiger Vorschlag des vorläufigen<br />
Gläubigerausschusses zur Person des vorläufigen<br />
Sachwalters vorliegt (siehe §§ 270a Abs. 1 Satz 2, 274<br />
Abs. 1, 56a Abs. 2 InsO).<br />
• Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO:<br />
Mit dem Eröffnungsantrag ist beim Schutzschirmverfahren<br />
nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO eine mit Gründen versehene<br />
Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen<br />
Berufsträgers vorzulegen (siehe dazu den Beitrag auf<br />
Seite 27). Das Gericht hat insoweit nicht nur in Bezug auf<br />
die Qualifikation des Bescheinigers ein Prüfungsrecht,<br />
sondern auch in Bezug auf den Inhalt der Bescheinigung.<br />
Möglicherweise wird das Gericht auf dem Standpunkt<br />
stehen, dass diese Bescheinigung von einem fachkundigen<br />
Dritten auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen<br />
ist, wenn es selbst nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse<br />
verfügt. Um hier Zeitverluste zu vermeiden, die<br />
den Erfolg des Schutzschirmverfahrens gefährden könnten,<br />
empfiehlt es sich, bereits im Vorfeld mit dem Gericht<br />
zu klären, welche Person oder Stelle diese Bescheinigung<br />
prüfen könnte. Bei einer solchen Vorgehensweise kann<br />
der Insolvenzrichter noch am Tag der Antragstellung den<br />
Auftrag zur Prüfung der Bescheinigung in Auftrag geben.<br />
Das wird aber zu Verzögerungen führen. Die Entscheidung<br />
des Gerichtes über die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens<br />
kann sich dann bis zu einer Woche hinauszögern.<br />
In dieser Zeit können möglicherweise dann weder Waren<br />
und Dienstleistungen bestellt, noch produziert und über<br />
Zahlungseingänge verfügt werden.<br />
13
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Die Durchsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung<br />
in der Praxis<br />
RA Dr. Jasper Stahlschmidt, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Für eine erfolgreiche Durchführung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens (§ 270a InsO) ist es im Hinblick<br />
auf die Außenwirkung gegenüber den Vertragspartnern immens wichtig, dass das schuldnerische Unternehmen<br />
– und nicht etwa der vorläufige Sachwalter – im Eröffnungsverfahren ermächtigt wird, Masseverbindlichkeiten zu<br />
begründen. Weiterhin ist das Insolvenzgericht an einen einstimmigen die Eigenverwaltung unterstützenden Beschluss<br />
und einen einstimmigen Vorschlag über die Person des vorläufigen Sachwalters durch den vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss gebunden. Die vorliegenden zwei Verfahren, bei denen Buchalik Brömmekamp beratend tätig<br />
war, zeigen auf, dass sich einige Insolvenzrichter mit diesen ESUG-spezifischen Neuerungen (noch) schwertun.<br />
Nur bei professioneller Beratung mit entsprechender konsequenter Herangehensweise können diese wichtigen<br />
Aspekte auch durchgesetzt werden.<br />
1. ESUG-Verfahren beim AG Duisburg<br />
Buchalik Brömmekamp hat im Oktober 2012 für ein Bauunternehmen<br />
beim Insolvenzgericht Duisburg einen Insolvenzantrag<br />
zur Einleitung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens<br />
gemäß § 270a InsO gestellt. Verbunden<br />
damit war ein Antrag auf Ermächtigung zur Begründung von<br />
Masseverbindlichkeiten. Hierfür wurde eine umfangreiche<br />
Einzelaufstellung von künftigen Masseverbindlichkeiten unter<br />
Angabe des möglichen Eurobetrages eingereicht.<br />
Obwohl ein vorab gerichtlich eingesetzter Sachverständiger<br />
die Begründung der angegebenen Masseverbindlichkeiten<br />
befürwortet hat, hat das Insolvenzgericht nicht etwa das<br />
schuldnerische Unternehmen – so wie beantragt –, sondern<br />
den eingesetzten vorläufigen Sachwalter ermächtigt, diese<br />
Masseverbindlichkeiten zu begründen. Dies führte in der<br />
praktischen Umsetzung zu erheblichen Problemen. Der vorläufige<br />
Sachwalter sah sich in der schwierigen Situation,<br />
dass er nunmehr für die Masseverbindlichkeiten haftete, aber<br />
auf der anderen Seite nicht dazu ermächtigt war, Forderungen<br />
einzuziehen. Im Außenverhältnis musste das Unternehmen<br />
nunmehr gegenüber den Neugläubigern jedes neue<br />
Vertragsverhältnis vom vorläufigen Sachwalter unterzeichnen<br />
lassen. Das widerspricht der Idee des Gesetzgebers, bei<br />
der Eigenverwaltung die Geschäftsführungsbefugnisse beim<br />
Unternehmen zu belassen und nicht etwa auf den vorläufigen<br />
Sachwalter zu übertragen. Dementsprechend wurde innerhalb<br />
einer Woche beim AG Duisburg sofortige Beschwerde<br />
eingereicht, der nicht abgeholfen wurde. Dagegen hat dann<br />
das Landgericht Duisburg auf die sofortige Beschwerde<br />
den Beschluss des Insolvenzgerichtes antragsgemäß abgeändert<br />
und das schuldnerische Unternehmen ermächtigt,<br />
Masseverbindlichkeiten zu begründen. In der Entscheidung<br />
hat das Landgericht in deutlichen Worten zum Ausdruck gebracht,<br />
dass nur dies der Gesetzessystematik und dem Sinn<br />
und Zweck der Eigenverwaltung entspreche (siehe hierzu<br />
auch den Beitrag auf S. 36).<br />
2. ESUG-Verfahren beim AG Kleve<br />
Bei anderen ESUG-Verfahren, die Buchalik Brömmekamp für<br />
zwei Unternehmen beim Amtsgericht Kleve beantragte, weigerten<br />
sich die Insolvenzrichter, bereits im Vorfeld der<br />
Antragstellung ein Vorgespräch mit den Beratern zu führen.<br />
In diesem Gespräch sollten die Richter vorab über die Insolvenzanträge<br />
und deren Inhalt informiert werden, um eine<br />
nach Antragsstellung kurzfristige Anordnung der vorläufigen<br />
Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO zu ermöglichen. Ein<br />
solches Vorgespräch war jedoch beim dortigen Gericht weder<br />
telefonisch noch nach persönlicher Anwesenheit vor Ort<br />
möglich. So verwiesen die Richter darauf, dass sich die gerichtsinterne<br />
Zuständigkeit nach den Eingangsendziffern<br />
richte und somit in dem vorliegenden Fall noch nicht klar<br />
sei, welcher Richter überhaupt am Tag der eigentlichen Antragstellung<br />
zuständig sei. Der Vorschlag, dann mit den drei<br />
in Betracht kommenden Insolvenzrichtern zusammen ein<br />
Gespräch zu führen, wurde abgelehnt. Der nachhaltige Hinweis,<br />
dass lediglich mögliche Vorfragen durch Besprechung<br />
der umfangreichen Antragsentwürfe geklärt werden sollten,<br />
half nicht. Am 30.11.2012, einem Freitag, war dann erst mit<br />
Einreichung der Insolvenzanträge ein persönliches Gespräch<br />
mit den beiden zuständigen Insolvenzrichtern möglich.<br />
Die Insolvenzanträge beinhalteten neben dem Antrag<br />
auf Anordnung der Eigenverwaltung und dem Antrag auf<br />
Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />
auch das Protokoll der Sitzung eines eingesetzten präsum<br />
14
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tiven vorläufigen Gläubigerausschusses. In dieser Sitzung<br />
wurde einstimmig die (vorläufige) Eigenverwaltung befürwortet<br />
und einstimmig eine Person als (vorläufiger) Sachwalter<br />
vorgeschlagen, die beim Insolvenzgericht in Kleve<br />
auch auf der Vorauswahlliste gelistet war. Insgesamt umfassten<br />
die beiden Insolvenzanträge jeweils mehrere hundert<br />
Seiten. Es kam dann zu Ereignissen, die durch ein vorheriges<br />
Gespräch mit dem Gericht hätten vermieden werden<br />
können. Angesichts der insoweit unvorbereiteten Insolvenzrichter<br />
ist es erst am Donnerstag der darauffolgenden<br />
Woche, dem 06.12.2012, zur Beschlussfassung gekommen,<br />
nachdem vorher ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt<br />
worden war. Hierdurch verzögerte sich die bereits<br />
organisierte Auszahlung des vorfinanzierten Insolvenzgeldes<br />
an die Arbeitnehmer, die deswegen schon angesichts<br />
der fehlenden Gehaltsauszahlung vor dem Insolvenzgericht<br />
demonstrieren wollten. Von einem Eilverfahren, wie es der<br />
Gesetzgeber beim Insolvenzantragsverfahren vorsieht,<br />
konnte hier nicht mehr gesprochen werden.<br />
Es kam jedoch nicht nur zu einer zeitlichen Verzögerung.<br />
Die Richter ordneten auch entgegen der beantragten (vorläufigen)<br />
Eigenverwaltung die vorläufige Insolvenz <br />
ver waltung an und bestellten eine andere Person als den<br />
vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalter zum vorläufigen<br />
Insolvenzverwalter. Die Geschäftsführung ist damit faktisch<br />
entmachtet worden. Hierzu kam es, weil ein vorher vom<br />
Gericht bestellter Sachverständiger in seinem sogenannten<br />
„Erstbericht“ indizielle und wertende Aussagen gegen eine<br />
(vorläufige) Eigenverwaltung aufführte. Die auf den Tag der<br />
Beschlussfassung vorbereitete konstituierende Sitzung des<br />
vorläufigen Gläubigerausschusses ist daraufhin angesichts<br />
der insoweit veränderten Sachlage auf den folgenden Tag<br />
verschoben worden. Innerhalb dieses Tages ist dann für die<br />
folgende Sitzung eine umfangreiche Stellungnahme zum<br />
sogenannten „Erstbericht“ des Gutachters und bestellten<br />
vorläufigen Insolvenzverwalters für den vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
vorbereitet worden. In der mehrstündigen<br />
Sitzung ist dann mit den anwesenden Beratern des Unternehmens<br />
und dem vorläufigen Insolvenzverwalter die<br />
Sachlage diskutiert worden. In der hat der vorläufige Gläubigerausschuss<br />
einstimmig nochmals die (vorläufige) Eigenverwaltung<br />
beschlossen und statt den vom Gericht eingesetzten<br />
vorläufigen Insolvenzverwalter den ursprünglich<br />
vorgeschlagenen (vorläufigen) Sachwalter gewählt. Erst<br />
daraufhin erfolgte die antragsgemäße Beschlussfassung<br />
durch das Insolvenzgericht, also die Anordnung der vorläufigen<br />
Eigenverwaltung und die Bestellung des vom<br />
vorläufigen Gläubigerausschuss vorgesehenen vorläufigen<br />
Sachwalters. Der vom Gericht bestellte vorläufige Insolvenzverwalter<br />
wurde abberufen.<br />
3. Professionelle Beratung ist wichtig<br />
Wenn sich ein Unternehmen entschließt, das Insolvenzverfahren<br />
unter (vorläufiger) Eigenverwaltung zu beantragen,<br />
ist hierfür eine professionelle Beratung erforderlich. Aus<br />
obigen Erfahrungen lassen sich drei Schlussfolgerungen<br />
ziehen:<br />
• Nur Spezialisten im <strong>Insolvenzrecht</strong> sind in der Lage, neben<br />
der umfangreichen Erstellung des Insolvenzantrages und<br />
dem Antrag auf Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung<br />
auch nach Einleitung des Verfahrens, die spezifischen<br />
Besonderheiten der Eigenverwaltung gegenüber<br />
dem Insolvenzgericht durchzusetzen.<br />
• Es ist eine entsprechende personelle Kapazität seitens<br />
der Berater erforderlich, denn die erforderlichen Rechtsmittel<br />
und Schriftsätze gegen Beschlüsse des Insolvenzgerichtes,<br />
die der Eigenverwaltung widersprechen, müssen<br />
gerade im Hinblick auf die Außenwirkung für das<br />
Unternehmen schnell eingereicht werden. Der zeitliche<br />
Faktor ist nicht zu unterschätzen.<br />
• Die juristischen Berater, die ein Unternehmen bei der Insolvenz<br />
in (vorläufiger) Eigenverwaltung begleiten, müssen<br />
vom Insolvenzgericht unabhängig sein. Rechtsanwälte,<br />
die auch vom selben Insolvenzgericht zum<br />
Insolvenzverwalter bestellt werden, stehen in einem<br />
Interessenkonflikt und werden im Hinblick auf künftige<br />
Bestellungen durch das Insolvenzgericht nicht mit der<br />
notwendigen Konsequenz gegen antragswidrige Beschlüsse<br />
der Insolvenzrichter vorgehen.<br />
15
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Der Ablauf des Schutzschirmverfahrens<br />
RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />
Das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO eröffnet neben der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a<br />
InsO neue Sanierungsmöglichkeiten. Es birgt aber für alle Beteiligten erhebliche Gefahren, wenn zu leicht fertig<br />
damit umgegangen wird. Den Gerichten kommt daher eine Schlüsselfunktion zu, um die Spreu vom Weizen zu<br />
trennen. Das Verfahren selbst ist aufwendiger und kostenintensiver als eine vorläufige Eigenverwaltung und<br />
kann deutlich einfacher scheitern als ein Verfahren nach § 270a InsO.<br />
Ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig, scheidet<br />
das Schutzschirmverfahren von vornherein aus. Nach<br />
§ 270b Abs. 1 Satz 1 InsO kann das Schutzschirmverfahren<br />
nur bei Vorliegen von drohender Zahlungsunfähigkeit und/<br />
oder Überschuldung durchgeführt werden (vgl. Übersicht<br />
Punkte 1. und 2. in Abbildung auf S. 18).<br />
Der Erfolg des Schutzschirmverfahrens hängt vor allem<br />
von der professionellen Vorbereitung ab. Dazu ist auch die<br />
Erarbeitung eines operativen Restrukturierungskonzeptes<br />
erforderlich (vgl. Übersicht Punkt 3. und den Beitrag auf<br />
S. 34). Nur wenn die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit<br />
wiederhergestellt werden kann, macht ein Schutzschirmverfahren<br />
auch Sinn. Antragsvoraussetzung für ein Schutzschirmverfahren<br />
ist die Vorlage einer mit Gründen versehenen<br />
Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen<br />
Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwaltes,<br />
die dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beizufügen<br />
ist. Aus dieser Bescheinigung muss sich ergeben,<br />
dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung,<br />
nicht aber Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte<br />
Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. In diesem<br />
Zusammenhang sind eine Vielzahl von Fragen ungeklärt,<br />
z. B. ob es zulässig ist, ob Sanierungsberater und<br />
Bescheiniger personenidentisch sein dürfen, welche inhaltlichen<br />
Anforderungen an die Bescheinigung zu stellen<br />
sind und ob beispielsweise anstelle der genannten<br />
Berufsträger auch andere Personen vergleichbarer Qualifikation<br />
als Bescheiniger in Betracht kommen. Die Gerichte<br />
haben diese Fragen bislang sehr unterschiedlich beantwortet.<br />
Die falsche Entscheidung seitens des Beraters<br />
kann zum Scheitern des ganzen Verfahrens führen. Einerseits<br />
ist deshalb erforderlich, die sicherste Variante zu<br />
wählen, andererseits ist eine frühzeitige Abstimmung mit<br />
dem Insolvenzgericht im Hinblick auf die o. g. Fragen unerlässlich,<br />
um ein Scheitern oder auch eine erhebliche<br />
Verzögerung des Verfahrens zu verhindern. Im Übrigen<br />
darf nicht übersehen werden, dass mit der Bescheinigung<br />
erhebliche zusätzliche Kosten ausgelöst werden und ein<br />
zeitlicher Zusatzaufwand notwendig wird. Geht man den<br />
sicheren Weg und lässt die Bescheinigung von einem<br />
Dritten und nicht dem Sanierungsberater er stellen, fallen<br />
zusätzliche Kosten und wahrscheinlich mindestens eine<br />
Woche zusätzlicher zeitlicher Aufwand an, denn der Dritte<br />
muss sich ja in das Thema einarbeiten.<br />
Liegt ein Sanierungskonzept vor und ist es trotz aller<br />
Schwierigkeiten gelungen, die Bescheinigung in Abstimmung<br />
mit dem Insolvenzgericht inhaltlich richtig und auch<br />
durch den richtigen Bescheiniger zu erstellen, müssen für<br />
die Einleitung des Schutzschirmverfahrens nach § 270b<br />
Abs. 1 InsO dem Gericht zumindest folgende drei Anträge<br />
vorgelegt werden:<br />
1. Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen<br />
drohender Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung<br />
(vgl. Übersicht Punkt 4.),<br />
2. Antrag auf Eigenverwaltung (vgl. Übersicht Punkt 5.)<br />
und<br />
3. Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines<br />
Insolvenzplans (vgl. Übersicht Punkt 7.).<br />
Mit dem Eröffnungsantrag legt der Insolvenzschuldner die<br />
zuvor angesprochene Bescheinigung gemäß § 270b Abs. 1<br />
Satz 3 InsO vor, die das Gericht auch im Falle der Vorabstimmung<br />
formell und materiell zu prüfen hat (vgl. Übersicht<br />
Punkt 6.). Im Hinblick auf die Prüfungspflicht des<br />
Gerichtes geht keine wertvolle Zeit verloren, wenn es im<br />
Vorfeld schon zu einem ausreichenden Abstimmungsprozess<br />
zwischen Gericht und Berater gekommen ist. Dabei<br />
sollte festgelegt werden, ob das Gericht die Bescheinigung<br />
selbst prüft oder von einem Dritten prüfen lässt.<br />
Letzteres kann auch schon vor Antragstellung erfolgen,<br />
wenn das Gericht mitzieht, was aber nicht unbedingt einfach<br />
sein wird. Wahrscheinlich wird es auf eine zusätzliche<br />
Prüfung seitens eines Dritten verzichten, wenn Sanierungsberater<br />
und Bescheiniger nicht identisch sind. Aber<br />
auch das gilt es, vorher zu erfragen.<br />
16
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Mit dem Eröffnungsantrag kann ein Antrag und/oder die<br />
Anregung auf Anordnung vorläufiger Sicherungsmaß nahmen<br />
nach §§ 270b Abs. 2 Satz 3, 21 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1a, 3<br />
bis 5 InsO verbunden sein (vgl. Übersicht Punkt 8.). Auf diese<br />
Weise kann u. a. sichergestellt werden, dass die Fortführung<br />
des Unternehmens unter dem Schutzschirm nicht<br />
durch Verwertungs- und Zwangsvoll streckungsmaßnahmen<br />
seitens einzelner Gläubiger gefährdet wird.<br />
Im Schutzschirmverfahren ist der Schuldner berechtigt,<br />
einen eigenen Vorschlag zur Person des (vorläufigen)<br />
Sachwalters zu unterbreiten (vgl. Übersicht Punkt 9.). Zwar<br />
darf das Gericht von diesem Vorschlag des Schuldners nur<br />
abweichen, wenn der vorläufige Sachwalter aus Sicht des<br />
Gerichtes offensichtlich ungeeignet ist. Nichteignung liegt<br />
vor, wenn es an der notwendigen Unabhängigkeit fehlt.<br />
Eine abweichende Entscheidung durch das Gericht ist eine<br />
nicht justiziable Ermessensentscheidung, die lediglich zu<br />
begründen ist (vgl. § 270b Abs. 2 Satz 2 InsO). Eine vor<br />
Antragstellung mit dem Gericht erfolgte Abstimmung verhindert,<br />
dass es über diese Fragestellung überhaupt zu<br />
einer Diskussion kommt.<br />
Gegebenenfalls wird der Schuldner mit seinem Eröffnungsantrag<br />
auch einen Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen<br />
Gläubigerausschusses gemäß § 22a Abs. 2 InsO<br />
stellen (vgl. Übersicht Punkt 10.). Diesem Antrag nach<br />
§ 22a Abs. 2 InsO soll das Gericht stattgeben, wenn dem<br />
Gericht Personen benannt werden, die als Mitglieder des<br />
vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen<br />
und deren Einverständniserklärungen dem Antrag beigefügt<br />
sind. Empfehlenswert ist es, dass sich schon vor Antragstellung<br />
ein vorläufiger Gläubigerausschuss gebildet<br />
hat. Der Insolvenzschuldner sollte dem Gericht die Personen<br />
dieses Gremiums vorstellen (vgl. hierzu auch den<br />
Beitrag auf S. 8).<br />
