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www.diai.org<br />

sonderausgabe<br />

zur neuen<br />

insolvenzordnung<br />

Newsletter<br />

EDITORIAL<br />

Das ESUG auf Erfolgskurs – trotz Widerstand<br />

Ein Jahr ESUG, ein Anlass für das DIAI, die Handlungsempfehlungen<br />

zum ESUG aus dem Vorjahr neu aufzulegen und an<br />

die aktuellen Entwicklungen anzupassen. Es waren zwölf<br />

enorm interessante Monate mit Höhen und Tiefen und einem<br />

neuen Gesetz, das die Erwartungen in weiten Bereichen erfüllt,<br />

in manchen gar übertroffen hat. Inzwischen haben mehr<br />

als die Hälfte der Insolvenzgerichte bereits Erfahrungen mit<br />

ESUG-Verfahren und man erkennt, dass der grundlegende<br />

Paradigmenwechsel mehr und mehr vollzogen wird. Der Schutz<br />

der Gläubigerinteressen liegt im Eigenverwaltungs- wie im<br />

Schutzschirmverfahren nunmehr ausschließlich in den Händen<br />

der Gläubiger und es liegt dann konsequent auch nur an<br />

ihnen die Aufhebung einer angeordneten Eigenverwaltung zu<br />

betreiben, wenn sie Schäden befürchten. Klagte man früher<br />

über die Ignoranz der Gerichte, so gilt die Klage nun eher den<br />

Privatbanken, die sich weitgehend einer Mitwirkung entgegenstellen,<br />

während gerade die Sparkassen sowie die Volksund<br />

Raiffeisenbanken das neue Recht aktiv tragen und auch<br />

als eine gute Möglichkeit der Kundenbindung ansehen.<br />

Auch die ersten Wochen des Jahres 2013 haben den positiven<br />

Trend deutlich bestätigt: Die Eigenverwaltung wird zunehmend<br />

angenommen, immer mehr Unternehmen wollen<br />

davon Gebrauch machen. Die weitaus überwiegende Zahl<br />

der Insolvenzgerichte steht dem Verfahren aufgeschlossen<br />

gegenüber, allerdings formiert sich auch bei einigen Gerichten<br />

Widerstand, vielfach gemeinsam mit örtlichen Insolvenzverwaltern,<br />

die gerne zurück zu den<br />

alten Zeiten möchten, als man sich<br />

noch aufeinander verlassen konnte und<br />

die Gläubiger nicht gestört haben. Es<br />

entsteht in solchen Konstellationen der Eindruck, dass von<br />

Insolvenzverwaltern begleitete Eigenverwaltungen dann eher<br />

nicht zu Ende geführt werden und man sich dem Widerstand<br />

der Gerichte beugt, vielleicht auch, um einer zukünftigen<br />

Bestellung nicht im Wege zu stehen. Das widerspricht diametral<br />

den Zielen des Gesetzgebers und wird in mehreren<br />

Beiträgen inzwischen auch als rechtswidrig gebrandmarkt.<br />

Es ist ja gerade das wesentliche Ziel der Reform gewesen,<br />

dass ein gut vorbereitetes Verfahren Erfolg haben soll. Wir<br />

sehen aber auch, dass bei zunehmender Kompetenz der Gerichte<br />

die Professionalität bei Beratern noch deutlich besser<br />

werden muss, auch weil verbreitet auf eine gute Vorbereitung<br />

immer noch kein Schwerpunkt gelegt wird.<br />

Wir wollen Ihnen mit diesem Sondernewsletter einen Einblick<br />

in die Entwicklung der letzten Monate geben und dort wo es<br />

erforderlich erscheint Altbekanntes nochmals erläutern. Wir<br />

wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.<br />

Prof. Dr. Hans Haarmeyer<br />

Leitender Direktor des Deutschen <strong>Institut</strong>s für <strong>angewandtes</strong><br />

<strong>Insolvenzrecht</strong> DIAI<br />

02 Ein Jahr ESUG – ein Erfahrungsbericht<br />

05 Einführung in das neue <strong>Insolvenzrecht</strong><br />

08 Der vorläufige Gläubigerausschuss: Stärkung der<br />

Gläubigermitbestimmung<br />

10 Auswirkungen des ESUG auf die gerichtliche Praxis<br />

12 Die richtige Verfahrensvorbereitung und die optimale<br />

Abstimmung mit dem Insolvenzgericht<br />

14 Die Durchsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung<br />

16 Der Ablauf des Schutzschirmverfahrens<br />

19 Schutzschirmverfahren versus vorläufige Eigenverwaltung<br />

21 Eisengießerei Karlshütte hatte Mut zur Insolvenz<br />

23 Ich und der Schutzschirm – aus der Sicht eines<br />

Sanierungsgeschäftsführers<br />

27 Anforderungen an die Bescheinigung für das<br />

Schutzschirmverfahren<br />

29 DES: vom Gläubiger zum Gesellschafter werden<br />

30 Die Verbesserung der Risikoposition der Bank durch<br />

Insolvenzplan und Eigenverwaltung<br />

32 Steuern in der vorläufigen Eigenverwaltung<br />

34 Insolvenzplan in Eigenverwaltung zum Erfolg führen<br />

36 Endlich Klarheit – nur der Schuldner darf Masseverbindlichkeiten<br />

begründen!<br />

38 Der „unechte“ Massekredit nach ESUG<br />

40 Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung<br />

42 Die Haftung des Sanierungsgeschäftsführers<br />

im Schutzschirmverfahren<br />

1


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Ein Jahr ESUG – ein Erfahrungsbericht<br />

RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />

Mit dem Inkrafttreten des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) am 1. März<br />

2012 hat sich die Welt der Insolvenzabwicklung grundlegend verändert. Das neue <strong>Insolvenzrecht</strong> ist in den meisten<br />

Unternehmen noch nicht angekommen, es gilt noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Buchalik Brömmekamp<br />

konnte schon 28 Anträge auf vorläufige Eigenverwaltung nach § 270a InsO oder Einleitung eines Schutzschirmverfahrens<br />

nach § 270b InsO vorbereiten und diese Verfahren beratend begleiten. Von diesen 28 Verfahren wurden<br />

inzwischen mehrere bereits nach Bestätigung der jeweiligen Insolvenzpläne schon wieder aufgehoben. Die dabei<br />

gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen sind zumeist positiv.<br />

1. Auswirkungen des ESUG auf die Insolvenzantragstellung<br />

Noch ist nicht wirklich klar, wie viele Unternehmen seit dem<br />

1. März 2012 einen Antrag nach § 270a InsO oder § 270b<br />

InsO gestellt haben. Experten sprechen von ca. 180 beantragten<br />

Verfahren. Die Zahl der Anträge lässt sich nur<br />

schwer abschätzen, weil bis zur Eröffnung keine Veröffentlichungspflicht<br />

besteht. Dennoch sind es deutlich mehr Verfahren<br />

in Eigenverwaltung als vor der Geltung des ESUG.<br />

Gleichwohl ist das neue <strong>Insolvenzrecht</strong> den meisten Unternehmen<br />

noch nicht bekannt. Wesentliche Veröffentlichungen<br />

dazu gibt es bislang nur in der juristischen Fachpresse.<br />

Die Wirtschaftspresse hat das ESUG noch nicht für sich<br />

entdeckt, obwohl gerade ihr die wichtige Rolle zukäme,<br />

hierüber aufzuklären.<br />

2. Was ist neu am ESUG<br />

Auch die große <strong>Insolvenzrecht</strong>sreform 1999 sah die Möglichkeit<br />

zur Eigenverwaltung vor, allerdings erst im eröffneten Verfahren.<br />

Bis zur Eröffnung verblieb es bei der vorläufigen Insolvenzverwaltung.<br />

Die Entscheidung über die Anordnung der<br />

Eigenverwaltung fiel erst mit dem Eröffnungsbeschluss. Manche<br />

Richter ließen vorab nicht erkennen, ob sie gewillt waren,<br />

die Eigenverwaltung mit der Eröffnung des Verfahrens anzuordnen.<br />

Rechtsmittel gegen einen ablehnenden Beschluss<br />

waren nicht zulässig. Häufig sprach sich der vorläufige Insolvenzverwalter<br />

schon aus rein pekuniären Interessen und wegen<br />

des für ihn einhergehenden Machtverlustes gegen die Anordnung<br />

der Eigenverwaltung aus. Aus Beratersicht war der Zeitraum<br />

bis zur Eröffnung des Verfahrens stets eine Zitterpartie,<br />

weil dem Insolvenzschuldner nicht mit Sicherheit gesagt werden<br />

konnte, ob die beantragte Eigenverwaltung vom Gericht<br />

angeordnet wird. Wurde die Anordnung der Eigenverwaltung<br />

abgelehnt, dann drohte dem Gesellschafter der Verlust seines<br />

Unternehmens, denn das Ziel der Insolvenzverwaltung war in<br />

den seltensten Fällen der Unternehmenserhalt für den Gesellschafter,<br />

sondern die Zerschlagung oder die Veräußerung<br />

an einen Investor, meist einen Wettbewerber. Häufig wurde<br />

dabei argumentiert, dass der Unternehmer mit der beantragten<br />

Insolvenz gezeigt habe, dass er nicht in der Lage sei, das<br />

Unternehmen erfolgreich zu führen und man es deshalb in<br />

andere Hände geben müsse. Der Gesetzgeber will mit diesen<br />

Klischees durch das neue Recht aufräumen. Eine frühzeitige<br />

Insolvenzantragstellung ist nur dann für den Unternehmer<br />

interessant, wenn er sein Unternehmen behalten kann. Diese<br />

Möglichkeit wird ihm mit dem neuen Recht eröffnet.<br />

Seit dem 1. März 2012 soll das Gericht die vorläufige Eigenverwaltung<br />

nach § 270a InsO anordnen, wenn der Antrag<br />

des Schuldners auf Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos<br />

ist. Wird der Antrag auf Eigenverwaltung von einem<br />

einstimmigen Beschluss des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

unterstützt, hat das Gericht keine nennenswerte Möglichkeit,<br />

die (vorläufige) Eigenverwaltung zu verhindern.<br />

3. Anreiz zu frühzeitiger Insolvenzantragstellung<br />

Mit der nunmehr weitgehend bestehenden Planungs- und<br />

Rechtssicherheit über die Anordnung der Eigenverwaltung durch<br />

das Gericht ist der Anreiz des Schuldners zur frühzeitigen Antragstellung<br />

massiv gestiegen. Der professionelle Berater kann,<br />

sofern die notwendigen wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen<br />

vorliegen, die es vorab zu prüfen gilt, den Erfolg eines<br />

solchen Verfahrens in Eigenverwaltung fast garantieren.<br />

4. Anfechtung von Steuerzahlungen und geringere<br />

Verfahrenskosten als weitere Argumente für die vorläufige<br />

Eigenverwaltung bzw. Schutzschirmverfahren<br />

Insbesondere in größeren, massestarken Verfahren mit<br />

hohen Umsätzen gibt es zwei wesentliche Argumente, die<br />

2


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den Weg über vorläufige Eigenverwaltung bzw. das Schutzschirmverfahren<br />

schon fast zwingend vorgeben:<br />

Das eine Argument bezieht sich auf einen gesetzlichen Webfehler.<br />

Der erst zum 1. Januar 2011 systemwidrig neu eingeführte<br />

§ 55 Abs. 4 InsO bestimmt, dass Verbindlichkeiten aus<br />

dem Steuerschuldverhältnis, die im Eröffnungsverfahren, also<br />

dem Zeitraum zwischen Antragstellung und Eröffnung begründet<br />

worden sind, im eröffneten Verfahren als Masseverbindlichkeiten<br />

gelten. Gezahlte Steuern wie Umsatzsteuer, Branntweinsteuer,<br />

Lohnsteuer etc. können somit nach Eröffnung vom<br />

Sachwalter gemäß §§ 129 ff. InsO angefochten werden. Bei<br />

einem Unternehmen mit 2 Mio. Euro Umsatz/Monat und einer<br />

monatlichen Bruttolohnsumme von 500 TEuro kann neue Liquidität<br />

über die Insolvenz von fast 2 Mio. Euro generiert werden,<br />

sodass der Sanierungserfolg wahrscheinlicher wird.<br />

Das andere Argument sind die deutlich geringeren Verfahrenskosten<br />

bei einem Verfahren in Eigenverwaltung. Berücksichtigt<br />

man, dass die Verfahrenskosten in der Regelinsolvenz<br />

eines Unternehmens dieser Größenordnung bei geschätzt<br />

1,2 Mio. Euro liegen und sich in der Eigenverwaltung auf ein<br />

Drittel bis ein Viertel reduzieren, lässt sich die Masse um<br />

800 TEuro gegenüber der Regelinsolvenz anreichern – Geld,<br />

das zur Verteilung an die Gläubiger verfügbar ist und die Quote<br />

deutlich erhöht. Das liegt daran, dass der Sachwalter in der<br />

Regel nur 60 Prozent der für den Insolvenzverwalter bestimmten<br />

Vergütung erhält. Zudem entfallen die sonst üblichen<br />

Zuschläge auf die Regelvergütung, da einige Tätigkeiten nun<br />

vom eigenverwaltenden Schuldner selbst durchgeführt werden.<br />

Dazu zählen die Einleitung der Insolvenzgeldvorfinanzierung,<br />

die Insolvenzplanerstellung oder die Verhandlungen mit<br />

Kunden und Lieferanten. Das Argument, dass diese eingesparten<br />

Kosten nun auf den Berater entfallen würden, ist nur<br />

bedingt nachvollziehbar. Zum einen bedient sich auch der<br />

Insolvenzverwalter im Regelinsolvenzverfahren externer Berater,<br />

die er gesondert aus der Masse vergütet. Zum anderen<br />

lässt sich das Honorar des Beraters – anders als die Vergütung<br />

des Insolvenzverwalters – vorher aushandeln und beläuft<br />

sich deshalb in der Regel nur auf einen Bruchteil dessen.<br />

5. Stärkerer Einfluss der Gläubiger auf das Verfahren<br />

Bislang wurde die Insolvenz praktisch zwischen Gericht und<br />

Insolvenzverwalter geregelt. Die Gläubiger wurden üblicherweise<br />

erst im eröffneten Verfahren einbezogen, dann waren aber die<br />

wesentlichen Weichen bereits gestellt und eine Beeinflussung<br />

auf das Verfahren war kaum mehr möglich. Die Einflussnahme<br />

der Gläubiger ist durch das ESUG deutlich gestärkt worden.<br />

Frühzeitig einbezogen bestimmen nunmehr die Gläubiger, ob<br />

es zur Anordnung einer Eigenverwaltung kommt, wer als (vorläufiger)<br />

Sachwalter vom Gericht bestellt wird, wer die Bewertungsgutachten<br />

und die Kassenprüfung durchführt, genauso<br />

wie der vorläufige Gläubigerausschuss die Konditionen dieser<br />

Dienstleister mitbestimmt. Sie kontrollieren neuerdings den<br />

Schuldner und den (vorläufigen) Sachwalter und erhalten regelmäßige<br />

Informationen über den Gang des Verfahrens. Letzteres<br />

war bei „unwilligen Verwaltern“ in der Vergangenheit eher<br />

die Ausnahme. Noch nicht alle Gläubiger nehmen derzeit diese<br />

neuen Rechte – insbesondere wegen nicht auszuschließenden<br />

Haftungsrisiken – wahr. Haftungsrisiken lassen sich aber durch<br />

die Einschaltung eines externen Kassenprüfers und eine Haftpflichtversicherung<br />

vollständig eliminieren.<br />

6. Erheblich gesteigerte Möglichkeiten zur<br />

Unternehmenssanierung<br />

Liegt ein belastbares operatives Sanierungskonzept vor und<br />

kann auf Dauer die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Insolvenzschuldners<br />

durch operative Restrukturierungsmaßnahmen<br />

wiederhergestellt werden, bietet die Planinsolvenz in Eigenverwaltung<br />

eine Plattform mit unglaublichen Möglichkeiten. Mit<br />

dem Insolvenzgeld, der Rückholung von Steuerzahlungen sowie<br />

dem Einfrieren von Altverbindlichkeiten wird die Liquidität massiv<br />

gestärkt, sodass zusätzliche Sanierungskredite meist überflüssig<br />

werden. Damit wird ein wesentliches Hindernis zur nachhaltigen<br />

Sanierung des Unternehmens aus dem Wege geräumt.<br />

Hinzu kommt durch die erhebliche Entschuldung auf der Grundlage<br />

von Verzichten ungesicherter Gläubiger (u. a. Bundesagentur<br />

für Arbeit, ungesicherte Banken und Lieferanten, Pensions-<br />

Sicherungs-Verein, Wegfall von Nachranggläubigern) eine<br />

Steigerung der Eigenkapitalquote von bis zu 80 Prozent. Das<br />

noch vor Antragstellung unterkapitalisierte und illiquide Unternehmen<br />

weist nun eine beachtliche Eigenkapitalquote auf, die<br />

die nachhaltige Sanierung nicht nur unterstützt, sondern fast<br />

schon der Erfolgsgarant für das Gelingen der Sanierung ist.<br />

Wesentliches Sanierungshindernis war bislang das Erfordernis,<br />

neue Liquidität zur Verlustfinanzierung und Umsetzung der<br />

Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Diese konnte<br />

im Regelfall nur von den Banken kommen. Mit der Möglichkeit,<br />

Liquidität im Verfahren zu generieren, ist eine zusätzliche<br />

Bankenfinanzierung meist nicht mehr notwendig.<br />

7. Professionelle Verfahrensvorbereitung als<br />

Erfolgsfaktor<br />

Ohne eine professionelle Begleitung ist der Erfolg einer Planinsolvenz<br />

in Eigenverwaltung nicht darstellbar. Schon bis zur<br />

Antragstellung gibt es mindestens 40 wichtige Punkte abzuar­<br />

3


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

beiten, um den Erfolg sicherzustellen. Dazu gehören die Vorbereitung<br />

des Insolvenzantrages selbst, die Einleitung der Insolvenzgeldvorfinanzierung,<br />

vorbereitende Gespräche mit den<br />

potenziellen vorläufigen Gläubigerausschussmitgliedern, mit<br />

dem vorläufigen Sachwalter und mit dem Gericht, die Vorbereitung<br />

einer Vereinbarung eines „unechten“ Massekredites,<br />

die Erstellung eines Insolvenzszenarios und der Liquiditätsplanung<br />

für die Insolvenz, die Einholung von Versicherungsschutz<br />

u.v.m. Allein der Insolvenzantrag mit dem Ziel der Eigenverwaltung<br />

setzt die Erstellung von ca. 20 Einzeldokumenten voraus.<br />

Beim Schutzschirmverfahren ist der Antrag noch erheblich<br />

komplexer. Nach einer Erhebung des Amtsgerichtes Charlottenburg<br />

vom August 2012 waren bislang über 90 Prozent der<br />

gestellten Anträge nach neuem Recht unzulässig, weil es an<br />

einer professionellen Vorbereitung fehlte. Ein Insolvenzschuldner<br />

schafft das definitiv nicht alleine. Die erheblichen Chancen,<br />

die das neue Recht bietet, wurden in diesen Fällen durch mangelhafte<br />

Vorbereitung zunichte gemacht.<br />

8. Akzeptanz durch die Insolvenzverwalter noch nicht<br />

durchgängig<br />

Viele Insolvenzverwalter haben mit dem neuen <strong>Insolvenzrecht</strong><br />

noch Akzeptanzschwierigkeiten. Das ist nachvollziehbar, wenn<br />

man die damit verbundenen Einkommenseinbußen und den<br />

Verlust an Einfluss berücksichtigt. Die Verwalterszene sollte<br />

das neue Recht akzeptieren und sich auf die geänderten Rahmenbedingungen<br />

einstellen. Die Erfahrungen mit dem neuen<br />

Recht sind für die Beteiligten insgesamt so positiv, dass nicht<br />

damit zu rechnen ist, dass der Gesetzgeber das Rad wieder<br />

zurückdrehen wird. Ein Verwalter, der das neue <strong>Insolvenzrecht</strong><br />

öffentlich ablehnt, wird kaum erwarten können, dass er vom<br />

Schuldner oder den Gläubigern noch für das Amt des vorläufigen<br />

Sachwalters vorgeschlagen wird. Es ist damit zu rechnen,<br />

dass die Zahl der relevanten Insolvenzen mit Sanierungspotenzial<br />

in Zukunft deutlich steigen wird. Will ein Verwalter<br />

an diesem Markt partizipieren, muss er dafür offen sein.<br />

9. Hohe Akzeptanz durch die Gerichte, aber viele<br />

Hürden bei der Umsetzung<br />

Die Akzeptanz seitens der Gerichte ist überraschend hoch.<br />

Nachdem anfänglich bei den meisten Gerichten erhebliche<br />

Unsicherheit über den Gang der neuen Verfahren herrschte,<br />

positionieren sich die Gerichte nach den ersten Erfahrungen<br />

immer klarer. Allerdings sind die Unterschiede bei den einzelnen<br />

Gerichten aufgrund fehlender gesetzlicher Vorgaben und<br />

fehlender höchstrichterlicher Entscheidungen noch groß. Es<br />

liegt am Berater, die bislang aufgetretenen Rechtsprobleme<br />

durch Studium der bisherigen Gerichtsbeschlüsse zum ESUG<br />

zu antizipieren und durch Vorgespräche mit dem zuständigen<br />

Gericht auszuschließen bzw. zu lösen. Unterschiedliche Auffassungen<br />

vertreten die Insolvenzgerichte in Deutschland gegenwärtig<br />

etwa in Bezug auf folgende wesentlichen Punkte:<br />

die repräsentative Zusammensetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses,<br />

die Personenidentität von Berater und<br />

Bescheiniger nach § 270b InsO, die Schwellenwerte für die<br />

Kosten des vorläufigen Gläubigerausschusses, die Befugnis zur<br />

Eingehung von Masseverbindlichkeiten im Eröffnungsverfahren<br />

durch den eigenverwaltenden Schuldner. Schwierigkeiten<br />

ergeben sich auch daraus, dass die meisten Gerichte – selbst<br />

bei einer stattgefundenen intensiven Vorbesprechung des<br />

Insolvenzantrages im Vorfeld der eigentlichen Antragstellung<br />

– ihre Beschlüsse nicht unverzüglich nach der eigentlichen<br />

Antragstellung erlassen. Das liegt daran, dass sie erst einmal<br />

noch genau prüfen wollen, ob z. B. der vorläufige Gläubigerausschuss,<br />

der vom Schuldner vorgeschlagen wurde, formal richtig<br />

zusammengesetzt wurde, die Eigenverwaltung nicht offensichtlich<br />

aussichtslos ist oder Bedenken im Hinblick auf die<br />

Begründung von Masseverbindlichkeiten bestehen. Wenn das<br />

Gericht, wie in einem Fall geschehen, für diese Prüfung erst<br />

einen Gutachter einsetzt, wird durch den dadurch eintretenden<br />

Zeitverlust die weitere Unternehmensfortführung erst<br />

einmal blockiert. Der gestellte Antrag wurde in diesem Stadium<br />

meist auch schon nach außen kommuniziert. Vor der Einreichung<br />

des Gutachtens wird das Gericht aber einen ersten<br />

Beschluss in der Regel nicht erlassen. Der Betrieb ist in der<br />

Zwischenzeit praktisch lahmgelegt und die Mitarbeiter warten<br />

auf ihre Löhne und Gehälter. Nur mit frühzeitigen und intensiven<br />

vertrauensbildenden Vorgesprächen mit dem zuständigen<br />

Gericht und vor allem der Bereitschaft des Gerichtes, schon<br />

vor der Antragstellung erste Prüfungen durchzuführen, kann<br />

einem solchen Szenario ausreichend begegnet werden.<br />

10. Ausblick<br />

Obwohl die Anfangsschwierigkeiten mit dem neuen <strong>Insolvenzrecht</strong><br />

in Teilbereichen offenkundig sind, ist das ESUG<br />

insgesamt als großer Erfolg zu bezeichnen. Der Gesetzgeber<br />

hat damit ein neues Sanierungsinstrument geschaffen,<br />

das von der Praxis angenommen wird. Der oftmals<br />

vorgebrachte Missbrauch hält sich in Grenzen. Die ersten<br />

Erfahrungen mit den Gerichten zeigen, dass die Richter ihre<br />

Torwächterfunktion ausfüllen und eher zur Überregulierung<br />

als zur Deregulierung neigen. Wichtig wird es jetzt im<br />

nächsten Schritt sein, das neue Recht den von der Insolvenz<br />

bedrohten Unternehmen auch zu kommunizieren, damit<br />

diese von den neuen Sanierungsmöglichkeiten durch<br />

Insolvenz Gebrauch machen.<br />

4


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Einführung in das neue <strong>Insolvenzrecht</strong><br />