Sofern die Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 und 2 InsO<br />
vorliegen (vgl. Übersicht Punkte 11., 12., 13.), erlässt das<br />
Gericht im Insolvenzeröffnungsverfahren einen Beschluss<br />
mit folgenden Anordnungen:<br />
• Bestellung eines vorläufigen Sachwalters, § 270b Abs. 2<br />
Satz 1 i.V.m. § 270a Abs. 1 Satz 2 InsO (vgl. Übersicht<br />
Punkte 9. und 13.),<br />
• Bestimmung einer Frist zur Vorlage des Insolvenzplanes,<br />
§ 270b Abs. 1 Sätze 1 und 2 InsO (vgl. Übersicht Punkte<br />
7. und 13.),<br />
• ggf. Anordnung von vorläufigen Maßnahmen, § 270b<br />
Abs. 2 Satz 3 InsO (vgl. Übersicht Punkte 8. und 13.) und<br />
• ggf. Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
(vgl. Übersicht Punkte 10. und 13.).<br />
Vom Gesetzgeber offengelassen wurde, ob dieser Beschluss<br />
zu veröffentlichen ist. Derzeit geht die Praxis davon<br />
aus, dass es nicht zu einer Veröffentlichung kommt,<br />
was insbesondere dann, wenn das Schutzschirmverfahren<br />
zur Disziplinierung von Gläubigern eingesetzt wird, von<br />
großem Vorteil ist.<br />
Da der Schuldner verwaltungs- und verfügungsbefugt<br />
bleibt, beschränkt sich die Rolle des vorläufigen Sachwalters<br />
darauf, vorrangig die wirtschaftliche Lage des Schuldners<br />
zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben<br />
für die Lebensführung des Schuldners zu überwachen,<br />
vgl. § 270b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 270a Abs. 1 Satz 2, 274<br />
Abs. 2 InsO (vgl. Übersicht Punkt 18.).<br />
Der vorläufige Sachwalter wird zudem vom Gericht in der<br />
Regel zusätzlich als Sachverständiger beauftragt zu prüfen,<br />
ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens<br />
decken wird (vgl. Übersicht Punkt 19.).<br />
Eine wesentliche Stärkung erfährt das Schutzschirmverfahren<br />
durch die Befugnis des Schuldners, Masseverbindlichkeiten<br />
begründen zu können. Das Insolvenzgericht hat nach<br />
§ 270b Abs. 3 InsO ohne jede Prüfungsbefugnis dem<br />
Schuldner eine unbeschränkte Masseverbindlich keiten-<br />
Begründungskompetenz auf dessen Antrag hin einzuräumen.<br />
Der Gesetzgeber begründet diesen Schritt damit, dass<br />
es gerade in der kritischen Phase des Eröffnungsverfahrens<br />
geboten wäre, das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen,<br />
da deren Mitwirkung für die Betriebsfortführung unerlässlich<br />
sei (vgl. Übersicht Punkt 16.a). Allerdings sollte in der<br />
Praxis darauf geachtet werden, dass von dieser Kompetenz<br />
nicht uneingeschränkt Gebrauch gemacht wird, denn es<br />
sollen ja nicht unbedingt alle Neuverbindlichkeiten auch<br />
Masseverbindlichkeiten sein. So wird zwar die Umsatzsteuer<br />
zwischen Antragstellung und Eröffnung gezahlt, nach<br />
Eröffnung aber im Wege der Anfechtung vom Finanzamt<br />
wieder zurückgeholt. Das ist nicht möglich, wenn sich der<br />
Schuldner uneingeschränkte Kompetenz zur Eingehung von<br />
Masseverbindlichkeiten hat einräumen lassen, denn dann<br />
sind alle von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten.<br />
Aus diesem Grunde muss er sich jeweils Einzelermächtigungen<br />
vom Gericht zur Eingehung ganz bestimmter Masseverbindlichkeiten<br />
geben lassen. Diese Einzelermächtigung wird<br />
er auch erhalten, weil sie ein Minus zur Generalermächtigung<br />
darstellt. Das Verfahren ist zwar deutlich aufwendiger,<br />
dem Unternehmen steht jedoch am Ende des Verfahrens<br />
deutlich mehr Liquidität zur Verfügung. Damit steigen die<br />
Sanierungsaussichten erheblich.<br />
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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Auch die Regelungen der §§ 183 ff. SGB III zum Insolvenzgeld<br />
finden auf das Schutzschirmverfahren Anwendung,<br />
weil es ein Insolvenzeröffnungsverfahren ist (vgl. Übersicht<br />
Punkt 16.b). Durch das Insolvenzgeld (§§ 183 ff.<br />
SGB III) hat der Gesetzgeber ein wirksames Mittel zur<br />
Liquiditätsschöpfung geschaffen, welches die Betriebsfortführung<br />
im Eröffnungsverfahren sichert. In der Praxis<br />
ist die Insolvenzgeldvorfinanzierung üblich.<br />
Aus § 55 Abs. 3 InsO wird ersichtlich, dass die Ansprüche<br />
der Bundesagentur für Arbeit wegen der Zahlung von Insolvenzgeld<br />
immer Insolvenzforderungen sind, insbesondere,<br />
wenn ein starker vorläufiger Verwalter die Arbeitsleistung<br />
in Anspruch genommen hat. Nichts anderes kann<br />
im Schutzschirmverfahren gelten, zumal auch hier – wie<br />
im Regelinsolvenzverfahren – der Sinn und Zweck die Betriebsfortführung<br />
in der Insolvenz ist. Eine verbindliche<br />
Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit zu dieser<br />
Thematik liegt zwischenzeitlich vor. Darin wird in Abstimmung<br />
mit dem Bundesministerium der Justiz bestätigt,<br />
dass der § 55 Abs. 3 InsO auch im Schutzschirmverfahren<br />
Anwendung findet.<br />
Tritt während des laufenden Schutzschirmverfahrens Zahlungsunfähigkeit<br />
ein, ist dies nach der gesetzlichen Regelung<br />
kein Grund mehr, das Schutzschirmverfahren vorzeitig<br />
aufzuheben. Maßgeblich ist nur, dass zum Zeitpunkt der<br />
Stellung des Eröffnungsantrages noch keine Zahlungsunfähigkeit<br />
vorliegt, vgl. § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO. Allerdings<br />
ist die Zahlungsfähigkeit während des Schutzschirmverfahrens<br />
mindestens alle zwei Wochen zu prüfen und bei<br />
Eintritt dem Gericht anzuzeigen, ohne dass dies unmittelbaren<br />
Einfluss auf das Verfahren hat. Jedoch ist nicht zu<br />
verkennen, dass dies ein Negativaspekt ist, der auch an<br />
den vorläufigen Gläubigerausschuss zu kommunizieren ist.<br />
Ob dadurch das Verfahren u. U. gefährdet wird, muss die<br />
Praxis zeigen.<br />
Unter der Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters, den er<br />
selbst vorgeschlagen hat, und frei von Vollstreckungsmaßnahmen<br />
hat der Schuldner nun die Möglichkeit, innerhalb<br />
der gesetzten Frist einen Sanierungsplan auszuarbeiten,<br />
der ab Eröffnung als Insolvenzplan umgesetzt werden kann<br />
(vgl. Übersicht Punkte 15., 16.c, 17.).<br />
Ablauf des Schutzschirmverfahrens<br />
(Aufgabenteilung zwischen Schuldner – Gericht – vorläufigem Sachwalter)<br />
Voraussetzungen<br />
(Schuldner)<br />
Vorbereitung<br />
(Schuldner)<br />
Schutzschirmverfahren/Eröffnungsverfahren<br />
(Gericht – vorläufiger Sachwalter)<br />
Schuldner Gericht Schuldner<br />
1. Drohende Zahlungsunfähigkeit<br />
und/oder<br />
2. Überschuldung (kein Schutzschirm<br />
bei Zahlungsunfähigkeit vor<br />
Antragstellung)<br />
3. Erarbeitung eines operativen<br />
Restruktu rierungskonzeptes<br />
4. Antrag auf Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens<br />
5. Antrag auf Eigenverwaltung<br />
6. Bescheinigung nach § 270b I 3<br />
7. Antrag auf Frist zur Vorlage<br />
des Insolvenzplanes (max. 3 Monate)<br />
8. Ggf. Antrag/Anregung vorläufiger<br />
Maßnahmen nach § 21 I, II<br />
9. Vorschlag für die Person eines<br />
vorläufigen Sach walters<br />
10. Ggf. Antrag auf Einsetzung eines<br />
vorläufigen Gläubigerausschusses,<br />
§ 22a II<br />
11. Prüfung der Insolvenzgründe,<br />
insbesondere Nichtvorliegen von<br />
Zahlungsunfähigkeit<br />
12. Prüfung der Bescheinigung nach<br />
§ 270b I 3 InsO<br />
13. Prüfung der Anträge<br />
und ggf. Beschluss zu den<br />
Punkten 4., 5., 7., 8., 9. und 10.<br />
14. Veröffentlichung (Punkte zu 13.)<br />
15. Ausarbeitung des<br />
Insolvenzplans<br />
16. Operative Betriebs fortführung,<br />
insbeson dere<br />
a) Vereinbarungen mit allen<br />
Stakeholdern<br />
b) Koordination Insolvenzgeld bzw.<br />
Insolvenzgeld vorfinanzierung<br />
c) Umsetzung des operativen<br />
Restrukturierungs konzeptes<br />
17. Fristgerechte Vorlage des<br />
Insolvenzplans<br />
Sachwalter<br />
18. Überwachung des<br />
Schuldners durch vorläufigen<br />
Sachwalter<br />
19. Vorlage des Gutachtens durch<br />
vorläufigen Sachwalter,<br />
insb. zur Frage der Deckung der<br />
Kosten des Verfahrens<br />
18
www.diai.org<br />
Schutzschirmverfahren versus vorläufige<br />
Eigenverwaltung oder „Wie erkläre ich es meinen<br />
Gläubigern“<br />
RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />
Vonseiten der Schuldner wird regelmäßig die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens gewünscht, was darauf<br />
zurückzuführen ist, dass das ESUG in der Wirtschaft unmittelbar mit diesem Begriff identifiziert wird. Das vorläufige<br />
Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a InsO ist dagegen kaum bekannt. Hintergrund des Wunsches nach<br />
einem Schutzschirmverfahren ist die Begrifflichkeit, denn damit wird dem öffentlichen Rechtsverkehr nach außen<br />
suggeriert, dass sich das Unternehmen nicht in einem Insolvenzverfahren befinde, sondern in einem speziellen<br />
Sanierungsverfahren. Dabei sind die Vorteile des Schutzschirmverfahrens gegenüber einem Verfahren nach § 270a<br />
InsO begrenzt, die Nachteile aber nicht zu vernachlässigen.<br />
Schutzschirm nach § 270b InsO oder vorläufige<br />
Eigenverwaltung nach § 270a InsO<br />
Das Schutzschirmverfahren ist in erster Linie ein eigenständiges<br />
Sanierungsverfahren unter Insolvenzschutz.<br />
Gleichzeitig ist es auch ein Insolvenzeröffnungsverfahren im<br />
klassischen Sinne, da ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens<br />
gestellt wird. Das ist zwingend notwendig,<br />
da ansonsten der angestrebte Schutz des gerichtlichen Verfahrens<br />
nicht erreicht werden kann. Mit dem Schutzschirmverfahren<br />
nach § 270b InsO wird Personen und Unternehmen<br />
erstmals ein Verfahren zur Verfügung gestellt, bei dem<br />
der Schuldner frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung<br />
einen Sanierungsplan ausarbeiten kann.<br />
Ziel und Wege des Schutzschirmverfahrens<br />
Ein Schutzschirmverfahren macht insbesondere dann Sinn,<br />
wenn es unter dem Schutzschirm gelingen sollte, sich mit<br />
den Gläubigern auf ein Sanierungskonzept zu einigen und<br />
das Insolvenzgeld keine so große Rolle spielt. Hintergrund<br />
für ein Schutzschirmverfahren kann auch die Disziplinierung<br />
von Gläubigern, insbesondere von Nachranggläubigern, sein.<br />
Auch beim Schutzschirmverfahren handelt es sich faktisch<br />
um eine vorläufige Eigenverwaltung, das allerdings nur unter<br />
erhöhten Anforderungen angeordnet wird, dafür aber dem<br />
Insolvenzschuldner weitergehende Rechte einräumt. Gemeinsamkeiten<br />
beider Verfahren sind die Bestellung eines<br />
vorläufigen Sachwalters und das Verbleiben der Verwaltungs-<br />
und Verfügungsbefugnis beim Insolvenzschuldner.<br />
Beim Schutzschirmverfahren muss das Gericht dem Schuldner<br />
auf Antrag die Befugnis zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten<br />
in unbegrenztem Umfang einräumen (siehe<br />
§ 270b Abs. 3 Satz 1 InsO). Beim Verfahren nach § 270a InsO<br />
ist das nur bei Einholung entsprechender Einzelermächtigungen<br />
im Voraus durch das Gericht zulässig, die Praxis behilft<br />
sich insoweit mit vom Gericht zu erteilenden Gruppen- bzw.<br />
Projektermächtigungen, innerhalb derer das Eingehen von<br />
Masseverbindlichkeiten zulässig ist. Während beim Schutzschirmverfahren<br />
dem Schuldner auf Antrag Vollstreckungsschutz<br />
zu gewähren ist (vgl. § 270b Abs. 2 Satz 3 InsO), wird<br />
das Gericht einem solchen Ansinnen im §‐270a-Verfahren<br />
im Regelfall (jedenfalls bei schlüssiger Begründung) folgen,<br />
muss dies aber nicht. Beim Schutzschirmverfahren hat der<br />
Insolvenzschuldner ein eigenes Vorschlagsrecht im Hinblick<br />
auf die Person des vorläufigen Sachwalters (vgl. § 270b Abs.<br />
2 Satz 2 InsO), nicht so beim Verfahren nach § 270a InsO.<br />
Allerdings kann er bei Vorlage eines einstimmigen Beschlusses<br />
des vorläufigen Gläubigerausschusses das Gericht in<br />
gleicher Weise dazu „verpflichten“, den vom vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss und damit im Regelfall von ihm selbst<br />
gewollten vorläufigen Sachwalter zu bestellen (vgl. §§ 270a<br />
Abs. 1 Satz 2, 274 Abs. 1, 56a Abs. 2 Satz 1 InsO). Der<br />
Schuldner sollte das Verfahren so vorbereiten, dass er den<br />
vorläufigen Sachwalter mit aussucht, mit diesem Vorgespräche<br />
führt und diesen dem vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
vorschlägt. Bei guter Argumentation ist die Zustimmung des<br />
Ausschusses sehr wahrscheinlich.<br />
Hohe Anforderungen an ein Schutzschirmverfahren<br />
Die weitergehenden Rechte des Insolvenzschuldners im<br />
Schutzschirmverfahren führen zu deutlich höheren Anforderungen<br />
an die Anordnung durch das Insolvenzgericht. So<br />
hängt die Anordnung insbesondere von der Vorlage einer mit<br />
Gründen versehenen Bescheinigung eines in Insolvenz<br />
19
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
sachen erfahrenen Berufsträgers ab. Aus der Bescheinigung<br />
muss sich ergeben, dass zwar drohende Zahlungsunfähigkeit<br />
oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt<br />
und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos<br />
ist (siehe dazu auch die Beiträge auf S. 16 und<br />
S. 27). Diese Bescheinigung kann im Einzelfall eine (zu) hohe<br />
Hürde sein, die bei einigen Verfahren schon zur Ablehnung<br />
der Anordnung eines Schutzschirmverfahrens durch das Insolvenzgericht<br />
geführt hat. Darüber hinaus kann die Verpflichtung<br />
zur Vorlage der Bescheinigung zu erheblichen<br />
Verfahrensver zögerungen führen. So hat das Amtsgericht<br />
München per Beschluss vom 29.03.2012 (Az.:1507 IN<br />
1125/12) die An ordnung des Schutzschirmverfahrens abgelehnt,<br />
weil Sanierungsberater und Bescheiniger personenidentisch<br />
waren. In gleicher Weise ist nicht auszuschließen,<br />
dass in Einzelfällen die Gerichte die Bescheinigung bei Insolvenzantragstellung<br />
von dritter Seite prüfen lassen. Diese Prüfung<br />
kann sich lange hinziehen. Bis dahin kommt es nicht zu<br />
einer gerichtlichen Beschlussfassung und damit zu erheblichen<br />
Störungen im geplanten Ablauf. Einfacher ist es daher,<br />
den Weg über den § 270a InsO zu wählen, der letztendlich<br />
– aber rechtssicherer – zum gleichen Ziel führt.<br />
Sanierung durch Schutzschirmverfahren bei<br />
Problemen mit der Einzelermächtigung im Verfahren<br />
nach § 270a InsO<br />
Die meisten Gerichte erteilen mittlerweile auch beim Verfahren<br />
nach § 270a InsO dem Insolvenzschuldner die Befugnis<br />
zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten (siehe dazu auch<br />
den Beitrag auf S. 36). Auch wenn es mit dem Gesetz und<br />
dem Willen des Gesetzgebers kaum vereinbar ist, weichen<br />
einzelne Gerichte (z. B. AG Fulda, AG Hamburg) hiervon dennoch<br />
ab und erteilen überhaupt keine Einzelermäch tigung<br />
oder erteilen sie nur dem vorläufigen Sachwalter. Zeichnet<br />
sich diese Konstellation ab, kann man im Einzelfall eine<br />
Masseverbindlichkeitenkompetenz des Schuldners dadurch<br />
erreichen, indem man – sofern die Voraus setzungen vorliegen<br />
sollten – auf die Beantragung eines Schutzschirmverfahrens<br />
ausweicht.<br />
sog. Insolvenzereignisse im Sinne des § 165 Abs. 1 SGB III.<br />
Treten sie verspätet ein, läuft der Vorfinanzierer Gefahr, mit<br />
einer Rate oder mehreren vorfinanzierten Raten auszufallen.<br />
Möglicherweise wird er deshalb im Schutzschirmverfahren<br />
nur einen Teil des Insolvenzgeldes vorfinanzieren. Damit<br />
kann dem Unternehmen dringend benötigte Liquidität fehlen.<br />
Ergebnis und Empfehlung<br />
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Weg über<br />
§ 270a InsO das einfachere und zwischenzeitlich rechtssichere<br />
Verfahren ist. Deswegen sollten die Argumente genau<br />
abgewogen werden. Das angestrebte Ziel einer Sanierung<br />
durch Insolvenz in Eigenverwaltung wird auch im Verfahren<br />
nach § 270a InsO erreicht. Ein Schutzschirmverfahren sollte<br />
vor allem dann angestrebt werden, wenn das vorrangige Ziel<br />
die Sanierung und nicht die Eröffnung und Gewährung von<br />
Insolvenzgeld ist. Wird die Eröffnung angestrebt, so macht<br />
die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens nur eingeschränkt<br />
Sinn, denn spätestens mit der Eröffnung ist das<br />
nicht gewollte Wort „Insolvenz“ ohnehin zu verwenden. So<br />
leiten die Vorlagen der Justizverwaltung beim Schutzschirmverfahren<br />
den gerichtlichen Beschluss mit den Worten „In<br />
dem Insolvenzeröffnungsverfahren“ ein. Auch lassen sich die<br />
Lieferantengläubiger vom Begriff „Schutzschirmverfahren“<br />
nicht beeindrucken. Sollte sich das Gericht allerdings nicht<br />
bereit erklären, dem Insolvenzschuldner Einzelermächtigungen<br />
im Rahmen eines Verfahrens nach § 270a InsO zu<br />
erteilen, sollte nach Möglichkeit auf das Schutzschirmverfahren<br />
ausgewichen werden. Hier ist das Gericht verpflichtet,<br />
die Einzelermächtigung zu erteilen, weil es sogar eine Generalermächtigung<br />
zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten<br />
erteilen muss (siehe § 270b Abs. 3 S. 1 InsO).<br />
Schwierigere Vorfinanzierung von Insolvenzgeld<br />
Mit dem Schutzschirmverfahren können weitere Schwierigkeiten<br />
verbunden sein, wie z. B. eine erschwerte Insolvenzgeldvorfinanzierung.<br />
So steht bei vorzeitiger Beendigung<br />
durch den vorläufigen Gläubigerausschuss nicht fest, wann<br />
das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder ob es zu einer<br />
Nichteröffnung mangels Masse kommt. Beides sind jedoch<br />
20
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Eisengießerei Karlshütte hatte Mut zur Insolvenz<br />
RA Prof. Dr. Jochen Vogel, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und Kundenaufträge, die sich über Jahre von profitablen zu unprofitablen<br />
entwickelt hatten, brachten die Eisengießerei Karlshütte in eine wirtschaftliche Schieflage. Im April 2012 entschied<br />
sich der geschäftsführende Gesellschafter des Traditionsunternehmens, Karl-Heinrich Thiele, für den<br />
Weg über ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung. Sechs Monate später konnte das Insolvenzverfahren<br />
wieder aufgehoben werden. Dr. Jochen Vogel beschreibt die Tage eines Chief Restructuring Officer (CRO) vor<br />
der Antragstellung.<br />
Bereits im ersten Telefonat mit Karl-Heinrich Thiele wurde<br />
deutlich: Die Eisengießerei Karlshütte war im März 2012 an<br />
einen kritischen und existenzbedrohenden Punkt angekommen.<br />
Das Unternehmen befand sich in einer angespannten<br />
Liquiditätssituation, die sofortiges Handeln erforderte,<br />
wenn das Unternehmen die nächsten Wochen überstehen<br />
sollte. Unternehmenslenker Thiele hatte von einem Berater<br />
den Hinweis bekommen, dass das Beratungsunternehmen<br />
Buchalik Brömmekamp sich auf solche Krisenszenarien<br />
spezialisiert hat, und erwartete nun erste Handlungsalternativen.<br />
Analyse der Unternehmensdaten<br />
Das eiligst zusammengestellte Projektteam analysierte<br />
die ersten Unterlagen der Karlshütte, die die wirtschaftliche<br />
Gesamtsituation darstellten, und bezifferte grob<br />
den er forderlichen Liquiditätsbedarf der nächsten<br />
Wochen. Um einen umfassenden Einblick zu erhalten,<br />
wurde ein Tag später ein Restrukturierungs-Workshop<br />
mit dem geschäftsführenden Gesellschafter, seinen<br />
wichtigsten Mitarbeitern und einem Teil des Projektteams<br />
durchgeführt. In dem ganztägigen Workshop<br />
wurde nunmehr ein mehrseitiger Fragenkatalog intensiv<br />
durchgearbeitet.<br />
Kernelemente des Workshops waren:<br />
• Erhebung der Ist-Situation in den einzelnen Unternehmensbereichen<br />
(Einkauf, Produktion, Vertrieb, Logistik<br />
etc.) durch eine SWOT-Analyse (Stärken-Schwächen-<br />
Chancen-Risiken-Analyse) und Schaffung von Transparenz<br />
über die relevanten Parameter,<br />
• Abfrage des Eigenbildes aus den Blickwinkeln der verschiedenen<br />
Teilnehmer,<br />
• Erörterung von Perspektiven, Strategien und Zielen,<br />
• Bestimmung von möglichen Sanierungspotenzialen und<br />
Verbesserungen,<br />
• Diskussion von Gestaltungsalternativen und tendenziellen<br />
Lösungsansätzen sowie<br />
• Definition sowie Priorisierung von Handlungsfeldern und<br />
weiteren Schritten.<br />
Diese Vorgehensweise dient dazu, in möglichst kurzer Zeit<br />
eine Vielzahl von Schwachstellen, aber auch Verbesserungspotenzialen<br />
innerhalb des betroffenen Unternehmens<br />
zu identifizieren. Am Ende des Workshop-Tages konnte das<br />
Projektteam auf zahlreiche Informationen zugreifen.<br />
Produktionsexperte suchte nach Sanierungspotenzialen<br />
Die nächsten Tage dienten nunmehr dem Projektteam dazu,<br />
die gewonnenen qualitativen und quantitativen Informationen<br />
auszuwerten. Weitere rechtliche, betriebswirtschaftliche<br />
und operative Fragestellungen wurden erörtert und<br />
gelöst. Zur weiteren Analyse möglicher operativer Sanierungspotenziale<br />
wurde darüber hinaus ein Produktionsexperte<br />
der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />
beauftragt, sich einen ersten Überblick über die entsprechenden<br />
Produktionsanlagen und innerbetrieblichen Abläufe<br />
zu verschaffen. Hierfür wurden aufgrund der Kürze der Zeit<br />
nur zwei Tage angesetzt.<br />
Nur zwölf Tage nach dem ersten Kontakt durch den geschäftsführenden<br />
Gesellschafter waren die Unternehmensunterlagen<br />
soweit aufbereitet, dass verschiedene Szenarien<br />
einander gegenübergestellt werden konnten. Dabei handelt<br />
es sich um ein Going-Concern-Szenario, ein Liquidationsszenario<br />
sowie das Insolvenzplanszenario.<br />
Liquide Mittel fehlten<br />
Einen Tag später stellten Geschäftsführer Karl-Heinrich<br />
Thiele und Dr. Jochen Vogel der finanzierenden Hausbank<br />
die verschiedenen Handlungsalternativen vor. Schon in die<br />
21
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
sem Gespräch machte das Kreditinstitut deutlich, dass es<br />
keine weiteren liquiden Mittel bereitstellen würde. Andererseits<br />
lies die Bank erkennen, dass sie einem möglichen<br />
Sanierungsweg über eine (vorläufige) Eigenverwaltung<br />
positiv aufgeschlossen gegenüberstehen würde. Ebenso<br />
konnten auch die weiteren Gesellschafter kein weiteres<br />
Geld dem Unternehmen zur Verfügung stellen.<br />
Geschäftsführung und Gesellschafter verständigten sich<br />
darauf, nun unverzüglich einen Insolvenzantrag auf (vorläufige)<br />
Eigenverwaltung beim Amtsgericht Bielefeld zu stellen.<br />
Im Hintergrund hatten die Mitarbeiter des Projektteams<br />
die für die verschiedenen Handlungsalternativen<br />
notwendigen betriebswirtschaftlichen, juristischen und<br />
kommunikativen Unterlagen vorbereitet, darunter auch den<br />
Insolvenzantrag.<br />
Parallel waren weitere, ganz wesentliche Maßnahmen erfolgt,<br />
so<br />
• ein Vorgespräch mit dem zuständigen Gericht,<br />
• die Koordination und Einberufung eines präsumtiven vorläufigen<br />
Gläubigerausschusses,<br />
• die Durchführung einer Sitzung mit dem präsumtiven<br />
konstituierenden vorläufigen Gläubigerausschuss,<br />
• die Fertigstellung der entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen<br />
für die relevanten Stakeholder-Gruppen,<br />
• Auswahl des vorläufigen Sachwalters durch den vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss sowie<br />
• die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers als<br />
Sanierungsgeschäftsführer (CRO).<br />
Problemlose Antragstellung<br />
16 Tage nach dem ersten Telefonat mit Geschäftsführer<br />
Thiele konnte der Antrag beim Amtsgericht eingereicht<br />
werden. Aufgrund der Vorgespräche mit der zuständigen<br />
Richterin, in dem der Sanierungsplan vorab erklärt wurde,<br />
erhielt die Karlshütte noch am selben Tag die Beschlüsse.<br />
In einer Mitarbeiterversammlung unter Teilnahme der örtlichen<br />
Gewerkschaft wurden die Sanierungsmaßnahmen<br />
und das weitere Vorgehen dargestellt.<br />
Zu dieser Veranstaltung konnten bereits die erforderlichen<br />
Erklärungen für die Insolvenzgeldvorfinanzierung unterzeichnet<br />
werden, sodass die fristgerechte Lohnzahlung für<br />
die nächsten drei Monate sichergestellt war. Besonders<br />
positiv wurde von den Mitarbeitern aufgenommen, dass<br />
sich die Unternehmensleitung zum Ziel gesetzt hatte, die<br />
Restrukturierung weitestgehend ohne Entlassung durchzuführen.<br />
Allerdings sollten die innerbetrieblichen Abläufe<br />
neu gestaltet und gestrafft werden.<br />
Anforderungen nach Antragstellung<br />
Nach der reibungslosen Antragstellung begann die eigentliche<br />
Arbeit von CRO Vogel. Hierzu zählten u. a.:<br />
• die Abstimmung mit dem vorläufigen Sachwalter zu Aufgaben<br />
und Abläufen (z. B. Buchungsbelege),<br />
• das Aufsetzen interner Prozesse für Insolvenzbuchhaltung,<br />
Tagesreporting, Zentralisierung von Einkaufsprozessen,<br />
• Verarbeitung der zur Antragstellung ermittelten Inventurergebnisse,<br />
• Erarbeitung einer Sitzungsroutine für den vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss,<br />
• Umsetzung der operativen Restrukturierungsmaßnahmen<br />
sowie<br />
• Beginn der Verhandlungen mit Banken und Lieferanten.<br />
Besonders zeitaufwendig gestalteten sich die persönlichen<br />
Besuche der wichtigsten Kunden und Lieferanten, um über<br />
den weiteren Ablauf zu informieren und um das Vertrauen<br />
in die Fortführung des Unternehmens zu werben.<br />
Gläubigerzustimmung bei 100 Prozent<br />
Der Erfolg der umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen<br />
zeigte sich bereits sechs Monate nach der Antragstellung,<br />
obwohl den meisten Beteiligten (Lieferanten, Kunden,<br />
Banken und Richter) die neuen Möglichkeiten der Insolvenzordnung<br />
völlig unbekannt waren. Dennoch hatten die<br />
Gläubiger dem Insolvenzplan Anfang September zu 100<br />
Prozent zugestimmt. Sie erhalten nun eine Quote von zehn<br />
Prozent und damit fast doppelt so viel, wie bei einer Regelinsolvenz<br />
üblich ist. Zur Beschleunigung trug vor allem die<br />
Möglichkeit der Eigenverwaltung bei. Das Amtsgericht<br />
Bielefeld hob das Insolvenzverfahren im Oktober auf. Damit<br />
ist dieses Verfahren eines der kürzesten Planverfahren in<br />
Deutschland, welches nach neuem Recht durchgeführt<br />
wurde. Chief Restructuring Officer Dr. Jochen Vogel verließ<br />
die Geschäftsführung der Eisengießerei Karlshütte mit der<br />
Aufhebung des Verfahrens. An seine Stelle trat der Kaufmann<br />
Volker Ahring, der die noch ausstehenden langfristigen<br />
Sanierungsmaßnahmen nun zu Ende führen wird.<br />
22
www.diai.org<br />
Ich und der Schutzschirm – aus der Sicht eines<br />
Sanierungsgeschäftsführers<br />
Heinz-Peter Derrix-Belau, Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />
Die Praxis zeigt, dass seit dem Inkrafttreten des ESUG noch viele Lücken zu füllen sind. Heinz-Peter Derrix-Belau<br />
von der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung begleitete von Mai bis Oktober 2012 ein Handelsunternehmen<br />
mit knapp 100 Filialen als Chief Restructuring Officer (CRO) durch ein Schutzschirmverfahren.<br />
Nachstehend sein Erfahrungsbericht:<br />
Das Einzelhandelsunternehmen aus NRW war an Buchalik<br />
Brömmekamp herangetreten mit der Bitte um Erstellung<br />
und Umsetzung eines Sanierungskonzeptes. Alternativ sollten<br />
verschiedene Insolvenzszenarien gerechnet werden.<br />
Das Unternehmen befand sich zwar in einer Krise, hatte<br />
aber ausreichende Substanz, um eine Sanierung ohne<br />
Insolvenz möglich zu machen. Jedoch konnten die damit<br />
verbundenen Kosten weder durch den Gesellschafter aufgebracht<br />
werden, noch haben sich Banken zu einer weiteren<br />
Finanzierung bereit erklärt. Ein Insolvenzplanverfahren<br />
in Eigenverwaltung unter einem Schutzschirm musste<br />
deshalb in die Tat umgesetzt werden.<br />
Die Bescheinigung<br />
Voraussetzung für die Teilnahme am Schutzschirmverfahren<br />
war das Vorliegen einer bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit,<br />
was gemäß § 270b InsO Abs. 1 S. 3 InsO von einer in<br />
Insolvenzsachen erfahrenen Person zu bescheinigen war.<br />
Gleichzeitig musste in der Bescheinigung ausgeführt werden,<br />
dass die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos<br />
ist. Es stellte sich hierbei die Frage, ob der mandatierte<br />
Berater diese Bescheinigung selbst ausstellen konnte oder<br />
aber, ob dies durch einen Dritten zu erfolgen hat. Die neue<br />
Insolvenzordnung legt sich hierzu nicht fest. Der Bescheiniger<br />
hat lediglich gemäß § 270b Abs. 2 S. 1 InsO personenverschieden<br />
vom vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalter<br />
zu sein. Eine frühzeitige informelle Anfrage beim örtlich<br />
zuständigen Insolvenzgericht ohne Nennung des betroffenen<br />
Unternehmens mündete in der Empfehlung des Gerichtes,<br />
die Bescheinigung durch einen unabhängigen Dritten<br />
ausstellen zu lassen, um eigene zeitraubende Überprüfungen<br />
des Gerichtes in Bezug auf die Ordnungsgemäßheit der<br />
Bescheinigung zu vermeiden. Das Sanierungskonzept wurde<br />
deshalb einem Fachanwalt für <strong>Insolvenzrecht</strong> aus der Region<br />
zur Verfügung gestellt, das dieser überprüfte und zusammen<br />
mit Betriebswirten aus seiner Kanzlei dezidiert hinterfragte.<br />
Der Fachanwalt für <strong>Insolvenzrecht</strong> stellte auf dieser Grundlage<br />
die für das Schutzschirmverfahren erforderliche Bescheinigung<br />
im Sinne des § 270b Abs. 1 S. 3 InsO aus.<br />
Der vorläufige Gläubigerausschuss<br />
Gemäß § 22a Abs. 1 InsO ist bei nicht eingestelltem Geschäftsbetrieb<br />
ein vorläufiger Gläubigerausschuss zu bilden, wenn die<br />
Bilanzsumme 4,84 Mio. Euro erreicht, der Umsatz jenseits von<br />
9,68 Mio. Euro liegt und die Belegschaft aus mehr als 50 Arbeitnehmern<br />
besteht (es müssen mindestens zwei der drei<br />
Kriterien erfüllt sein). Im vorliegenden Fall waren sämtliche<br />
Merkmale erfüllt. Es wurde deshalb ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />
mit fünf Mitgliedern entsprechend der Vorgaben<br />
der §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a, 67 Abs. 2 InsO gebildet. Wir konnten<br />
einen Lieferanten (absonderungsberechtigter Gläubiger),<br />
einen Kredit geber (Gläubiger mit der höchsten Forderung),<br />
einen Kleingläubiger und einen Arbeitnehmervertreter für diese<br />
Aufgabe gewinnen. Bedingt durch die vielen angemieteten<br />
Filialen wurde zusätzlich ein Vertreter für die Vermieter in den<br />
Ausschuss aufgenommen, was zu einer ungeraden Zahl von<br />
Mitgliedern führte und so Pattabstimmungen ausschloss.<br />
Die erste Sitzung des präsumtiven vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
fand zwei Tage vor der Antragstellung statt. Für<br />
ausreichenden Versicherungsschutz der vorläufigen Gläubigerausschussmitglieder<br />
wurde gesorgt. Belehrungsunterlagen<br />
über Rechte und Pflichten eines Gläubigerausschussmitglieds<br />
wurden ausgeteilt, eine Satzung wurde einstimmig<br />
verabschiedet. Gleichzeitig nahmen die Teilnehmer ihre Mitgliedschaft<br />
in diesem Gremium durch Unterzeichnung einer<br />
entsprechenden Einverständniserklärung an. Sie erklärten<br />
ferner einstimmig, dass sie eine Eigenverwaltung unter einem<br />
Schutzschirm unterstützen. Außerdem machten die Gläubigerausschussmitglieder<br />
einstimmig einen Vorschlag zur<br />
Person des vorläufigen Sachwalters. Ausschlaggebend war<br />
dabei dessen Erfahrung mit Einzelhandelsinsolvenzen und<br />
dass der vorgeschlagene vorläufige Sachwalter regelmäßig<br />
vom örtlich zuständigen Insolvenzgericht bestellt wird.<br />
23
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Der Antrag<br />
Im Vorfeld des eigentlichen Antrages wurde mit dem zuständigen<br />
Insolvenzgericht ein Vorgespräch geführt. Das Gericht<br />
erklärte sich hierzu bereit, obwohl die Zuständigkeitsfrage –<br />
wie bei vielen Gerichten üblich – erst am Tage der Antragstellung<br />
geklärt werden kann. Wir händigten insoweit dem Gericht<br />
sämtliche Unterlagen zur Antragstellung als Entwurfsfassung<br />
aus und besprachen sie mit einem anwesenden Richter. Alle<br />
verfügbaren Richter und Rechtspfleger hatten sich daraufhin<br />
zusammengesetzt, um den Antrag vorher zu überprüfen und zu<br />
diskutieren. Die vom Gericht noch am gleichen Tag geäußerten<br />
Änderungs- und Ergänzungswünsche konnten wir problemlos<br />
noch in den finalen Antrag einbauen bzw. berücksichtigen. So<br />
war die eigentliche Antragstellung nur noch Formsache.<br />
Gemäß § 270b Abs. 3 InsO hat das Gericht auf Antrag des<br />
Schuldners anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten<br />
begründet. Dieser Antrag des Schuldners kann insoweit<br />
als Pauschalermächtigung oder als Einzelermächtigung gestellt<br />
werden. Letzteres hat den Vorteil, dass der Insolvenzschuldner<br />
auf diese Weise nur einzelne privilegiert zu bedienende Verbindlichkeiten<br />
(Masseverbindlichkeiten) generieren kann.<br />
§ 55 Abs. 3 InsO regelt im Ergebnis, das die Forderungen der<br />
Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />
keine Masseverbindlichkeiten sind und somit im eröffneten<br />
Verfahren nicht vom Insolvenzschuldner zu bedienen sind.<br />
Zum Zeitpunkt der Antragstellung war nicht klar, ob diese Regelung<br />
auch im Schutzschirmverfahren Anwendung findet, zumal<br />
§ 270b Abs. 3 S. 2 InsO nur auf die entsprechende Geltung des<br />
§ 55 Abs. 2 InsO verweist. Rein vorsorglich wurde von der<br />
Schuldnerin keine an sich nach § 270b Abs. 3 S. 1 InsO zulässige<br />
Generalermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />
beantragt, sondern nur im Voraus bestimmte Einzelermächtigungen<br />
eingeholt, nicht aber für die Ansprüche auf<br />
Arbeitsentgelt, die im Zusammenhang mit der Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />
stehen. Heute steht fest, dass § 55 Abs. 3 InsO<br />
auch im Schutzschirmverfahren direkt anwendbar ist (siehe dazu<br />
auch den Beitrag auf Seite 36).<br />
Der vorläufige Sachwalter<br />
Im Schutzschirmverfahren ist das Gericht verpflichtet, dem Vorschlag<br />
des Insolvenzschuldners im Hinblick auf die Person des<br />
vorläufigen Sachwalters nachzukommen (vgl. § 270b Abs. 2<br />
S. 2 InsO), es sei denn, die vorgeschlagene Person ist für das<br />
Amt offensichtlich ungeeignet. Insoweit bestand im Fall mit<br />
dem Filialisten zu keiner Zeit ein Problem, da der vorgeschlagene<br />
vorläufige Sachwalter regelmäßig vom örtlichen Insolvenzgericht<br />
bestellt wird und dieser im Vorfeld der Antragstellung dem Gericht<br />
durch Aushändigung eines ausgefüllten Unabhängigkeitsfragebogens<br />
versichert hatte, dass er im vorliegenden Fall unabhängig<br />
ist, insbesondere er den Schuldner noch nie beraten hat.<br />
Der Beschluss<br />
Der Antrag wurde am 25.05.2012 beim örtlich zuständigen<br />
Amtsgericht, Insolvenzgericht, eingereicht. Aufgrund der<br />
guten Vorbereitung des Insolvenzantrages und der im Vorfeld<br />
erfolgten Vorbesprechung mit dem Gericht erhielt das<br />
Unternehmen noch am selben Tag den Beschluss zur Anordnung<br />
eines Insolvenzeröffnungsverfahrens nach § 270b InsO<br />
(Schutzschirmverfahren).<br />
Die Betriebsversammlungen<br />
Gleich nach dem ergangenen Beschluss wurden die Mitarbeiter<br />
der nahe gelegenen Filialen in einer Betriebsversammlung<br />
hierüber informiert. Weitere Versammlungen<br />
folgten zeitgleich in verschiedenen Filialen, sodass sämt liche<br />
Mitarbeiter umgehend erreicht wurden. Es war sowohl für<br />
den vorläufigen Sachwalter als auch für mich als Sanierungsgeschäftsführer<br />
sehr ungewohnt, Worte wie Insolvenz, Insolvenzverwalter<br />
oder Verwertung zu vermeiden und stattdessen<br />
von einem speziellen Sanierungsverfahren, von einem<br />
vorläufigen Sachwalter und von Schutzschirm zu sprechen.<br />
Dennoch gelang es durch das Vorstellen des neuen Verfahrens,<br />
bei den Mitarbeitern die Hoffnung zu wecken, dass das<br />
Unternehmen erhalten und weiter bestehen würde.<br />
Das Insolvenzgeld<br />
Das Insolvenzgeld ist einer der wesentlichen Sanierungsbeiträge,<br />
da durch den dreimonatigen Wegfall der Lohnzahlungen die Liquiditätssituation<br />
erheblich verbessert werden kann. Die für die<br />
Insolvenzgeldvorfinanzierung benötigte Zustimmung der Agentur<br />
für Arbeit gemäß § 170 Abs. 4 SGB III wurde problemlos erteilt,<br />
was auch daran lag, dass man hier sehr intensiv mit einem Dienstleister<br />
und der vorfinanzierenden Bank zusammengearbeitet hat.<br />
Das Anderkonto<br />
Die Kassenführung lag beim eigenverwaltenden Schuldner,<br />
da der vorläufige Sachwalter von seinem Recht nach § 275<br />
Abs. 2 InsO keinen Gebrauch machte, die Kassenführung an<br />
sich zu ziehen.<br />
24
www.diai.org<br />
Die Kontoführung der Insolvenzschuldnerin erfolgte weiterhin<br />
bei deren Hausbank. Dazu wurde zunächst der bei Insolvenzantragstellung<br />
bestehende Saldo auf ein Unterkonto<br />
umgebucht. Künftige Einzahlungen erfolgten auf das bisherige<br />
Konto bei der Hausbank unter der bisherigen Stammnummer.<br />
Der vorläufige Gläubigerausschuss stimmte dieser<br />
Vorgehensweise einstimmig zu.<br />
Die Buchhaltung<br />
Die Buchhaltung war mit dem ergangenen Gerichtsbeschluss<br />
völlig neu aufzusetzen. Der laufende Monat Mai 2012 war mit<br />
dem ergangenen Beschluss am 25.05.2012 automatisch beendet,<br />
buchhalterisch begann am 25.05.2012 bereits der<br />