RA Dr. Jasper Stahlschmidt, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Das <strong>Insolvenzrecht</strong> vor Inkrafttreten des ESUG verhinderte in vielen Fällen, dass lebensfähige Unternehmen durch<br />

ein eröffnetes Insolvenzverfahren saniert werden konnten, weil die fehlende Berechenbarkeit eines Insolvenzverfahrens<br />

Unternehmen davon abhielt, einen Insolvenzantrag zu stellen. Vielmehr wurde der Weg über die außergerichtliche<br />

Sanierung so lange beschritten, bis alle Reserven verbraucht waren und nur noch die Liquidation des<br />

Unternehmens möglich war.<br />

Mit dem reformierten <strong>Insolvenzrecht</strong> strebt der Gesetzgeber<br />

eine frühzeitige Sanierung von Unternehmen an, um die<br />

Spielräume für eine außergerichtliche Sanierung zu erhöhen.<br />

Gleichzeitig ist der Weg durch die Insolvenz für den Insolvenzschuldner<br />

beherrsch- und berechenbarer.<br />

Die vorgenommenen Änderungen der Insolvenzordnung sollen<br />

auch ihren Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes<br />

Deutschland leisten, z. B. diesen interessanter für ausländische<br />

Investoren machen und dem vereinzelt aufgetretenen<br />

insolvenzrechtlichen „Forum Shopping“ (Unternehmensverlagerungen<br />

ins Ausland mit dem Ziel, dort Erleichterungen für<br />

die Sanierung und Erhaltung von Unternehmen in Anspruch<br />

zu nehmen) die Grundlage entziehen. Der Schwerpunkt des<br />

Gesetzes besteht deshalb in der Erleichterung der Sanierung<br />

von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger<br />

auf die Auswahl des Insolvenzverwalters/Sachwalters,<br />

einem erleichterten und bereits in das Eröffnungsverfahren<br />

vorverlagerten Zugang zur Eigenverwaltung sowie dem Ausbau<br />

und der Straffung des Insolvenzplanverfahrens.<br />

Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen/Neuerungen:<br />

1. Stärkung der Gläubigerrechte<br />

Um die Gläubigerrechte zu stärken, wird die Möglichkeit<br />

geschaffen, bereits unmittelbar nach dem Eingang eines<br />

Eröffnungsantrages einen vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

einzurichten, sofern im vorangegangenen Geschäftsjahr mindestens<br />

zwei der drei folgenden Schwellenwerte erreicht<br />

wurden (§ 22a Abs. 1 InsO):<br />

– 4,84 Mio. Euro Bilanzsumme nach Abzug eines auf<br />

der Aktivseite ausgewiesenen Fehlbetrages i.S.v. § 268<br />

Abs. 3 HGB,<br />

– 9,68 Mio. Euro Umsatzerlöse sowie<br />

– im Jahresdurchschnitt 50 Arbeitnehmer.<br />

Auch unterhalb der Schwellenwerte erfolgt die Einrichtung<br />

eines vorläufigen Gläubigerausschusses auf Antrag des<br />

Schuldners, des vorläufigen Sachwalters oder eines Gläubigers,<br />

wenn Personen benannt werden, die als Mitglieder in<br />

Betracht kommen und dem Antrag die Einverständniserklärungen<br />

der benannten Personen beigefügt werden (§ 22a<br />

Abs. 2 InsO).<br />

Die Befugnisse des vorläufigen Gläubigerausschusses sind<br />

sehr weitreichend:<br />

– Vor Bestellung des Verwalters ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

Gelegenheit zu geben, sich zu den Anforderungen<br />

zu äußern, die an den Verwalter zu stellen sind<br />

(§ 56a Abs. 1 InsO).<br />

– Sofern sich der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig<br />

für eine bestimmte Person als Verwalter ausspricht, ist<br />

diese Entscheidung für das Gericht bindend, es sei denn,<br />

die vorgeschlagene Person ist für die Übernahme des<br />

Amtes nicht geeignet (§ 56a Abs. 2 Satz 1 InsO).<br />

– Hat das Gericht ohne Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

einen Verwalter bestellt, so kann der vorläufige<br />

Gläubigerausschuss in seiner ersten Sitzung mit<br />

einem einstimmigen Beschluss einen anderen Verwalter<br />

wählen (§ 56a Abs. 3 InsO).<br />

– Vor der Entscheidung über einen Antrag auf Eigenverwaltung<br />

ist dem vorläufigen Gläubigerausschuss Gelegenheit<br />

zur Äußerung zu geben (§ 270 Abs. 3 Satz 1 InsO).<br />

– Ein Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung kann vom<br />

Gericht nur abgelehnt werden, wenn Umstände bekannt<br />

sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen<br />

für die Gläubiger führen wird (§ 270 Abs. 2 Nr. 2<br />

InsO). Wird aber der Antrag von einem einstimmigen Beschluss<br />

des vorläufigen Gläubigerausschusses unterstützt,<br />

gilt die Anordnung als nicht nachteilig für die Gläubiger<br />

(§ 270 Abs. 3 Satz 2 InsO).<br />

2. Stärkung der Eigenverwaltung und neues<br />

Schutzschirmverfahren<br />

Der Gesetzgeber wollte die Eigenverwaltung weiter stärken, um<br />

im Idealfall im Einvernehmen mit den Gläubigern die Kennt­<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

nisse und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsleitung bestmöglich<br />

nutzen zu können und eine zeit- und kostenintensive<br />

Einarbeitungszeit eines Insolvenzverwalters zu vermeiden.<br />

Vor der Reform wurde die Eigenverwaltung nur sehr zurückhaltend<br />

eingesetzt, vor allem, weil das Verfahren für den<br />

Insolvenzschuldner nicht kalkulierbar war. Zwischen Antragstellung<br />

und Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde vom<br />

Insolvenzgericht immer ein vorläufiger Insolvenzverwalter<br />

mit zum Teil sehr weitgehenden Befugnissen eingesetzt.<br />

Erst im Beschluss des Gerichtes über die Eröffnung des<br />

Insolvenzverfahrens, also nach zwei bis drei Monaten,<br />

wurde über die Anordnung der Eigenverwaltung entschieden.<br />

Die Nichtanordnung konnte erhebliche negative Auswirkungen<br />

wirtschaftlicher Art auf den weiteren Verlauf des<br />

Insolvenzverfahrens haben, insbesondere dann, wenn die<br />

Eigenverwaltung bereits mit Antragstellung vom Schuldner<br />

angekündigt wurde.<br />

Das ESUG erleichtert die Voraussetzungen für die Anordnung<br />

der Eigenverwaltung. So werden die Gläubiger über den<br />

vorläufigen Gläubigerausschuss schon vor der Eröffnung des<br />

Insolvenzverfahrens in die Entscheidung über die Eigenverwaltung<br />

einbezogen. Bereits in der Phase zwischen Insolvenzantragstellung<br />

und Eröffnung kann die sogenannte vorläufige<br />

Eigenverwaltung angeordnet werden (§ 270a InsO).<br />

Damit wird vom Gericht eine Vorentscheidung über die<br />

Anordnung der Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren<br />

getroffen. Die Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Anordnung<br />

der Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren entfällt<br />

folglich. Sofern der vorläufige Gläubigerausschuss einstimmig<br />

den Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung unterstützt,<br />

kann das Gericht diesen Antrag nicht ablehnen, auch<br />

dann nicht, wenn das Gericht der Ansicht ist, dass den Gläubigern<br />

durch die Anordnung Nachteile entstehen.<br />

Mit dem neuen Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO), das<br />

eine weitere Form der vorläufigen Eigenverwaltung ist und<br />

deren Wirkungen nochmals verstärkt, wird dem Schuldner<br />

im Zeitraum zwischen Eröffnungsantrag und Verfahrenseröffnung<br />

ein eigenständiges Sanierungsverfahren zur Verfügung<br />

gestellt. Der Schuldner erhält auf einen entsprechenden<br />

Antrag und Beschluss des Gerichtes bis zu drei Monate<br />

Zeit, in einer Art „Schutzschirmverfahren“ unter Aufsicht<br />

eines vorläufigen Sachwalters frei von Vollstreckungsmaßnahmen<br />

einen Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend<br />

als Insolvenzplan umgesetzt werden kann.<br />

Voraussetzung für die Einleitung eines solchen Schutzschirmverfahrens<br />

ist nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO, dass<br />

der Schuldner mit dem Eröffnungsantrag eine mit Gründen<br />

versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen<br />

Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers, Rechtsanwaltes oder<br />

einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorlegt, aus der<br />

sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung,<br />

aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die<br />

angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.<br />

Eine wesentliche Stärkung erfährt das Schutzschirmverfahren<br />

durch die Befugnis des Schuldners, Masseverbindlichkeiten<br />

begründen zu können (§ 270b Abs. 3 InsO). Er<br />

erhält damit die Rechtsposition, die bislang nur ein starker<br />

vorläufiger Insolvenzverwalter innehatte.<br />

Mit der Änderung des § 270 InsO und den neuen Regelungen<br />

der §§ 270a, 270b InsO wird die Anordnung der Eigenverwaltung<br />

für den sanierungswilligen Insolvenzschuldner berechenbarer.<br />

Wenn das Verfahren vom Berater gut vorbereitet<br />

ist und er die Rückendeckung der wichtigsten Gläubiger erhält,<br />

ist die Anordnung der Eigenverwaltung praktisch sicher.<br />

Sie kann dann weder vom Insolvenzgericht noch vom vorläufigen<br />

Sachwalter verhindert werden.<br />

3. Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens<br />

a) Eingriff in die Rechte der Anteilsinhaber<br />

Nunmehr ist es nach dem Vorbild des US-amerikanischen<br />

Chapter-11-Verfahrens möglich, die Rechte der Anteilsinhaber<br />

durch Regelungen im Insolvenzplan zu ändern. Die<br />

Umwandlung von Forderungen von Gläubigern in Anteilsoder<br />

Mitgliedschaftsrechte, der sogenannte Debt-Equity-<br />

Swap (§ 225a InsO), eröffnet in der Praxis neue, hochinteressante<br />

Gestaltungsmöglichkeiten. Das bisherige Vetorecht<br />

der Altgesellschafter ist aufgehoben und Nachschusspflichten<br />

des Erwerbers wegen einer Überbewertung ihrer Forderungen<br />

sind ausgeschlossen.<br />

b) Einschränkung der Möglichkeiten zur Verhinderung des<br />

Planes<br />

(1) Früher war es möglich, dass einzelne Gläubiger unter Berufung<br />

auf die Regelungen des § 251 InsO das Zustandekommen<br />

des Insolvenzplanes verhindern oder zumindest<br />

deutlich durch das Einlegen von Rechtsmitteln hinauszögern<br />

konnten, wenn sie glaubhaft machten, dass sie<br />

durch den Plan schlechter gestellt werden (§ 251 Abs. 2<br />

InsO a.F.). In der Praxis führte dies insbesondere bei Großverfahren<br />

dazu, dass der Schuldner gezwungen war, diesen<br />

Gläubigern gesetzeswidrig Sondervorteile zu verschaffen,<br />

um den Plan zum Abschluss zu bringen. Heute hat der<br />

Schuldner die Möglichkeit, im Plan vorzusehen, für diese<br />

Gläubiger Mittel für den Fall bereitzustellen, dass sie ihre<br />

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Schlechterstellung nachweisen. Ob die Beteiligten einen<br />

Ausgleich aus diesen Mitteln erhalten, ist außerhalb des<br />

Insolvenzverfahrens zu klären (§ 251 Abs. 3 Satz 2 InsO).<br />

Damit verhindern selbst jahrelange Prozesse das zügige<br />

Zustandekommen des Planes nicht.<br />

(2) In der Vergangenheit konnten Rechtsmittel gegen den Beschluss,<br />

durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde,<br />

ohne Begründung eingelegt werden. Das war selbst dann<br />

möglich, wenn dem Plan durch denjenigen, der das<br />

Rechtsmittel eingelegt hatte, zugestimmt worden war.<br />

Rechtsmittel sind nach § 253 InsO nur noch zulässig,<br />

wenn dem Plan spätestens im Abstimmungstermin<br />

schriftlich widersprochen, gegen den Plan gestimmt und<br />

glaubhaft gemacht wurde, dass der widersprechende<br />

Gläubiger durch den Plan wesentlich schlechter gestellt<br />

wird und dass dieser Nachteil nicht durch Zahlung aus den<br />

in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden<br />

kann.<br />

c) Erleichterte Aufhebung des Insolvenzverfahrens<br />

In der Vergangenheit führte die Pflicht zur Berichtigung aller<br />

unstreitigen Masseansprüche vor der Aufhebung des Insolvensverfahrens<br />

zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten,<br />

da für zahlreiche bereits begründete Verbindlichkeiten noch<br />

keine Rechnungen vorlagen, aber auch Dauerschuldverhältnisse<br />

fortgesetzt werden sollten. Nach § 258 Abs. 2 InsO hat<br />

der Verwalter vor der Aufhebung des Verfahrens nur noch<br />

die unstreitigen fälligen Masseansprüche zu berichtigen und<br />

für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten. Für<br />

die nicht fälligen Masseansprüche kann jetzt auch ein<br />

Finanzplan vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass<br />

ihre Erfüllung gewährleistet ist.<br />

Mit den zahlreichen Änderungen der Insolvenzordnung durch<br />

das ESUG ist dem Gesetzgeber ein großer Wurf gelungen.<br />

Jedenfalls ist seine Intention, insbesondere der Eigenverwaltung<br />

und dem Insolvenzplanverfahren endlich zum Durchbruch<br />

zu verhelfen und die Gläubigerrechte deutlich zu<br />

stärken, an vielen Stellen des Gesetzes Nachdruck verliehen<br />

worden. Die praktischen Erfahrungen zeigen, dass die<br />

Akzeptanz des neuen Rechts bei Gerichten, Unternehmen<br />

und auch Insolvenzverwaltern ständig zunimmt.<br />

Buch<br />

Von Robert Buchalik und Professor Dr. Hans Haarmeyer<br />

Sanieren statt Liquidieren<br />

Neue Möglichkeiten der Sanierung durch Insolvenz nach dem ESUG.<br />

Dieses Praxishandbuch nimmt Sie mit in die Echtzeit der Sanierung. Es klärt Sie<br />

über den Umgang mit dem neuen Recht auf und erläutert die Möglichkeiten einer<br />

Sanierung anhand von Beispielfällen aus der Praxis. Wichtige Instrumente wie<br />

Eigenverwaltung und Schutzschirmverfahren sowie die Möglichkeiten einer professionellen<br />

Vorbereitung werden von den Autoren eingehend dargestellt.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter: www.buchalik-broemmekamp.de<br />

2012. Gebunden. 253 Seiten. 39,95 Euro, ISBN 978-3-482-64041-4<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Der vorläufige Gläubigerausschuss: Stärkung der<br />

Gläubigermitbestimmung<br />

Prof. Dr. Hans Haarmeyer, leitender Direktor des DIAI, Bonn<br />

Unbestritten werden die Weichen für ein Unternehmen in der Insolvenz bereits in den ersten 10–14 Tagen in die<br />

richtige oder in die falsche Richtung gestellt. Vor diesem Hintergrund haben Schuldner wie Gläubiger nach dem<br />

neuen Recht die Möglichkeit erhalten, schon vom ersten Tag eines Verfahrens diese zentralen Weichenstellungen<br />

mit zu beeinflussen.<br />

Voraussetzung für eine solche „steuernde Mitwirkung“ ist<br />

jedoch, dass ein kriselndes Unternehmen zumindest in der<br />

letzten Phase der Krise professionell begleitet wird und den<br />

Dialog mit den wichtigsten Gläubigern aufnimmt und sie davon<br />

überzeugt, einen gemeinsamen Weg hin zu einer Sanierung<br />

des Unternehmens im Schutz des <strong>Insolvenzrecht</strong>es zu<br />

gehen. Unternehmen hingegen, die ihre Gläubiger mit einem<br />

Insolvenzantrag überraschen, sollen von diesen Möglichkeiten<br />

eines gesteuerten Verfahrens zu Recht ausgeschlossen<br />

werden. Zentrales Steuerungsinstrument zur Sicherung der<br />

frühen Gläubigermitbestimmung ist der vorläufige Gläubigerausschuss.<br />

Damit will der Gesetzgeber zugleich sicherstellen,<br />

dass das Insolvenzgericht vom ersten Tag an auch<br />

Erkenntnisse der Gläubiger über das Schuldnerunternehmen<br />

in seine Entscheidung einbinden kann.<br />

Ausschussmitglieder<br />

Das Insolvenzverfahren ist von heterogenen Gruppeninteressen<br />

geprägt. Soll verhindert werden – und dies ist der<br />

Wille des Gesetzgebers –, dass sich im Insolvenzverfahren<br />

das Recht des Stärkeren gegen die schützenswerten Interessen<br />

der allgemeinen Insolvenzgläubiger durchsetzt, dann<br />

müssen alle Gruppeninteressen auch in der Repräsentation<br />

der Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses zum<br />

Ausdruck kommen. Die Legitimation für einen steuernden<br />

Einfluss der Gläubiger folgt aus der Repräsentativität der<br />

Mitglieder. Ein im Eröffnungsverfahren vorgeschlagener vorläufiger<br />

Gläubigerausschuss sollte daher aus mindestens<br />

fünf Mitgliedern bestehen. Diese müssen überschneidungsfrei<br />

und eindeutig den Gruppen der Kreditwirtschaft, der<br />

Sicherungsgläubiger, der institutionellen Gläubiger, der ungesicherten<br />

Gläubiger sowie den Vertretern von Arbeitnehmerinteressen<br />

zuzuordnen sein. Wird mit dem Antrag eines<br />

Schuldners von den Gläubigern zugleich ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />

vorgeschlagen, in dem die fünf Gruppen von<br />

Gläubigern eindeutig und repräsentativ vertreten sind, so ist<br />

dieser als vorläufiger Gläubigerausschuss vom Gericht zu<br />

bestellen. Damit wird der Schuldner „belohnt“, der sich<br />

rechtzeitig an seine Gläubiger wendet und das Verfahren<br />

professionell vorbereitet. Gleichzeitig ist damit dann gewährleistet,<br />

dass die Gläubiger vom ersten Tag des Verfahrens<br />

– ohne dass ein verzögerndes Element eintreten kann – Einfluss<br />

auf die weitere Gestaltung, Bestimmung des vorläufigen<br />

Insolvenzverwalters, die Wahrnehmung von Sanierungsmöglichkeiten<br />

sowie eine möglichst schnelle Eröffnung<br />

nehmen können.<br />

Rechte und Aufgaben eines vorläufigen<br />

Gläubigerausschusses:<br />

• Mitwirkung bei allen wichtigen Entscheidungen im Eröffnungsverfahren<br />

• Anhörungsrecht vor Bestellung eines (vorläufigen) Verwalters<br />

durch Benennung eines konkreten Anforderungsprofiles<br />

(§ 56a Abs. 1 InsO)<br />

• Einstimmiger, bindender Vorschlag eines Verwalters<br />

(§ 56a Abs. 2 InsO)<br />

• Einstimmige Ersetzung der gerichtlichen Auswahlentscheidung<br />

ohne Beteiligung des vorläufiger Gläubigerausschusses<br />

(§ 56a Abs. 3 InsO)<br />

• Antrag auf Aufhebung des Schutzschirmverfahrens vor<br />

Ablauf der gesetzten Frist (§ 270b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2<br />

InsO)<br />

• Stellungnahme zum Antrag auf Eigenverwaltung (§ 270<br />

Abs. 3 InsO)<br />

• Gesetzliche Aufgaben nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO<br />

i.V.m. § 69 InsO sowie<br />

• Zustimmung zu allen Maßnahmen nach § 160 InsO<br />

Der „Kann-Soll-Muss-Ausschuss“<br />

Will man sich die neuen Möglichkeiten zur Gläubigermitbestimmung<br />

via vorläufigem Gläubigerausschuss bewusst<br />

machen und die zentrale Bedeutung der richtigen gericht­<br />

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lichen Weichenstellung erkennen, dann ist es gut, zunächst<br />

zwischen drei unterschiedlichen gesetzlichen Möglichkeiten<br />

zu unterscheiden:<br />

• dem „Kann-Ausschuss“,<br />

• dem „Soll-Ausschuss“ und<br />

• dem „Muss-Ausschuss“.<br />

Zugleich darf man sich nicht davor verschließen, dass die<br />

Varianz dessen, was tatsächlich bei Gericht vorkommt, sich<br />

in unzähligen Varianten unterscheiden wird. Wichtig ist aber<br />

zu wissen, dass das Recht zum Vorschlag geeigneter Personen<br />

den Gläubigern zusteht und nicht dem Gericht.<br />

Der „Kann-Ausschuss“<br />

War bisher umstritten, ob es überhaupt gesetzlich zulässig<br />

ist, schon im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

zu bestellen, so ist dies nach § 21 Abs. 2 Satz 1<br />

Nr. 1a InsO nunmehr eine vorläufige Maßnahme, keine Sicherungsmaßnahme,<br />

und kann daher in jeder Verfahrenslage<br />

von Amts wegen zur Anwendung gebracht werden. Eine Besonderheit<br />

ist, dass wegen fehlender Betriebsnähe Nichtgläubiger<br />

oder sachverständige Dritte in einem vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss nicht vertreten sein dürfen, wohl aber<br />