Monat Juni 2012.<br />
Den Aufwand, neue Rechnungen von alten zu trennen auch<br />
in Bezug auf Rechnung aus Dauerschuldverhältnissen (Leasing,<br />
Telefon etc.) kennt man aus Regelinsolvenzen. Insoweit<br />
galt hier nichts anderes. Anzuraten sind hier zur Arbeitserleichterung<br />
einfache Stempel mit dem Aufdruck „alte<br />
Rechnung“ oder „neue Rechnung“. Ähnlich verhält es sich<br />
mit erfolgten Abbuchungen im Lastschriftverfahren und<br />
deren Widerruf.<br />
Prüfung der Zahlungsunfähigkeit<br />
Das Schutzschirmverfahren kann nur von solchen Schuldnern<br />
genutzt werden, die zum Zeitpunkt der Antragstellung<br />
lediglich drohend zahlungsunfähig sind. Wenn im Verlauf des<br />
Verfahrens die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eintreten<br />
sollte, ist dies nach § 270b Abs. 4 S. 2 InsO vom Schuldner<br />
oder auch vom vorläufigen Sachwalter dem Gericht unverzüglich<br />
anzuzeigen. Diese zeitintensive Prüfung wurde in<br />
kurzen Abständen vom Unternehmen regelmäßig durchgeführt<br />
und mit dem vorläufigen Sachwalter besprochen.<br />
Das Unternehmen hatte es geschafft, dass das Insolvenzverfahren<br />
später auch wegen drohender Zahlungsunfähigkeit<br />
eröffnet wurde. Dies konnte nur deshalb gelingen, weil die<br />
involvierten Banken davon überzeugt wurden, ihre Linien<br />
nicht zu kündigen. Viele Geschäftspartner zeigten so deutlich<br />
mehr Vertrauen in das Unternehmen als sie es bei tatsächlicher<br />
eingetretener Illiquidität getan hätten.<br />
Die Steuern und die SV-Beiträge<br />
Für die Abführung der Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge<br />
ist der Geschäftsführer verantwortlich. Ein Zuwiderhandeln<br />
bringt dessen persönliche Haftung und ggfs. eine<br />
strafrechtliche Verfolgung mit sich. Der eigenverwaltende<br />
Schuldner im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 270b<br />
InsO hat die Masse zu sichern und zu erhalten und darf Verbindlichkeiten,<br />
die vor Antragstellung begründet wurden,<br />
nicht mehr begleichen. Da Geschäftsführer und eigenverwaltender<br />
Schuldner personenidentisch sind, ist eine Interessenkollision<br />
automatisch gegeben: Soll die handelnde Person<br />
nunmehr ihrer Verpflichtung auf Steuerzahlung und Abführung<br />
der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nachkommen<br />
oder aber mit Blick auf Massesicherungspflicht<br />
diese eben nicht mehr abführen Aufgrund der recht komfortablen<br />
Liquiditätssituation (nur drohende Zahlungsunfähigkeit)<br />
wurden hier die Leistungen als sicherster Weg<br />
abgeführt, nachdem die jeweiligen Empfänger über die vorliegende<br />
Insolvenzsituation unterrichtet wurden. Durch diese<br />
„Bösgläubigmachung“ wurde der Sachwalter in die Lage<br />
versetzt, nach Verfahrenseröffnung die abgeführten Zahlungen<br />
im Wege der Insolvenzanfechtung wieder zurückzuholen.<br />
Das hat dieser auch gemacht und auf diese Weise dem Unternehmen<br />
schnell wieder weitere Liquidität zugeführt.<br />
Die Akzeptanz seitens der Lieferanten<br />
Bedingt durch das neue und zu diesem Zeitpunkt weitestgehend<br />
noch unbekannte Verfahren hatte das Unternehmen<br />
speziell auf der Lieferantenseite mit erheblichen Vorbehalten<br />
zu kämpfen. Da Lieferanten nur mit Regelinsolvenzverfahren<br />
vertraut waren, wurde immer wieder die Unterschrift des<br />
vorläufigen Sachwalters unter die Bestellungen gefordert.<br />
Denen, die „den Karren in den Dreck gefahren hatten“, vertrauten<br />
die Lieferanten dagegen eher weniger. Erst durch<br />
erhebliche Aufklärungsarbeit und dem tatsächlichen Nachweis<br />
der Qualität des Managements (Altgeschäftsführer<br />
nebst Sanierungsgeschäftsführer und Sanierungsberater)<br />
wurden diese Ressentiments sukzessive abgebaut.<br />
Auf Kundenseite dagegen traten keine Probleme auf. Die<br />
Kunden haben von dem Verfahren nahezu nichts gemerkt,<br />
zumal das Schutzschirmverfahren auch nicht öffentlich<br />
bekannt gemacht wurde.<br />
Die Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung<br />
Nachdem das Schutzschirmverfahren nicht zuletzt durch die<br />
Frist zur Planvorlage und den Ablauf des Insolvenzgeldzeitraumes<br />
weitestgehend beendet war, erfolgte nach Vorlage<br />
des durch den vorläufigen Sachwalter erstellten Sachverständigengutachtens<br />
am 30.07.2012 die Eröffnung des In<br />
25
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
solvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Der Berichts- und<br />
Prüfungstermin sowie der Erörterungs- und Abstimmungstermin<br />
wurden am 12.10.2012 durchgeführt und das Verfahren<br />
anschließend am 31.10.2012 aufgehoben. Das eröffnete<br />
Verfahren in Eigenverwaltung unterschied sich nicht von<br />
anderen, schon vor der Zeit der neuen Insolvenzordnung<br />
durchgeführten Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung.<br />
Nach knapp fünf Monaten war das Unternehmen bilanziell<br />
saniert. Zum Jahresende 2012 standen die ersten Planzahlungen<br />
an.<br />
Schutzschirm in der Öffentlichkeit<br />
Bedingt durch die Neuartigkeit des Verfahrens hatte das<br />
Unternehmen gerade zu Beginn erhebliche Schwierigkeiten<br />
in der Außendarstellung. Die Akzeptanz des Schutzschirmverfahrens<br />
durch die Geschäftspartner wird sich sukzessive<br />
durch die vermehrte Bekanntheit dieses Verfahrens in der<br />
Praxis verbessern.<br />
Auch werden die meisten noch offenen Rechtsfragen mittelfristig<br />
beantwortet sein, sodass die Durchführung eines<br />
Schutzschirmverfahrens zukünftig einfacher, noch planungssicherer<br />
und auch für die Akteure risikoärmer sein wird.<br />
Der Schutzschirm ist als spezielles Sanierungsverfahren gedacht.<br />
Gleichwohl stellt er einen Teil des <strong>Insolvenzrecht</strong>es<br />
dar und wird speziell in der Diktion als Insolvenzeröffnungsverfahren<br />
weiter fortgeführt. Die Bezeichnung „Insolvenzeröffnungsverfahren“<br />
schreckt generell Unternehmen und<br />
Gläubiger ab. Allein durch das Weglassen des Wortes „Insolvenz“<br />
würde sich die Akzeptanz dieses Verfahrens sicherlich<br />
noch erheblich steigern lassen.<br />
Die Nichtveröffentlichung des gerichtlichen Beschlusses<br />
macht im Hinblick auf die Kundenbeziehungen Sinn. In Bezug<br />
auf das Eingehen von Masseverbindlichkeiten ist das Unternehmen<br />
allerdings gezwungen, den Lieferanten den diesbezüglichen<br />
Beschluss zur Verfügung zu stellen.<br />
Der Schutzschirm wird durch die Eröffnung des Verfahrens<br />
zu abrupt beendet. Mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt ein<br />
Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, wie es schon vor<br />
dem 01.03.2012 stattgefunden hat. Spätestens jetzt erfolgt<br />
von Amts wegen die Veröffentlichung des Verfahrens im Internet<br />
und die Gläubiger werden aufgefordert, ihre Forderungen<br />
beim Sachwalter anzumelden. Aus dem bisherigen<br />
Schutzschirm wird eine normale Planinsolvenz in Eigenverwaltung.<br />
Die Gläubigerseite merkte mehrfach zutreffend an,<br />
dass der Schutzschirm quasi nur ein „Vorgeplänkel“ zur<br />
Normalin solvenz sei. Der Sanierungsgedanke sollte daher<br />
deutlicher mit in das eröffnete Verfahren genommen werden,<br />
um zu betonen, dass es sich gerade nicht um eine<br />
Regelinsolvenz handelt.<br />
Aspekte wie „Vertrauensbasis“ und „Netzwerke“ genießen<br />
im Schutzschirmverfahren einen besonderen Stellenwert.<br />
Wenngleich die Akteure, die für die Notwendigkeit des Verfahrens<br />
verantwortlich sind, nicht bei allen Gläubigern weiter<br />
volles Vertrauen genießen, so gibt es doch in der Regel auch<br />
gewachsene Verbindungen, Kooperationen und Freundschaften,<br />
die durch einen gewöhnlichen (vorläufigen) Insolvenzverwalter<br />
nicht so ohne Weiteres fortgesetzt werden können.<br />
Stellt z. B. ein Lieferant die Lieferungen ein, können sie nur<br />
über solche Netzwerke, Kooperationen und Freundschaften<br />
überbrückt werden. Ein Insolvenzverwalter tut sich hier sehr<br />
schwer. Auch sind Spezialkenntnisse aus Branche und<br />
Historie nur dem eigenverwaltenden Schuldner bekannt. Bis<br />
sich ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter dieses Wissen angeeignet<br />
hat, kann zu viel Zeit vergangen sein.<br />
Fazit<br />
Das Schutzschirmverfahren ist eine sehr sinnvolle Lösung<br />
zur Firmenrettung sanierungswürdiger Unternehmen. Speziell<br />
im zuvor beschriebenen Fall hat sich das Verfahren<br />
schon alleine dadurch bewährt, da die Kundschaft nur in den<br />
wenigsten Fällen von dem gesamten Insolvenzverfahren<br />
überhaupt Kenntnis erhalten hat. Das ansonsten in Regelinsolvenzen<br />
aufkommende Problem der Gewährleistung<br />
blieb völlig außen vor. Kein Kunde zweifelte daran, eventuell<br />
seine Gewährleistungsansprüche bei Neukauf nicht durchgesetzt<br />
zu bekommen.<br />
Optimierungsbedarf<br />
26
www.diai.org<br />
Anforderungen an die Bescheinigung für das<br />
Schutzschirmverfahren<br />
Bozidar Radner, Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />
RA Alfred Kraus, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Die Anforderungen für den Antrag auf Anordnung eines Schutzschirmverfahrens sind erheblich. Insbesondere<br />
hat der Schuldner mit dem Insolvenzantrag eine Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO vorzulegen. Der<br />
Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Ausgestaltung und den Inhalt dieser Bescheinigung auf konkrete Formulierungen<br />
verzichtet und anstelle dessen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet. Die Auslegung dieser unbestimmten<br />
Rechtsbegriffe muss sich in der Insolvenzpraxis entwickeln. Mit dem IDW ES 9 „Bescheinigung nach<br />
§ 270b InsO“ hat das <strong>Institut</strong> der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) einen Entwurf eines Standards<br />
für die Anforderungen an die Bescheinigung vorgelegt. Dieser Standard genügt nicht den umfangreichen<br />
rechtlichen sowie betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Bescheinigung, sodass Nachbesserungen<br />
erforderlich sind.<br />
Anforderungsmerkmale an die Bescheinigung nach § 270b<br />
Abs. 1 Satz 3 InsO:<br />
1. Anforderungen an die Person des Bescheinigers<br />
Die Bescheinigung muss von einem in Insolvenzsachen erfahrenen<br />
Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt<br />
oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation<br />
ausgestellt sein, § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO. Infolgedessen<br />
kann als Bescheiniger nur ein Berufsträger infrage kommen,<br />
somit nur eine natürliche Person.<br />
Des Weiteren soll der Berufsträger in „Insolvenzsachen<br />
erfahren“ sein. Hierüber kann es sicherlich unterschiedliche<br />
Auffassungen geben. Das IDW sieht dieses Merkmal<br />
als eher nachrangig an. Allerdings rückt schon alleine der<br />
Sinn und Zweck der Bescheinigung (Sanierung in der Insolvenz<br />
unter einem Schutzschirm) dieses Tatbestandsmerkmal<br />
in den Vordergrund. Sanieren ist das Stichwort.<br />
Somit ist ein krisenerfahrener Bescheiniger im Sinne eines<br />
neutralen Gutachters unabdingbar. Den das Unternehmen<br />
beratenden Rechtsanwalt oder Steuerberater<br />
generell als „befangen“ zu qualifizieren (so das AG München,<br />
Beschl. v. 29.03.2012, Az. 1507 IN 1125/12), geht<br />
im Ergebnis zu weit.<br />
2. Anforderungen an den Inhalt der Bescheinigung<br />
Die Gerichte müssen sich anhand des Inhaltes der Bescheinigung<br />
ein Urteil über die Chancen des Unternehmens,<br />
nach erfolgter Sanierung am Markt zu bestehen, bilden.<br />
Der Gesetzgeber verlangt nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO<br />
neben dem Vorliegen von drohender Zahl ungs unfähigkeit<br />
oder Überschuldung lediglich die Feststellung, dass „die<br />
angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtlos<br />
ist“.<br />
a) Drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung<br />
Aus der Bescheinigung muss sich zunächst ergeben, dass<br />
zum Zeitpunkt der Antragstellung nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit<br />
oder Überschuldung vorliegt und nicht<br />
bereits die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens eingetreten<br />
ist. Bei den Insolvenzanträgen, die bisher in diesem<br />
Stadium gestellt wurden, lag regelmäßig schon die Zahlungsunfähigkeit<br />
vor. Daher muss die Bescheinigung die<br />
drohende Zahlungsunfähigkeit sehr substanziiert darlegen.<br />
Im IDW PS 800 wird dezidiert erläutert, wie diese<br />
Prüfung durchzuführen ist.<br />
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lassen sich im Rahmen<br />
eines Liquiditätsstatus/-planes relativ exakte Werte ermitteln.<br />
Daher ist die Frage nach der drohenden Zahlungsunfähigkeit<br />
ein handwerk liches bzw. definitorisches<br />
Problem.<br />
Am 09.11.2012 hat der Deutsche Bundestag – versteckt<br />
im „Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung<br />
im Zivilprozess“ – in zweiter und dritter Lesung die Entfristung<br />
des insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffes<br />
(§ 19 Abs. 2 InsO) beschlossen. Danach liegt auch<br />
über das Jahresende 2013 hinaus eine Überschuldung<br />
(nur) vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden<br />
Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn,<br />
die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen<br />
überwiegend wahrscheinlich.<br />
27
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
b) Nicht offensichtliche Aussichtslosigkeit der<br />
Sanierung<br />
Die komplexere und bedeutendere Fragestellung ist jedoch<br />
die nach der nicht offensichtlichen Aussichtslosigkeit<br />
der Sanierung im Sinne des § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO.<br />
Dieses Tatbestandsmerkmal erfordert ein fundiertes<br />
betriebswirtschaftliches Sanierungskonzept, welches<br />
die Erfolgschancen der Sanierung herausarbeitet. Die<br />
Bescheinigung sollte – wie in der verabschiedeten Neufassung<br />
des IDW S 6 (Stand: 20.08.2012) gefordert – eine<br />
Wahrscheinlichkeitsaussage zur Sanierungs- bzw. Fortführungsfähigkeit<br />
(insbesondere zur Wettbewerbs- und<br />
Renditefähigkeit) enthalten.<br />
Da eine Sanierung ohne die Mitwirkung der Stakeholder<br />
ausgeschlossen ist, sind auch dahingehende Prüfungsarbeiten<br />
zu leisten. Das IDW scheint die Tragweite dieses<br />
Sachverhaltes nicht erkannt zu haben, da es in IDW ES 9<br />
sogar ausführt, dass eine Befragung der Gläubiger, die<br />
wohl die wichtigste Interessengruppe darstellen dürfte,<br />
per se nicht notwendig sei. Ein Gespräch mit den wesentlichen<br />
Gläubigern wird insbesondere dann notwendig<br />
sein, wenn bereits vor Ausstellung der Bescheinigung zu<br />
erkennen ist, dass die wichtigsten Stakeholder ein wie<br />
auch immer geartetes Sanierungskonzept prinzipiell nicht<br />
mittragen wollen.<br />
Wie kann die Bescheinigung die nicht offensichtliche<br />
Aussichtslosigkeit der Sanierung belegen Ein IDW S 6<br />
Gutachten scheint hierfür ein probates Mittel zu sein. In<br />
der Regel dürften dafür weder die Zeit noch die finanziellen<br />
Mittel zur Verfügung stehen. IDW ES 9 fordert lediglich<br />
ein deutlich abgeschwächtes Grobkonzept als Grundlage<br />
für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit. Ein derartiges<br />
„grobes“ Konzept wird jedoch nicht der „Gatekeeper-<br />
Funktion“ der Bescheinigung gerecht, die einen leichtfertigen<br />
Missbrauch des „Schutzschirmes“ zum Schutze<br />
der Gläubiger verhindern soll.<br />
In diesem Zusammenhang ist zumindest ein Konzept in<br />
Anlehnung an bestimmte Punkte des IDW S 6 erforderlich,<br />
um das nötige Vertrauen der Gerichte sowie der sonstigen<br />
Stakeholder zu gewinnen und die Erfolgschancen für eine<br />
nachhaltige Sanierung zu erhöhen. Ähnliche Stimmen<br />
werden in den abgegebenen Stellungnahmen zum IDW<br />
ES 9 laut. So spricht sich u. a. der Arbeitskreis Rechnungslegung<br />
des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. dafür<br />
aus, dass zur Beurteilung des Sanierungserfolges bzw. der<br />
Aussichtslosigkeit der Sanierung ein Grobkonzept und<br />
eine ergänzende Befragung der gesetzlichen Vertreter<br />
nicht ausreichend seien.<br />
Weiterhin ist die Frage nach einer integrierten Sanierungs-/Businessplanung<br />
für das laufende Geschäftsjahr<br />
und zwei Folgejahre als Bestandteil der Bescheinigung<br />
teilweise umstritten. So hält etwa die WirtschaftsTreuhand<br />
GmbH diese Forderung für zu weitreichend, sie begründet<br />
aber ihre Auffassung nicht. Jedoch können die<br />
Gerichte nur bei einer längerfristigen Planung die Sanierungsfähigkeit<br />
nachvollziehen und beurteilen. Für das<br />
betreffende Unternehmen entsteht hierdurch nur ein<br />
scheinbarer Mehraufwand, da eine derartige Planung für<br />
eine lautere Geschäftsführung gerade in der Krise Voraussetzung<br />
sein dürfte.<br />
Die Bescheinigung ist die „Eintrittskarte“ für das Schutzschirmverfahren.<br />
Zu beachten gilt es einerseits, dass eine<br />
Bescheinigung, die sich ausschließlich an den gesetzlichen<br />
Mindestanforderungen orientiert, für das Unternehmen<br />
in der Krise einen nicht zu unterschätzenden<br />
Risikofaktor darstellt, weil das Gericht die Bescheinigung<br />
als nicht ausreichend anerkennen könnte. Ein detailliertes<br />
neutrales Gutachten kann dagegen als Grundlage für weiterreichende<br />
Sanierungsplanungen dienen. Dies erhöht<br />
letztendlich den zeitlichen und finanziellen Handlungsspielraum.<br />
Fazit<br />
Dem <strong>Institut</strong> der Wirtschaftsprüfer ist mit dem am 21.02.2012<br />
vorgelegten Entwurf des Standards IDW ES 9 sicherlich ein<br />
Schritt in die richtige Richtung gelungen. Um richtungsweisend<br />
zu sein, hätte dieser aber detaillierter und umfangreicher<br />
ausfallen müssen. Es bleiben wichtige Punkte offen,<br />
die der Nachbesserung bedürfen. Allerdings besteht die<br />
Hoffnung, dass die Unzulänglichkeiten in der endgültigen<br />
Fassung beseitigt werden.<br />
Eine Bescheinigung, die sich ausschließlich am Gesetz und<br />
dem IDW ES 9 orientiert, wird in der Regel nicht den umfangreichen<br />
rechtlichen sowie betriebswirtschaftlichen Anforderungen<br />
an die Bescheinigung genügen.<br />
28
www.diai.org<br />
Debt-Equity-Swap: vom Gläubiger zum Gesellschafter<br />
werden<br />
RA Dr. Eike Knolle, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Frankfurt<br />
Der „Debt-Equity-Swap“, also die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, ist ein verlockendes Sanierungsinstrument.<br />
Aus Sicht des betroffenen Unternehmens wird dadurch das Eigenkapital gestärkt, die Profitabilität durch<br />