Gläubiger, die erst mit Eröffnung Gläubiger werden. Dazu<br />

gehören nicht nur der Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG)<br />

und die Bundesagentur für Arbeit, sondern auch alle Gläubiger<br />

unbestrittener oder titulierter Forderungen. Für die Arbeitnehmer<br />

dürfte auch die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen<br />

durch eine im Unternehmen tätige Gewerkschaft<br />

zulässig sein.<br />

Der „Soll-Ausschuss“<br />

Auch wenn Unternehmen die Schwellenwerte eines Muss-<br />

Ausschusses (Umsatz ca. 10 Mio. Euro, Bilanzssume ca.<br />

5 Mio. Euro, 50 Arbeitnehmer) nicht erreichen, soll das<br />

Gericht nach § 22a Abs. 2 InsO einen vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

einsetzen, wenn dies vom Schuldner, einem<br />

beliebigen Gläubiger oder einem bereits bestellten vorläufigen<br />

Verwalter beantragt wird. Damit kann faktisch in jeder<br />

Unternehmensinsolvenz ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />

eingesetzt werden. Diesem Antrag ist stattzugeben,<br />

wenn dem Gericht Personen benannt werden, die als Mitglieder<br />

des vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht<br />

kommen, deren Einverständniserklärungen dem Antrag<br />

beigefügt sind und keine Ausschlussgründe (§ 22a Abs. 3<br />

InsO) der Einsetzung entgegenstehen. Geht ein solcher Antrag<br />

direkt mit dem Antrag ein, dann darf das Gericht schon<br />

wegen der möglicherweise eintretenden wirtschaftlichen<br />

Folgen nicht zögern, den Ausschuss zu bestellen. Aber auch<br />

hier gilt der Grundsatz der Repräsentativität und der Notwendigkeit<br />

eines Interessenausgleiches durch einen Fünfer-Ausschuss.<br />

Der „Muss-Ausschuss“<br />

Erfüllt das Unternehmen die Schwellenwerte nach § 22a<br />

Abs. 1 InsO und hat es den Betrieb bei Antragstellung noch<br />

nicht eingestellt, so ist das Gericht gesetzlich verpflichtet,<br />

einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen und<br />

muss dies tun, wenn mit dem vollständigen Antrag zugleich<br />

ein ordnungsgemäß besetzter Ausschuss vorgeschlagen<br />

wird und die Einverständniserklärungen der Vorgeschlagenen<br />

vorliegen. Entscheidend für die Schwellenwerte sind<br />

die Merkmale im vorangegangenen Geschäftsjahr der Antragstellung.<br />

Das Gericht hat die Angaben des Schuldners<br />

nur auf Plausibilität zu prüfen, da ansonsten nicht erhebliche<br />

Verzögerungen eintreten, die den Sanierungsprozess<br />

gefährden könnten. Dem Insolvenzantrag müssen zwingend<br />

alle Anlagen nach § 13 InsO beigefügt sein. Fehlen diese<br />

Anlagen oder sind sie unvollständig, dann ist der Antrag<br />

unzulässig. Die Komplexität der Antragsunterlagen macht<br />

hier eine professionelle Vorbereitung unerlässlich. Von der<br />

Einsetzungspflicht befreien allein die zu erwartenden Belastungen<br />

für die Insolvenzmasse, die aber zu vernachlässigen<br />

sein dürfte, sowie eine über die Einsetzung erheblich<br />

hinausgehende Verzögerung (§ 22a Abs. 3 InsO). Hat das<br />

Gericht von der Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

zunächst abgesehen und sofort einen vorläufigen<br />

Verwalter bestellt, so muss es die Einsetzung unverzüglich<br />

nachholen, damit dieser gegebenenfalls von seiner Ersetzungsbefugnis<br />

Gebrauch machen kann und in seiner ersten<br />

Sitzung einstimmig einen anderen Verwalter wählen kann<br />

(§ 56a Abs. 3 InsO).<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Auswirkungen des ESUG auf die gerichtliche Praxis<br />

Lutz Erdmann, Rechtspfleger am Amtsgericht Düsseldorf/Frank Pollmächer, Richter am Amtsgericht – Insolvenzgericht, Düsseldorf<br />

Das ESUG hat Auswirkungen auf die gerichtliche Praxis gezeigt. Schwierigkeiten bei der Umsetzung sind vornehmlich<br />

dadurch entstanden, dass die in Kraft getretenen Vorschriften zum Teil unklar und unscharf gestaltet worden<br />

sind. Insoweit ist an den Gesetzgeber zu appellieren, vor weiteren Änderungen der Insolvenzordnung verstärkt auf<br />

die (insolvenzgerichtliche) Praxis zu hören.<br />

Die durch das ESUG erfolgte Neufassung des § 13 InsO sieht<br />

vor, dass ein Schuldner seinem Antrag auf Eröffnung des<br />

Insolvenzverfahrens ein Verzeichnis seiner Gläubiger und<br />

ihrer Forderungen beizufügen hat, wobei bei einem laufenden<br />

Geschäftsbetrieb bestimmte Forderungen sowie Angaben zur<br />

Größe des Unternehmens besonders kenntlich gemacht werden<br />

sollen. Beantragt zudem ein Schuldner die Eigenverwaltung<br />

und erreicht die Schwellenwerte des neu eingeführten<br />

§ 22a Abs. 1 InsO oder wird die Einsetzung eines vorläufigen<br />

Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren beantragt,<br />

werden bestimmte Angaben zur Gläubigerstruktur Pflicht.<br />

Neuregelungen sind nicht eindeutig<br />

Die Neuregelung des § 13 InsO ist bedauerlicherweise unscharf<br />

gefasst. So ist es unklar, ob auch die Angaben zum<br />

Umfang des Betriebes (Angaben zur Bilanzsumme, Umsatzerlösen<br />

und der durchschnittlichen Zahl der Arbeitnehmer,<br />

§ 13 Abs. 1 Satz 5 InsO) immer oder nie zwingend sind<br />

oder erst dann zwingend werden, wenn die weiteren Voraussetzungen<br />

des § 13 Abs. 1 Satz 6 InsO vorliegen. Da alle drei<br />

Aus legungsmöglichkeiten vertretbar sind, führt dies zu Unsicherheiten<br />

bei der Antragstellung. Zudem werden Angaben<br />

aus dem vorangegangenen Geschäftsjahr abgefragt, sodass<br />

diese bei Antragstellung nicht mehr aktuell sein müssen.<br />

Fehlerhafte Angaben des Schuldners bleiben ohne Sanktion.<br />

Die Praxis zeigt, dass Schuldner die Neufassung des § 13<br />

InsO weitaus überwiegend nicht beachten, insbesondere<br />

fehlt am häufigsten die Versicherung des Schuldners, dass<br />

das erstellte Gläubiger- und Forderungsverzeichnis richtig<br />

und vollständig ist. Dies ist problematisch, wenn es sich um<br />

einen laufenden Geschäftsbetrieb handelt, bei dem die<br />

Anordnung vorläufiger Maßnahmen dringlich ist.<br />

Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

In §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a, 22a InsO ist die Einsetzung<br />

eines vorläufigen Gläubigerausschusses im Eröffnungsverfahren<br />

eingeführt worden. Erfüllt der Schuldner zwei<br />

der in § 22a Abs. 1 InsO genannten Kriterien, ist das<br />

Insolvenzgericht zur Einsetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

verpflichtet. Dieser ist sodann gemäß<br />

§ 56a Abs. 1 InsO vor der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters<br />

zu hören, soweit dies nicht zu einer<br />

nachteiligen Veränderung der Vermögenslage des Schuldners<br />

führt. Nicht selten kommen jedoch auch „große“<br />

Insolvenzverfahren „auf den letzten Drücker“ und werden<br />

(meist auch noch schlecht vorbereitet) am Freitag zu<br />

Gericht gebracht. Wenn dann zunächst zu ermitteln ist,<br />

ob die Parameter zur Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

erfüllt sind, Personen ermittelt werden<br />

müssen, die zur Übernahme des Amtes im vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss geeignet und auch bereit sind, dieser<br />

sich sodann zusammensetzen und sich unter anderem auf<br />

einen vorläufigen Insolvenzverwalter und/oder dessen<br />

Anforderungsprofil einigen muss, wird auch bei einem<br />

guten Zusammenspiel zwischen Gericht, Schuldner und<br />

Gläubigerausschuss mindestens eine Woche vergangen<br />

sein. Dieser Zeitraum dürfte für die meisten laufenden<br />

Betriebe unzuträglich sein, da das Unternehmen in diesem<br />

Zeitraum quasi „führungslos“ ist. Eine erfolgreiche<br />

Beteiligung an der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters<br />

wird sich nur dann verwirklichen lassen, wenn<br />

dem Insolvenzgericht mit dem Insolvenzantrag ein vollständiger<br />

Gläubigerausschuss benannt wird und sich dieser<br />

kurzfristig auf ein Anforderungsprofil einigt oder dem<br />

Gericht nach Möglichkeit mehrere bereits dort gelistete<br />

Verwalter vorgeschlagen werden, da dies dem Insolvenzgericht<br />

eine umgehende Auswahl eines geeigneten und<br />

unabhängigen Verwalters ermöglicht.<br />

Unbestimmte Rechtsbegriffe im Schutzschirmverfahren<br />

Ein weiteres Kernstück des ESUG sind die Regelungen zur Erleichterung<br />

von Sanierungen im Rahmen des soge nannten<br />

Schutzschirmverfahrens (§ 270b InsO). Diese modifizieren<br />

nicht nur das Regelungskonzept der Eigenverwaltung, sondern<br />

stellen auch eine neue Art des Antragsverfahrens dar.<br />

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Hier stellen sich unterschiedliche Fragen rechtlicher und<br />

praktischer Natur. Die mit Gründen zu versehende Bescheinigung<br />

gemäß § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO, dass eine<br />

Zahlungsunfähigkeit und eine offensichtliche Aussichtslosigkeit<br />

der Sanierung nicht gegeben ist, ist von den Gerichten<br />

zu prüfen. Bezüglich der Person des Testierenden<br />

arbeitet der Gesetzgeber mit dem Begriff des „in Insolvenzverfahren<br />

erfahrenen ...“. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff<br />

ist von den Gerichten auszulegen. Bestehen begründete<br />

Zweifel an der Schlüssigkeit des Testates, ist der<br />

Schuldner aufzufordern, seinen Vortrag oder die Bescheinigung<br />

nachzubessern. Bei verbleibenden ernstlichen<br />

Zweifeln wird auch die Einschaltung eines Sachverständigen<br />

zu erwägen sein. Um Streitigkeiten zu Beginn des<br />

Verfahrens zu vermeiden, erscheint eine frühzeitige Einbeziehung<br />

des jeweiligen Insolvenzgerichtes angezeigt,<br />

um Einvernehmen hinsichtlich der Person des Testierenden<br />

und der Aussagetiefe der Bescheinigung zu erzielen.<br />

Vorschlag Sachwalter<br />

Gemäß § 270b Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO kann der Schuldner<br />

eine Person als Sachwalter vorschlagen, die personenverschieden<br />

von dem Aussteller der Bescheinigung nach<br />

§ 270b Abs. 1 InsO sein muss. Das Gericht kann von diesem<br />

Vorschlag nur abweichen, wenn die vorgeschlagene<br />

Person zur Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. Es<br />

liegt nahe, dass ein solcher vom Schuldner vorgeschlagener<br />

Sachwalter bei den Gläubigern Misstrauen an dessen<br />

Unabhängigkeit hervorrufen wird, dies gilt insbesondere<br />

dann, wenn dieser „mitgebrachte“ Sachwalter auch zuvor<br />

den Schuldner beraten hat. Ein Schuldner ist insoweit gut<br />

beraten, einen von ihm und dem Bescheiniger vollkommen<br />

unabhängigen vorläufigen Sachwalter vorzuschlagen.<br />

Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />

Probleme im Rahmen der Eigenverwaltung entstehen insbesondere<br />

bei der Frage, wer im Eröffnungsverfahren zur<br />

Begründung von Masseverbindlichkeiten befugt ist. Für<br />

das sogenannte Schutzschirmverfahren ist geregelt, dass<br />

auf Antrag des Schuldners das Insolvenzgericht anzuordnen<br />

hat, dass dieser Masseverbindlichkeiten begründen<br />

darf (§ 270b Abs. 3 Satz 1 InsO). Eine auch nur ähnliche<br />

Formulierung findet sich allerdings für das normale vorläufige<br />

Eigenverwaltungsverfahren gemäß § 270a InsO nicht.<br />

Es wundert nicht, dass sich verschiedene Ansichten zur<br />

Frage gebildet haben, ob und wer im Rahmen des § 270a<br />

InsO Masseverbindlichkeiten begründen darf.<br />

Vier Ansichten sind zu verzeichnen. So wird die Auffassung<br />

vertreten, dass mangels gesetzlicher Grundlage<br />

eine entsprechende Befugnis nicht eingeräumt werden<br />

kann. Andere Meinungen gehen davon aus, dass der<br />

eigenverwaltende Schuldner entsprechend dem sogenannten<br />

vorläufigen starken Insolvenzverwalter per se<br />

Masseverbindlichkeiten im Eröffnungsverfahren erzeugt.<br />

Wird der Weg über eine Einzelermächtigung für vertretbar<br />

gehalten, wird noch danach differenziert, ob diese<br />

dem Schuldner oder dem vorläufigen Sachwalter zu erteilen<br />

ist.<br />

Einarbeitung ins Planverfahren<br />

Die Gestaltungsmöglichkeiten von Insolvenzplänen wurden<br />

durch das ESUG erheblich erweitert. So können im<br />

Insolvenzplan sämtliche gesellschaftsrechtlich zulässigen<br />

Regelungen getroffen werden, wobei die Umwandlung von<br />

Fremd- in Eigenkapital (dept to equity swap) besonders<br />

hervorzuheben ist.<br />

Die zum 1. Januar 2013 in Kraft tretende Verlagerung der<br />

Planverfahren aus dem Zuständigkeitsbereich der Rechtspflegerschaft<br />

in den Bereich der Richterschaft wird zunächst<br />

zu Verzögerungen führen, da nicht nur die entsprechenden<br />

personellen Kapazitäten fehlen, sondern auch<br />

erst eine Einarbeitung in die neue Materie erforderlich<br />

ist. Die Übergangsregelung, dass eine entsprechende Zuständigkeit<br />

des Richters nur für Planverfahren besteht,<br />

wenn das zugrundeliegende Insolvenzverfahren nach dem<br />

1. Januar 2013 beantragt worden ist, schwächt dieses<br />

Problem nur unerheblich ab.<br />

Besondere Anforderung dürften Pläne darstellen, die erst<br />

in eröffneten Verfahren vorgelegt werden. Da nach Verfahrenseröffnung<br />

die Zuständigkeit vom Richter auf den<br />

Rechtspfleger übergeht, wird in diesen Fällen eine erneute<br />

Einarbeitung in das Insolvenzverfahren und anschließend<br />

eine Befassung mit dem Plan erforderlich. Vor diesem<br />

Hintergrund wird die knappe zweiwöchige Frist des<br />

§ 231 Abs. 1 Satz 2 InsO schwer einzuhalten sein. Ein<br />

Insolvenzplan sollte vor diesem Hintergrund möglichst mit<br />

Antragstellung als Entwurf eingereicht werden, um den<br />

Gerichten als auch den weiteren Beteiligten ausreichend<br />

Gelegenheit zu geben, ohne zeitliche Nöte Problemfelder<br />

des Planes in Ruhe zu erörtern. Dies gilt auch für die Frist<br />

gemäß § 232 Abs. 3 Satz 2 InsO, innerhalb derer die<br />

Beteiligten zum Plan Stellung nehmen können.<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Die richtige Verfahrensvorbereitung und die optimale<br />

Abstimmung mit dem Insolvenzgericht<br />

RA Prof. Dr. Jochen Vogel, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Der Erfolg der Einleitung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens nach § 270a InsO oder eines Schutzschirmverfahrens<br />

nach § 270b InsO hängt von vielen Faktoren ab. Wesentlich ist die professionelle Abstimmung<br />

und Kommunikation zwischen dem Schuldner und dessen Beratern (Sanierungsberater), dem vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss, dem vorläufigen Sachwalter sowie dem Insolvenzgericht. Gerade die Kommunikation mit<br />

und zu dem Insolvenzgericht ist ein unverzichtbarer Bestandteil für den Erfolg eines Verfahrens nach § 270a<br />

und/oder § 270b InsO.<br />

Die Erfahrungen des ersten Jahres ESUG zeigen nunmehr<br />

sehr deutlich: Ohne eine frühzeitige Abstimmung mit den<br />

Insolvenzgerichten drohen erhebliche Verfahrensverzögerungen,<br />

die den gesamten Sanierungsprozess gefährden<br />

oder gar unmöglich machen können. Ein Insolvenzgericht,<br />

welches sich erstmals am Tage der Antragstellung<br />

mit einem Insolvenzantrag nach neuem Recht befasst,<br />

wird nur in den seltensten Fällen bereits am selben Tag<br />

noch einen Beschluss über die Anordnung einer vorläufigen<br />

Eigenverwaltung oder gar eines Schutzschirmverfahrens<br />

erlassen. Denn zu Recht nehmen die Insolvenzgerichte<br />

für sich in Anspruch, die eingereichten Unterlagen<br />

umfassend zu prüfen. Und ein sorgfältig vorbereitetes<br />

Verfahren nach neuem Recht kann schnell einen oder<br />

mehrere Aktenordner mit Anträgen und weiteren ergänzenden<br />

Unterlagen füllen. Alleine die schiere Masse erfordert<br />

bereits einen entsprechenden zeitlichen Prüfungsaufwand.<br />

Frühzeitige Kommunikation mit dem Richter<br />

Hinzu kommt, dass der Geschäftserteilungsplan regelmäßig<br />

erst mit dem Antrag den zuständigen Richter zuweist. Dennoch<br />

zeigt die Praxis, dass bei zahlreichen Insolvenzgerichten<br />

die Richter gerade in diesen Fällen auch kollektiv für<br />

Vorbesprechungen zur Verfügung stehen. In einer mündlichen<br />

Vorbesprechung kann eine zügige Darstellung komplizierter<br />

Sachverhalte erfolgen und so die eigentliche<br />

Prüfungsarbeit durch das Insolvenzgericht deutlich effizienter<br />

gestaltet werden.<br />

Allerdings gibt es auch andere Beispiele. Ebenso wie teilweise<br />

Verfahren nach §§ 270a, 270b InsO über Wochen ohne klare<br />

Kommunikation eingeleitet durch die betreuenden Berater<br />

begleitet werden, verweigern sich eine Reihe von Insolvenzgerichten<br />

bzw. einzelne Richter kategorisch einer Vorbesprechung.<br />

Mit weitreichenden Folgen für das Unternehmen.<br />

Zwangsläufig müssen die Sanierungsberater deutlich umfassendere<br />

Unterlagen erstellen, um alle Einzelfragen in einer<br />

individuell gewünschten Tiefe beantwortet zu können. Dies<br />

wiederum verlängert automatisch den zeitlichen Prüfungsaufwand<br />

des Insolvenzgerichtes.<br />

Den Insolvenzgerichten, die Vorgespräche kategorisch ablehnen,<br />

scheint häufig nicht bewusst zu sein, welche Komplikationen<br />

sie damit auslösen, aber auch welche Risiken sie<br />

dadurch eingehen. Neben einer Gefährdung des Sanierungserfolges<br />

in Teilen oder als Ganzes werden bereits<br />

Amts haftungsansprüche in Fällen diskutiert, in denen die<br />

Verweigerung der Insolvenzgerichte zu einer faktischen<br />

Handlungsunfähigkeit des antragstellenden Unternehmens<br />

führte.<br />

Fehlende Erfahrung<br />

Dabei beruht die Ablehnung eines Vorgespräches aus unserer<br />

Erfahrung regelmäßig nicht auf Böswilligkeit, sondern auf<br />

fehlender Einschätzung und Erfahrung mit dem neuen Recht<br />

und den komplexen Verfahren. Denn das Insolvenzgericht<br />

wird bei einer Antragstellung nach §§ 270a, 270b InsO mit<br />

einer ganzen Reihe von juristisch-betriebswirtschaftlichen<br />

Einschätzungen und Begründungen konfrontiert, die so – das<br />

spiegeln die Gespräche mit den Richtern wider – eben nicht<br />

zu deren Tagesgeschäft gehören.<br />

Die Praxis zeigt, dass Gerichte, die bereits Verfahren nach<br />

§§ 270a, 270b InsO durchgeführt haben, die Möglichkeit<br />

eines Vorgespräches mit dem Sanierungsberater/Sanierungsgeschäftsführer<br />

dazu nutzen, um Tage vor der Antragstellung<br />

die nicht unterschriebenen Antragsunterlagen frühzeitig<br />

zu besprechen und sich ergebende Problemstellungen<br />

vorzudiskutieren. Auch kann so der Sanierungsberater<br />

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gerichtsspezifischen Besonderheiten (Anforderungen an<br />

die Darstellung oder bestimmte, zusätzlich beizubringende<br />

Unterlagen) frühzeitig Rechnung tragen.<br />

Beim Schutzschirm ist Vorgespräch unschädlich<br />

Ein solches Gespräch sollte im Idealfall mindestens zwei bis<br />

drei Tage vor der Insolvenzantragstellung erfolgen, beim<br />

Schutzschirmverfahren auch deutlich früher. Letzteres ist<br />

haftungsrechtlich unschädlich, weil der Insolvenzschuldner<br />

für dieses Verfahren zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht<br />

zahlungsunfähig sein darf (vgl. § 270b Abs. 1 Sätze 1 und 3<br />

InsO). Anders verhält es sich beim Verfahren nach § 270a<br />

InsO. Hier ist Vorsicht geboten. In dem Moment, in dem nach<br />

außen dokumentiert wird, dass ein Insolvenzantrag wegen<br />

Zahlungsunfähigkeit gestellt werden soll, muss sichergestellt<br />

sein, dass der Lieferant, der jetzt noch Ware liefert, nicht<br />

geschädigt wird und dass der Waren- oder Dienstleistungsbezug<br />

vor Antragstellung bezahlt wird. Das wird in der Praxis<br />

nicht einfach zu bewerkstelligen sein.<br />

Gegenstand eines Vorgespräches sollte im Idealfall eine Verständigung<br />

mit dem zuständigen Insolvenzrichter über die<br />

folgenden Punkte sein:<br />

• Einrichtung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

(§ 22a InsO):<br />

Idealerweise bringt der Schuldner zu dem Vorbesprechungstermin<br />

mit dem Gericht bereits eine Vorschlagsliste<br />

mit potenziellen Gläubigerausschussmitgliedern<br />

mit. Gegebenenfalls benennt er dem Gericht sogar<br />

schon konkrete Personen, die sich bereit erklärt haben,<br />

als Mitglieder am vorläufigen Gläubigerausschuss mitzuwirken<br />

(belegt durch entsprechende schriftliche<br />

Einverständniserklärungen). Dabei sollte der Insolvenzschuldner<br />

darauf achten, dass der vorläufige<br />

Gläubigerausschuss auch repräsentativ ausgesucht<br />

wird, d. h., den gesetzlichen Vorgaben entsprechend<br />

vorgeschlagen wird. Einzelheiten ergeben sich bekanntermaßen<br />

aus § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a InsO i.V.m. § 67<br />

Abs.2 InsO. Auch hier kann es die Schwierigkeit geben,<br />

dass mancher angesprochene und prädestinierte Gläubiger<br />

nicht im Gläubigerausschuss mitwirken will. Hier<br />

spielen häufig zeitliche Gründe (so zeigt die Erfahrung,<br />

dass die zuständigen Mitarbeiter von Großbanken erst<br />

ab gewissen Größenordnungen tätig werden) und mögliche<br />

Haftungsrisiken eine Rolle. Eine Mitwirkungsablehnung<br />

muss dem Gericht im Zweifel durch eine<br />

entsprechende Erklärung belegt werden und lässt sich<br />

im Vorgespräch erörtern.<br />

• Person des vorläufigen Sachwalters:<br />

Der Schuldner kann dem Gericht bei Beantragung eines<br />

Schutzschirmverfahrens einen vorläufigen Sachwalter vorschlagen.<br />

Von diesem Vorschlag darf das Gericht nur abweichen,<br />

wenn der vorläufige Sachwalter aus Sicht des<br />

Gerichtes offensichtlich ungeeignet ist (siehe § 270b Abs. 2<br />

Satz 2 InsO). Das liegt vor, wenn es ihm an der erforderlichen<br />

Unabhängigkeit fehlt. Im Übrigen empfiehlt es sich,<br />

mit dem Gericht eine vertrauensvolle Abstimmung im<br />

Hinblick auf die Person des vorläufigen Sachwalters herbeizuführen.<br />

Bei einem vorläufigen Sachwalter, den das<br />

Gericht nicht kennt oder anerkennt, wird zunächst einmal<br />

Skepsis vorherrschen und das Gericht wird umfangreiche<br />

Erkundigungen über die Person des Vorgeschlagenen<br />

durchführen. Viel sinnvoller ist es, einen Sachwalter vorzuschlagen,<br />

der bei diesem Gericht gelistet und regelmäßig<br />

dort bestellt wird. Diese Abstimmungsarbeit mit<br />

dem Gericht gilt es auch in einem Verfahren nach § 270a<br />

InsO zu leisten, wenn ein einstimmiger Vorschlag des vorläufigen<br />

Gläubigerausschusses zur Person des vorläufigen<br />

Sachwalters vorliegt (siehe §§ 270a Abs. 1 Satz 2, 274<br />

Abs. 1, 56a Abs. 2 InsO).<br />

• Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO:<br />

Mit dem Eröffnungsantrag ist beim Schutzschirmverfahren<br />

nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO eine mit Gründen versehene<br />

Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen<br />

Berufsträgers vorzulegen (siehe dazu den Beitrag auf<br />

Seite 27). Das Gericht hat insoweit nicht nur in Bezug auf<br />

die Qualifikation des Bescheinigers ein Prüfungsrecht,<br />

sondern auch in Bezug auf den Inhalt der Bescheinigung.<br />

Möglicherweise wird das Gericht auf dem Standpunkt<br />

stehen, dass diese Bescheinigung von einem fachkundigen<br />

Dritten auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen<br />

ist, wenn es selbst nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse<br />

verfügt. Um hier Zeitverluste zu vermeiden, die<br />

den Erfolg des Schutzschirmverfahrens gefährden könnten,<br />

empfiehlt es sich, bereits im Vorfeld mit dem Gericht<br />

zu klären, welche Person oder Stelle diese Bescheinigung<br />

prüfen könnte. Bei einer solchen Vorgehensweise kann<br />

der Insolvenzrichter noch am Tag der Antragstellung den<br />

Auftrag zur Prüfung der Bescheinigung in Auftrag geben.<br />

Das wird aber zu Verzögerungen führen. Die Entscheidung<br />

des Gerichtes über die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens<br />

kann sich dann bis zu einer Woche hinauszögern.<br />

In dieser Zeit können möglicherweise dann weder Waren<br />

und Dienstleistungen bestellt, noch produziert und über<br />

Zahlungseingänge verfügt werden.<br />

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sonderausgabe newsletter 2013<br />

Die Durchsetzung der vorläufigen Eigenverwaltung<br />

in der Praxis<br />

RA Dr. Jasper Stahlschmidt, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Für eine erfolgreiche Durchführung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens (§ 270a InsO) ist es im Hinblick<br />

auf die Außenwirkung gegenüber den Vertragspartnern immens wichtig, dass das schuldnerische Unternehmen<br />

– und nicht etwa der vorläufige Sachwalter – im Eröffnungsverfahren ermächtigt wird, Masseverbindlichkeiten zu<br />

begründen. Weiterhin ist das Insolvenzgericht an einen einstimmigen die Eigenverwaltung unterstützenden Beschluss<br />

und einen einstimmigen Vorschlag über die Person des vorläufigen Sachwalters durch den vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss gebunden. Die vorliegenden zwei Verfahren, bei denen Buchalik Brömmekamp beratend tätig<br />

war, zeigen auf, dass sich einige Insolvenzrichter mit diesen ESUG-spezifischen Neuerungen (noch) schwertun.<br />

Nur bei professioneller Beratung mit entsprechender konsequenter Herangehensweise können diese wichtigen<br />

Aspekte auch durchgesetzt werden.<br />

1. ESUG-Verfahren beim AG Duisburg<br />

Buchalik Brömmekamp hat im Oktober 2012 für ein Bauunternehmen<br />

beim Insolvenzgericht Duisburg einen Insolvenzantrag<br />

zur Einleitung eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens<br />

gemäß § 270a InsO gestellt. Verbunden<br />

damit war ein Antrag auf Ermächtigung zur Begründung von<br />

Masseverbindlichkeiten. Hierfür wurde eine umfangreiche<br />

Einzelaufstellung von künftigen Masseverbindlichkeiten unter<br />

Angabe des möglichen Eurobetrages eingereicht.<br />

Obwohl ein vorab gerichtlich eingesetzter Sachverständiger<br />

die Begründung der angegebenen Masseverbindlichkeiten<br />

befürwortet hat, hat das Insolvenzgericht nicht etwa das<br />

schuldnerische Unternehmen – so wie beantragt –, sondern<br />

den eingesetzten vorläufigen Sachwalter ermächtigt, diese<br />

Masseverbindlichkeiten zu begründen. Dies führte in der<br />

praktischen Umsetzung zu erheblichen Problemen. Der vorläufige<br />

Sachwalter sah sich in der schwierigen Situation,<br />

dass er nunmehr für die Masseverbindlichkeiten haftete, aber<br />

auf der anderen Seite nicht dazu ermächtigt war, Forderungen<br />

einzuziehen. Im Außenverhältnis musste das Unternehmen<br />

nunmehr gegenüber den Neugläubigern jedes neue<br />

Vertragsverhältnis vom vorläufigen Sachwalter unterzeichnen<br />

lassen. Das widerspricht der Idee des Gesetzgebers, bei<br />

der Eigenverwaltung die Geschäftsführungsbefugnisse beim<br />

Unternehmen zu belassen und nicht etwa auf den vorläufigen<br />

Sachwalter zu übertragen. Dementsprechend wurde innerhalb<br />

einer Woche beim AG Duisburg sofortige Beschwerde<br />

eingereicht, der nicht abgeholfen wurde. Dagegen hat dann<br />

das Landgericht Duisburg auf die sofortige Beschwerde<br />

den Beschluss des Insolvenzgerichtes antragsgemäß abgeändert<br />

und das schuldnerische Unternehmen ermächtigt,<br />

Masseverbindlichkeiten zu begründen. In der Entscheidung<br />

hat das Landgericht in deutlichen Worten zum Ausdruck gebracht,<br />

dass nur dies der Gesetzessystematik und dem Sinn<br />

und Zweck der Eigenverwaltung entspreche (siehe hierzu<br />

auch den Beitrag auf S. 36).<br />

2. ESUG-Verfahren beim AG Kleve<br />

Bei anderen ESUG-Verfahren, die Buchalik Brömmekamp für<br />

zwei Unternehmen beim Amtsgericht Kleve beantragte, weigerten<br />

sich die Insolvenzrichter, bereits im Vorfeld der<br />

Antragstellung ein Vorgespräch mit den Beratern zu führen.<br />

In diesem Gespräch sollten die Richter vorab über die Insolvenzanträge<br />

und deren Inhalt informiert werden, um eine<br />

nach Antragsstellung kurzfristige Anordnung der vorläufigen<br />

Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO zu ermöglichen. Ein<br />

solches Vorgespräch war jedoch beim dortigen Gericht weder<br />

telefonisch noch nach persönlicher Anwesenheit vor Ort<br />

möglich. So verwiesen die Richter darauf, dass sich die gerichtsinterne<br />

Zuständigkeit nach den Eingangsendziffern<br />

richte und somit in dem vorliegenden Fall noch nicht klar<br />

sei, welcher Richter überhaupt am Tag der eigentlichen Antragstellung<br />

zuständig sei. Der Vorschlag, dann mit den drei<br />

in Betracht kommenden Insolvenzrichtern zusammen ein<br />

Gespräch zu führen, wurde abgelehnt. Der nachhaltige Hinweis,<br />

dass lediglich mögliche Vorfragen durch Besprechung<br />

der umfangreichen Antragsentwürfe geklärt werden sollten,<br />

half nicht. Am 30.11.2012, einem Freitag, war dann erst mit<br />

Einreichung der Insolvenzanträge ein persönliches Gespräch<br />

mit den beiden zuständigen Insolvenzrichtern möglich.<br />

Die Insolvenzanträge beinhalteten neben dem Antrag<br />

auf Anordnung der Eigenverwaltung und dem Antrag auf<br />

Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />

auch das Protokoll der Sitzung eines eingesetzten präsum­<br />

14


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tiven vorläufigen Gläubigerausschusses. In dieser Sitzung<br />

wurde einstimmig die (vorläufige) Eigenverwaltung befürwortet<br />

und einstimmig eine Person als (vorläufiger) Sachwalter<br />

vorgeschlagen, die beim Insolvenzgericht in Kleve<br />

auch auf der Vorauswahlliste gelistet war. Insgesamt umfassten<br />

die beiden Insolvenzanträge jeweils mehrere hundert<br />

Seiten. Es kam dann zu Ereignissen, die durch ein vorheriges<br />

Gespräch mit dem Gericht hätten vermieden werden<br />

können. Angesichts der insoweit unvorbereiteten Insolvenzrichter<br />

ist es erst am Donnerstag der darauffolgenden<br />

Woche, dem 06.12.2012, zur Beschlussfassung gekommen,<br />

nachdem vorher ein vorläufiger Gläubigerausschuss eingesetzt<br />

worden war. Hierdurch verzögerte sich die bereits<br />

organisierte Auszahlung des vorfinanzierten Insolvenzgeldes<br />

an die Arbeitnehmer, die deswegen schon angesichts<br />

der fehlenden Gehaltsauszahlung vor dem Insolvenzgericht<br />

demonstrieren wollten. Von einem Eilverfahren, wie es der<br />

Gesetzgeber beim Insolvenzantragsverfahren vorsieht,<br />

konnte hier nicht mehr gesprochen werden.<br />

Es kam jedoch nicht nur zu einer zeitlichen Verzögerung.<br />

Die Richter ordneten auch entgegen der beantragten (vorläufigen)<br />

Eigenverwaltung die vorläufige Insolvenz ­<br />

ver waltung an und bestellten eine andere Person als den<br />

vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalter zum vorläufigen<br />

Insolvenzverwalter. Die Geschäftsführung ist damit faktisch<br />

entmachtet worden. Hierzu kam es, weil ein vorher vom<br />

Gericht bestellter Sachverständiger in seinem sogenannten<br />

„Erstbericht“ indizielle und wertende Aussagen gegen eine<br />

(vorläufige) Eigenverwaltung aufführte. Die auf den Tag der<br />

Beschlussfassung vorbereitete konstituierende Sitzung des<br />

vorläufigen Gläubigerausschusses ist daraufhin angesichts<br />

der insoweit veränderten Sachlage auf den folgenden Tag<br />

verschoben worden. Innerhalb dieses Tages ist dann für die<br />

folgende Sitzung eine umfangreiche Stellungnahme zum<br />

sogenannten „Erstbericht“ des Gutachters und bestellten<br />

vorläufigen Insolvenzverwalters für den vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

vorbereitet worden. In der mehrstündigen<br />

Sitzung ist dann mit den anwesenden Beratern des Unternehmens<br />

und dem vorläufigen Insolvenzverwalter die<br />

Sachlage diskutiert worden. In der hat der vorläufige Gläubigerausschuss<br />

einstimmig nochmals die (vorläufige) Eigenverwaltung<br />

beschlossen und statt den vom Gericht eingesetzten<br />

vorläufigen Insolvenzverwalter den ursprünglich<br />

vorgeschlagenen (vorläufigen) Sachwalter gewählt. Erst<br />

daraufhin erfolgte die antragsgemäße Beschlussfassung<br />

durch das Insolvenzgericht, also die Anordnung der vorläufigen<br />

Eigenverwaltung und die Bestellung des vom<br />

vorläufigen Gläubigerausschuss vorgesehenen vorläufigen<br />

Sachwalters. Der vom Gericht bestellte vorläufige Insolvenzverwalter<br />

wurde abberufen.<br />

3. Professionelle Beratung ist wichtig<br />

Wenn sich ein Unternehmen entschließt, das Insolvenzverfahren<br />

unter (vorläufiger) Eigenverwaltung zu beantragen,<br />

ist hierfür eine professionelle Beratung erforderlich. Aus<br />

obigen Erfahrungen lassen sich drei Schlussfolgerungen<br />

ziehen:<br />

• Nur Spezialisten im <strong>Insolvenzrecht</strong> sind in der Lage, neben<br />

der umfangreichen Erstellung des Insolvenzantrages und<br />

dem Antrag auf Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung<br />

auch nach Einleitung des Verfahrens, die spezifischen<br />

Besonderheiten der Eigenverwaltung gegenüber<br />

dem Insolvenzgericht durchzusetzen.<br />

• Es ist eine entsprechende personelle Kapazität seitens<br />

der Berater erforderlich, denn die erforderlichen Rechtsmittel<br />

und Schriftsätze gegen Beschlüsse des Insolvenzgerichtes,<br />

die der Eigenverwaltung widersprechen, müssen<br />

gerade im Hinblick auf die Außenwirkung für das<br />

Unternehmen schnell eingereicht werden. Der zeitliche<br />

Faktor ist nicht zu unterschätzen.<br />

• Die juristischen Berater, die ein Unternehmen bei der Insolvenz<br />

in (vorläufiger) Eigenverwaltung begleiten, müssen<br />

vom Insolvenzgericht unabhängig sein. Rechtsanwälte,<br />

die auch vom selben Insolvenzgericht zum<br />

Insolvenzverwalter bestellt werden, stehen in einem<br />

Interessenkonflikt und werden im Hinblick auf künftige<br />

Bestellungen durch das Insolvenzgericht nicht mit der<br />

notwendigen Konsequenz gegen antragswidrige Beschlüsse<br />

der Insolvenzrichter vorgehen.<br />

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sonderausgabe newsletter 2013<br />

Der Ablauf des Schutzschirmverfahrens<br />

RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />

Das Schutzschirmverfahren nach § 270b InsO eröffnet neben der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a<br />

InsO neue Sanierungsmöglichkeiten. Es birgt aber für alle Beteiligten erhebliche Gefahren, wenn zu leicht fertig<br />

damit umgegangen wird. Den Gerichten kommt daher eine Schlüsselfunktion zu, um die Spreu vom Weizen zu<br />

trennen. Das Verfahren selbst ist aufwendiger und kostenintensiver als eine vorläufige Eigenverwaltung und<br />

kann deutlich einfacher scheitern als ein Verfahren nach § 270a InsO.<br />

Ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig, scheidet<br />

das Schutzschirmverfahren von vornherein aus. Nach<br />

§ 270b Abs. 1 Satz 1 InsO kann das Schutzschirmverfahren<br />

nur bei Vorliegen von drohender Zahlungsunfähigkeit und/<br />

oder Überschuldung durchgeführt werden (vgl. Übersicht<br />

Punkte 1. und 2. in Abbildung auf S. 18).<br />

Der Erfolg des Schutzschirmverfahrens hängt vor allem<br />

von der professionellen Vorbereitung ab. Dazu ist auch die<br />

Erarbeitung eines operativen Restrukturierungskonzeptes<br />

erforderlich (vgl. Übersicht Punkt 3. und den Beitrag auf<br />

S. 34). Nur wenn die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit<br />

wiederhergestellt werden kann, macht ein Schutzschirmverfahren<br />

auch Sinn. Antragsvoraussetzung für ein Schutzschirmverfahren<br />

ist die Vorlage einer mit Gründen versehenen<br />

Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen<br />

Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwaltes,<br />

die dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beizufügen<br />

ist. Aus dieser Bescheinigung muss sich ergeben,<br />

dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung,<br />

nicht aber Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte<br />

Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. In diesem<br />

Zusammenhang sind eine Vielzahl von Fragen ungeklärt,<br />

z. B. ob es zulässig ist, ob Sanierungsberater und<br />

Bescheiniger personenidentisch sein dürfen, welche inhaltlichen<br />

Anforderungen an die Bescheinigung zu stellen<br />

sind und ob beispielsweise anstelle der genannten<br />

Berufsträger auch andere Personen vergleichbarer Qualifikation<br />

als Bescheiniger in Betracht kommen. Die Gerichte<br />

haben diese Fragen bislang sehr unterschiedlich beantwortet.<br />

Die falsche Entscheidung seitens des Beraters<br />

kann zum Scheitern des ganzen Verfahrens führen. Einerseits<br />

ist deshalb erforderlich, die sicherste Variante zu<br />

wählen, andererseits ist eine frühzeitige Abstimmung mit<br />

dem Insolvenzgericht im Hinblick auf die o. g. Fragen unerlässlich,<br />

um ein Scheitern oder auch eine erhebliche<br />

Verzögerung des Verfahrens zu verhindern. Im Übrigen<br />

darf nicht übersehen werden, dass mit der Bescheinigung<br />

erhebliche zusätzliche Kosten ausgelöst werden und ein<br />

zeitlicher Zusatzaufwand notwendig wird. Geht man den<br />

sicheren Weg und lässt die Bescheinigung von einem<br />

Dritten und nicht dem Sanierungsberater er stellen, fallen<br />

zusätzliche Kosten und wahrscheinlich mindestens eine<br />

Woche zusätzlicher zeitlicher Aufwand an, denn der Dritte<br />

muss sich ja in das Thema einarbeiten.<br />

Liegt ein Sanierungskonzept vor und ist es trotz aller<br />

Schwierigkeiten gelungen, die Bescheinigung in Abstimmung<br />

mit dem Insolvenzgericht inhaltlich richtig und auch<br />

durch den richtigen Bescheiniger zu erstellen, müssen für<br />

die Einleitung des Schutzschirmverfahrens nach § 270b<br />

Abs. 1 InsO dem Gericht zumindest folgende drei Anträge<br />

vorgelegt werden:<br />

1. Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen<br />

drohender Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung<br />

(vgl. Übersicht Punkt 4.),<br />

2. Antrag auf Eigenverwaltung (vgl. Übersicht Punkt 5.)<br />

und<br />

3. Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines<br />

Insolvenzplans (vgl. Übersicht Punkt 7.).<br />

Mit dem Eröffnungsantrag legt der Insolvenzschuldner die<br />

zuvor angesprochene Bescheinigung gemäß § 270b Abs. 1<br />

Satz 3 InsO vor, die das Gericht auch im Falle der Vorabstimmung<br />

formell und materiell zu prüfen hat (vgl. Übersicht<br />

Punkt 6.). Im Hinblick auf die Prüfungspflicht des<br />

Gerichtes geht keine wertvolle Zeit verloren, wenn es im<br />

Vorfeld schon zu einem ausreichenden Abstimmungsprozess<br />

zwischen Gericht und Berater gekommen ist. Dabei<br />

sollte festgelegt werden, ob das Gericht die Bescheinigung<br />

selbst prüft oder von einem Dritten prüfen lässt.<br />

Letzteres kann auch schon vor Antragstellung erfolgen,<br />

wenn das Gericht mitzieht, was aber nicht unbedingt einfach<br />

sein wird. Wahrscheinlich wird es auf eine zusätzliche<br />

Prüfung seitens eines Dritten verzichten, wenn Sanierungsberater<br />

und Bescheiniger nicht identisch sind. Aber<br />

auch das gilt es, vorher zu erfragen.<br />

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Mit dem Eröffnungsantrag kann ein Antrag und/oder die<br />

Anregung auf Anordnung vorläufiger Sicherungsmaß nahmen<br />

nach §§ 270b Abs. 2 Satz 3, 21 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 1a, 3<br />

bis 5 InsO verbunden sein (vgl. Übersicht Punkt 8.). Auf diese<br />

Weise kann u. a. sichergestellt werden, dass die Fortführung<br />

des Unternehmens unter dem Schutzschirm nicht<br />

durch Verwertungs- und Zwangsvoll streckungsmaßnahmen<br />

seitens einzelner Gläubiger gefährdet wird.<br />

Im Schutzschirmverfahren ist der Schuldner berechtigt,<br />

einen eigenen Vorschlag zur Person des (vorläufigen)<br />

Sachwalters zu unterbreiten (vgl. Übersicht Punkt 9.). Zwar<br />

darf das Gericht von diesem Vorschlag des Schuldners nur<br />

abweichen, wenn der vorläufige Sachwalter aus Sicht des<br />

Gerichtes offensichtlich ungeeignet ist. Nichteignung liegt<br />

vor, wenn es an der notwendigen Unabhängigkeit fehlt.<br />

Eine abweichende Entscheidung durch das Gericht ist eine<br />

nicht justiziable Ermessensentscheidung, die lediglich zu<br />

begründen ist (vgl. § 270b Abs. 2 Satz 2 InsO). Eine vor<br />

Antragstellung mit dem Gericht erfolgte Abstimmung verhindert,<br />

dass es über diese Fragestellung überhaupt zu<br />

einer Diskussion kommt.<br />

Gegebenenfalls wird der Schuldner mit seinem Eröffnungsantrag<br />

auch einen Antrag auf Einsetzung eines vorläufigen<br />

Gläubigerausschusses gemäß § 22a Abs. 2 InsO<br />

stellen (vgl. Übersicht Punkt 10.). Diesem Antrag nach<br />

§ 22a Abs. 2 InsO soll das Gericht stattgeben, wenn dem<br />

Gericht Personen benannt werden, die als Mitglieder des<br />

vorläufigen Gläubigerausschusses in Betracht kommen<br />

und deren Einverständniserklärungen dem Antrag beigefügt<br />

sind. Empfehlenswert ist es, dass sich schon vor Antragstellung<br />

ein vorläufiger Gläubigerausschuss gebildet<br />

hat. Der Insolvenzschuldner sollte dem Gericht die Personen<br />

dieses Gremiums vorstellen (vgl. hierzu auch den<br />

Beitrag auf S. 8).<br />

Sofern die Voraussetzungen des § 270b Abs. 1 und 2 InsO<br />

vorliegen (vgl. Übersicht Punkte 11., 12., 13.), erlässt das<br />

Gericht im Insolvenzeröffnungsverfahren einen Beschluss<br />

mit folgenden Anordnungen:<br />

• Bestellung eines vorläufigen Sachwalters, § 270b Abs. 2<br />

Satz 1 i.V.m. § 270a Abs. 1 Satz 2 InsO (vgl. Übersicht<br />

Punkte 9. und 13.),<br />

• Bestimmung einer Frist zur Vorlage des Insolvenzplanes,<br />

§ 270b Abs. 1 Sätze 1 und 2 InsO (vgl. Übersicht Punkte<br />

7. und 13.),<br />

• ggf. Anordnung von vorläufigen Maßnahmen, § 270b<br />

Abs. 2 Satz 3 InsO (vgl. Übersicht Punkte 8. und 13.) und<br />

• ggf. Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

(vgl. Übersicht Punkte 10. und 13.).<br />

Vom Gesetzgeber offengelassen wurde, ob dieser Beschluss<br />

zu veröffentlichen ist. Derzeit geht die Praxis davon<br />

aus, dass es nicht zu einer Veröffentlichung kommt,<br />

was insbesondere dann, wenn das Schutzschirmverfahren<br />

zur Disziplinierung von Gläubigern eingesetzt wird, von<br />

großem Vorteil ist.<br />

Da der Schuldner verwaltungs- und verfügungsbefugt<br />

bleibt, beschränkt sich die Rolle des vorläufigen Sachwalters<br />

darauf, vorrangig die wirtschaftliche Lage des Schuldners<br />

zu prüfen und die Geschäftsführung sowie die Ausgaben<br />

für die Lebensführung des Schuldners zu überwachen,<br />

vgl. § 270b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 270a Abs. 1 Satz 2, 274<br />