geringere Zinsaufwendungen gesteigert und die Liquiditätssituation verbessert. Aus Sicht der Gläubiger kann es<br />
interessant sein, an den künftigen Chancen des Unternehmens als Mitgesellschafter zu partizipieren.<br />
In der Praxis waren Debt-Equity-Swaps in Sanierungssituationen<br />
dennoch kaum anzutreffen. Dies lag zum einen am Vetorecht<br />
der Altgesellschafter und zum anderen an erheblichen<br />
Bewertungsrisiken, die dazu führen konnten, dass Neugesellschafter<br />
wegen Überbewertung ihrer Forderungen eine Nachschusspflicht<br />
traf. Beide Hürden hat das ESUG abgebaut, soweit<br />
die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplanes stattfindet.<br />
Forderungen zu swappen bereit sind. Die Möglichkeit zu<br />
rechtssicheren Debt-Equity-Swaps könnte auch zu einer<br />
Wiederbelebung des Marktes für den Kauf notleidender<br />
Forderungen (auch „NPL“ oder „non performing loans“ genannt)<br />
beitragen. Gerade für Käufer solcher Forderungen<br />
ist es häufig interessant, über den Forderungskauf Einfluss<br />
auf das Schuldnerunternehmen zu gewinnen.<br />
Die Gläubigersicht<br />
Viele Gläubiger standen Insolvenzplänen bisher skeptisch gegenüber,<br />
weil sie zu Recht befürchteten, dass sie in Form von<br />
(Teil-)Verzichten die größten Sanierungsbeiträge erbringen<br />
sollten, während die größten Chancen bei den Gesellschaftern<br />
verblieben. Gemäß § 225a Abs. 2 InsO können Insolvenzpläne<br />
nun vorsehen, dass Forderungen von Gläubigern in Anteilsrechte<br />
am Schuldnerunternehmen umgewandelt werden.<br />
Außerdem können Insolvenzpläne alle denkbaren Kapitalmaßnahmen,<br />
wie z. B. eine Kapitalerhöhung und/oder eine<br />
Kapitalherabsetzung, regeln. Diese Maßnahmen können auch<br />
gegen den Willen der Altgesellschafter beschlossen werden.<br />
Kein Gläubiger kann zu einem Swap gezwungen werden. Umgekehrt<br />
hat der einzelne Gläubiger keinen Anspruch darauf,<br />
dass ein Insolvenzplan einen Debt-Equity-Swap vorsieht. Sollte<br />
der Planersteller (meist ein Unternehmensberater im Auftrag<br />
des Schuldnerunternehmens) nicht von sich aus einen Debt-<br />
Equity-Swap in den Plan aufnehmen, können Gläubiger dadurch<br />
Druck aufbauen, dass sie ihre Zustimmung zum Insolvenzplan<br />
von der Aufnahme eines Debt-Equity-Swaps abhängig machen.<br />
Wenn ein Insolvenzplan mit Debt-Equity-Swap rechtskräftig<br />
angenommen ist, müssen die „swappenden“ Gläubiger keine<br />
Nachschusspflicht wegen einer Überbewertung ihrer eingebrachten<br />
Forderungen mehr fürchten. § 254 Abs. 4 InsO<br />
bestimmt, dass entsprechende Ansprüche des Schuldnerunternehmens<br />
ausgeschlossen sind. Die Gläubiger müssen<br />
insofern nur entscheiden, zu welchem „Wechselkurs“ sie ihre<br />
Die Sicht des Schuldnerunternehmens<br />
Durch einen Debt-Equity-Swap verbessern sich Bilanzstruktur,<br />
Profitabilität und Liquidität des Schuldnerunternehmens.<br />
Vorteilhaft für das Schuldnerunternehmen ist auch, dass<br />
vertragliche Regelungen, die Vertragspartner bei Änderungen<br />
im Gesellschafterkreis zur Beendigung der Vertragsbeziehung<br />
berechtigen (sog. „Change-of-Control“-Klauseln),<br />
gemäß § 225a Abs. 4 InsO unwirksam sind.<br />
Andererseits kann man sich bei Familienunternehmen, Alleingesellschaftern<br />
und sonstigen homogenen Gesellschafterstrukturen<br />
leicht ausmalen, dass eine neue, heterogene<br />
Gesellschafterstruktur das Schuldnerunternehmen lähmen<br />
kann. Hier haben der Planersteller und die Gläubiger abzuwägen,<br />
ob die Vorteile eines DES überwiegen.<br />
Bisherige Erfahrungen<br />
Entgegen der hohen Erwartungen, die mit Inkrafttreten des<br />
ESUG verbunden waren, sind Debt-Equity-Swaps in den bisher<br />
bekannt gewordenen Verfahren kaum eingesetzt worden.<br />
Grund hierfür dürfte in erster Linie das Unbehagen der<br />
beteiligten Banken sein, von der Fremdkapital- auf die Eigenkapitalseite<br />
zu wechseln. Außerdem bringt ein Debt-Equity-<br />
Swap zusätzlich Komplexität in das Insolvenzplanverfahren,<br />
das die Planersteller gerne so einfach wie möglich gestalten<br />
möchten. Es wird spannend sein zu beobachten, ob sich<br />
hieran auf Druck der Gläubiger künftig etwas ändern wird.<br />
29
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Die Verbesserung der Risikoposition der Bank durch<br />
Insolvenzplan und Eigenverwaltung<br />
RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />
Neben der Stärkung der Eigenverwaltung war eines der wichtigsten gesetzgeberischen Ziele des ESUG die Rolle<br />
der Gläubiger zu stärken, die bei richtiger und professioneller Steuerung und entsprechender Einigung nun den<br />
Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Ausgang weitgehend beeinflussen, ja sogar bestimmen können. Zur<br />
Stärkung der Gläubigerrechte hat der Gesetzgeber das Gremium des vorläufigen Gläubigerausschusses neu geschaffen<br />
(siehe dazu auch den Beitrag auf S. 8). Die Einflussmöglichkeiten des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
sind gewaltig und übersteigen die des Gerichtes und auch die des (vorläufigen) Sachwalters.<br />
Bei einstimmigen Beschlüssen des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />
ist nunmehr vom Gericht die (vorläufige) Eigenverwaltung<br />
anzuordnen und auch der von diesem Gremium<br />
vorgeschlagene (vorläufige) Sachwalter zu bestellen. Die<br />
Bank hat in diesem Gremium, das sich in der Regel aus fünf<br />
repräsentativen Gläubigern (siehe dazu §§ 21 Abs. 2 Satz 1<br />
Nr. 1a, 67 Abs. 2 InsO) zusammensetzt, meist nur einen Sitz.<br />
Ihre Stimme hat nicht mehr Gewicht wie die des Kleingläubigers<br />
oder des Arbeitnehmers. Gleichwohl kann eine Bank,<br />
wenn sie ihre Kompetenz richtig einsetzt, den Verfahrensgang<br />
in der Insolvenz im Wesentlichen bestimmen, vor allem<br />
aber ihre Risikoposition deutlich reduzieren. Die Insolvenz<br />
wird zur Chance, nicht nur für den Schuldner, sondern auch<br />
für die Bank.<br />
Die Sanierung über einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung<br />
hat für einen Investor deutliche Vorteile gegenüber einer<br />
übertragenden Sanierung:<br />
– Der Liquiditätsbedarf ist wesentlich geringer, weil die<br />
Aktiva nicht erworben werden müssen,<br />
– Forderungen und Vorräte sind nicht vorzufinanzieren und<br />
– bestehende Vertragsverhältnisse sind nicht neu einzugehen,<br />
was insbesondere bei aus Unternehmenssicht<br />
attraktiven Dauerschuldverhältnissen eine bedeutende<br />
Rolle spielt.<br />
Eine übertragende Sanierung ist häufig mit einem Haircut für<br />
die Banken verbunden, selbst wenn diese vermeintlich gut<br />
besichert sind. Der Investor, der die notwendigen Mittel zur<br />
Übernahme der Aktiva mitbringt und damit das Unternehmen<br />
gleichzeitig entschulden soll, wird nur dann einsteigen, wenn<br />
er eine maximale Entschuldung erreicht. Die Mittel hierfür<br />
sind meist begrenzt, denn der Investor muss sie – soweit sie<br />
nicht aus dem Eigenkapital entspringen – finanzieren.<br />
Auch der Unternehmer, der seine Gesellschaft plansaniert,<br />
hätte ein Finanzierungsproblem, wenn er insbesondere die<br />
Banken ablösen müsste. In der Praxis bieten sich andere<br />
machbare und mit wesentlich geringerem finanziellem Aufwand<br />
verbundene Lösungen an.<br />
Zunächst führt eine Insolvenzplanlösung meist zu einer deutlichen<br />
Verbesserung der Bilanzrelationen. Die Aktivseite<br />
bleibt regelmäßig vollständig erhalten, es sei denn, man muss<br />
sich ausnahmsweise unter Buchwerten von Anlagevermögen<br />
trennen. Die Passivseite wird dagegen wesentlich gekürzt.<br />
Auf die ausgewiesenen Rückstellungen entfällt nur die Insolvenzquote.<br />
Gründe für Rückstellungen können vielfältig sein<br />
und somit die Passivseite der Bilanz maßgeblich belasten,<br />
z. B. Steuer- und Pensionsrückstellungen oder drohende Prozessrisiken.<br />
Nachranggläubiger, die im Insolvenzplan nicht<br />
ausdrücklich erwähnt werden, fallen vollständig aus und<br />
erhalten nicht einmal eine Quote.<br />
Die Bundesagentur für Arbeit tritt regelmäßig als neuer, ungesicherter<br />
Gläubiger aus der Insolvenzgeldfinanzierung auf<br />
und erhält auf ihre erst im Insolvenzverfahren begründete<br />
Forderung lediglich eine Quote. Alle Entschuldungsmaßnahmen<br />
zusammen führen oft zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote<br />
von bis zu 70 Prozent. Das funktioniert aber nur,<br />
wenn die Quoten auch bedient werden können und die besicherten<br />
Gläubiger nicht abgelöst werden müssen.<br />
Beispielsfall<br />
Wenn ein Unternehmen mit 20 Mio. Euro Umsatz/Jahr sich<br />
auf diese Weise um 10. Mio. Euro entschuldet und für 300<br />
Mitarbeiter ca. 2 Mio. Euro Insolvenzgeld generiert, so kann<br />
es eine Planquote von 15 Prozent wahrscheinlich problemlos<br />
– auch unter Berücksichtigung des Restrukturierungsaufwandes<br />
und der bei der Eigenverwaltung deutlich geringeren<br />
Verfahrenskosten – bedienen. Allein die Liquiditätszuflüsse<br />
aus dem Insolvenzgeld, die Nichtzahlung von<br />
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Umsatzsteuer im Eröffnungsverfahren und natürlich die<br />
Nichtzahlung von Altverbindlichkeiten ermöglichen das.<br />
Problematisch wird es, wenn die gesicherten Gläubiger,<br />
insbesondere die Banken, die am Anlage- und Umlaufvermögen<br />
gesichert sind, zurückgeführt werden wollen und<br />
das Unternehmen meistens nicht über die hierzu notwendige<br />
Liquidität verfügt. Der Plan scheitert und es verbleibt<br />
– wenn überhaupt – eine übertragende Sanierung, vorausgesetzt,<br />
es findet sich ein Investor. Der Investor wird aber,<br />
selbst bei vermeintlich guter Besicherung der Bank, den<br />
erwähnten Haircut verlangen. Diesem wird die Bank, auch<br />
wenn sie besichert ist, meist zustimmen, weil sie Dauer und<br />
Risiken einer Liquidation und auch ein immer immanentes<br />
Anfechtungsrisiko scheut.<br />
Für die Bank bietet sich aber eine andere Lösung an: Sie<br />
finanziert das plansanierte Unternehmen weiter gegen die<br />
bisherigen Sicherheiten. Als Sanierungsbeitrag der Bank<br />
bietet sich u. a. der Verzicht auf Zinsen zwischen Antragstellung<br />
und Planbestätigung und eine Umwandlung der<br />
kurzfristigen Kredite in langfristige zu marktüblichen Konditionen<br />
an. Sie finanziert dann ein Unternehmen, dessen<br />
Eigenkapitalquote durch die Bereinigung der Passivseite<br />
deutlich positiv ist, und das wieder Geld verdient, weil die<br />
Sanierungsmaßnahmen (z. B. ein erforderlicher Personalabbau<br />
oder die Trennung von Alt lasten wie unprofitable<br />
Miet- oder Leasingverträge) in der Insolvenz zu Kosten umgesetzt<br />
wurden, die weit unter denen einer Going-Concern-<br />
Lösung liegen.<br />
Die Finanzierung eines solchen Unternehmens ist für die<br />
Bank wieder attraktiv. Auch ein Investoreneinstieg im<br />
Wege einer Kapitalerhöhung ist unter diesen Bedingungen<br />
wesentlich interessanter. Denn die Mittel fließen in das<br />
Unternehmen und können teilweise auch in die Entschuldung<br />
der Kreditgeber eingesetzt werden, aber finanzieren<br />
nicht ein teures Verfahren. Auch die Eigenkapitalunterlegung<br />
bei der Finanzierung eines solchen Unternehmens<br />
reduziert sich für die Bank deutlich, weil die Eigenkapitalquote<br />
hoch, die Gewinnaussichten gut und damit das<br />
Kreditrisiko gering ist.<br />
Die Bank sollte deshalb bei einer Insolvenzplanlösung diese<br />
Variante anstreben. Ihre Rückführung erfolgt aus einem<br />
Tilgungsplan, der nach Bedienung der Plangläubiger in<br />
Gang gesetzt werden sollte. Die Lösung kann mit Einschränkungen<br />
auch funktionieren, wenn die Bank nicht<br />
oder nur unzureichend besichert ist. Sollten sehr viele<br />
freie Aktiva bestehen, weil es wenige Sicherungsverträge<br />
gibt, muss im Insolvenzplan eine entsprechend hohe Quote<br />
an die ungesicherten Gläubiger bezahlt werden, denn<br />
diese dürfen mit dem Plan nicht schlechter gestellt werden<br />
als ohne den Plan. Diese Quote entfällt auch teilweise auf<br />
die ungesicherten Banken, die diese und den Rest durch<br />
eine entsprechende Umwandlung in Kredite finanzieren<br />
könnten. Dem werden sie jedoch nicht zustimmen, wenn<br />
sie gleichzeitig einen Ausfall erleiden.<br />
In einem Insolvenzplan sind der Kreativität keine Grenzen<br />
gesetzt, so denn der Plan mit den notwendigen Mehrheiten<br />
der Gläubiger angenommen wird. Die Bank kann deshalb<br />
den Plan unter Beibehaltung ihrer kompletten Altforderungen<br />
zuzüglich der neuen Forderungen finanzieren. Sie erhält<br />
dafür alle freien Aktiva anfechtungsfrei als Sicherheit<br />
und könnte somit sogar für den Fall einer späteren Folgeinsolvenz<br />
ihre wirtschaftliche Position deutlich verbessern.<br />
Die ungesicherten Gläubiger werden mit der im Endeffekt<br />
vollständigen Befriedigung der nur teilweise gesicherten<br />
Bank kein Problem haben, denn nur auf diesem Wege ist<br />
die Erfüllung ihrer Forderungen sichergestellt (eine übertragende<br />
Sanierung bietet sich nicht immer an und eine<br />
Liquidation führt oft zu noch höheren Ausfällen und dauert<br />
häufig mehrere Jahre). Die Planquoten werden zudem<br />
meist zügig gezahlt und sind außerdem für die Gläubiger<br />
wesentlich attraktiver. Aber auch die Lieferanten, die vornehmlich<br />
an der Aufrechterhaltung der Kundenverbindung<br />
interessiert sind, und die Agentur für Arbeit, der es um die<br />
Erhaltung der Arbeitsplätze geht, werden bei derartigen<br />
Lösungen immer mitwirken.<br />
Fazit<br />
Eine Sanierung in der Insolvenz funktioniert mit der Bank fast<br />
immer, ohne sie beinahe nie.<br />
Der Weg der Sanierung durch Insolvenz bietet der Bank die<br />
Chance, ihre Risikoposition zu verbessern.<br />
31
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Steuern in der vorläufigen Eigenverwaltung<br />
RA Phillip-Boie Harder, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Sowohl das vorläufige Eigenverwaltungsverfahren (§ 270a InsO) als auch das Schutzschirmverfahren (§ 270b<br />
InsO) haben viele Vorteile für das Unternehmen zu bieten, u. a. eine finanzielle Entlastung durch das soge nannte<br />
Insolvenzgeld (vgl. hierzu den Beitrag auf S. 40). Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus steuerlichen Aspekten.<br />
Durch eine Regelungslücke des Gesetzgebers in der Insolvenzordnung sind Steuerverbindlichkeiten in den Verfahren<br />
nach §§ 270a, 270b InsO weiterhin einfache Insolvenzforderungen. Dennoch erfolgte Steuerzahlungen<br />
mussten in vielen Verfahren vom Finanzamt im Wege der Insolvenzanfechtung wieder an das Unternehmen<br />
zurückgezahlt werden.<br />
Steuerverbindlichkeiten sind grundsätzlich wie jede andere<br />
Verbindlichkeit des Unternehmens in Insolvenzforderungen<br />
und Masseverbindlichkeiten zu unterteilen. Entscheidend<br />
für die Abgrenzung ist die (endgültige) Eröffnung des Insolvenzverfahrens.<br />
Steuerzahlungspflicht im Eröffnungsverfahren nach<br />
§§ 270a, 270b InsO<br />
Ob im regulären Insolvenzeröffnungsverfahren entstandene<br />
Steuerverbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten<br />
darstellen, richtete sich nach der bis zum 31.12.2010<br />
geltenden Rechtslage allein danach, ob die Steuerverbindlichkeiten<br />
von einem vorläufigen Insolvenzverwalter<br />
begründet worden waren, auf den die Verfügungsbefugnis<br />
über das Vermögen des Schuldners übergegangen<br />
war (starker vorläufiger Insolvenzverwalter). Für diesen<br />
Fall enthielt § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Sonderregelung.<br />
Danach gelten derart begründete Verbindlichkeiten nach<br />
der (endgültigen) Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten.<br />
In der Praxis wurden jedoch regelmäßig vorläufige Insolvenzverwalter<br />
bestellt, ohne dass ihnen die Verfügungsbefugnis<br />
über das Vermögen des Schuldners übertragen<br />
wurde (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter).<br />
Hier findet § 55 Abs. 2 InsO keine Anwendung.<br />
Dementsprechend stellten Steuerverbindlichkeiten keine<br />
Masseverbindlichkeiten dar, sondern blieben, da vor endgültiger<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, Insolvenzforderung<br />
und wurden nur mit der im Rahmen des<br />
Insolvenzverfahrens ermittelten Quote befriedigt. Der Fiskus<br />
hatte also aufgrund der gerichtlichen Praxis, schwache<br />
Insolvenzverwalter zu bestellen, hohe Ausfälle im Rahmen<br />
von Insolvenzverfahren zu verzeichnen.<br />
Gesetzgeberische Reaktion<br />
Auf Druck der Finanzverwaltung hat der Gesetzgeber diese<br />
Regelungslücke erkannt und durch Art. 3 des Haushaltsbegleitgesetzes<br />
2011 vom 09.12.2010 die Regelung des § 55<br />
Abs. 4 InsO eingefügt. Dieser gilt für alle nach dem<br />
31.12.2010 beantragten Unternehmensinsolvenzverfahren.<br />
Gemäß § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners<br />
aus dem Steuerschuldverhältnis, die von<br />
einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner<br />
mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters<br />
begründet worden sind, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
als Masseverbindlichkeit.<br />
Mit dieser neuen Regelung hat der Gesetzgeber auf die<br />
Rechtspraxis, konkret auf die Bestellung eines sogenannten<br />
schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters, reagiert<br />
und eine Art Fiskusprivileg geschaffen, da der Fiskus – anders<br />
als andere Gläubigergruppen – sich seine Schuldner<br />
nicht aus suchen könne und damit als „Zwangsgläubiger“<br />
regelmäßig auch nicht in der Lage sei, seine Ansprüche im<br />
Insolvenzvorfeld ausreichend zu sichern. Im Ergebnis sind<br />
nach § 55 Abs. 4 InsO nun sämtliche Steuerverbindlichkeiten,<br />
die während einer vorläufigen Insolvenzverwaltung<br />
begründet werden, im eröffneten Verfahren als Masse verbindlich<br />
keiten anzusehen.<br />
In den Eröffnungsverfahren nach §§ 270a, 270b InsO<br />
bleiben Steuerfragen offen<br />
Während der Gesetzgeber in der vorläufigen Regelinsolvenz<br />
bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters die<br />
frühere Regelungslücke geschlossen hat, bleiben bei der<br />
mit dem ESUG eingeführten Verfahren nach §§ 270a, 270b<br />
InsO, die mit der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters<br />
verbunden sind, viele Fragen offen.<br />
32
www.diai.org<br />
Eine Änderung bzw. Ergänzung des § 55 Abs. 4 InsO erfolgte<br />
im Rahmen des ESUG – trotz entsprechender Vorlage des<br />
Bundesrates – nicht. Nach dem (unveränderten) Wortlaut<br />