Abs. 2 InsO (vgl. Übersicht Punkt 18.).<br />

Der vorläufige Sachwalter wird zudem vom Gericht in der<br />

Regel zusätzlich als Sachverständiger beauftragt zu prüfen,<br />

ob das Vermögen des Schuldners die Kosten des Verfahrens<br />

decken wird (vgl. Übersicht Punkt 19.).<br />

Eine wesentliche Stärkung erfährt das Schutzschirmverfahren<br />

durch die Befugnis des Schuldners, Masseverbindlichkeiten<br />

begründen zu können. Das Insolvenzgericht hat nach<br />

§ 270b Abs. 3 InsO ohne jede Prüfungsbefugnis dem<br />

Schuldner eine unbeschränkte Masseverbindlich keiten-<br />

Begründungskompetenz auf dessen Antrag hin einzuräumen.<br />

Der Gesetzgeber begründet diesen Schritt damit, dass<br />

es gerade in der kritischen Phase des Eröffnungsverfahrens<br />

geboten wäre, das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen,<br />

da deren Mitwirkung für die Betriebsfortführung unerlässlich<br />

sei (vgl. Übersicht Punkt 16.a). Allerdings sollte in der<br />

Praxis darauf geachtet werden, dass von dieser Kompetenz<br />

nicht uneingeschränkt Gebrauch gemacht wird, denn es<br />

sollen ja nicht unbedingt alle Neuverbindlichkeiten auch<br />

Masseverbindlichkeiten sein. So wird zwar die Umsatzsteuer<br />

zwischen Antragstellung und Eröffnung gezahlt, nach<br />

Eröffnung aber im Wege der Anfechtung vom Finanzamt<br />

wieder zurückgeholt. Das ist nicht möglich, wenn sich der<br />

Schuldner uneingeschränkte Kompetenz zur Eingehung von<br />

Masseverbindlichkeiten hat einräumen lassen, denn dann<br />

sind alle von ihm eingegangenen Verbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten.<br />

Aus diesem Grunde muss er sich jeweils Einzelermächtigungen<br />

vom Gericht zur Eingehung ganz bestimmter Masseverbindlichkeiten<br />

geben lassen. Diese Einzelermächtigung wird<br />

er auch erhalten, weil sie ein Minus zur Generalermächtigung<br />

darstellt. Das Verfahren ist zwar deutlich aufwendiger,<br />

dem Unternehmen steht jedoch am Ende des Verfahrens<br />

deutlich mehr Liquidität zur Verfügung. Damit steigen die<br />

Sanierungsaussichten erheblich.<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Auch die Regelungen der §§ 183 ff. SGB III zum Insolvenzgeld<br />

finden auf das Schutzschirmverfahren Anwendung,<br />

weil es ein Insolvenzeröffnungsverfahren ist (vgl. Übersicht<br />

Punkt 16.b). Durch das Insolvenzgeld (§§ 183 ff.<br />

SGB III) hat der Gesetzgeber ein wirksames Mittel zur<br />

Liquiditätsschöpfung geschaffen, welches die Betriebsfortführung<br />

im Eröffnungsverfahren sichert. In der Praxis<br />

ist die Insolvenzgeldvorfinanzierung üblich.<br />

Aus § 55 Abs. 3 InsO wird ersichtlich, dass die Ansprüche<br />

der Bundesagentur für Arbeit wegen der Zahlung von Insolvenzgeld<br />

immer Insolvenzforderungen sind, insbesondere,<br />

wenn ein starker vorläufiger Verwalter die Arbeitsleistung<br />

in Anspruch genommen hat. Nichts anderes kann<br />

im Schutzschirmverfahren gelten, zumal auch hier – wie<br />

im Regelinsolvenzverfahren – der Sinn und Zweck die Betriebsfortführung<br />

in der Insolvenz ist. Eine verbindliche<br />

Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit zu dieser<br />

Thematik liegt zwischenzeitlich vor. Darin wird in Abstimmung<br />

mit dem Bundesministerium der Justiz bestätigt,<br />

dass der § 55 Abs. 3 InsO auch im Schutzschirmverfahren<br />

Anwendung findet.<br />

Tritt während des laufenden Schutzschirmverfahrens Zahlungsunfähigkeit<br />

ein, ist dies nach der gesetzlichen Regelung<br />

kein Grund mehr, das Schutzschirmverfahren vorzeitig<br />

aufzuheben. Maßgeblich ist nur, dass zum Zeitpunkt der<br />

Stellung des Eröffnungsantrages noch keine Zahlungsunfähigkeit<br />

vorliegt, vgl. § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO. Allerdings<br />

ist die Zahlungsfähigkeit während des Schutzschirmverfahrens<br />

mindestens alle zwei Wochen zu prüfen und bei<br />

Eintritt dem Gericht anzuzeigen, ohne dass dies unmittelbaren<br />

Einfluss auf das Verfahren hat. Jedoch ist nicht zu<br />

verkennen, dass dies ein Negativaspekt ist, der auch an<br />

den vorläufigen Gläubigerausschuss zu kommunizieren ist.<br />

Ob dadurch das Verfahren u. U. gefährdet wird, muss die<br />

Praxis zeigen.<br />

Unter der Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters, den er<br />

selbst vorgeschlagen hat, und frei von Vollstreckungsmaßnahmen<br />

hat der Schuldner nun die Möglichkeit, innerhalb<br />

der gesetzten Frist einen Sanierungsplan auszuarbeiten,<br />

der ab Eröffnung als Insolvenzplan umgesetzt werden kann<br />

(vgl. Übersicht Punkte 15., 16.c, 17.).<br />

Ablauf des Schutzschirmverfahrens<br />

(Aufgabenteilung zwischen Schuldner – Gericht – vorläufigem Sachwalter)<br />

Voraussetzungen<br />

(Schuldner)<br />

Vorbereitung<br />

(Schuldner)<br />

Schutzschirmverfahren/Eröffnungsverfahren<br />

(Gericht – vorläufiger Sachwalter)<br />

Schuldner Gericht Schuldner<br />

1. Drohende Zahlungsunfähigkeit<br />

und/oder<br />

2. Überschuldung (kein Schutzschirm<br />

bei Zahlungsunfähigkeit vor<br />

Antragstellung)<br />

3. Erarbeitung eines operativen<br />

Restruktu rierungskonzeptes<br />

4. Antrag auf Eröffnung des<br />

Insolvenzverfahrens<br />

5. Antrag auf Eigenverwaltung<br />

6. Bescheinigung nach § 270b I 3<br />

7. Antrag auf Frist zur Vorlage<br />

des Insolvenzplanes (max. 3 Monate)<br />

8. Ggf. Antrag/Anregung vorläufiger<br />

Maßnahmen nach § 21 I, II<br />

9. Vorschlag für die Person eines<br />

vorläufigen Sach walters<br />

10. Ggf. Antrag auf Einsetzung eines<br />

vorläufigen Gläubigerausschusses,<br />

§ 22a II<br />

11. Prüfung der Insolvenzgründe,<br />

insbesondere Nichtvorliegen von<br />

Zahlungsunfähigkeit<br />

12. Prüfung der Bescheinigung nach<br />

§ 270b I 3 InsO<br />

13. Prüfung der Anträge<br />

und ggf. Beschluss zu den<br />

Punkten 4., 5., 7., 8., 9. und 10.<br />

14. Veröffentlichung (Punkte zu 13.)<br />

15. Ausarbeitung des<br />

Insolvenzplans<br />

16. Operative Betriebs fortführung,<br />

insbeson dere<br />

a) Vereinbarungen mit allen<br />

Stakeholdern<br />

b) Koordination Insolvenzgeld bzw.<br />

Insolvenzgeld vorfinanzierung<br />

c) Umsetzung des operativen<br />

Restrukturierungs konzeptes<br />

17. Fristgerechte Vorlage des<br />

Insolvenzplans<br />

Sachwalter<br />

18. Überwachung des<br />

Schuldners durch vorläufigen<br />

Sachwalter<br />

19. Vorlage des Gutachtens durch<br />

vorläufigen Sachwalter,<br />

insb. zur Frage der Deckung der<br />

Kosten des Verfahrens<br />

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Schutzschirmverfahren versus vorläufige<br />

Eigenverwaltung oder „Wie erkläre ich es meinen<br />

Gläubigern“<br />

RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />

Vonseiten der Schuldner wird regelmäßig die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens gewünscht, was darauf<br />

zurückzuführen ist, dass das ESUG in der Wirtschaft unmittelbar mit diesem Begriff identifiziert wird. Das vorläufige<br />

Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a InsO ist dagegen kaum bekannt. Hintergrund des Wunsches nach<br />

einem Schutzschirmverfahren ist die Begrifflichkeit, denn damit wird dem öffentlichen Rechtsverkehr nach außen<br />

suggeriert, dass sich das Unternehmen nicht in einem Insolvenzverfahren befinde, sondern in einem speziellen<br />

Sanierungsverfahren. Dabei sind die Vorteile des Schutzschirmverfahrens gegenüber einem Verfahren nach § 270a<br />

InsO begrenzt, die Nachteile aber nicht zu vernachlässigen.<br />

Schutzschirm nach § 270b InsO oder vorläufige<br />

Eigenverwaltung nach § 270a InsO<br />

Das Schutzschirmverfahren ist in erster Linie ein eigenständiges<br />

Sanierungsverfahren unter Insolvenzschutz.<br />

Gleichzeitig ist es auch ein Insolvenzeröffnungsverfahren im<br />

klassischen Sinne, da ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens<br />

gestellt wird. Das ist zwingend notwendig,<br />

da ansonsten der angestrebte Schutz des gerichtlichen Verfahrens<br />

nicht erreicht werden kann. Mit dem Schutzschirmverfahren<br />

nach § 270b InsO wird Personen und Unternehmen<br />

erstmals ein Verfahren zur Verfügung gestellt, bei dem<br />

der Schuldner frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung<br />

einen Sanierungsplan ausarbeiten kann.<br />

Ziel und Wege des Schutzschirmverfahrens<br />

Ein Schutzschirmverfahren macht insbesondere dann Sinn,<br />

wenn es unter dem Schutzschirm gelingen sollte, sich mit<br />

den Gläubigern auf ein Sanierungskonzept zu einigen und<br />

das Insolvenzgeld keine so große Rolle spielt. Hintergrund<br />

für ein Schutzschirmverfahren kann auch die Disziplinierung<br />

von Gläubigern, insbesondere von Nachranggläubigern, sein.<br />

Auch beim Schutzschirmverfahren handelt es sich faktisch<br />

um eine vorläufige Eigenverwaltung, das allerdings nur unter<br />

erhöhten Anforderungen angeordnet wird, dafür aber dem<br />

Insolvenzschuldner weitergehende Rechte einräumt. Gemeinsamkeiten<br />

beider Verfahren sind die Bestellung eines<br />

vorläufigen Sachwalters und das Verbleiben der Verwaltungs-<br />

und Verfügungsbefugnis beim Insolvenzschuldner.<br />

Beim Schutzschirmverfahren muss das Gericht dem Schuldner<br />

auf Antrag die Befugnis zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten<br />

in unbegrenztem Umfang einräumen (siehe<br />

§ 270b Abs. 3 Satz 1 InsO). Beim Verfahren nach § 270a InsO<br />

ist das nur bei Einholung entsprechender Einzelermächtigungen<br />

im Voraus durch das Gericht zulässig, die Praxis behilft<br />

sich insoweit mit vom Gericht zu erteilenden Gruppen- bzw.<br />

Projektermächtigungen, innerhalb derer das Eingehen von<br />

Masseverbindlichkeiten zulässig ist. Während beim Schutzschirmverfahren<br />

dem Schuldner auf Antrag Vollstreckungsschutz<br />

zu gewähren ist (vgl. § 270b Abs. 2 Satz 3 InsO), wird<br />

das Gericht einem solchen Ansinnen im §‐270a-Verfahren<br />

im Regelfall (jedenfalls bei schlüssiger Begründung) folgen,<br />

muss dies aber nicht. Beim Schutzschirmverfahren hat der<br />

Insolvenzschuldner ein eigenes Vorschlagsrecht im Hinblick<br />

auf die Person des vorläufigen Sachwalters (vgl. § 270b Abs.<br />

2 Satz 2 InsO), nicht so beim Verfahren nach § 270a InsO.<br />

Allerdings kann er bei Vorlage eines einstimmigen Beschlusses<br />

des vorläufigen Gläubigerausschusses das Gericht in<br />

gleicher Weise dazu „verpflichten“, den vom vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss und damit im Regelfall von ihm selbst<br />

gewollten vorläufigen Sachwalter zu bestellen (vgl. §§ 270a<br />

Abs. 1 Satz 2, 274 Abs. 1, 56a Abs. 2 Satz 1 InsO). Der<br />

Schuldner sollte das Verfahren so vorbereiten, dass er den<br />

vorläufigen Sachwalter mit aussucht, mit diesem Vorgespräche<br />

führt und diesen dem vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

vorschlägt. Bei guter Argumentation ist die Zustimmung des<br />

Ausschusses sehr wahrscheinlich.<br />

Hohe Anforderungen an ein Schutzschirmverfahren<br />

Die weitergehenden Rechte des Insolvenzschuldners im<br />

Schutzschirmverfahren führen zu deutlich höheren Anforderungen<br />

an die Anordnung durch das Insolvenzgericht. So<br />

hängt die Anordnung insbesondere von der Vorlage einer mit<br />

Gründen versehenen Bescheinigung eines in Insolvenz­<br />

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sonderausgabe newsletter 2013<br />

sachen erfahrenen Berufsträgers ab. Aus der Bescheinigung<br />

muss sich ergeben, dass zwar drohende Zahlungsunfähigkeit<br />

oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt<br />

und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos<br />

ist (siehe dazu auch die Beiträge auf S. 16 und<br />

S. 27). Diese Bescheinigung kann im Einzelfall eine (zu) hohe<br />

Hürde sein, die bei einigen Verfahren schon zur Ablehnung<br />

der Anordnung eines Schutzschirmverfahrens durch das Insolvenzgericht<br />

geführt hat. Darüber hinaus kann die Verpflichtung<br />

zur Vorlage der Bescheinigung zu erheblichen<br />

Verfahrensver zögerungen führen. So hat das Amtsgericht<br />

München per Beschluss vom 29.03.2012 (Az.:1507 IN<br />

1125/12) die An ordnung des Schutzschirmverfahrens abgelehnt,<br />

weil Sanierungsberater und Bescheiniger personenidentisch<br />

waren. In gleicher Weise ist nicht auszuschließen,<br />

dass in Einzelfällen die Gerichte die Bescheinigung bei Insolvenzantragstellung<br />

von dritter Seite prüfen lassen. Diese Prüfung<br />

kann sich lange hinziehen. Bis dahin kommt es nicht zu<br />

einer gerichtlichen Beschlussfassung und damit zu erheblichen<br />

Störungen im geplanten Ablauf. Einfacher ist es daher,<br />

den Weg über den § 270a InsO zu wählen, der letztendlich<br />

– aber rechtssicherer – zum gleichen Ziel führt.<br />

Sanierung durch Schutzschirmverfahren bei<br />

Problemen mit der Einzelermächtigung im Verfahren<br />

nach § 270a InsO<br />

Die meisten Gerichte erteilen mittlerweile auch beim Verfahren<br />

nach § 270a InsO dem Insolvenzschuldner die Befugnis<br />

zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten (siehe dazu auch<br />

den Beitrag auf S. 36). Auch wenn es mit dem Gesetz und<br />

dem Willen des Gesetzgebers kaum vereinbar ist, weichen<br />

einzelne Gerichte (z. B. AG Fulda, AG Hamburg) hiervon dennoch<br />

ab und erteilen überhaupt keine Einzelermäch tigung<br />

oder erteilen sie nur dem vorläufigen Sachwalter. Zeichnet<br />

sich diese Konstellation ab, kann man im Einzelfall eine<br />

Masseverbindlichkeitenkompetenz des Schuldners dadurch<br />

erreichen, indem man – sofern die Voraus setzungen vorliegen<br />

sollten – auf die Beantragung eines Schutzschirmverfahrens<br />

ausweicht.<br />

sog. Insolvenzereignisse im Sinne des § 165 Abs. 1 SGB III.<br />

Treten sie verspätet ein, läuft der Vorfinanzierer Gefahr, mit<br />

einer Rate oder mehreren vorfinanzierten Raten auszufallen.<br />

Möglicherweise wird er deshalb im Schutzschirmverfahren<br />

nur einen Teil des Insolvenzgeldes vorfinanzieren. Damit<br />

kann dem Unternehmen dringend benötigte Liquidität fehlen.<br />

Ergebnis und Empfehlung<br />

Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass der Weg über<br />

§ 270a InsO das einfachere und zwischenzeitlich rechtssichere<br />

Verfahren ist. Deswegen sollten die Argumente genau<br />

abgewogen werden. Das angestrebte Ziel einer Sanierung<br />

durch Insolvenz in Eigenverwaltung wird auch im Verfahren<br />

nach § 270a InsO erreicht. Ein Schutzschirmverfahren sollte<br />

vor allem dann angestrebt werden, wenn das vorrangige Ziel<br />

die Sanierung und nicht die Eröffnung und Gewährung von<br />

Insolvenzgeld ist. Wird die Eröffnung angestrebt, so macht<br />

die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens nur eingeschränkt<br />

Sinn, denn spätestens mit der Eröffnung ist das<br />

nicht gewollte Wort „Insolvenz“ ohnehin zu verwenden. So<br />

leiten die Vorlagen der Justizverwaltung beim Schutzschirmverfahren<br />

den gerichtlichen Beschluss mit den Worten „In<br />

dem Insolvenzeröffnungsverfahren“ ein. Auch lassen sich die<br />

Lieferantengläubiger vom Begriff „Schutzschirmverfahren“<br />

nicht beeindrucken. Sollte sich das Gericht allerdings nicht<br />

bereit erklären, dem Insolvenzschuldner Einzelermächtigungen<br />

im Rahmen eines Verfahrens nach § 270a InsO zu<br />

erteilen, sollte nach Möglichkeit auf das Schutzschirmverfahren<br />

ausgewichen werden. Hier ist das Gericht verpflichtet,<br />

die Einzelermächtigung zu erteilen, weil es sogar eine Generalermächtigung<br />

zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten<br />

erteilen muss (siehe § 270b Abs. 3 S. 1 InsO).<br />

Schwierigere Vorfinanzierung von Insolvenzgeld<br />

Mit dem Schutzschirmverfahren können weitere Schwierigkeiten<br />

verbunden sein, wie z. B. eine erschwerte Insolvenzgeldvorfinanzierung.<br />

So steht bei vorzeitiger Beendigung<br />

durch den vorläufigen Gläubigerausschuss nicht fest, wann<br />

das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder ob es zu einer<br />

Nichteröffnung mangels Masse kommt. Beides sind jedoch<br />

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Eisengießerei Karlshütte hatte Mut zur Insolvenz<br />

RA Prof. Dr. Jochen Vogel, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und Kundenaufträge, die sich über Jahre von profitablen zu unprofitablen<br />

entwickelt hatten, brachten die Eisengießerei Karlshütte in eine wirtschaftliche Schieflage. Im April 2012 entschied<br />

sich der geschäftsführende Gesellschafter des Traditionsunternehmens, Karl-Heinrich Thiele, für den<br />

Weg über ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung. Sechs Monate später konnte das Insolvenzverfahren<br />

wieder aufgehoben werden. Dr. Jochen Vogel beschreibt die Tage eines Chief Restructuring Officer (CRO) vor<br />

der Antragstellung.<br />

Bereits im ersten Telefonat mit Karl-Heinrich Thiele wurde<br />

deutlich: Die Eisengießerei Karlshütte war im März 2012 an<br />

einen kritischen und existenzbedrohenden Punkt angekommen.<br />

Das Unternehmen befand sich in einer angespannten<br />

Liquiditätssituation, die sofortiges Handeln erforderte,<br />

wenn das Unternehmen die nächsten Wochen überstehen<br />

sollte. Unternehmenslenker Thiele hatte von einem Berater<br />

den Hinweis bekommen, dass das Beratungsunternehmen<br />

Buchalik Brömmekamp sich auf solche Krisenszenarien<br />

spezialisiert hat, und erwartete nun erste Handlungsalternativen.<br />

Analyse der Unternehmensdaten<br />

Das eiligst zusammengestellte Projektteam analysierte<br />

die ersten Unterlagen der Karlshütte, die die wirtschaftliche<br />

Gesamtsituation darstellten, und bezifferte grob<br />

den er forderlichen Liquiditätsbedarf der nächsten<br />

Wochen. Um einen umfassenden Einblick zu erhalten,<br />

wurde ein Tag später ein Restrukturierungs-Workshop<br />

mit dem geschäftsführenden Gesellschafter, seinen<br />

wichtigsten Mitarbeitern und einem Teil des Projektteams<br />

durchgeführt. In dem ganztägigen Workshop<br />

wurde nunmehr ein mehrseitiger Fragenkatalog intensiv<br />

durchgearbeitet.<br />

Kernelemente des Workshops waren:<br />

• Erhebung der Ist-Situation in den einzelnen Unternehmensbereichen<br />

(Einkauf, Produktion, Vertrieb, Logistik<br />

etc.) durch eine SWOT-Analyse (Stärken-Schwächen-<br />

Chancen-Risiken-Analyse) und Schaffung von Transparenz<br />

über die relevanten Parameter,<br />

• Abfrage des Eigenbildes aus den Blickwinkeln der verschiedenen<br />

Teilnehmer,<br />

• Erörterung von Perspektiven, Strategien und Zielen,<br />

• Bestimmung von möglichen Sanierungspotenzialen und<br />

Verbesserungen,<br />

• Diskussion von Gestaltungsalternativen und tendenziellen<br />

Lösungsansätzen sowie<br />

• Definition sowie Priorisierung von Handlungsfeldern und<br />

weiteren Schritten.<br />

Diese Vorgehensweise dient dazu, in möglichst kurzer Zeit<br />

eine Vielzahl von Schwachstellen, aber auch Verbesserungspotenzialen<br />

innerhalb des betroffenen Unternehmens<br />

zu identifizieren. Am Ende des Workshop-Tages konnte das<br />

Projektteam auf zahlreiche Informationen zugreifen.<br />

Produktionsexperte suchte nach Sanierungspotenzialen<br />

Die nächsten Tage dienten nunmehr dem Projektteam dazu,<br />

die gewonnenen qualitativen und quantitativen Informationen<br />

auszuwerten. Weitere rechtliche, betriebswirtschaftliche<br />

und operative Fragestellungen wurden erörtert und<br />

gelöst. Zur weiteren Analyse möglicher operativer Sanierungspotenziale<br />

wurde darüber hinaus ein Produktionsexperte<br />

der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />

beauftragt, sich einen ersten Überblick über die entsprechenden<br />

Produktionsanlagen und innerbetrieblichen Abläufe<br />

zu verschaffen. Hierfür wurden aufgrund der Kürze der Zeit<br />

nur zwei Tage angesetzt.<br />

Nur zwölf Tage nach dem ersten Kontakt durch den geschäftsführenden<br />

Gesellschafter waren die Unternehmensunterlagen<br />

soweit aufbereitet, dass verschiedene Szenarien<br />

einander gegenübergestellt werden konnten. Dabei handelt<br />

es sich um ein Going-Concern-Szenario, ein Liquidationsszenario<br />

sowie das Insolvenzplanszenario.<br />

Liquide Mittel fehlten<br />

Einen Tag später stellten Geschäftsführer Karl-Heinrich<br />

Thiele und Dr. Jochen Vogel der finanzierenden Hausbank<br />

die verschiedenen Handlungsalternativen vor. Schon in die­<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

sem Gespräch machte das Kreditinstitut deutlich, dass es<br />

keine weiteren liquiden Mittel bereitstellen würde. Andererseits<br />

lies die Bank erkennen, dass sie einem möglichen<br />

Sanierungsweg über eine (vorläufige) Eigenverwaltung<br />

positiv aufgeschlossen gegenüberstehen würde. Ebenso<br />

konnten auch die weiteren Gesellschafter kein weiteres<br />

Geld dem Unternehmen zur Verfügung stellen.<br />

Geschäftsführung und Gesellschafter verständigten sich<br />

darauf, nun unverzüglich einen Insolvenzantrag auf (vorläufige)<br />

Eigenverwaltung beim Amtsgericht Bielefeld zu stellen.<br />

Im Hintergrund hatten die Mitarbeiter des Projektteams<br />

die für die verschiedenen Handlungsalternativen<br />

notwendigen betriebswirtschaftlichen, juristischen und<br />

kommunikativen Unterlagen vorbereitet, darunter auch den<br />

Insolvenzantrag.<br />

Parallel waren weitere, ganz wesentliche Maßnahmen erfolgt,<br />

so<br />

• ein Vorgespräch mit dem zuständigen Gericht,<br />

• die Koordination und Einberufung eines präsumtiven vorläufigen<br />

Gläubigerausschusses,<br />

• die Durchführung einer Sitzung mit dem präsumtiven<br />

konstituierenden vorläufigen Gläubigerausschuss,<br />

• die Fertigstellung der entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen<br />

für die relevanten Stakeholder-Gruppen,<br />

• Auswahl des vorläufigen Sachwalters durch den vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss sowie<br />

• die Bestellung eines weiteren Geschäftsführers als<br />

Sanierungsgeschäftsführer (CRO).<br />

Problemlose Antragstellung<br />

16 Tage nach dem ersten Telefonat mit Geschäftsführer<br />

Thiele konnte der Antrag beim Amtsgericht eingereicht<br />

werden. Aufgrund der Vorgespräche mit der zuständigen<br />

Richterin, in dem der Sanierungsplan vorab erklärt wurde,<br />

erhielt die Karlshütte noch am selben Tag die Beschlüsse.<br />

In einer Mitarbeiterversammlung unter Teilnahme der örtlichen<br />

Gewerkschaft wurden die Sanierungsmaßnahmen<br />

und das weitere Vorgehen dargestellt.<br />

Zu dieser Veranstaltung konnten bereits die erforderlichen<br />

Erklärungen für die Insolvenzgeldvorfinanzierung unterzeichnet<br />

werden, sodass die fristgerechte Lohnzahlung für<br />

die nächsten drei Monate sichergestellt war. Besonders<br />

positiv wurde von den Mitarbeitern aufgenommen, dass<br />

sich die Unternehmensleitung zum Ziel gesetzt hatte, die<br />

Restrukturierung weitestgehend ohne Entlassung durchzuführen.<br />

Allerdings sollten die innerbetrieblichen Abläufe<br />

neu gestaltet und gestrafft werden.<br />

Anforderungen nach Antragstellung<br />

Nach der reibungslosen Antragstellung begann die eigentliche<br />

Arbeit von CRO Vogel. Hierzu zählten u. a.:<br />

• die Abstimmung mit dem vorläufigen Sachwalter zu Aufgaben<br />

und Abläufen (z. B. Buchungsbelege),<br />

• das Aufsetzen interner Prozesse für Insolvenzbuchhaltung,<br />

Tagesreporting, Zentralisierung von Einkaufsprozessen,<br />

• Verarbeitung der zur Antragstellung ermittelten Inventurergebnisse,<br />

• Erarbeitung einer Sitzungsroutine für den vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss,<br />

• Umsetzung der operativen Restrukturierungsmaßnahmen<br />

sowie<br />

• Beginn der Verhandlungen mit Banken und Lieferanten.<br />

Besonders zeitaufwendig gestalteten sich die persönlichen<br />

Besuche der wichtigsten Kunden und Lieferanten, um über<br />

den weiteren Ablauf zu informieren und um das Vertrauen<br />

in die Fortführung des Unternehmens zu werben.<br />

Gläubigerzustimmung bei 100 Prozent<br />

Der Erfolg der umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen<br />

zeigte sich bereits sechs Monate nach der Antragstellung,<br />

obwohl den meisten Beteiligten (Lieferanten, Kunden,<br />

Banken und Richter) die neuen Möglichkeiten der Insolvenzordnung<br />

völlig unbekannt waren. Dennoch hatten die<br />

Gläubiger dem Insolvenzplan Anfang September zu 100<br />

Prozent zugestimmt. Sie erhalten nun eine Quote von zehn<br />

Prozent und damit fast doppelt so viel, wie bei einer Regelinsolvenz<br />

üblich ist. Zur Beschleunigung trug vor allem die<br />

Möglichkeit der Eigenverwaltung bei. Das Amtsgericht<br />

Bielefeld hob das Insolvenzverfahren im Oktober auf. Damit<br />

ist dieses Verfahren eines der kürzesten Planverfahren in<br />

Deutschland, welches nach neuem Recht durchgeführt<br />

wurde. Chief Restructuring Officer Dr. Jochen Vogel verließ<br />

die Geschäftsführung der Eisengießerei Karlshütte mit der<br />

Aufhebung des Verfahrens. An seine Stelle trat der Kaufmann<br />

Volker Ahring, der die noch ausstehenden langfristigen<br />

Sanierungsmaßnahmen nun zu Ende führen wird.<br />

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Ich und der Schutzschirm – aus der Sicht eines<br />

Sanierungsgeschäftsführers<br />

Heinz-Peter Derrix-Belau, Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />

Die Praxis zeigt, dass seit dem Inkrafttreten des ESUG noch viele Lücken zu füllen sind. Heinz-Peter Derrix-Belau<br />

von der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung begleitete von Mai bis Oktober 2012 ein Handelsunternehmen<br />

mit knapp 100 Filialen als Chief Restructuring Officer (CRO) durch ein Schutzschirmverfahren.<br />

Nachstehend sein Erfahrungsbericht:<br />

Das Einzelhandelsunternehmen aus NRW war an Buchalik<br />

Brömmekamp herangetreten mit der Bitte um Erstellung<br />

und Umsetzung eines Sanierungskonzeptes. Alternativ sollten<br />

verschiedene Insolvenzszenarien gerechnet werden.<br />

Das Unternehmen befand sich zwar in einer Krise, hatte<br />

aber ausreichende Substanz, um eine Sanierung ohne<br />

Insolvenz möglich zu machen. Jedoch konnten die damit<br />

verbundenen Kosten weder durch den Gesellschafter aufgebracht<br />

werden, noch haben sich Banken zu einer weiteren<br />

Finanzierung bereit erklärt. Ein Insolvenzplanverfahren<br />

in Eigenverwaltung unter einem Schutzschirm musste<br />

deshalb in die Tat umgesetzt werden.<br />

Die Bescheinigung<br />

Voraussetzung für die Teilnahme am Schutzschirmverfahren<br />

war das Vorliegen einer bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit,<br />

was gemäß § 270b InsO Abs. 1 S. 3 InsO von einer in<br />

Insolvenzsachen erfahrenen Person zu bescheinigen war.<br />

Gleichzeitig musste in der Bescheinigung ausgeführt werden,<br />

dass die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos<br />

ist. Es stellte sich hierbei die Frage, ob der mandatierte<br />

Berater diese Bescheinigung selbst ausstellen konnte oder<br />

aber, ob dies durch einen Dritten zu erfolgen hat. Die neue<br />

Insolvenzordnung legt sich hierzu nicht fest. Der Bescheiniger<br />

hat lediglich gemäß § 270b Abs. 2 S. 1 InsO personenverschieden<br />

vom vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalter<br />

zu sein. Eine frühzeitige informelle Anfrage beim örtlich<br />

zuständigen Insolvenzgericht ohne Nennung des betroffenen<br />

Unternehmens mündete in der Empfehlung des Gerichtes,<br />

die Bescheinigung durch einen unabhängigen Dritten<br />

ausstellen zu lassen, um eigene zeitraubende Überprüfungen<br />

des Gerichtes in Bezug auf die Ordnungsgemäßheit der<br />

Bescheinigung zu vermeiden. Das Sanierungskonzept wurde<br />

deshalb einem Fachanwalt für <strong>Insolvenzrecht</strong> aus der Region<br />

zur Verfügung gestellt, das dieser überprüfte und zusammen<br />

mit Betriebswirten aus seiner Kanzlei dezidiert hinterfragte.<br />

Der Fachanwalt für <strong>Insolvenzrecht</strong> stellte auf dieser Grundlage<br />

die für das Schutzschirmverfahren erforderliche Bescheinigung<br />

im Sinne des § 270b Abs. 1 S. 3 InsO aus.<br />

Der vorläufige Gläubigerausschuss<br />

Gemäß § 22a Abs. 1 InsO ist bei nicht eingestelltem Geschäftsbetrieb<br />

ein vorläufiger Gläubigerausschuss zu bilden, wenn die<br />

Bilanzsumme 4,84 Mio. Euro erreicht, der Umsatz jenseits von<br />

9,68 Mio. Euro liegt und die Belegschaft aus mehr als 50 Arbeitnehmern<br />

besteht (es müssen mindestens zwei der drei<br />

Kriterien erfüllt sein). Im vorliegenden Fall waren sämtliche<br />

Merkmale erfüllt. Es wurde deshalb ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />

mit fünf Mitgliedern entsprechend der Vorgaben<br />

der §§ 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 1a, 67 Abs. 2 InsO gebildet. Wir konnten<br />

einen Lieferanten (absonderungsberechtigter Gläubiger),<br />

einen Kredit geber (Gläubiger mit der höchsten Forderung),<br />

einen Kleingläubiger und einen Arbeitnehmervertreter für diese<br />

Aufgabe gewinnen. Bedingt durch die vielen angemieteten<br />

Filialen wurde zusätzlich ein Vertreter für die Vermieter in den<br />

Ausschuss aufgenommen, was zu einer ungeraden Zahl von<br />

Mitgliedern führte und so Pattabstimmungen ausschloss.<br />

Die erste Sitzung des präsumtiven vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

fand zwei Tage vor der Antragstellung statt. Für<br />

ausreichenden Versicherungsschutz der vorläufigen Gläubigerausschussmitglieder<br />

wurde gesorgt. Belehrungsunterlagen<br />

über Rechte und Pflichten eines Gläubigerausschussmitglieds<br />

wurden ausgeteilt, eine Satzung wurde einstimmig<br />

verabschiedet. Gleichzeitig nahmen die Teilnehmer ihre Mitgliedschaft<br />

in diesem Gremium durch Unterzeichnung einer<br />

entsprechenden Einverständniserklärung an. Sie erklärten<br />

ferner einstimmig, dass sie eine Eigenverwaltung unter einem<br />

Schutzschirm unterstützen. Außerdem machten die Gläubigerausschussmitglieder<br />

einstimmig einen Vorschlag zur<br />

Person des vorläufigen Sachwalters. Ausschlaggebend war<br />

dabei dessen Erfahrung mit Einzelhandelsinsolvenzen und<br />

dass der vorgeschlagene vorläufige Sachwalter regelmäßig<br />

vom örtlich zuständigen Insolvenzgericht bestellt wird.<br />

23


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Der Antrag<br />

Im Vorfeld des eigentlichen Antrages wurde mit dem zuständigen<br />

Insolvenzgericht ein Vorgespräch geführt. Das Gericht<br />

erklärte sich hierzu bereit, obwohl die Zuständigkeitsfrage –<br />

wie bei vielen Gerichten üblich – erst am Tage der Antragstellung<br />

geklärt werden kann. Wir händigten insoweit dem Gericht<br />

sämtliche Unterlagen zur Antragstellung als Entwurfsfassung<br />

aus und besprachen sie mit einem anwesenden Richter. Alle<br />

verfügbaren Richter und Rechtspfleger hatten sich daraufhin<br />

zusammengesetzt, um den Antrag vorher zu überprüfen und zu<br />

diskutieren. Die vom Gericht noch am gleichen Tag geäußerten<br />

Änderungs- und Ergänzungswünsche konnten wir problemlos<br />

noch in den finalen Antrag einbauen bzw. berücksichtigen. So<br />

war die eigentliche Antragstellung nur noch Formsache.<br />

Gemäß § 270b Abs. 3 InsO hat das Gericht auf Antrag des<br />

Schuldners anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten<br />

begründet. Dieser Antrag des Schuldners kann insoweit<br />

als Pauschalermächtigung oder als Einzelermächtigung gestellt<br />

werden. Letzteres hat den Vorteil, dass der Insolvenzschuldner<br />

auf diese Weise nur einzelne privilegiert zu bedienende Verbindlichkeiten<br />

(Masseverbindlichkeiten) generieren kann.<br />

§ 55 Abs. 3 InsO regelt im Ergebnis, das die Forderungen der<br />

Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />

keine Masseverbindlichkeiten sind und somit im eröffneten<br />

Verfahren nicht vom Insolvenzschuldner zu bedienen sind.<br />

Zum Zeitpunkt der Antragstellung war nicht klar, ob diese Regelung<br />

auch im Schutzschirmverfahren Anwendung findet, zumal<br />

§ 270b Abs. 3 S. 2 InsO nur auf die entsprechende Geltung des<br />

§ 55 Abs. 2 InsO verweist. Rein vorsorglich wurde von der<br />

Schuldnerin keine an sich nach § 270b Abs. 3 S. 1 InsO zulässige<br />

Generalermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />

beantragt, sondern nur im Voraus bestimmte Einzelermächtigungen<br />

eingeholt, nicht aber für die Ansprüche auf<br />

Arbeitsentgelt, die im Zusammenhang mit der Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />

stehen. Heute steht fest, dass § 55 Abs. 3 InsO<br />

auch im Schutzschirmverfahren direkt anwendbar ist (siehe dazu<br />

auch den Beitrag auf Seite 36).<br />

Der vorläufige Sachwalter<br />

Im Schutzschirmverfahren ist das Gericht verpflichtet, dem Vorschlag<br />

des Insolvenzschuldners im Hinblick auf die Person des<br />

vorläufigen Sachwalters nachzukommen (vgl. § 270b Abs. 2<br />

S. 2 InsO), es sei denn, die vorgeschlagene Person ist für das<br />

Amt offensichtlich ungeeignet. Insoweit bestand im Fall mit<br />

dem Filialisten zu keiner Zeit ein Problem, da der vorgeschlagene<br />

vorläufige Sachwalter regelmäßig vom örtlichen Insolvenzgericht<br />

bestellt wird und dieser im Vorfeld der Antragstellung dem Gericht<br />

durch Aushändigung eines ausgefüllten Unabhängigkeitsfragebogens<br />

versichert hatte, dass er im vorliegenden Fall unabhängig<br />

ist, insbesondere er den Schuldner noch nie beraten hat.<br />

Der Beschluss<br />

Der Antrag wurde am 25.05.2012 beim örtlich zuständigen<br />

Amtsgericht, Insolvenzgericht, eingereicht. Aufgrund der<br />

guten Vorbereitung des Insolvenzantrages und der im Vorfeld<br />

erfolgten Vorbesprechung mit dem Gericht erhielt das<br />

Unternehmen noch am selben Tag den Beschluss zur Anordnung<br />

eines Insolvenzeröffnungsverfahrens nach § 270b InsO<br />

(Schutzschirmverfahren).<br />

Die Betriebsversammlungen<br />

Gleich nach dem ergangenen Beschluss wurden die Mitarbeiter<br />

der nahe gelegenen Filialen in einer Betriebsversammlung<br />

hierüber informiert. Weitere Versammlungen<br />

folgten zeitgleich in verschiedenen Filialen, sodass sämt liche<br />

Mitarbeiter umgehend erreicht wurden. Es war sowohl für<br />

den vorläufigen Sachwalter als auch für mich als Sanierungsgeschäftsführer<br />

sehr ungewohnt, Worte wie Insolvenz, Insolvenzverwalter<br />

oder Verwertung zu vermeiden und stattdessen<br />

von einem speziellen Sanierungsverfahren, von einem<br />

vorläufigen Sachwalter und von Schutzschirm zu sprechen.<br />

Dennoch gelang es durch das Vorstellen des neuen Verfahrens,<br />

bei den Mitarbeitern die Hoffnung zu wecken, dass das<br />

Unternehmen erhalten und weiter bestehen würde.<br />

Das Insolvenzgeld<br />

Das Insolvenzgeld ist einer der wesentlichen Sanierungsbeiträge,<br />

da durch den dreimonatigen Wegfall der Lohnzahlungen die Liquiditätssituation<br />

erheblich verbessert werden kann. Die für die<br />

Insolvenzgeldvorfinanzierung benötigte Zustimmung der Agentur<br />

für Arbeit gemäß § 170 Abs. 4 SGB III wurde problemlos erteilt,<br />

was auch daran lag, dass man hier sehr intensiv mit einem Dienstleister<br />

und der vorfinanzierenden Bank zusammengearbeitet hat.<br />

Das Anderkonto<br />

Die Kassenführung lag beim eigenverwaltenden Schuldner,<br />

da der vorläufige Sachwalter von seinem Recht nach § 275<br />

Abs. 2 InsO keinen Gebrauch machte, die Kassenführung an<br />

sich zu ziehen.<br />

24


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Die Kontoführung der Insolvenzschuldnerin erfolgte weiterhin<br />

bei deren Hausbank. Dazu wurde zunächst der bei Insolvenzantragstellung<br />

bestehende Saldo auf ein Unterkonto<br />

umgebucht. Künftige Einzahlungen erfolgten auf das bisherige<br />

Konto bei der Hausbank unter der bisherigen Stammnummer.<br />

Der vorläufige Gläubigerausschuss stimmte dieser<br />

Vorgehensweise einstimmig zu.<br />

Die Buchhaltung<br />

Die Buchhaltung war mit dem ergangenen Gerichtsbeschluss<br />

völlig neu aufzusetzen. Der laufende Monat Mai 2012 war mit<br />

dem ergangenen Beschluss am 25.05.2012 automatisch beendet,<br />

buchhalterisch begann am 25.05.2012 bereits der<br />

Monat Juni 2012.<br />

Den Aufwand, neue Rechnungen von alten zu trennen auch<br />

in Bezug auf Rechnung aus Dauerschuldverhältnissen (Leasing,<br />

Telefon etc.) kennt man aus Regelinsolvenzen. Insoweit<br />

galt hier nichts anderes. Anzuraten sind hier zur Arbeitserleichterung<br />

einfache Stempel mit dem Aufdruck „alte<br />

Rechnung“ oder „neue Rechnung“. Ähnlich verhält es sich<br />

mit erfolgten Abbuchungen im Lastschriftverfahren und<br />

deren Widerruf.<br />

Prüfung der Zahlungsunfähigkeit<br />

Das Schutzschirmverfahren kann nur von solchen Schuldnern<br />

genutzt werden, die zum Zeitpunkt der Antragstellung<br />

lediglich drohend zahlungsunfähig sind. Wenn im Verlauf des<br />

Verfahrens die Zahlungsunfähigkeit tatsächlich eintreten<br />

sollte, ist dies nach § 270b Abs. 4 S. 2 InsO vom Schuldner<br />

oder auch vom vorläufigen Sachwalter dem Gericht unverzüglich<br />

anzuzeigen. Diese zeitintensive Prüfung wurde in<br />

kurzen Abständen vom Unternehmen regelmäßig durchgeführt<br />

und mit dem vorläufigen Sachwalter besprochen.<br />

Das Unternehmen hatte es geschafft, dass das Insolvenzverfahren<br />

später auch wegen drohender Zahlungsunfähigkeit<br />

eröffnet wurde. Dies konnte nur deshalb gelingen, weil die<br />

involvierten Banken davon überzeugt wurden, ihre Linien<br />

nicht zu kündigen. Viele Geschäftspartner zeigten so deutlich<br />

mehr Vertrauen in das Unternehmen als sie es bei tatsächlicher<br />

eingetretener Illiquidität getan hätten.<br />

Die Steuern und die SV-Beiträge<br />

Für die Abführung der Steuern und der Sozialversicherungsbeiträge<br />

ist der Geschäftsführer verantwortlich. Ein Zuwiderhandeln<br />

bringt dessen persönliche Haftung und ggfs. eine<br />

strafrechtliche Verfolgung mit sich. Der eigenverwaltende<br />

Schuldner im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 270b<br />

InsO hat die Masse zu sichern und zu erhalten und darf Verbindlichkeiten,<br />

die vor Antragstellung begründet wurden,<br />

nicht mehr begleichen. Da Geschäftsführer und eigenverwaltender<br />

Schuldner personenidentisch sind, ist eine Interessenkollision<br />

automatisch gegeben: Soll die handelnde Person<br />

nunmehr ihrer Verpflichtung auf Steuerzahlung und Abführung<br />

der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nachkommen<br />

oder aber mit Blick auf Massesicherungspflicht<br />

diese eben nicht mehr abführen Aufgrund der recht komfortablen<br />

Liquiditätssituation (nur drohende Zahlungsunfähigkeit)<br />

wurden hier die Leistungen als sicherster Weg<br />

abgeführt, nachdem die jeweiligen Empfänger über die vorliegende<br />

Insolvenzsituation unterrichtet wurden. Durch diese<br />

„Bösgläubigmachung“ wurde der Sachwalter in die Lage<br />

versetzt, nach Verfahrenseröffnung die abgeführten Zahlungen<br />

im Wege der Insolvenzanfechtung wieder zurückzuholen.<br />

Das hat dieser auch gemacht und auf diese Weise dem Unternehmen<br />

schnell wieder weitere Liquidität zugeführt.<br />

Die Akzeptanz seitens der Lieferanten<br />

Bedingt durch das neue und zu diesem Zeitpunkt weitestgehend<br />

noch unbekannte Verfahren hatte das Unternehmen<br />

speziell auf der Lieferantenseite mit erheblichen Vorbehalten<br />

zu kämpfen. Da Lieferanten nur mit Regelinsolvenzverfahren<br />

vertraut waren, wurde immer wieder die Unterschrift des<br />

vorläufigen Sachwalters unter die Bestellungen gefordert.<br />

Denen, die „den Karren in den Dreck gefahren hatten“, vertrauten<br />

die Lieferanten dagegen eher weniger. Erst durch<br />

erhebliche Aufklärungsarbeit und dem tatsächlichen Nachweis<br />

der Qualität des Managements (Altgeschäftsführer<br />

nebst Sanierungsgeschäftsführer und Sanierungsberater)<br />

wurden diese Ressentiments sukzessive abgebaut.<br />

Auf Kundenseite dagegen traten keine Probleme auf. Die<br />

Kunden haben von dem Verfahren nahezu nichts gemerkt,<br />

zumal das Schutzschirmverfahren auch nicht öffentlich<br />

bekannt gemacht wurde.<br />

Die Eröffnung des Verfahrens in Eigenverwaltung<br />

Nachdem das Schutzschirmverfahren nicht zuletzt durch die<br />

Frist zur Planvorlage und den Ablauf des Insolvenzgeldzeitraumes<br />

weitestgehend beendet war, erfolgte nach Vorlage<br />

des durch den vorläufigen Sachwalter erstellten Sachverständigengutachtens<br />

am 30.07.2012 die Eröffnung des In­<br />

25


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

solvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Der Berichts- und<br />

Prüfungstermin sowie der Erörterungs- und Abstimmungstermin<br />

wurden am 12.10.2012 durchgeführt und das Verfahren<br />

anschließend am 31.10.2012 aufgehoben. Das eröffnete<br />

Verfahren in Eigenverwaltung unterschied sich nicht von<br />

anderen, schon vor der Zeit der neuen Insolvenzordnung<br />

durchgeführten Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung.<br />

Nach knapp fünf Monaten war das Unternehmen bilanziell<br />

saniert. Zum Jahresende 2012 standen die ersten Planzahlungen<br />

an.<br />

Schutzschirm in der Öffentlichkeit<br />

Bedingt durch die Neuartigkeit des Verfahrens hatte das<br />

Unternehmen gerade zu Beginn erhebliche Schwierigkeiten<br />

in der Außendarstellung. Die Akzeptanz des Schutzschirmverfahrens<br />

durch die Geschäftspartner wird sich sukzessive<br />

durch die vermehrte Bekanntheit dieses Verfahrens in der<br />

Praxis verbessern.<br />

Auch werden die meisten noch offenen Rechtsfragen mittelfristig<br />

beantwortet sein, sodass die Durchführung eines<br />

Schutzschirmverfahrens zukünftig einfacher, noch planungssicherer<br />

und auch für die Akteure risikoärmer sein wird.<br />

Der Schutzschirm ist als spezielles Sanierungsverfahren gedacht.<br />

Gleichwohl stellt er einen Teil des <strong>Insolvenzrecht</strong>es<br />

dar und wird speziell in der Diktion als Insolvenzeröffnungsverfahren<br />

weiter fortgeführt. Die Bezeichnung „Insolvenzeröffnungsverfahren“<br />

schreckt generell Unternehmen und<br />

Gläubiger ab. Allein durch das Weglassen des Wortes „Insolvenz“<br />

würde sich die Akzeptanz dieses Verfahrens sicherlich<br />

noch erheblich steigern lassen.<br />

Die Nichtveröffentlichung des gerichtlichen Beschlusses<br />

macht im Hinblick auf die Kundenbeziehungen Sinn. In Bezug<br />

auf das Eingehen von Masseverbindlichkeiten ist das Unternehmen<br />

allerdings gezwungen, den Lieferanten den diesbezüglichen<br />

Beschluss zur Verfügung zu stellen.<br />

Der Schutzschirm wird durch die Eröffnung des Verfahrens<br />

zu abrupt beendet. Mit dem Eröffnungsbeschluss beginnt ein<br />

Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, wie es schon vor<br />

dem 01.03.2012 stattgefunden hat. Spätestens jetzt erfolgt<br />

von Amts wegen die Veröffentlichung des Verfahrens im Internet<br />

und die Gläubiger werden aufgefordert, ihre Forderungen<br />

beim Sachwalter anzumelden. Aus dem bisherigen<br />

Schutzschirm wird eine normale Planinsolvenz in Eigenverwaltung.<br />

Die Gläubigerseite merkte mehrfach zutreffend an,<br />

dass der Schutzschirm quasi nur ein „Vorgeplänkel“ zur<br />

Normalin solvenz sei. Der Sanierungsgedanke sollte daher<br />

deutlicher mit in das eröffnete Verfahren genommen werden,<br />

um zu betonen, dass es sich gerade nicht um eine<br />

Regelinsolvenz handelt.<br />

Aspekte wie „Vertrauensbasis“ und „Netzwerke“ genießen<br />

im Schutzschirmverfahren einen besonderen Stellenwert.<br />

Wenngleich die Akteure, die für die Notwendigkeit des Verfahrens<br />

verantwortlich sind, nicht bei allen Gläubigern weiter<br />

volles Vertrauen genießen, so gibt es doch in der Regel auch<br />

gewachsene Verbindungen, Kooperationen und Freundschaften,<br />

die durch einen gewöhnlichen (vorläufigen) Insolvenzverwalter<br />

nicht so ohne Weiteres fortgesetzt werden können.<br />

Stellt z. B. ein Lieferant die Lieferungen ein, können sie nur<br />

über solche Netzwerke, Kooperationen und Freundschaften<br />

überbrückt werden. Ein Insolvenzverwalter tut sich hier sehr<br />

schwer. Auch sind Spezialkenntnisse aus Branche und<br />

Historie nur dem eigenverwaltenden Schuldner bekannt. Bis<br />

sich ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter dieses Wissen angeeignet<br />