des § 55 Abs. 4 InsO ist ein vorläufiger Sachwalter nicht von<br />
der Vorschrift erfasst, sodass die Steuerverbindlichkeiten<br />
nicht zu Masseverbindlichkeiten werden. Die Vorschriften<br />
der §§ 270a, 270b InsO enthalten keinen Verweis auf § 55<br />
Abs. 4 InsO. Lediglich in § 270b Abs. 3 InsO wird auf die<br />
Sonderregelung des § 55 Abs. 2 InsO verwiesen. Aufgrund<br />
der unterschiedlichen rechtlichen Befugnisse und Rechtsstellung<br />
von vorläufigem Sach- und Insolvenzverwalter lässt<br />
sich die Regelung des § 55 Abs. 4 InsO auch nicht ohne<br />
ausdrücklichen Verweis entsprechend anwenden, auch im<br />
Hinblick auf das steuerrechtliche Analogieverbot. Insofern<br />
ist festzustellen, dass aufgrund einer gesetzgeberischen<br />
Regelungslücke Steuerverbindlichkeiten, die im Rahmen der<br />
Verfahren nach §§ 270a, 270b InsO begründet werden, nur<br />
einfache Insolvenzforderungen darstellen.<br />
Sofern das Finanzamt von der Antragstellung in Kenntnis<br />
gesetzt wird und die insolvenzrechtliche Anfechtung<br />
(§§ 129 ff. InsO) anwendbar ist, müssen im Eröffnungsverfahren<br />
nach §§ 270a, 270b InsO geleistete Steuerzahlungen<br />
im Wege der Insolvenzanfechtung an das Unternehmen zurückgezahlt<br />
werden.<br />
Steuerzahlungspflicht im Eröffnungsverfahren nach<br />
§§ 270a, 270b InsO<br />
Im Eröffnungsverfahren nach §§ 270a, 270b InsO stellen<br />
sich zwei Fragen: zum einen, wen die Steuerzahlungspflicht<br />
trifft, zum anderen, ob Steuerzahlungen geleistet werden<br />
dürfen.<br />
Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen<br />
verbleibt dabei vielmehr beim schuldnerischen Unternehmen<br />
bzw. dessen Geschäftsleitung. Der vorläufige<br />
Sachwalter hingegen hat nach den gesetzlichen Regelungen<br />
keine ausreichenden Befugnisse, die einen Übergang der<br />
Steuerzahlungspflichten auf ihn begründen könnten. Die<br />
Steuerzahlungspflicht verbleibt somit beim Unternehmen.<br />
von Vermögen aus der zu sichernden Masse. Hier ergibt<br />
sich für die handelnden Organe ein Spannungsfeld zwischen<br />
insolvenzrechtlichen, steuerrechtlichen und letztlich<br />
auch strafrechtlichen Pflichten bzw. Haftungsfragen der<br />
Geschäftsführung des Unternehmens. Einerseits dürfen<br />
Zahlungen auf Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) nicht geleistet<br />
werden, da eine strafbare Gläubigerbegünstigung<br />
(§ 283c StGB) vorliegen könnte, andererseits sind jedoch<br />
grundsätzlich Steuern zu zahlen, sodass u. a. eine Haftung<br />
nach §§ 69, 34 AO droht. Eine Auflösung des Konfliktes<br />
dieser gegenläufigen Pflichten könnte sich ergeben, wenn<br />
Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten anzusehen<br />
sind. Eine entsprechende eindeutige Regelung hat<br />
der Gesetzgeber jedoch in § 55 Abs. 4 InsO (oder den<br />
§§ 270 ff. InsO) nicht aufgenommen.<br />
Derzeit kann aufgrund der ungeklärten Rechtslage nur empfohlen<br />
werden, Steuern unter ausdrücklichem Hinweis auf<br />
die erfolgte Antragstellung bzw. den Beschluss über die vorläufige<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens (in Eigenverwaltung)<br />
zu zahlen und die Zahlungen nachträglich im Wege der<br />
Anfechtung „zurückzuholen“.<br />
Fazit<br />
Zusammenfassend kann man für die Steuerverbindlichkeiten<br />
sowohl in der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270a InsO) als<br />
auch im Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) von einer<br />
Regelungslücke des Gesetzgebers sprechen. Derzeit sind<br />
in diesem Zeitraum erfolgte Steuerzahlungen ab Eröffnung<br />
des Verfahrens an die Insolvenzmasse zurückzugewähren.<br />
Dies wurde in der Praxis bereits in mehreren von Buchalik<br />
Brömmekamp begleiteten Verfahren erfolgreich gegenüber<br />
dem Fiskus geltend gemacht.<br />
Fraglich ist nun noch, ob Steuerzahlungen geleistet werden<br />
müssen bzw. dürfen. Während der vorläufigen Eigenverwaltung<br />
oder im Schutzschirmverfahren hat das Unternehmen<br />
bzw. dessen Geschäftsleitung die Aufgabe der<br />
ordnungsgemäßen Unternehmensführung, aber auch besondere<br />
insolvenzrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.<br />
Dazu gehört insbesondere die Massesicherung und Masseerhaltung.<br />
Jede Steuerzahlung führt zu einem Abfluss<br />
33
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Optimale Vorbereitung für einen erfolgreichen<br />
Insolvenzplan in Eigenverwaltung<br />
Oliver Maaß, Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />
Hartmut Ibershoff, Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />
In einem Insolvenzplan ist neben den rechtlichen Spezifikationen aufzuzeigen, wie das Unternehmen wieder<br />
nachhaltig überlebensfähig aufgestellt werden kann und die Planverbindlichkeiten befriedigt werden können.<br />
Neben der bilanziellen Sanierung (Bereinigung der Passivseite der Bilanz) durch die Insolvenz ist im Regelfall eine<br />
umfangreiche operative Sanierung des Unternehmens durchzuführen.<br />
Neuausrichtung des Unternehmens inklusive<br />
Maßnahmenmanagement<br />
Um ein Verständnis für die Entwicklung und Situation des<br />
Unternehmens zu gewinnen und für Dritte aufzuzeigen, ist<br />
eine Analyse der Unternehmensstruktur und der wirtschaftlichen<br />
Entwicklung des Unternehmens vorzunehmen. Zudem<br />
sind Markt und Wettbewerb, in dem das Unternehmen<br />
agiert, zu untersuchen und die Ursachen zu identifizieren,<br />
die das Unternehmen in die Krise geführt haben. Danach<br />
sollte in Anlehnung an IDW S 6 ein Leitbild des „sanierten“<br />
Unternehmens entwickelt werden, das die Konturen eines<br />
wettbewerbs- und renditefähigen Unternehmens mit Darstellung<br />
der operativen Geschäftsfelder, der angestrebten<br />
Wettbewerbsposition bzw. -vorteile, der erforderlichen Ressourcen/Fähigkeiten,<br />
der langfristigen Zielvorstellungen<br />
und Grundstrategien des Unternehmens sowie der Unternehmenskultur<br />
enthält. Das Leitbild dient als verlässliche<br />
Orientierung für das Handeln der Sanierungsbeteiligten.<br />
Um das Unternehmen entsprechend dem definierten Leitbild<br />
erfolgreich neu auszurichten, müssen Sanierungsansätze<br />
und Maßnahmen zur Beseitigung der Krisenursachen<br />
identifiziert werden und es muss aufgezeigt werden, wie<br />
die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgen soll. Hierzu<br />
sollte ein professionelles Maßnahmenmanagement aufgesetzt<br />
werden, in dem die Umsetzung der operativen<br />
Restrukturierung und der insolvenzspezifischen Maßnahmen<br />
enthalten ist.<br />
Integrierte GuV-, Bilanz- und Finanzplanung<br />
Sowohl für ein Verfahren nach § 270a InsO (vorläufige Eigenverwaltung)<br />
oder § 270b InsO (Schutzschirmver fahren) mit<br />
anschließender Eigenverwaltung als auch für eine Fortführungslösung<br />
in einer Regelinsolvenz dient die integrierte Planrechnung<br />
als Basis für die Herleitung der benötigten Vergleichsrechnungen<br />
(Liquidation, Asset Deal und Insolvenzplan).<br />
Um die beteiligten Gläubiger für den Insolvenzplan zu gewinnen<br />
(Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan im Erörterungs-<br />
und Abstimmungstermin), müssen die Auswirkungen<br />
von Liquidation, Asset Deal und Insolvenzplan unter Berücksichtigung<br />
von (Aus-/Absonderungs-)Rechten der Gläubiger<br />
analysiert und aufgezeigt werden. Sollte trotz Vorteilhaftigkeit<br />
und einer angemessenen Beteiligung am wirtschaftlichen Wert<br />
die erforderliche Mehrheit zur Zustimmung (u. a. aus strategischen<br />
Überlegungen von Gläubigern) bei einer Gruppe nicht<br />
zustande kommen, gilt nach § 245 InsO (Obstruktionsverbot)<br />
die Zustimmung für den Insolvenzplan trotz dessen als erteilt,<br />
wenn die Angehörigen dieser Gruppe durch den Insolvenzplan<br />
voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne<br />
Plan stünden und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen<br />
dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat.<br />
Für alle Szenarien müssen im Vorfeld zeitliche Planprämissen<br />
festgelegt werden. Eine frühzeitige Szenarienrechnung<br />
bietet die Möglichkeit für eine strategisch sinnvolle Bestimmung<br />
der zeitlichen Prämissen. Daraus ergibt sich u. a. eine<br />
Planbilanz zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens,<br />
welche die Grundlage für die weiteren Szenarien<br />
(Liquidations-, Insolvenzplanrechnung und übertragende<br />
Sanierung) bildet.<br />
Im Insolvenzplanverfahren wird mit der integrierten, monatsbasierten<br />
GuV-, Bilanz- und Finanzplanung für das laufende<br />
und mindestens zwei Folgejahre die Umsetzbarkeit und Tragfähigkeit<br />
des Insolvenzplanes geprüft und nachgewiesen<br />
(„Planverprobungsrechnung“). Die Effekte aus der Umsetzung<br />
der Maßnahmen sind entsprechend ihrer Wirkungen<br />
sukzessive zu berücksichtigen. Für den Insolvenzplan enthält<br />
die integrierte GuV-, Bilanz- und Finanzplanung auch insolvenzspezifische<br />
Besonderheiten (Insolvenzgeld und dessen<br />
Vorfinanzierung, Effekte aus Anfechtungstatbeständen, Verfahrenskosten<br />
und Planverbindlichkeiten). Es wird aufgezeigt,<br />
wie das plansanierte Unternehmen nach Aufhebung<br />
des Insolvenzverfahrens neu aufgestellt sein wird.<br />
34
www.diai.org<br />
Bei Anwendung einer Monte-Carlo-Simulation können zudem<br />
die Erfolgswahrscheinlichkeit und kritische Punkte des Insolvenzplanes<br />
ermittelt und den Entscheidungsträgern aufgezeigt<br />
werden. So wurde z. B. in einem Fall aufgezeigt, dass<br />
aus saisonalen Gründen und der zunächst vorgesehenen<br />
Rückführung der Planverbindlichkeiten das Risiko nach<br />
13–15 Monaten am höchsten war und dann deutlich gesunken<br />
ist. Durch Anpassung der Zahlungsstruktur bei den Planverbindlichkeiten<br />
konnte das Ausfallrisiko deutlich reduziert<br />
und so die Zustimmung der Beteiligten gewonnen werden.<br />
Bedeutung des Prepackaged-Planes für den Erfolg des<br />
Insolvenzplanes<br />
Es ist für den Erfolg eines Insolvenzplanes entscheidend,<br />
dass möglichst zeitnah ein Sanierungskonzept vorliegt, welches<br />
die betriebswirtschaftlichen Potenziale und Maßnahmen<br />
des betroffenen Unternehmens aufzeigt. Hieraus lassen<br />
sich mithilfe eines integrierten Planungstools die notwendigen<br />
Szenarien im Rahmen einer Insolvenz ableiten. Im<br />
Idealfall wird – auch wenn mit dem ESUG dem Unternehmen<br />
Zeit für die operative und strategische Neuausrichtung<br />
gegeben werden soll – bereits mit Antragstellung ein vorläufiger<br />
Insolvenzplan (Prepackaged-Plan) mit dem Sanierungskonzept<br />
eingereicht. Diese Unterlagen werden u. a. verwendet,<br />
um den Verfahrensbeteiligten eine erste Vor stellung<br />
vom Sanierungsverlauf zu geben und diese von der Fortführung<br />
des Unternehmens zu überzeugen. Es gibt eine<br />
Vielzahl von Beteiligten:<br />
(und Vertrieb und Einkauf), die mit Antragstellung not wendi<br />
ge Überzeugungsarbeit bei den zuvor genannten Stakeholdern<br />
zu leisten, deren weitere Geschäftsbeziehung zum<br />
Unternehmen überlebenswichtig ist.<br />
Voraussetzung für die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens<br />
(§ 270b InsO) ist die Vorlage einer Bescheinigung, die<br />
aufzeigen muss, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und<br />
eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (siehe<br />
dazu den Beitrag auf S. 27). Mit der Vorlage eines der o. g.<br />
Struktur entsprechenden, qualifiziert erstellten Sanierungsgutachtens<br />
(in Anlehnung an IDW S 6) kann dieser Nachweis<br />
erfolgen. Es sollte deutlich über die in IDW ES 9 aufgestellten<br />
Anforderungen eines lediglich plausibilisierten Grobkonzeptes<br />
hinausgehen.<br />
Erfolgsfaktor Vorbereitung<br />
Nur mit einer optimalen Vorbereitung können frühzeitig die<br />
richtigen Maßnahmen identifiziert und teilweise bereits vor<br />
Antragstellung eingeleitet werden. Mit einer integrierten,<br />
monatsbasierten GuV-, Bilanz- und Finanzplanung wird die<br />
Umsetzbarkeit und Tragfähigkeit des Insolvenzplanes geprüft<br />
und nachgewiesen. Die am Verfahren Beteiligten sind frühzeitig<br />
(mit Antragstellung) über den vorgesehenen Verlauf<br />
der Sanierung zu informieren und mit einem Sanierungskonzept,<br />
das die Besonderheiten der Insolvenz berücksichtigt,<br />
zu überzeugen.<br />
– Gesellschafter, Geschäftsführung<br />
– Gericht, (vorläufiger) Sachwalter<br />
– Gläubiger, (vorläufiger) Gläubigerausschuss<br />
– Finanzierer, Factoringgesellschaft, Kreditinstitute<br />
– Kunden, Lieferanten<br />
– Arbeitnehmer<br />
– Agentur für Arbeit, Pensions-Sicherungs-Verein, Finanzamt,<br />
Kommune und Öffentlichkeit<br />
Einerseits hängt der Erfolg der Sanierung von deren Mitwirkung<br />
(zumindest aber positiver Begleitung) ab, andererseits<br />
verfolgen sie teilweise unterschiedliche oder konträre Interessen.<br />
Mit dieser Vorgehensweise wird verdeutlicht, dass sich die<br />
– idealerweise um einen insolvenzerfahrenen CRO (Chief<br />
Restructuring Officer) ergänzte – Geschäftsführung frühzeitig<br />
und ernsthaft mit der Plansanierung des Unter nehmens<br />
beschäftigt hat. Veränderungsbereitschaft und -wille werden<br />
dokumentiert. Es erleichtert zudem der Geschäftsleitung<br />
35
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Endlich Klarheit – nur der Schuldner darf Masseverbindlichkeiten<br />
begründen!<br />
RA Alfred Kraus, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Die Frage, ob der eigenverwaltende Schuldner im Verfahren nach § 270a InsO vom Gericht ermächtigt werden kann,<br />
einzelne im Voraus festgelegte Masseverbindlichkeiten zulasten der späteren Insolvenzmasse zu begründen, war<br />
bislang umstritten. Für Klarheit sorgt nun der Beschluss des Landgerichtes Duisburg vom 29.11.2012 (Az.7 T 185/12).<br />
1. Bisherige Standpunkte der Rechtsprechung<br />
Das Amtsgericht Fulda (Beschl. v. 28.03.2012 – 91 IN 9/12)<br />
hat schon sehr frühzeitig nach Inkrafttreten des ESUG entschieden,<br />
dass es im Verfahren nach § 270a InsO keine<br />
Rechtsgrundlage gebe, den Schuldner mit der Rechtsmacht<br />
auszustatten, Masseverbindlichkeiten zu begründen. Diese<br />
Entscheidung verkennt, dass ohne die Kompetenz der Begründung<br />
von Masseverbindlichkeiten jede Betriebsfortführung<br />
im Insolvenzeröffnungsverfahren faktisch unmöglich ist.<br />
Schwieriger dagegen ist die Frage zu beantworten, wer als<br />
Adressat einer entsprechenden erforderlichen Einzelermächtigung<br />
im Verfahren nach § 270a InsO anzusehen ist. Während<br />
die überwiegende Zahl der bislang ergangenen erstinstanzlichen<br />
Entscheidungen eine solche Ermächtigung des Schuldners<br />
bejaht (AG Köln, Beschl. v. 26.03.2012 – 73 IN 125/12;<br />
AG München, Beschl. v. 27.06.2012 – 1506 IN 1851/12), versagt<br />
das Amtsgericht Hamburg (Beschl. v. 04.04.2012 – 67g<br />
IN 74/12) diese. In der Praxis ist festzustellen, dass diese<br />
Entscheidung des Amtsgerichtes Hamburg, wonach im Verfahren<br />
nach § 270a InsO nur eine Ermächtigung des vorläufigen<br />
Sachwalters zur Begründung von Masseverbindlichen<br />
zulässig sei, bis vor Kurzem nicht nur bei den beteiligten<br />
(vermeint lichen) Massegläubigern zu erheblicher Rechtsunsicherheit<br />
beigetragen hat. Auch Insolvenzrichter taten sich<br />
regelmäßig schwer, wie sie die Entscheidung des Amtsgerichtes<br />
Hamburg einordnen sollten. Da es sich bei den aufgeführten<br />
Entscheidungen allesamt nur um erstinstanzliche Entscheidungen<br />
handelt, konnte bislang nicht ausgeschlossen<br />
werden, dass sich ein Insolvenzrichter der Rechtsmeinung des<br />
Amtsgerichtes Hamburg anschloss. So geschah es in einem<br />
Fall im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichtes Duisburg.<br />
2. Zugrunde liegender Sachverhalt und Position<br />
des Amtsgerichtes Duisburg<br />
Die Schuldnerin, ein Unternehmen aus dem Baugewerbe mit<br />
derzeit 90 Mitarbeitern, beantragte am 31.10.2012 vor dem<br />
Amtsgericht Duisburg u. a. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
über ihr Vermögen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit<br />
und gleichzeitig die Anordnung der Eigenverwaltung.<br />
Weiterhin stellte die Schuldnerin den Antrag, dass die<br />
Schuldnerin bis zur Eröffnungsentscheidung vom Gericht<br />
ermächtigt wird, Masseverbindlichkeiten aus im Antrag<br />
beschriebenen Bereichen zulasten der späteren Insolvenzmasse<br />
zu begründen. Hierzu hatte die Schuldnerin dem<br />
Insolvenzantrag eine konkrete Auflistung der einzugehenden<br />
Masseverbindlichkeiten (aufgeschlüsselt nach Lieferanten,<br />
Vertragsgegenstand und monatlicher Ausgabenhöhe) beigefügt.<br />
Außerdem wurde von der Schuldnerin dargelegt,<br />
weshalb die Eingehung dieser Verbindlichkeiten zur Sicherung<br />
der Betriebsfortführung erforderlich sei.<br />
Das Amtsgericht Duisburg bestimmte mit Beschluss vom<br />
06.11.2012 (Az. 62 IN 178/12), dass nicht – wie beantragt<br />
– der Schuldnerin, sondern dem vorläufigen Sachwalter<br />
für die Eingehung der beantragten Verbindlichkeiten die<br />
entsprechende Massebegründungskompetenz eingeräumt<br />
werde.<br />
Gegen diese Entscheidung legte die Schuldnerin form- und<br />
fristgerecht die sofortige Beschwerde gemäß §§ 6 Abs. 1<br />
S. 1, 21 Abs. 1 S. 2 InsO ein. Nachdem der sofortigen Beschwerde<br />
nicht abgeholfen wurde, wurde die Akte dem Landgericht<br />
Duisburg zur Entscheidung vorgelegt.<br />
3. Die neue Entscheidung des Landgerichtes Duisburg<br />
vom 29.11.2012 (Az. 7 T 185/12)<br />
Erfreulicherweise fällte das Landgericht Duisburg als Beschwerdegericht<br />
sehr schnell am 29.11.2012 eine Entscheidung<br />
in dieser Angelegenheit, und der sofortigen Beschwerde<br />
der Schuldnerin wurde kurzerhand vollumfänglich stattgegeben,<br />
indem es den ergangenen Beschluss des Amtsgerichtes<br />
Duisburg dahingehend abänderte, dass die eigenverwaltende<br />
Schuldnerin ab sofort ermächtigt wird, nun in persona die<br />
beantragten Einzelermächtigungen zu begründen. Als maß<br />
36
www.diai.org<br />
geblichen Grund hierfür führt das Landgericht Duisburg an,<br />
dass diese Lösung sowohl der gesetzlichen Systematik als<br />
auch dem Sinn und Zweck der durch das ESUG reformierten<br />
Vorschriften über die Eigenverwaltung entspreche.<br />
Zugleich stellte das Landgericht Duisburg in dieser für die<br />
Praxis sehr bedeutsamen Entscheidung klar, dass ein Erfordernis<br />
zur Begründung einzelner, im Voraus festgelegter Verbindlichkeiten<br />
zulasten der späteren Insolvenzmasse – entgegen<br />
dem Amtsgericht Fulda – auch dann anzuerkennen<br />
sei, wenn in einem Eröffnungsverfahren gemäß § 270a Abs. 1<br />