hat, kann zu viel Zeit vergangen sein.<br />

Fazit<br />

Das Schutzschirmverfahren ist eine sehr sinnvolle Lösung<br />

zur Firmenrettung sanierungswürdiger Unternehmen. Speziell<br />

im zuvor beschriebenen Fall hat sich das Verfahren<br />

schon alleine dadurch bewährt, da die Kundschaft nur in den<br />

wenigsten Fällen von dem gesamten Insolvenzverfahren<br />

überhaupt Kenntnis erhalten hat. Das ansonsten in Regelinsolvenzen<br />

aufkommende Problem der Gewährleistung<br />

blieb völlig außen vor. Kein Kunde zweifelte daran, eventuell<br />

seine Gewährleistungsansprüche bei Neukauf nicht durchgesetzt<br />

zu bekommen.<br />

Optimierungsbedarf<br />

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Anforderungen an die Bescheinigung für das<br />

Schutzschirmverfahren<br />

Bozidar Radner, Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />

RA Alfred Kraus, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Die Anforderungen für den Antrag auf Anordnung eines Schutzschirmverfahrens sind erheblich. Insbesondere<br />

hat der Schuldner mit dem Insolvenzantrag eine Bescheinigung nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO vorzulegen. Der<br />

Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Ausgestaltung und den Inhalt dieser Bescheinigung auf konkrete Formulierungen<br />

verzichtet und anstelle dessen unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet. Die Auslegung dieser unbestimmten<br />

Rechtsbegriffe muss sich in der Insolvenzpraxis entwickeln. Mit dem IDW ES 9 „Bescheinigung nach<br />

§ 270b InsO“ hat das <strong>Institut</strong> der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) einen Entwurf eines Standards<br />

für die Anforderungen an die Bescheinigung vorgelegt. Dieser Standard genügt nicht den umfangreichen<br />

rechtlichen sowie betriebswirtschaftlichen Anforderungen an die Bescheinigung, sodass Nachbesserungen<br />

erforderlich sind.<br />

Anforderungsmerkmale an die Bescheinigung nach § 270b<br />

Abs. 1 Satz 3 InsO:<br />

1. Anforderungen an die Person des Bescheinigers<br />

Die Bescheinigung muss von einem in Insolvenzsachen erfahrenen<br />

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt<br />

oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation<br />

ausgestellt sein, § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO. Infolgedessen<br />

kann als Bescheiniger nur ein Berufsträger infrage kommen,<br />

somit nur eine natürliche Person.<br />

Des Weiteren soll der Berufsträger in „Insolvenzsachen<br />

erfahren“ sein. Hierüber kann es sicherlich unterschiedliche<br />

Auffassungen geben. Das IDW sieht dieses Merkmal<br />

als eher nachrangig an. Allerdings rückt schon alleine der<br />

Sinn und Zweck der Bescheinigung (Sanierung in der Insolvenz<br />

unter einem Schutzschirm) dieses Tatbestandsmerkmal<br />

in den Vordergrund. Sanieren ist das Stichwort.<br />

Somit ist ein krisenerfahrener Bescheiniger im Sinne eines<br />

neutralen Gutachters unabdingbar. Den das Unternehmen<br />

beratenden Rechtsanwalt oder Steuerberater<br />

generell als „befangen“ zu qualifizieren (so das AG München,<br />

Beschl. v. 29.03.2012, Az. 1507 IN 1125/12), geht<br />

im Ergebnis zu weit.<br />

2. Anforderungen an den Inhalt der Bescheinigung<br />

Die Gerichte müssen sich anhand des Inhaltes der Bescheinigung<br />

ein Urteil über die Chancen des Unternehmens,<br />

nach erfolgter Sanierung am Markt zu bestehen, bilden.<br />

Der Gesetzgeber verlangt nach § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO<br />

neben dem Vorliegen von drohender Zahl ungs unfähigkeit<br />

oder Überschuldung lediglich die Feststellung, dass „die<br />

angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtlos<br />

ist“.<br />

a) Drohende Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung<br />

Aus der Bescheinigung muss sich zunächst ergeben, dass<br />

zum Zeitpunkt der Antragstellung nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit<br />

oder Überschuldung vorliegt und nicht<br />

bereits die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens eingetreten<br />

ist. Bei den Insolvenzanträgen, die bisher in diesem<br />

Stadium gestellt wurden, lag regelmäßig schon die Zahlungsunfähigkeit<br />

vor. Daher muss die Bescheinigung die<br />

drohende Zahlungsunfähigkeit sehr substanziiert darlegen.<br />

Im IDW PS 800 wird dezidiert erläutert, wie diese<br />

Prüfung durchzuführen ist.<br />

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lassen sich im Rahmen<br />

eines Liquiditätsstatus/-planes relativ exakte Werte ermitteln.<br />

Daher ist die Frage nach der drohenden Zahlungsunfähigkeit<br />

ein handwerk liches bzw. definitorisches<br />

Problem.<br />

Am 09.11.2012 hat der Deutsche Bundestag – versteckt<br />

im „Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung<br />

im Zivilprozess“ – in zweiter und dritter Lesung die Entfristung<br />

des insolvenzrechtlichen Überschuldungsbegriffes<br />

(§ 19 Abs. 2 InsO) beschlossen. Danach liegt auch<br />

über das Jahresende 2013 hinaus eine Überschuldung<br />

(nur) vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden<br />

Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn,<br />

die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen<br />

überwiegend wahrscheinlich.<br />

27


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

b) Nicht offensichtliche Aussichtslosigkeit der<br />

Sanierung<br />

Die komplexere und bedeutendere Fragestellung ist jedoch<br />

die nach der nicht offensichtlichen Aussichtslosigkeit<br />

der Sanierung im Sinne des § 270b Abs. 1 Satz 3 InsO.<br />

Dieses Tatbestandsmerkmal erfordert ein fundiertes<br />

betriebswirtschaftliches Sanierungskonzept, welches<br />

die Erfolgschancen der Sanierung herausarbeitet. Die<br />

Bescheinigung sollte – wie in der verabschiedeten Neufassung<br />

des IDW S 6 (Stand: 20.08.2012) gefordert – eine<br />

Wahrscheinlichkeitsaussage zur Sanierungs- bzw. Fortführungsfähigkeit<br />

(insbesondere zur Wettbewerbs- und<br />

Renditefähigkeit) enthalten.<br />

Da eine Sanierung ohne die Mitwirkung der Stakeholder<br />

ausgeschlossen ist, sind auch dahingehende Prüfungsarbeiten<br />

zu leisten. Das IDW scheint die Tragweite dieses<br />

Sachverhaltes nicht erkannt zu haben, da es in IDW ES 9<br />

sogar ausführt, dass eine Befragung der Gläubiger, die<br />

wohl die wichtigste Interessengruppe darstellen dürfte,<br />

per se nicht notwendig sei. Ein Gespräch mit den wesentlichen<br />

Gläubigern wird insbesondere dann notwendig<br />

sein, wenn bereits vor Ausstellung der Bescheinigung zu<br />

erkennen ist, dass die wichtigsten Stakeholder ein wie<br />

auch immer geartetes Sanierungskonzept prinzipiell nicht<br />

mittragen wollen.<br />

Wie kann die Bescheinigung die nicht offensichtliche<br />

Aussichtslosigkeit der Sanierung belegen Ein IDW S 6­<br />

Gutachten scheint hierfür ein probates Mittel zu sein. In<br />

der Regel dürften dafür weder die Zeit noch die finanziellen<br />

Mittel zur Verfügung stehen. IDW ES 9 fordert lediglich<br />

ein deutlich abgeschwächtes Grobkonzept als Grundlage<br />

für die Beurteilung der Sanierungsfähigkeit. Ein derartiges<br />

„grobes“ Konzept wird jedoch nicht der „Gatekeeper-<br />

Funktion“ der Bescheinigung gerecht, die einen leichtfertigen<br />

Missbrauch des „Schutzschirmes“ zum Schutze<br />

der Gläubiger verhindern soll.<br />

In diesem Zusammenhang ist zumindest ein Konzept in<br />

Anlehnung an bestimmte Punkte des IDW S 6 erforderlich,<br />

um das nötige Vertrauen der Gerichte sowie der sonstigen<br />

Stakeholder zu gewinnen und die Erfolgschancen für eine<br />

nachhaltige Sanierung zu erhöhen. Ähnliche Stimmen<br />

werden in den abgegebenen Stellungnahmen zum IDW<br />

ES 9 laut. So spricht sich u. a. der Arbeitskreis Rechnungslegung<br />

des Deutschen Steuerberaterverbandes e.V. dafür<br />

aus, dass zur Beurteilung des Sanierungserfolges bzw. der<br />

Aussichtslosigkeit der Sanierung ein Grobkonzept und<br />

eine ergänzende Befragung der gesetzlichen Vertreter<br />

nicht ausreichend seien.<br />

Weiterhin ist die Frage nach einer integrierten Sanierungs-/Businessplanung<br />

für das laufende Geschäftsjahr<br />

und zwei Folgejahre als Bestandteil der Bescheinigung<br />

teilweise umstritten. So hält etwa die WirtschaftsTreuhand<br />

GmbH diese Forderung für zu weitreichend, sie begründet<br />

aber ihre Auffassung nicht. Jedoch können die<br />

Gerichte nur bei einer längerfristigen Planung die Sanierungsfähigkeit<br />

nachvollziehen und beurteilen. Für das<br />

betreffende Unternehmen entsteht hierdurch nur ein<br />

scheinbarer Mehraufwand, da eine derartige Planung für<br />

eine lautere Geschäftsführung gerade in der Krise Voraussetzung<br />

sein dürfte.<br />

Die Bescheinigung ist die „Eintrittskarte“ für das Schutzschirmverfahren.<br />

Zu beachten gilt es einerseits, dass eine<br />

Bescheinigung, die sich ausschließlich an den gesetzlichen<br />

Mindestanforderungen orientiert, für das Unternehmen<br />

in der Krise einen nicht zu unterschätzenden<br />

Risikofaktor darstellt, weil das Gericht die Bescheinigung<br />

als nicht ausreichend anerkennen könnte. Ein detailliertes<br />

neutrales Gutachten kann dagegen als Grundlage für weiterreichende<br />

Sanierungsplanungen dienen. Dies erhöht<br />

letztendlich den zeitlichen und finanziellen Handlungsspielraum.<br />

Fazit<br />

Dem <strong>Institut</strong> der Wirtschaftsprüfer ist mit dem am 21.02.2012<br />

vorgelegten Entwurf des Standards IDW ES 9 sicherlich ein<br />

Schritt in die richtige Richtung gelungen. Um richtungsweisend<br />

zu sein, hätte dieser aber detaillierter und umfangreicher<br />

ausfallen müssen. Es bleiben wichtige Punkte offen,<br />

die der Nachbesserung bedürfen. Allerdings besteht die<br />

Hoffnung, dass die Unzulänglichkeiten in der endgültigen<br />

Fassung beseitigt werden.<br />

Eine Bescheinigung, die sich ausschließlich am Gesetz und<br />

dem IDW ES 9 orientiert, wird in der Regel nicht den umfangreichen<br />

rechtlichen sowie betriebswirtschaftlichen Anforderungen<br />

an die Bescheinigung genügen.<br />

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Debt-Equity-Swap: vom Gläubiger zum Gesellschafter<br />

werden<br />

RA Dr. Eike Knolle, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Frankfurt<br />

Der „Debt-Equity-Swap“, also die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital, ist ein verlockendes Sanierungsinstrument.<br />

Aus Sicht des betroffenen Unternehmens wird dadurch das Eigenkapital gestärkt, die Profitabilität durch<br />

geringere Zinsaufwendungen gesteigert und die Liquiditätssituation verbessert. Aus Sicht der Gläubiger kann es<br />

interessant sein, an den künftigen Chancen des Unternehmens als Mitgesellschafter zu partizipieren.<br />

In der Praxis waren Debt-Equity-Swaps in Sanierungssituationen<br />

dennoch kaum anzutreffen. Dies lag zum einen am Vetorecht<br />

der Altgesellschafter und zum anderen an erheblichen<br />

Bewertungsrisiken, die dazu führen konnten, dass Neugesellschafter<br />

wegen Überbewertung ihrer Forderungen eine Nachschusspflicht<br />

traf. Beide Hürden hat das ESUG abgebaut, soweit<br />

die Sanierung im Rahmen eines Insolvenzplanes stattfindet.<br />

Forderungen zu swappen bereit sind. Die Möglichkeit zu<br />

rechtssicheren Debt-Equity-Swaps könnte auch zu einer<br />

Wiederbelebung des Marktes für den Kauf notleidender<br />

Forderungen (auch „NPL“ oder „non performing loans“ genannt)<br />

beitragen. Gerade für Käufer solcher Forderungen<br />

ist es häufig interessant, über den Forderungskauf Einfluss<br />

auf das Schuldnerunternehmen zu gewinnen.<br />

Die Gläubigersicht<br />

Viele Gläubiger standen Insolvenzplänen bisher skeptisch gegenüber,<br />

weil sie zu Recht befürchteten, dass sie in Form von<br />

(Teil-)Verzichten die größten Sanierungsbeiträge erbringen<br />

sollten, während die größten Chancen bei den Gesellschaftern<br />

verblieben. Gemäß § 225a Abs. 2 InsO können Insolvenzpläne<br />

nun vorsehen, dass Forderungen von Gläubigern in Anteilsrechte<br />

am Schuldnerunternehmen umgewandelt werden.<br />

Außerdem können Insolvenzpläne alle denkbaren Kapitalmaßnahmen,<br />

wie z. B. eine Kapitalerhöhung und/oder eine<br />

Kapitalherabsetzung, regeln. Diese Maßnahmen können auch<br />

gegen den Willen der Altgesellschafter beschlossen werden.<br />

Kein Gläubiger kann zu einem Swap gezwungen werden. Umgekehrt<br />

hat der einzelne Gläubiger keinen Anspruch darauf,<br />

dass ein Insolvenzplan einen Debt-Equity-Swap vorsieht. Sollte<br />

der Planersteller (meist ein Unternehmensberater im Auftrag<br />

des Schuldnerunternehmens) nicht von sich aus einen Debt-<br />

Equity-Swap in den Plan aufnehmen, können Gläubiger dadurch<br />

Druck aufbauen, dass sie ihre Zustimmung zum Insolvenzplan<br />

von der Aufnahme eines Debt-Equity-Swaps abhängig machen.<br />

Wenn ein Insolvenzplan mit Debt-Equity-Swap rechtskräftig<br />

angenommen ist, müssen die „swappenden“ Gläubiger keine<br />

Nachschusspflicht wegen einer Überbewertung ihrer eingebrachten<br />

Forderungen mehr fürchten. § 254 Abs. 4 InsO<br />

bestimmt, dass entsprechende Ansprüche des Schuldnerunternehmens<br />

ausgeschlossen sind. Die Gläubiger müssen<br />

insofern nur entscheiden, zu welchem „Wechselkurs“ sie ihre<br />

Die Sicht des Schuldnerunternehmens<br />

Durch einen Debt-Equity-Swap verbessern sich Bilanzstruktur,<br />

Profitabilität und Liquidität des Schuldnerunternehmens.<br />

Vorteilhaft für das Schuldnerunternehmen ist auch, dass<br />

vertragliche Regelungen, die Vertragspartner bei Änderungen<br />

im Gesellschafterkreis zur Beendigung der Vertragsbeziehung<br />

berechtigen (sog. „Change-of-Control“-Klauseln),<br />

gemäß § 225a Abs. 4 InsO unwirksam sind.<br />

Andererseits kann man sich bei Familienunternehmen, Alleingesellschaftern<br />

und sonstigen homogenen Gesellschafterstrukturen<br />

leicht ausmalen, dass eine neue, heterogene<br />

Gesellschafterstruktur das Schuldnerunternehmen lähmen<br />

kann. Hier haben der Planersteller und die Gläubiger abzuwägen,<br />

ob die Vorteile eines DES überwiegen.<br />

Bisherige Erfahrungen<br />

Entgegen der hohen Erwartungen, die mit Inkrafttreten des<br />

ESUG verbunden waren, sind Debt-Equity-Swaps in den bisher<br />

bekannt gewordenen Verfahren kaum eingesetzt worden.<br />

Grund hierfür dürfte in erster Linie das Unbehagen der<br />

beteiligten Banken sein, von der Fremdkapital- auf die Eigenkapitalseite<br />

zu wechseln. Außerdem bringt ein Debt-Equity-<br />

Swap zusätzlich Komplexität in das Insolvenzplanverfahren,<br />

das die Planersteller gerne so einfach wie möglich gestalten<br />

möchten. Es wird spannend sein zu beobachten, ob sich<br />

hieran auf Druck der Gläubiger künftig etwas ändern wird.<br />

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sonderausgabe newsletter 2013<br />

Die Verbesserung der Risikoposition der Bank durch<br />

Insolvenzplan und Eigenverwaltung<br />

RA Robert Buchalik, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />

Neben der Stärkung der Eigenverwaltung war eines der wichtigsten gesetzgeberischen Ziele des ESUG die Rolle<br />

der Gläubiger zu stärken, die bei richtiger und professioneller Steuerung und entsprechender Einigung nun den<br />

Ablauf eines Insolvenzverfahrens und dessen Ausgang weitgehend beeinflussen, ja sogar bestimmen können. Zur<br />

Stärkung der Gläubigerrechte hat der Gesetzgeber das Gremium des vorläufigen Gläubigerausschusses neu geschaffen<br />

(siehe dazu auch den Beitrag auf S. 8). Die Einflussmöglichkeiten des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

sind gewaltig und übersteigen die des Gerichtes und auch die des (vorläufigen) Sachwalters.<br />

Bei einstimmigen Beschlüssen des vorläufigen Gläubigerausschusses<br />

ist nunmehr vom Gericht die (vorläufige) Eigenverwaltung<br />

anzuordnen und auch der von diesem Gremium<br />

vorgeschlagene (vorläufige) Sachwalter zu bestellen. Die<br />

Bank hat in diesem Gremium, das sich in der Regel aus fünf<br />

repräsentativen Gläubigern (siehe dazu §§ 21 Abs. 2 Satz 1<br />

Nr. 1a, 67 Abs. 2 InsO) zusammensetzt, meist nur einen Sitz.<br />

Ihre Stimme hat nicht mehr Gewicht wie die des Kleingläubigers<br />

oder des Arbeitnehmers. Gleichwohl kann eine Bank,<br />

wenn sie ihre Kompetenz richtig einsetzt, den Verfahrensgang<br />

in der Insolvenz im Wesentlichen bestimmen, vor allem<br />

aber ihre Risikoposition deutlich reduzieren. Die Insolvenz<br />

wird zur Chance, nicht nur für den Schuldner, sondern auch<br />

für die Bank.<br />

Die Sanierung über einen Insolvenzplan in Eigenverwaltung<br />

hat für einen Investor deutliche Vorteile gegenüber einer<br />

übertragenden Sanierung:<br />

– Der Liquiditätsbedarf ist wesentlich geringer, weil die<br />

Aktiva nicht erworben werden müssen,<br />

– Forderungen und Vorräte sind nicht vorzufinanzieren und<br />

– bestehende Vertragsverhältnisse sind nicht neu einzugehen,<br />

was insbesondere bei aus Unternehmenssicht<br />

attraktiven Dauerschuldverhältnissen eine bedeutende<br />

Rolle spielt.<br />

Eine übertragende Sanierung ist häufig mit einem Haircut für<br />

die Banken verbunden, selbst wenn diese vermeintlich gut<br />

besichert sind. Der Investor, der die notwendigen Mittel zur<br />

Übernahme der Aktiva mitbringt und damit das Unternehmen<br />

gleichzeitig entschulden soll, wird nur dann einsteigen, wenn<br />

er eine maximale Entschuldung erreicht. Die Mittel hierfür<br />

sind meist begrenzt, denn der Investor muss sie – soweit sie<br />

nicht aus dem Eigenkapital entspringen – finanzieren.<br />

Auch der Unternehmer, der seine Gesellschaft plansaniert,<br />

hätte ein Finanzierungsproblem, wenn er insbesondere die<br />

Banken ablösen müsste. In der Praxis bieten sich andere<br />

machbare und mit wesentlich geringerem finanziellem Aufwand<br />

verbundene Lösungen an.<br />

Zunächst führt eine Insolvenzplanlösung meist zu einer deutlichen<br />

Verbesserung der Bilanzrelationen. Die Aktivseite<br />

bleibt regelmäßig vollständig erhalten, es sei denn, man muss<br />

sich ausnahmsweise unter Buchwerten von Anlagevermögen<br />

trennen. Die Passivseite wird dagegen wesentlich gekürzt.<br />

Auf die ausgewiesenen Rückstellungen entfällt nur die Insolvenzquote.<br />

Gründe für Rückstellungen können vielfältig sein<br />

und somit die Passivseite der Bilanz maßgeblich belasten,<br />

z. B. Steuer- und Pensionsrückstellungen oder drohende Prozessrisiken.<br />

Nachranggläubiger, die im Insolvenzplan nicht<br />

ausdrücklich erwähnt werden, fallen vollständig aus und<br />

erhalten nicht einmal eine Quote.<br />

Die Bundesagentur für Arbeit tritt regelmäßig als neuer, ungesicherter<br />

Gläubiger aus der Insolvenzgeldfinanzierung auf<br />

und erhält auf ihre erst im Insolvenzverfahren begründete<br />

Forderung lediglich eine Quote. Alle Entschuldungsmaßnahmen<br />

zusammen führen oft zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote<br />

von bis zu 70 Prozent. Das funktioniert aber nur,<br />

wenn die Quoten auch bedient werden können und die besicherten<br />

Gläubiger nicht abgelöst werden müssen.<br />

Beispielsfall<br />

Wenn ein Unternehmen mit 20 Mio. Euro Umsatz/Jahr sich<br />

auf diese Weise um 10. Mio. Euro entschuldet und für 300<br />

Mitarbeiter ca. 2 Mio. Euro Insolvenzgeld generiert, so kann<br />

es eine Planquote von 15 Prozent wahrscheinlich problemlos<br />

– auch unter Berücksichtigung des Restrukturierungsaufwandes<br />

und der bei der Eigenverwaltung deutlich geringeren<br />

Verfahrenskosten – bedienen. Allein die Liquiditätszuflüsse<br />

aus dem Insolvenzgeld, die Nichtzahlung von<br />

30


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Umsatzsteuer im Eröffnungsverfahren und natürlich die<br />