InsO anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters ein vorläufiger<br />
Sachwalter bestellt wird. Denn das Erfordernis zur<br />
Begründung von Masseverbindlichkeiten in einem Eröffnungsverfahren<br />
nach § 270a InsO sei zur Fortführung eines<br />
Geschäftsbetriebes unabweisbar. Ansonsten bestünde die<br />
Gefahr, dass das Vertrauen der Geschäftspartner in die Geschäftsleitung<br />
des Schuldners und deren Sanierungskonzept<br />
beeinträchtigt und damit faktisch eine Vorentscheidung<br />
gegen die Anordnung der Eigenverwaltung im eröffneten<br />
Verfahren getroffen wird.<br />
4. Bewertung und praktische Konsequenzen<br />
Die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichtes Duisburg<br />
führte dazu, dass die Schuldnerin nicht mehr als selbstständig<br />
handelndes Unternehmen am Markt auftreten konnte.<br />
Dadurch entstand bei den Kunden und Lieferanten der<br />
Schuldnerin außerdem der Eindruck, sie könne die momentane<br />
Krise aus eigener Kraft nicht überwinden. Die Sanierungsaussichten<br />
wurden dadurch erheblich beeinträchtigt.<br />
Mit der nun vorliegenden obergerichtlichen Entscheidung<br />
des Landgerichtes Duisburg gehören solche Fälle hoffentlich<br />
der Vergangenheit an. Nur aufgrund der schnellen, innerhalb<br />
von wenigen Tagen erfolgten Entscheidung des Beschwerdegerichtes<br />
war es der Schuldnerin in dem geschilderten Fall<br />
noch mehrere Wochen bis zur Verfahrenseröffnung möglich,<br />
die ihr vom Gesetzgeber im Verfahren nach § 270a InsO<br />
zugewiesene alleinige rechtliche Verfügungsbefugnis über<br />
ihr Vermögen wieder alleine auszuüben.<br />
Der Entscheidung des Landgerichtes Duisburg ist vollumfänglich<br />
zuzustimmen:<br />
Denn ohne eine Möglichkeit, Verpflichtungen zulasten der<br />
späteren Insolvenzmasse einzugehen, können Lieferbeziehungen<br />
und sonstige Vertragsverhältnisse, die für eine Sanierung<br />
des Unternehmens zwingend notwendig sind, nicht<br />
begründet oder aufrechterhalten werden. Ausreichende<br />
Mittel, alle Lieferungen gegen Vorkasse zu zahlen, dürften<br />
bei einem zahlungsunfähigen Unternehmen kaum vorhanden<br />
sein. Damit einhergehende Lieferstopps seitens der Lieferanten<br />
und Produktionsverzögerungen aufseiten des Insolvenzschuldners<br />
wären unvermeidbar. Demzufolge ist die<br />
Begründung von Masseverbindlichkeiten im vorläufigen<br />
Eigenverwaltungsverfahren gemäß § 270a InsO elementar.<br />
Diesen Punkt hat das Landgericht Duisburg ausdrücklich<br />
bestätigt.<br />
Wenn eine vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO<br />
bejaht wird, dann steht die gleichzeitige Verlagerung der Begründung<br />
von Masseverbindlichkeiten auf einen Dritten dazu<br />
in einem unauflösbaren Widerspruch. Dies hat das LG Duisburg<br />
nun abschließend klargestellt.<br />
Fazit<br />
Die Entscheidung des Landgerichtes Duisburg vom 29.11.2012<br />
bringt enorme Rechtssicherheit im Hinblick auf die Begründung<br />
von Masseverbindlichkeiten durch den eigenverwaltenden<br />
Schuldner im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren<br />
gemäß § 270a InsO.<br />
Sie gewährleistet, dass der eigenverwaltende Schuldner<br />
vom ersten Tag der Insolvenzantragstellung an die im Verfahren<br />
nach § 270a InsO notwendigen Masseverbindlichkeiten<br />
begründen kann. Insoweit ist die Entscheidung des<br />
Land gerichtes Duisburg als Meilenstein hin zu einer neuen<br />
Sa nierungskultur und zur Herstellung des Vertrauens im<br />
Geschäftsverkehr anzusehen.<br />
Strebt der Schuldner ein Insolvenzeröffnungsverfahren nach<br />
§ 270a InsO an, dann sollte er bereits im Rahmen der Insolvenzantragstellung<br />
einen weiteren Antrag zur Begründung<br />
einzelner, im Voraus festgelegter Verbindlichkeiten zulasten<br />
der späteren Insolvenzmasse stellen, um eine nahtlose Betriebsfortführung<br />
im Insolvenzeröffnungsverfahren sicherzustellen.<br />
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH gilt<br />
es, dabei zwingend folgende Punkte zu beachten, die dem<br />
Gericht vorzutragen sind: Namen der benötigten Lieferanten<br />
und Dienstleister, Kurzbeschreibung des jeweiligen Vertragsgegenstandes<br />
(z. B. Lieferung von Gas), prognostizierte<br />
monatliche Ausgabenhöhe sowie Darlegung zur Deckung<br />
der zu begründenden Verbindlichkeiten bei Fälligkeit (z. B.<br />
Bei fügung eines Liquiditätsplanes).<br />
37
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Der „unechte“ Massekredit nach ESUG<br />
RA Daniel Trowski, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
RA Ralf Schreiber, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Das ESUG hat durch die mit seiner Einführung nunmehr vermehrt vorkommenden Fälle der (vorläufigen) Eigenverwaltung<br />
und des Schutzschirmverfahrens einen direkten Einfluss auf die Art und Häufigkeit der Vergabe von<br />
Massekrediten. War in der Vergangenheit in den meisten Fällen der (vorläufige) Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis<br />
über das Vermögen des Insolvenzschuldners Partei der Massekreditvereinbarung, so ist es nach der<br />
Einführung des ESUG der Schuldner selbst, unter Umständen unter Mitwirkung des (vorläufigen) Sachwalters.<br />
Im Folgenden soll erörtert werden, was<br />
• einen „unechten“ Massekredit im Unterschied zu einem<br />
„echten“ Massekredit ausmacht,<br />
• wie sich der Umstand, dass nunmehr der Schuldner selbst<br />
und nicht mehr der (vorläufige) Insolvenzverwalter handelt,<br />
auf die Gestaltung von Massekreditvereinbarungen<br />
auswirkt und<br />
• welche Vorteile sich aus der Vergabe eines „unechten“<br />
Massekredites, insbesondere in Abgrenzung zum „echten“<br />
Massekredit, für die Banken ergeben.<br />
1. Ausgangssituation<br />
Durch die Zielsetzung des ESUG, grundsätzlich eine Sanierung<br />
des in der Krise befindlichen Unternehmens herbeizuführen,<br />
benötigt dieses Unternehmen im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens<br />
für den schwierigen Weg der<br />
wirtschaftlichen Gesundung und zur Aufrechterhaltung des<br />
Geschäftsbetriebes Liquidität. Da aber spätestens bei Eröffnung<br />
des Insolvenzverfahrens die (absonderungsberechtigten)<br />
Gläubiger – sei es durch Kündigung offener Betriebsmittellinien<br />
und/oder durch Widerruf der im Sicherheitenvertrag<br />
geregelten Einziehungsbefugnis der als Sicherheit dienenden<br />
Forderungsabtretungen gegenüber Dritten (Globalzessionsverträge)<br />
– das Unternehmen von der Liquiditätszufuhr<br />
abschneiden, muss zusammen mit den Banken ein Weg<br />
gefunden werden, frische Liquidität für die Fortführung des<br />
Betriebes zu generieren.<br />
In Abgrenzung zum Massekostenvorschuss der Gläubiger,<br />
welcher der Finanzierung des Insolvenzverfahrens dient, ist<br />
der Massekredit dazu bestimmt, den Insolvenzschuldner im<br />
Insolvenzeröffnungsverfahren zu finanzieren.<br />
2. Abgrenzung zwischen dem „echten“ und dem<br />
„unechten“ Massekredit<br />
Massekredite kommen in der Praxis als „echte“ und „unechte“<br />
Massekredite vor, die sich trotz der Namensähnlichkeit<br />
sowohl in ihrer rechtlichen Ausgestaltung als auch ihrer Risikoeinwertung<br />
aus Bankensicht wesentlich unterscheiden.<br />
2.1 „Echter“ Massekredit<br />
Bei diesem handelt es sich letztlich um ein übliches Gelddarlehen<br />
gemäß §§ 488 ff. BGB, welches in Form neuer Liquidität<br />
– bspw. in Form eines Kontokorrentkredites unter Einräumung<br />
eines befristeten Kreditlimits – von der Bank obligo- und<br />
risikoerhöhend vergeben wird. Eine werthaltige Besicherung<br />
scheidet in den meisten Fällen deshalb aus, da im Vorfeld der<br />
Krise diese schon von den Banken zur Besicherung ausstehender<br />
Darlehen belastet wurden. Mithin ist der „echte“ Massekredit<br />
in der Praxis selten und beschränkt auf die Fälle, in<br />
denen entweder die Sicherheiten unter den Banken gepoolt<br />
wurden und der „echte“ Massekredit als Konsortialdarlehen<br />
unter Beteiligung aller Banken gewährt wird oder eine Bank<br />
der wesentliche Finanzier des Insolvenzschuldners ist und die<br />
werthaltigen Sicherheiten im Wesentlichen bei ihr liegen.<br />
2.2 „Unechter“ Massekredit<br />
Bei dem „unechten“ Massekredit wird es dem Insolvenzschuldner<br />
unter zustimmender Kenntnisnahme des vorläufigen<br />
Sachwalters gestattet, bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren<br />
fällige Erlöse aus Sicherheiten – z. B. aus einer Globalzession<br />
zugunsten der Bank – vorläufig als Betriebsmittel für die<br />
Unternehmens fortführung zu verwenden. Zur Einziehung der<br />
Forderungen ist der Insolvenzschuldner meist durch die Ermächtigung<br />
des Insolvenzgerichtes bei der Beschlussfassung<br />
über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gem. § 21<br />
Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO berechtigt, d. h., der Schuldner kann mit<br />
zustimmender Kenntnis des vorläufigen Sachwalters die den<br />
Globalzessionsverträgen der Bank unterfallenden Forderungen<br />
zunächst selbst einziehen und zur Fortführung des Unternehmens<br />
einsetzen. Jedoch haben bei einer Anordnung gemäß § 21<br />
Abs. 2, Satz 1, Nr. 5 InsO der Schuldner und der vorläufige Sachwalter<br />
weiterhin die Zession des jeweiligen Gläubigers zu respektieren<br />
und sie sollten wegen der eingezogenen Forderungen und<br />
deren Verwendung eine Vereinbarung mit dem Gläubiger treffen<br />
(Vereinbarung „unechter“ Massekredit oder Vereinbarung über<br />
die Kreditierung der bereits eingezogenen Sicherheitenerlöse).<br />
Bei einem „unechten“ Massekredit wird also nicht „neues Geld“<br />
von der Bank zur Verfügung gestellt, sondern es wird – bspw.<br />
38
www.diai.org<br />
aus der Global zession – eine neue Einziehungsberech tigung<br />
(die bestehende wurde meist durch die Banken widerrufen)<br />
begründet oder im eröffneten Verfahren die Auskehrung des<br />
Sicherheitenerlöses kreditiert. Die Höhe des „unechten“ Massekredites<br />
ergibt sich aus der tatsächlichen Realisierungsquote<br />
der als Sicherheiten dienenden Forderungen, kann aber<br />
nach oben hin auf einen maximalen Betrag begrenzt werden.<br />
3. Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />
Bei der Vereinbarung eines „unechten“ Massekredites ist es für die<br />
kreditierende Bank wesentlich, dass Masseverbindlichkeiten gemäß<br />
§ 55 InsO begründet werden. Kann eine Masseverbindlichkeit<br />
nicht begründet werden, besteht die Möglichkeit, dass die beteiligten<br />
Parteien des „unechten“ Massekredites unter Zustimmung<br />
des vorläufigen Sachwalters vereinbaren, dass durch die im Rahmen<br />
der weiterhin bestehenden Globalzession abgetretenen „Neuforderungen“,<br />
die im Rahmen des fortgeführten Geschäftsbetriebes<br />
entstehen, auch weiterhin zur Absicherung der Kreditierung<br />
der Sicherheitenerlöse im Rahmen des „unechten“ Massekredites<br />
dienen. Bei dieser Konstellation ist darauf zu achten, dass der<br />
(vorläufige) Sachwalter bereits im eröffneten Verfahren auf eine<br />
eventuelle Anfechtung der entstandenen Neuforderungen verzichtet.<br />
Ob überhaupt Masseverbindlichkeiten begründet werden können,<br />
ist maßgeblich davon abhängig, ob sich die Parteien im Verfahren<br />
vor oder nach Insolvenzeröffnung befinden und mit welchen<br />
Befugnissen der Insolvenzschuldner als Kreditnehmer bzw. der<br />
(vorläufige) Sachwalter ausgestattet ist.<br />
3.1 Insolvenzeröffnungsverfahren<br />
Im Insolvenzeröffnungsverfahren ergibt sich die Berechtigung<br />
zur Begründung von Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 2<br />
Satz 1 InsO. Berechtigt zur Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />
ist somit der vorläufige (starke) Insolvenzverwalter.<br />
Der (schwache) vorläufige Insolvenzverwalter kann nur dann<br />
Masseverbindlichkeiten begründen, soweit er durch einen<br />
entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichtes zum Abschluss<br />
von Darlehensverträgen und der Bestellung von Sicherheiten<br />
konkret ermächtigt wurde. Im Falle der Bestellung<br />
eines vorläufigen Sachwalters ergibt sich die Kompetenz zur<br />
Begründung von Masseverbindlichkeiten des Schuldners<br />
beim Schutzschirmverfahren direkt aus § 270b Abs. 3 InsO.<br />
Im Rahmen des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens gemäß<br />
§ 270a InsO sorgt zwischenzeitlich der Beschluss des<br />
Landgerichtes Duisburg vom 29.11.2012 (vgl. hierzu den Beitrag<br />
auf S. 14) für Klarheit, wonach der eigenverwaltende<br />
Schuldner einzelne im Voraus festgelegte Verbindlichkeiten<br />
zulasten der späteren Insolvenzmasse begründen darf.<br />
3.2 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
Im eröffneten Insolvenzverfahren regelt § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO<br />
die Ermächtigung zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten<br />
für den Insolvenzverwalter. Für den Schuldner in der Eigenverwaltung<br />
kommt diese Norm über § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO entsprechend<br />
zur Anwendung. In diesem Zusammenhang ist im<br />
Rahmen der Beschlüsse des Gerichtes zu überprüfen, ob die<br />
Norm des § 277 InsO („Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit“)<br />
Anwendung findet, da diese anders als § 275 InsO direkte<br />
Auswirkung auf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften hat,<br />
die ohne Zustimmung des Sachwalters abgeschlossen wurden.<br />
4. Vorteile des „unechten“ Massekredites aus Sicht der<br />
Banken<br />
Für die Banken hat der „unechte“ Massekredit, insbesondere<br />
in Abgrenzung zum „echten“ Massekredit, entscheidende<br />
Vorteile:<br />
• Es kommt aufseiten der Bank, anders als bei einer Neukreditgewährung,<br />
zu keiner Erhöhung des Obligos.<br />
• Da das bestehende Obligo nicht erhöht wird, vielmehr allein<br />
über Sicherheiten und deren Erlöse verfügt wird, ist<br />
aus Risikosicht der Bank die Entscheidung für diese Maßnahme<br />
einfacher zu vertreten, als wenn neue Liquidität<br />
zur Verfügung gestellt würde.<br />
• Bei dem Rückzahlungsanspruch handelt es sich um eine<br />
Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 InsO.<br />
• Soweit keine Masseverbindlichkeit begründet wird, erfolgt<br />
eine Absicherung des „unechten“ Massekredites durch die<br />
Einbeziehung der entstehenden Neuforderungen unter den<br />
bereits abgeschlossenen Globalzessionsvertrag mit Zustimmung<br />
des Sachwalters oder durch entsprechende Regelungen<br />
in einem zu erstellenden Insolvenzplan, in der der „unechte“<br />
Massekredit dann in der Gruppe der besicherten Gläubiger mit<br />
einer 100 %igen Befriedigungsregelung aufgenommen wird.<br />
• Geringe Veränderung der Risikoposition, die darin besteht,<br />
dass entweder die Masse nicht ausreicht, um die<br />
Masseverbindlichkeit zu decken und neu abgetretene Forderungen,<br />
auf deren Anfechtung der Insolvenzverwalter/<br />
Sachwalter verzichtet hat, den offenen Restbetrag nicht<br />
abdecken.<br />
• Die Liquidität führt zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes.<br />
• Die zeitraubende Diskussion über Wirksamkeit, Umfang<br />
und Werthaltigkeit der Sicherheiten wird zu diesem Zeitpunkt<br />
vermieden.<br />
Es lässt sich festhalten, dass der „unechte“ Massekredit in den<br />
Fällen, in denen ein „echter“ Massekredit z. B. mangels werthaltiger<br />
Sicherstellung nicht darstellbar ist, ein aus Risikosicht<br />
der Banken vertretbarer Beitrag für die Fortführung eines Unternehmens<br />
darstellt, bei welchem im Rahmen seiner rechtlichen<br />
Ausgestaltung die wesentlichen Belange der Banken berücksichtigt<br />
werden können und der mithin einen wesentlichen<br />
Beitrag zur Sanierung des betroffenen Unternehmens bildet.<br />
39
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung<br />
RA Alfred Kraus, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Das Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III) sichert den Arbeitsentgeltanspruch der Arbeitnehmer für die letzten dem<br />
Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Die Bundesagentur für Arbeit hat<br />
zwischenzeitlich in ihren aktualisierten Durchführungsanweisungen klargestellt, dass auch im Schutzschirmverfahren<br />
(§ 270b InsO) die Gewährung von Insolvenzgeld bzw. dessen Vorfinanzierung möglich ist. Die in der<br />
Insolvenzpraxis aufgekommene Frage, ob § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren anwendbar sei, hat sich<br />
vor Kurzem geklärt.<br />
Insolvenzereignis<br />
Das Vorliegen eines Insolvenzereignisses ist die Voraussetzung<br />
für den Anspruch auf Insolvenzgeld. Als Insolvenzereignis<br />
gilt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 165 Abs. 1<br />
Satz 2 Nr. 1 SGB III) oder die Abweisung des Antrages auf<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 165<br />
Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III).<br />
Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />
Da das Insolvenzgeld erst nach dem Insolvenzereignis für<br />
den geschützten Zeitraum (vor Eröffnung) ausgezahlt wird,<br />
ist es erforderlich, diese Phase zu überbrücken. Hier setzt<br />
die Insolvenzgeldvorfinanzierung an. Sie schließt die Zeitspanne<br />
zwischen tatsächlicher Arbeitsleistung im Eröffnungsverfahren<br />
und der Auszahlung des Insolvenzgeldes<br />
durch die Agentur für Arbeit. Die Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />
ist damit ein wichtiges Instrument für die Betriebsfortführung.<br />
Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes kann in der Weise<br />
erfolgen, dass eine Bank dem vorläufigen Insolvenzverwalter<br />
ein Massedarlehen zur Bezahlung der Nettovergütungen aller<br />
Arbeitnehmer gewährt (kollektive Vorfinanzierung) und die<br />
Arbeitnehmer im Gegenzug ihre Insolvenzgeldansprüche an<br />
die Bank zur Rückführung des Darlehens abtreten. Alternativ<br />
und sicherer wird mit Forderungsverkäufen gearbeitet. Die<br />
Arbeitnehmer verkaufen hierbei ihre Insolvenzgeldforderungen<br />
zum Preis ihrer Nettolöhne an eine Bank.<br />
Die kollektive Abtretung der Insolvenzgeldansprüche bedarf<br />
gemäß § 170 Abs. 4 SGB III der Zustimmung der Agentur für<br />
Arbeit. Die Agentur für Arbeit erteilt die Zustimmung, wenn<br />
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein erheblicher Teil<br />
der Arbeitsplätze dauerhaft erhalten bleibt. Nach den Durchführungsanweisungen<br />
orientiert sich die Agentur für Arbeit<br />
bei ihrer Beurteilung einerseits an den Zahlen des § 112a<br />
BetrVG. Andererseits muss sich aus einer Prognose die<br />
Erhaltung der Arbeitsplätze ergeben.<br />
Insolvenzgeldvorfinanzierung im Schutzschirmverfahren<br />
Die Vorteile des Schutzschirmverfahrens wären stark eingeschränkt,<br />
wenn in diesem Verfahren kein Insolvenzgeld<br />
zur Verfügung stünde. Diesbezüglich hat die Bundesagentur<br />
für Arbeit sehr frühzeitig für Klarheit gesorgt und zum April<br />
2012 ihre Durchführungsanweisungen zum Insolvenzgeld zu<br />
Ziff. 3.2 Abs. 2 zu § 170 SGB III wie folgt ergänzt:<br />
„Die Vorfinanzierung von Arbeitsentgeltansprüchen nach<br />
§ 170 Abs. 4 SGB III ist grundsätzlich auch während eines<br />
Schutzschirmverfahrens (§ 270b InsO) möglich, sobald das<br />
Gericht eine entsprechende Anordnung nach § 270b Abs. 1<br />
InsO getroffen hat. Die Gewährung von Insolvenzgeld hängt<br />
auch in diesem Fall vom Eintritt eines Insolvenzereignisses<br />
ab (vgl. § 270b Abs. 4 InsO). Kommt es daher zu einer<br />
Sanierung des Unternehmens, ohne dass das Gericht die<br />
Eröffnung des Insolvenzverfahrens anordnet oder den Antrag<br />
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse<br />
ablehnt, scheidet die Gewährung von Insolvenzgeld aus.“<br />
Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 InsO im<br />
Schutzschirmverfahren<br />
Da § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO explizit nur auf die entsprechende<br />
Geltung des § 55 Abs. 2 InsO verweist, ist in der<br />
Insolvenzpraxis – insbesondere bei den das Insolvenzgeld<br />
vorfinanzierenden Banken – die Frage aufgekommen, ob<br />
die Norm des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren<br />
anwendbar sei.<br />
Aus § 55 Abs. 3 InsO geht hervor, dass Ansprüche der<br />
Bundesagentur für Arbeit wegen der Zahlung von Insol<br />
40
www.diai.org<br />
venzgeld immer Insolvenzforderungen sind, insbesondere<br />
also auch, wenn ein starker vorläufiger Verwalter die<br />
Arbeitsleistung in Anspruch genommen hat. Nichts anderes<br />
kann für das Schutzschirmverfahren gelten (Erst-Recht-<br />
Schluss).<br />
Da § 55 Abs. 3 InsO bei den allgemeinen Vorschriften steht,<br />
findet er immer Anwendung, wenn er nicht ausdrücklich<br />
ausgeschlossen wird. Einen dogmatischen Streit über die<br />
Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren<br />
kann es damit eigentlich nicht geben.<br />
Nichtsdestotrotz verlangen einige kreditierende Banken<br />
in ihren Rahmenvereinbarungen zur Insolvenzgeldvorfinanzierung,<br />
dass „es sich bei den angekauften Nettoarbeitsentgelten<br />
um Masseforderungen handeln muss und<br />
die Insolvenzschuldnerin vor Durchführung der Ankäufe<br />
daher einen Beschluss des zuständigen Amtsgerichtes<br />
vorzulegen hat, nach dem die zum Ankauf vorgesehenen<br />
Nettoarbeitsentgelte Masseforderungen sind“. Bei einer<br />
solchen Handhabung wäre das als Sanierungsinstrument<br />
so hervorragend geeignete Schutzschirmverfahren faktisch<br />
„tot“ – mit enormen haftungsrechtlichen Risiken für<br />
alle Beteiligten.<br />
In Einzelfällen versucht man sich in der Praxis damit zu behelfen,<br />
dass man in die Rahmenvereinbarung zur Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />
eine dahingehende Regelung aufnimmt,<br />
„dass § 55 Abs. 3 InsO zur Anwendung kommt“.<br />
„Nach § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO gelten vom eigenverwaltenden<br />
Schuldner im Schutzschirmverfahren eingegangene<br />
Verbindlichkeiten als nach § 55 Abs. 2 InsO begründete<br />
Verbindlichkeiten. Dies führt zu einer direkten Anwendbarkeit<br />
des § 55 Abs. 3 InsO auf diese Fallgestaltung. Die Bundesagentur<br />
kann – unabhängig davon, ob ein eigenverwaltender<br />
Schuldner während des Schutzschirmverfahrens<br />
oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung<br />
der Beschäftigten in Anspruch nimmt – gem. § 169 SGB III<br />
übergegangene Arbeitsentgeltansprüche nur als Insolvenzforderungen<br />
geltend machen. Ihren Hinweis, in der Insolvenzpraxis<br />
bestehe Unsicherheit hinsichtlich einer Anwendbarkeit<br />
des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren,<br />
haben wir zum Anlass genommen, unsere Position mit den<br />
zuständigen Bundesministerien abzustimmen (…). Sowohl<br />
das BMAS als auch das BMJ teilen die o. g. Position der<br />
Bundesagentur für Arbeit.“<br />
Fazit<br />
Durch das Insolvenzgeld bzw. dessen Vorfinanzierung hat<br />
der Gesetzgeber ein wirksames Mittel zur Liquiditätsschöpfung<br />
geschaffen, dessen Sinn und Zweck die Absicherung<br />
der Betriebsfortführung in der Insolvenz ist.<br />
Diese Mittel stehen auch im Schutzschirmverfahren zur Verfügung,<br />
ohne dass dabei Masseverbindlichkeiten ausgelöst<br />
werden. Der § 55 Abs. 3 InsO ist dort direkt anwendbar.<br />
Um keine Haftungsrisiken einzugehen, stellen einige vorfinanzierende<br />
Kreditinstitute in ihren Rahmenvereinbarungen<br />
rein vorsorglich klar, „dass bei Zahlung des Insolvenzgeldes<br />
durch die Bundesagentur für Arbeit die von der Bank angekauften<br />
Nettoarbeitsentgelte inkl. der für diese Ansprüche<br />
gestellten Sicherheiten auf die Bundesagentur übergehen.<br />
Angesichts dessen, dass § 270b Abs. 3 InsO nicht auf § 55<br />
Abs. 3 InsO verweist möglicherweise auch als Masseforderung.<br />
Die Bank haftet nicht für die damit einhergehende Belastung<br />
der Insolvenzmasse“.<br />
Die Bundesagentur für Arbeit hat am 16.07.2012 auf eine<br />
von Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte Steuerberater<br />
veranlasste Anfrage zu der aufgekommenen Diskussion<br />
bzgl. der Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren<br />
mitgeteilt, dass sie unter Berücksichtigung<br />
der Zielrichtung des Schutzschirmverfahrens<br />
(BT-Drucks. 17/5712, S. 40 f.) sowie der Begründung der<br />
Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom<br />
26.10.2011 (BT-Drucks. 17/7511, S. 50) folgende Position<br />
vertritt:<br />
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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Die Haftung des Sanierungsgeschäftsführers<br />
im Schutzschirmverfahren<br />
RA Dr. Utz Brömmekamp, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />
RAin Katrin Schröder Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />
Kommt ein Schuldnerunternehmen in eine eher durch Markteinflüsse verschuldete Krise, werden Gläubiger wie<br />
Gesellschafter, wenn bereits ein nicht offensichtlich aussichtsloses Sanierungskonzept vorliegt, eine Betriebsfortführung<br />
durch die bisherige Geschäftsführung im Rahmen eines sog. Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO<br />
zum Zweck der Erstellung eines Insolvenzplanes befürworten. Was für den Geschäftsführer und den ihn unterstützenden<br />
Sanierungsberater zunächst als Ausdruck großen Vertrauens gewertet werden kann und muss, birgt<br />
erhebliche Haftungsrisiken im Hinblick auf liquiditätsverzehrende Maßnahmen.<br />
1. Zentrale gesellschaftsrechtliche Haftungsnormen<br />
Eine Haftung nach den insolvenzrechtlichen Tatbeständen scheidet<br />
zwar aus. Diese richten sich gegen die Schuldnerin, nicht<br />
gegen den Geschäftsführer als deren gesetzlichen Vertreter. Den<br />
Gläubigern gegenüber ist die Schuldnerin – in der Terminologie<br />
der „Amtstheorie“ gesprochen – als Eigenverwalter verantwortlich.<br />
Der Geschäftsführer haftet jedoch der Schuldnerin im Innenverhältnis<br />
für ein etwaiges Fehlverhalten auf Schadensersatz<br />
nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen,<br />
welche mangels anderweitiger Regelung auch im Schutzschirmverfahren<br />
grundsätzlich weiter Anwendung finden.<br />
Zentrale gesellschaftsrechtliche Haftungsnormen sind für Zahlungen,<br />
die unmittelbar zu einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin<br />
führen, § 64 S. 1 GmbHG (bei der AG: § 92 Abs. 2 AktG),<br />
und für sonstige Maßnahmen, die das Schuldnerunternehmen<br />
kurzfristig weiter in die Verlustzone bringen werden, § 43 Abs. 2<br />
GmbHG (bei einer AG: § 93 AktG). Da die aktienrechtlichen Regelungen<br />
nahezu wortgleich mit den Regelungen im GmbHG sind,<br />
werden nachfolgend zur Vereinfachung nur Ausführungen zu den<br />
maßgeblichen Haftungsnomen im GmbHG gemacht und, nur soweit<br />
erforderlich, auf Besonderheiten im AktG hingewiesen.<br />
2. Anwendbarkeit von § 64 S. 1 GmbHG im<br />
Schutzschirmverfahren<br />
Gemäß § 64 S. 1 GmbHG ist es einem Geschäftsführer ab Eintritt<br />
der Zahlungsunfähigkeit bzw. Feststellung der Überschuldung<br />
untersagt, Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu erbringen.<br />
Verletzt er diese Pflicht, so haftet er der Schuldnerin persönlich<br />
und unbeschränkt auf Ersatz der vorgenommenen Zahlungen,<br />
es sei denn, die betreffende Zahlung war mit der Sorgfalt<br />
eines ordentlichen Kaufmannes vereinbar. Eine gleichlautende<br />
Regelung enthält § 92 Abs. 2 AktG für den Vorstand einer AG.<br />
a) Meinungsstreit<br />
Fraglich ist, ob diese lex specialis zu § 43 GmbHG auf Zahlungen<br />
im Schutzschirmverfahren Anwendung findet. Der<br />
Gesetzgeber erklärt sich hierzu leider weder in der InsO noch<br />
in den Gesetzesmaterialien. Da mit dem Antrag auf Eröffnung<br />
eines Schutzschirmverfahrens zwingend auch der Antrag<br />
auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verbunden sein<br />
muss, kann man hier argumentieren, dass der Schutzzweck<br />
des § 64 S. 1 GmbHG, das Anhalten der Geschäftsführung,<br />
möglichst frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, bereits<br />
erreicht und damit der Anwendungsbereich dieser Norm<br />
teleologisch zu reduzieren ist. Genausogut kann man aber<br />
auch sagen, dass ohne Anwendung des § 64 S. 1 GmbHG im<br />
Schutzschirmverfahren eine Verletzung der Anzeigepflicht<br />
nach § 270b Abs. 4 S. 2 InsO ohne Sanktion bliebe und damit<br />
die zum Gläubigerschutz eingeführte Anzeigepflicht gegenüber<br />
dem Gericht bei Eintritt der Zahlungsfähigkeit im<br />
Schutzschirmverfahren leerläuft. Der Schuldner kann ungehindert<br />
„weiterwirtschaften“ und das letzte Sanierungspotenzial<br />
der Gesellschaft „verbrennen“.<br />
b) Handlungsempfehlung für den betroffenen<br />
Geschäftsführer<br />
Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung ergibt sich damit eine<br />
erhebliche Rechtsunsicherheit für den Sanierungsgeschäftsführer.<br />
Aus Vorsichtsgründen kann man ihm nur empfehlen, bei<br />
Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen unter Berücksichtigung<br />
der bisher ergangenen Rechtsprechung zu § 64 S. 1<br />
GmbHG Folgendes auch im Schutzschirmverfahren zu beachten:<br />
Zur Vermeidung einer persönlichen Haftung muss der Geschäftsführer<br />
– wie bereits im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit<br />
von ihm verlangt – einen Liquiditätsstatus<br />
für die Gesellschaft aufstellen und regelmäßig, d. h. je nach<br />
Liquiditätssituation der Gesellschaft, täglich oder wöchentlich,<br />
aktualisieren.<br />
42
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Darüber hinaus benötigt der Geschäftsführer einen Liquiditätsplan,<br />
der mindestens die Dauer des Schutzschirmverfahrens<br />
abdeckt und auf die Geschäftsplanung im weiten Sinne<br />
abgestimmt ist. Hierdurch lässt sich bereits frühzeitig eine<br />
Liquiditätslücke erkennen. Auch kann der Geschäftsführer<br />
dort darlegen, wie er sich abzeichnende Liquiditätsengpässe<br />
zu vermeiden gedenkt. Dies ist besonders wichtig vor dem<br />
Hintergrund, dass im Schutzschirmverfahren grundsätzlich<br />
alle Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit als nicht<br />
mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar<br />
betrachtet werden und der Geschäftsführer die Beweislast<br />
dafür trägt, dass etwaige Zahlungen mit der Sorgfalt<br />
eines ordentlichen Kaufmannes vereinbar waren (§ 64 S. 2<br />
GmbHG).<br />
Aus dem Businessplan muss zudem hervorgehen, dass die<br />
im Schutzschirmverfahren vorzunehmenden Maßnahmen<br />
dem Wohl des Unternehmens dienen. Unternehmenswohl ist<br />
dabei mit dem Interesse der Gläubiger an einer bestmöglichen<br />
Befriedigung durch Sanierung gleichzusetzen (vgl. § 1<br />
InsO). Gesellschafterinteressen haben dabei nur noch<br />
eine untergeordnete Bedeutung. Mit anderen Worten: Im<br />
Businessplan muss dargelegt werden, dass die Verluste, die<br />
zwangsläufig durch anfallenden Restrukturierungsaufwand<br />
und insolvenzbedingt rückläufige Umsätze anfallen, durch<br />
Sanierungsgewinne bei Bestätigung des Insolvenzplanes<br />
kompensiert werden.<br />
Aus den vorgelegten Planrechnungen muss sich ferner mit<br />
hinreichender Nachvollziehbarkeit ergeben, dass nach Aufhebung<br />
des Verfahrens operativ wieder Gewinne erwirtschaftet<br />
werden, sobald die Restrukturierungsmaßnahmen<br />
plangemäß greifen. Wegen der Planungsrisiken sollte zumindest<br />
nach Verrechnung der aufgelaufenen Verluste mit dem<br />
plangemäß anfallenden Sanierungsgewinn eine angemessene<br />
Eigenkapitalstärkung von mindestens 20 Prozent verbleiben<br />
und die operative Gewinnzone mit überwiegender Wahrscheinlichkeit<br />
erreicht werden.<br />
Den Businessplan (einschließlich Liquiditätsstatus und Liquiditätsplanung)<br />
sollte der Geschäftsführer dem vorläufigen<br />
Gläubigerausschuss zur Stellungnahme und Genehmigung<br />
vorlegen. Denn aus dem Gesellschaftsrecht ist bekannt,<br />
dass eine von der Gesellschafterversammlung vorgenehmigte<br />
Maßnahme für den Geschäftsführer nicht haftungsbegründend<br />
wirkt. Aus § 270 Abs. 3 S. 2 InsO kann man folgern,<br />
dass dieser Rechtsgedanke auch in der Eigenverwaltung<br />
Anwendung finden soll. Danach gilt eine Eigenverwaltung als<br />
nicht nachteilig, wenn vor der Entscheidung über den Antrag<br />
über die Eigenverwaltung dem vorläufigen Gläubigerausschuss<br />
Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde und der<br />
vorläufige Gläubigerausschuss daraufhin umfassend informiert<br />
den Antrag einstimmig unterstützt. Auf das Schutzschirmverfahren<br />
angewendet, bedeutet dies, dass der Geschäftsführer<br />
nicht mehr ohne Weiteres im Nachhinein durch<br />
die Gläubiger haftbar gemacht werden kann, wenn er die<br />
vom vorläufigen Gläubigerausschuss genehmigten Maßnahmen<br />
plangemäß umgesetzt hat.<br />
Bei der Umsetzung des Businessplanes wird man dem Sanierungsgeschäftsführer<br />
dann – wie einem Insolvenzverwalter<br />
bei unternehmerischen Entscheidungen im Verfahren – einen<br />
gewissen Entscheidungsspielraum zugestehen müssen, da<br />
andernfalls ein Wertungswiderspruch zu § 61 InsO („erkennen<br />
konnte“) entstünde. Über die Einhaltung des Businessplanes<br />
sollte er den vor läufigen Gläubigerausschuss dennoch<br />
nicht nur der guten Ordnung halber im Rahmen eines nachvollziehbaren<br />
monatlichen oder bei Bedarf sogar wöchentlichen<br />
Reportings informieren, damit der Ausschuss seine<br />
eigene Entscheidung für eine Betriebsfortführung stets auf<br />
den Prüfstand stellen kann.<br />
Kommt es im weiteren Verlauf zu erheblichen negativen Abweichungen<br />
vom genehmigten Businessplan, welche sich<br />
durch Maßnahmen der Geschäftsführung nicht kompensieren<br />
lassen, ist dem Geschäftsführer dringend zu empfehlen,<br />
dies dem vorläufigen Gläubigerausschuss und dem Gericht<br />
unverzüglich anzuzeigen. Das Gericht entscheidet dann nach<br />
Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses, ob das<br />
Schutzschirmverfahren beendet und das Unternehmen in<br />
das Regel insolvenzverfahren überführt werden soll.<br />
3. Haftung des Geschäftsführers nach<br />
§ 43 Abs. 2 GmbHG<br />
Die letztlich gleichen Empfehlungen kann man einem<br />
Geschäftsführer bei unternehmerischen Entscheidungen<br />
geben, die das Schuldnerunternehmen kurzfristig weiter in<br />
die Verlustzone bringen, langfristig jedoch für das Gelingen<br />
des Sanierungsplanes von großer Bedeutung sind. Diese<br />
führen, wenn der unmittelbare Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit<br />
nicht hergestellt werden kann, nicht zur<br />
Anwendung von § 64 S. 1 GmbHG, sind aber am Sorgfaltsmaß<br />
des § 43 Abs. 1 GmbHG zu messen. Danach hat ein<br />
Geschäftsführer in allen Angelegenheiten der Gesellschaft<br />
die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu beachten.<br />
Ansonsten haftet er der Gesellschaft gemäß § 43 Abs. 2<br />
GmbHG auf Schadensersatz. Mit dem oben geführten<br />
Rechtsgedanken zur haftungsausschließenden Wirkung der<br />
Zustimmung des Gläubigerausschusses kann man hier<br />
eventuellen Problemen ebenfalls gut begegnen.<br />
43
deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />
sonderausgabe newsletter 2013<br />
Autoren<br />
Dr. Utz Brömmekamp, Rechtsanwalt<br />
Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater und<br />
Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />
Schwerpunkte: allgemeines Zivilrecht, <strong>Insolvenzrecht</strong>, Handels- und Gesellschaftsrecht<br />
sowie Bankenrecht<br />
utz.broemmekamp@buchalik-broemmekamp.de<br />
Robert Buchalik, Rechtsanwalt<br />
Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater und<br />
Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />
Schwerpunkte: Erstellung betriebswirtschaftlicher Sanierungskonzepte,<br />
Sanierung durch Insolvenz, insbesondere im Rahmen von Insolvenzplänen und<br />
Eigenverwaltungen, <strong>Insolvenzrecht</strong>, Bankrecht, der Moderation von Bankenpools,<br />
Lieferantenpools und der aktiven Durchführung von Treuhandschaften<br />
robert.buchalik@buchalik-broemmekamp.de<br />
Heinz-Peter Derrix-Belau<br />
Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />
Schwerpunkte: Interimsmanagement, Insolvenzbegleitung und<br />
Bankenkoordination<br />
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Lutz Erdmann<br />
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Prof. Dr. Hans Haarmeyer, Rechtsanwalt<br />
Leitender Direktor des DIAI<br />
Schwerpunkte: <strong>Insolvenzrecht</strong>, Gläubigerschutz<br />
hans.haarmeyer@t-online.de<br />
Phillip-Boie Harder, Rechtsanwalt<br />
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Hartmut Ibershoff<br />
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Schwerpunkte: Businessplanung, Erstellung und Umsetzung von Sanierungskonzepten<br />
sowie Controlling<br />
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Dr. Eike Knolle, Rechtsanwalt<br />
Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater<br />
Schwerpunkte: Gesellschafts- und <strong>Insolvenzrecht</strong>, Finanzierungsfragen und<br />
Unternehmenskäufe<br />
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Alfred Kraus, Rechtsanwalt<br />
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und Restrukturierung<br />
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