Nichtzahlung von Altverbindlichkeiten ermöglichen das.<br />

Problematisch wird es, wenn die gesicherten Gläubiger,<br />

insbesondere die Banken, die am Anlage- und Umlaufvermögen<br />

gesichert sind, zurückgeführt werden wollen und<br />

das Unternehmen meistens nicht über die hierzu notwendige<br />

Liquidität verfügt. Der Plan scheitert und es verbleibt<br />

– wenn überhaupt – eine übertragende Sanierung, vorausgesetzt,<br />

es findet sich ein Investor. Der Investor wird aber,<br />

selbst bei vermeintlich guter Besicherung der Bank, den<br />

erwähnten Haircut verlangen. Diesem wird die Bank, auch<br />

wenn sie besichert ist, meist zustimmen, weil sie Dauer und<br />

Risiken einer Liquidation und auch ein immer immanentes<br />

Anfechtungsrisiko scheut.<br />

Für die Bank bietet sich aber eine andere Lösung an: Sie<br />

finanziert das plansanierte Unternehmen weiter gegen die<br />

bisherigen Sicherheiten. Als Sanierungsbeitrag der Bank<br />

bietet sich u. a. der Verzicht auf Zinsen zwischen Antragstellung<br />

und Planbestätigung und eine Umwandlung der<br />

kurzfristigen Kredite in langfristige zu marktüblichen Konditionen<br />

an. Sie finanziert dann ein Unternehmen, dessen<br />

Eigenkapitalquote durch die Bereinigung der Passivseite<br />

deutlich positiv ist, und das wieder Geld verdient, weil die<br />

Sanierungsmaßnahmen (z. B. ein erforderlicher Personalabbau<br />

oder die Trennung von Alt lasten wie unprofitable<br />

Miet- oder Leasingverträge) in der Insolvenz zu Kosten umgesetzt<br />

wurden, die weit unter denen einer Going-Concern-<br />

Lösung liegen.<br />

Die Finanzierung eines solchen Unternehmens ist für die<br />

Bank wieder attraktiv. Auch ein Investoreneinstieg im<br />

Wege einer Kapitalerhöhung ist unter diesen Bedingungen<br />

wesentlich interessanter. Denn die Mittel fließen in das<br />

Unternehmen und können teilweise auch in die Entschuldung<br />

der Kreditgeber eingesetzt werden, aber finanzieren<br />

nicht ein teures Verfahren. Auch die Eigenkapitalunterlegung<br />

bei der Finanzierung eines solchen Unternehmens<br />

reduziert sich für die Bank deutlich, weil die Eigenkapitalquote<br />

hoch, die Gewinnaussichten gut und damit das<br />

Kreditrisiko gering ist.<br />

Die Bank sollte deshalb bei einer Insolvenzplanlösung diese<br />

Variante anstreben. Ihre Rückführung erfolgt aus einem<br />

Tilgungsplan, der nach Bedienung der Plangläubiger in<br />

Gang gesetzt werden sollte. Die Lösung kann mit Einschränkungen<br />

auch funktionieren, wenn die Bank nicht<br />

oder nur unzureichend besichert ist. Sollten sehr viele<br />

freie Aktiva bestehen, weil es wenige Sicherungsverträge<br />

gibt, muss im Insolvenzplan eine entsprechend hohe Quote<br />

an die ungesicherten Gläubiger bezahlt werden, denn<br />

diese dürfen mit dem Plan nicht schlechter gestellt werden<br />

als ohne den Plan. Diese Quote entfällt auch teilweise auf<br />

die ungesicherten Banken, die diese und den Rest durch<br />

eine entsprechende Umwandlung in Kredite finanzieren<br />

könnten. Dem werden sie jedoch nicht zustimmen, wenn<br />

sie gleichzeitig einen Ausfall erleiden.<br />

In einem Insolvenzplan sind der Kreativität keine Grenzen<br />

gesetzt, so denn der Plan mit den notwendigen Mehrheiten<br />

der Gläubiger angenommen wird. Die Bank kann deshalb<br />

den Plan unter Beibehaltung ihrer kompletten Altforderungen<br />

zuzüglich der neuen Forderungen finanzieren. Sie erhält<br />

dafür alle freien Aktiva anfechtungsfrei als Sicherheit<br />

und könnte somit sogar für den Fall einer späteren Folgeinsolvenz<br />

ihre wirtschaftliche Position deutlich verbessern.<br />

Die ungesicherten Gläubiger werden mit der im Endeffekt<br />

vollständigen Befriedigung der nur teilweise gesicherten<br />

Bank kein Problem haben, denn nur auf diesem Wege ist<br />

die Erfüllung ihrer Forderungen sichergestellt (eine übertragende<br />

Sanierung bietet sich nicht immer an und eine<br />

Liquidation führt oft zu noch höheren Ausfällen und dauert<br />

häufig mehrere Jahre). Die Planquoten werden zudem<br />

meist zügig gezahlt und sind außerdem für die Gläubiger<br />

wesentlich attraktiver. Aber auch die Lieferanten, die vornehmlich<br />

an der Aufrechterhaltung der Kundenverbindung<br />

interessiert sind, und die Agentur für Arbeit, der es um die<br />

Erhaltung der Arbeitsplätze geht, werden bei derartigen<br />

Lösungen immer mitwirken.<br />

Fazit<br />

Eine Sanierung in der Insolvenz funktioniert mit der Bank fast<br />

immer, ohne sie beinahe nie.<br />

Der Weg der Sanierung durch Insolvenz bietet der Bank die<br />

Chance, ihre Risikoposition zu verbessern.<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Steuern in der vorläufigen Eigenverwaltung<br />

RA Phillip-Boie Harder, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Sowohl das vorläufige Eigenverwaltungsverfahren (§ 270a InsO) als auch das Schutzschirmverfahren (§ 270b<br />

InsO) haben viele Vorteile für das Unternehmen zu bieten, u. a. eine finanzielle Entlastung durch das soge nannte<br />

Insolvenzgeld (vgl. hierzu den Beitrag auf S. 40). Ein weiterer Vorteil ergibt sich aus steuerlichen Aspekten.<br />

Durch eine Regelungslücke des Gesetzgebers in der Insolvenzordnung sind Steuerverbindlichkeiten in den Verfahren<br />

nach §§ 270a, 270b InsO weiterhin einfache Insolvenzforderungen. Dennoch erfolgte Steuerzahlungen<br />

mussten in vielen Verfahren vom Finanzamt im Wege der Insolvenzanfechtung wieder an das Unternehmen<br />

zurückgezahlt werden.<br />

Steuerverbindlichkeiten sind grundsätzlich wie jede andere<br />

Verbindlichkeit des Unternehmens in Insolvenzforderungen<br />

und Masseverbindlichkeiten zu unterteilen. Entscheidend<br />

für die Abgrenzung ist die (endgültige) Eröffnung des Insolvenzverfahrens.<br />

Steuerzahlungspflicht im Eröffnungsverfahren nach<br />

§§ 270a, 270b InsO<br />

Ob im regulären Insolvenzeröffnungsverfahren entstandene<br />

Steuerverbindlichkeiten Masseverbindlichkeiten<br />

darstellen, richtete sich nach der bis zum 31.12.2010<br />

geltenden Rechtslage allein danach, ob die Steuerverbindlichkeiten<br />

von einem vorläufigen Insolvenzverwalter<br />

begründet worden waren, auf den die Verfügungsbefugnis<br />

über das Vermögen des Schuldners übergegangen<br />

war (starker vorläufiger Insolvenzverwalter). Für diesen<br />

Fall enthielt § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Sonderregelung.<br />

Danach gelten derart begründete Verbindlichkeiten nach<br />

der (endgültigen) Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten.<br />

In der Praxis wurden jedoch regelmäßig vorläufige Insolvenzverwalter<br />

bestellt, ohne dass ihnen die Verfügungsbefugnis<br />

über das Vermögen des Schuldners übertragen<br />

wurde (sog. schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter).<br />

Hier findet § 55 Abs. 2 InsO keine Anwendung.<br />

Dementsprechend stellten Steuerverbindlichkeiten keine<br />

Masseverbindlichkeiten dar, sondern blieben, da vor endgültiger<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, Insolvenzforderung<br />

und wurden nur mit der im Rahmen des<br />

Insolvenzverfahrens ermittelten Quote befriedigt. Der Fiskus<br />

hatte also aufgrund der gerichtlichen Praxis, schwache<br />

Insolvenzverwalter zu bestellen, hohe Ausfälle im Rahmen<br />

von Insolvenzverfahren zu verzeichnen.<br />

Gesetzgeberische Reaktion<br />

Auf Druck der Finanzverwaltung hat der Gesetzgeber diese<br />

Regelungslücke erkannt und durch Art. 3 des Haushaltsbegleitgesetzes<br />

2011 vom 09.12.2010 die Regelung des § 55<br />

Abs. 4 InsO eingefügt. Dieser gilt für alle nach dem<br />

31.12.2010 beantragten Unternehmensinsolvenzverfahren.<br />

Gemäß § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners<br />

aus dem Steuerschuldverhältnis, die von<br />

einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner<br />

mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters<br />

begründet worden sind, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

als Masseverbindlichkeit.<br />

Mit dieser neuen Regelung hat der Gesetzgeber auf die<br />

Rechtspraxis, konkret auf die Bestellung eines sogenannten<br />

schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters, reagiert<br />

und eine Art Fiskusprivileg geschaffen, da der Fiskus – anders<br />

als andere Gläubigergruppen – sich seine Schuldner<br />

nicht aus suchen könne und damit als „Zwangsgläubiger“<br />

regelmäßig auch nicht in der Lage sei, seine Ansprüche im<br />

Insolvenzvorfeld ausreichend zu sichern. Im Ergebnis sind<br />

nach § 55 Abs. 4 InsO nun sämtliche Steuerverbindlichkeiten,<br />

die während einer vorläufigen Insolvenzverwaltung<br />

begründet werden, im eröffneten Verfahren als Masse verbindlich<br />

keiten anzusehen.<br />

In den Eröffnungsverfahren nach §§ 270a, 270b InsO<br />

bleiben Steuerfragen offen<br />

Während der Gesetzgeber in der vorläufigen Regelinsolvenz<br />

bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters die<br />

frühere Regelungslücke geschlossen hat, bleiben bei der<br />

mit dem ESUG eingeführten Verfahren nach §§ 270a, 270b<br />

InsO, die mit der Bestellung eines vorläufigen Sachwalters<br />

verbunden sind, viele Fragen offen.<br />

32


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Eine Änderung bzw. Ergänzung des § 55 Abs. 4 InsO erfolgte<br />

im Rahmen des ESUG – trotz entsprechender Vorlage des<br />

Bundesrates – nicht. Nach dem (unveränderten) Wortlaut<br />

des § 55 Abs. 4 InsO ist ein vorläufiger Sachwalter nicht von<br />

der Vorschrift erfasst, sodass die Steuerverbindlichkeiten<br />

nicht zu Masseverbindlichkeiten werden. Die Vorschriften<br />

der §§ 270a, 270b InsO enthalten keinen Verweis auf § 55<br />

Abs. 4 InsO. Lediglich in § 270b Abs. 3 InsO wird auf die<br />

Sonderregelung des § 55 Abs. 2 InsO verwiesen. Aufgrund<br />

der unterschiedlichen rechtlichen Befugnisse und Rechtsstellung<br />

von vorläufigem Sach- und Insolvenzverwalter lässt<br />

sich die Regelung des § 55 Abs. 4 InsO auch nicht ohne<br />

ausdrücklichen Verweis entsprechend anwenden, auch im<br />

Hinblick auf das steuerrechtliche Analogieverbot. Insofern<br />

ist festzustellen, dass aufgrund einer gesetzgeberischen<br />

Regelungslücke Steuerverbindlichkeiten, die im Rahmen der<br />

Verfahren nach §§ 270a, 270b InsO begründet werden, nur<br />

einfache Insolvenzforderungen darstellen.<br />

Sofern das Finanzamt von der Antragstellung in Kenntnis<br />

gesetzt wird und die insolvenzrechtliche Anfechtung<br />

(§§ 129 ff. InsO) anwendbar ist, müssen im Eröffnungsverfahren<br />

nach §§ 270a, 270b InsO geleistete Steuerzahlungen<br />

im Wege der Insolvenzanfechtung an das Unternehmen zurückgezahlt<br />

werden.<br />

Steuerzahlungspflicht im Eröffnungsverfahren nach<br />

§§ 270a, 270b InsO<br />

Im Eröffnungsverfahren nach §§ 270a, 270b InsO stellen<br />

sich zwei Fragen: zum einen, wen die Steuerzahlungspflicht<br />

trifft, zum anderen, ob Steuerzahlungen geleistet werden<br />

dürfen.<br />

Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen<br />

verbleibt dabei vielmehr beim schuldnerischen Unternehmen<br />

bzw. dessen Geschäftsleitung. Der vorläufige<br />

Sachwalter hingegen hat nach den gesetzlichen Regelungen<br />

keine ausreichenden Befugnisse, die einen Übergang der<br />

Steuerzahlungspflichten auf ihn begründen könnten. Die<br />

Steuerzahlungspflicht verbleibt somit beim Unternehmen.<br />

von Vermögen aus der zu sichernden Masse. Hier ergibt<br />

sich für die handelnden Organe ein Spannungsfeld zwischen<br />

insolvenzrechtlichen, steuerrechtlichen und letztlich<br />

auch strafrechtlichen Pflichten bzw. Haftungsfragen der<br />

Geschäftsführung des Unternehmens. Einerseits dürfen<br />

Zahlungen auf Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) nicht geleistet<br />

werden, da eine strafbare Gläubigerbegünstigung<br />

(§ 283c StGB) vorliegen könnte, andererseits sind jedoch<br />

grundsätzlich Steuern zu zahlen, sodass u. a. eine Haftung<br />

nach §§ 69, 34 AO droht. Eine Auflösung des Konfliktes<br />

dieser gegenläufigen Pflichten könnte sich ergeben, wenn<br />

Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten anzusehen<br />

sind. Eine entsprechende eindeutige Regelung hat<br />

der Gesetzgeber jedoch in § 55 Abs. 4 InsO (oder den<br />

§§ 270 ff. InsO) nicht aufgenommen.<br />

Derzeit kann aufgrund der ungeklärten Rechtslage nur empfohlen<br />

werden, Steuern unter ausdrücklichem Hinweis auf<br />

die erfolgte Antragstellung bzw. den Beschluss über die vorläufige<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens (in Eigenverwaltung)<br />

zu zahlen und die Zahlungen nachträglich im Wege der<br />

Anfechtung „zurückzuholen“.<br />

Fazit<br />

Zusammenfassend kann man für die Steuerverbindlichkeiten<br />

sowohl in der vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270a InsO) als<br />

auch im Schutzschirmverfahren (§ 270b InsO) von einer<br />

Regelungslücke des Gesetzgebers sprechen. Derzeit sind<br />

in diesem Zeitraum erfolgte Steuerzahlungen ab Eröffnung<br />

des Verfahrens an die Insolvenzmasse zurückzugewähren.<br />

Dies wurde in der Praxis bereits in mehreren von Buchalik<br />

Brömmekamp begleiteten Verfahren erfolgreich gegenüber<br />

dem Fiskus geltend gemacht.<br />

Fraglich ist nun noch, ob Steuerzahlungen geleistet werden<br />

müssen bzw. dürfen. Während der vorläufigen Eigenverwaltung<br />

oder im Schutzschirmverfahren hat das Unternehmen<br />

bzw. dessen Geschäftsleitung die Aufgabe der<br />

ordnungsgemäßen Unternehmensführung, aber auch besondere<br />

insolvenzrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen.<br />

Dazu gehört insbesondere die Massesicherung und Masseerhaltung.<br />

Jede Steuerzahlung führt zu einem Abfluss<br />

33


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Optimale Vorbereitung für einen erfolgreichen<br />

Insolvenzplan in Eigenverwaltung<br />

Oliver Maaß, Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />

Hartmut Ibershoff, Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung, Düsseldorf<br />

In einem Insolvenzplan ist neben den rechtlichen Spezifikationen aufzuzeigen, wie das Unternehmen wieder<br />

nachhaltig überlebensfähig aufgestellt werden kann und die Planverbindlichkeiten befriedigt werden können.<br />

Neben der bilanziellen Sanierung (Bereinigung der Passivseite der Bilanz) durch die Insolvenz ist im Regelfall eine<br />

umfangreiche operative Sanierung des Unternehmens durchzuführen.<br />

Neuausrichtung des Unternehmens inklusive<br />

Maßnahmenmanagement<br />

Um ein Verständnis für die Entwicklung und Situation des<br />

Unternehmens zu gewinnen und für Dritte aufzuzeigen, ist<br />

eine Analyse der Unternehmensstruktur und der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung des Unternehmens vorzunehmen. Zudem<br />

sind Markt und Wettbewerb, in dem das Unternehmen<br />

agiert, zu untersuchen und die Ursachen zu identifizieren,<br />

die das Unternehmen in die Krise geführt haben. Danach<br />

sollte in Anlehnung an IDW S 6 ein Leitbild des „sanierten“<br />

Unternehmens entwickelt werden, das die Konturen eines<br />

wettbewerbs- und renditefähigen Unternehmens mit Darstellung<br />

der operativen Geschäftsfelder, der angestrebten<br />

Wettbewerbsposition bzw. -vorteile, der erforderlichen Ressourcen/Fähigkeiten,<br />

der langfristigen Zielvorstellungen<br />

und Grundstrategien des Unternehmens sowie der Unternehmenskultur<br />

enthält. Das Leitbild dient als verlässliche<br />

Orientierung für das Handeln der Sanierungsbeteiligten.<br />

Um das Unternehmen entsprechend dem definierten Leitbild<br />

erfolgreich neu auszurichten, müssen Sanierungsansätze<br />

und Maßnahmen zur Beseitigung der Krisenursachen<br />

identifiziert werden und es muss aufgezeigt werden, wie<br />

die Umsetzung dieser Maßnahmen erfolgen soll. Hierzu<br />

sollte ein professionelles Maßnahmenmanagement aufgesetzt<br />

werden, in dem die Umsetzung der operativen<br />

Restrukturierung und der insolvenzspezifischen Maßnahmen<br />

enthalten ist.<br />

Integrierte GuV-, Bilanz- und Finanzplanung<br />

Sowohl für ein Verfahren nach § 270a InsO (vorläufige Eigenverwaltung)<br />

oder § 270b InsO (Schutzschirmver fahren) mit<br />

anschließender Eigenverwaltung als auch für eine Fortführungslösung<br />

in einer Regelinsolvenz dient die integrierte Planrechnung<br />

als Basis für die Herleitung der benötigten Vergleichsrechnungen<br />

(Liquidation, Asset Deal und Insolvenzplan).<br />

Um die beteiligten Gläubiger für den Insolvenzplan zu gewinnen<br />

(Zustimmung der Gläubiger zum Insolvenzplan im Erörterungs-<br />

und Abstimmungstermin), müssen die Auswirkungen<br />

von Liquidation, Asset Deal und Insolvenzplan unter Berücksichtigung<br />

von (Aus-/Absonderungs-)Rechten der Gläubiger<br />

analysiert und aufgezeigt werden. Sollte trotz Vorteilhaftigkeit<br />

und einer angemessenen Beteiligung am wirtschaftlichen Wert<br />

die erforderliche Mehrheit zur Zustimmung (u. a. aus strategischen<br />

Überlegungen von Gläubigern) bei einer Gruppe nicht<br />

zustande kommen, gilt nach § 245 InsO (Obstruktionsverbot)<br />

die Zustimmung für den Insolvenzplan trotz dessen als erteilt,<br />

wenn die Angehörigen dieser Gruppe durch den Insolvenzplan<br />

voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne<br />

Plan stünden und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen<br />

dem Plan mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt hat.<br />

Für alle Szenarien müssen im Vorfeld zeitliche Planprämissen<br />

festgelegt werden. Eine frühzeitige Szenarienrechnung<br />

bietet die Möglichkeit für eine strategisch sinnvolle Bestimmung<br />

der zeitlichen Prämissen. Daraus ergibt sich u. a. eine<br />

Planbilanz zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens,<br />

welche die Grundlage für die weiteren Szenarien<br />

(Liquidations-, Insolvenzplanrechnung und übertragende<br />

Sanierung) bildet.<br />

Im Insolvenzplanverfahren wird mit der integrierten, monatsbasierten<br />

GuV-, Bilanz- und Finanzplanung für das laufende<br />

und mindestens zwei Folgejahre die Umsetzbarkeit und Tragfähigkeit<br />

des Insolvenzplanes geprüft und nachgewiesen<br />

(„Planverprobungsrechnung“). Die Effekte aus der Umsetzung<br />

der Maßnahmen sind entsprechend ihrer Wirkungen<br />

sukzessive zu berücksichtigen. Für den Insolvenzplan enthält<br />

die integrierte GuV-, Bilanz- und Finanzplanung auch insolvenzspezifische<br />

Besonderheiten (Insolvenzgeld und dessen<br />

Vorfinanzierung, Effekte aus Anfechtungstatbeständen, Verfahrenskosten<br />

und Planverbindlichkeiten). Es wird aufgezeigt,<br />

wie das plansanierte Unternehmen nach Aufhebung<br />

des Insolvenzverfahrens neu aufgestellt sein wird.<br />

34


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Bei Anwendung einer Monte-Carlo-Simulation können zudem<br />

die Erfolgswahrscheinlichkeit und kritische Punkte des Insolvenzplanes<br />

ermittelt und den Entscheidungsträgern aufgezeigt<br />

werden. So wurde z. B. in einem Fall aufgezeigt, dass<br />

aus saisonalen Gründen und der zunächst vorgesehenen<br />

Rückführung der Planverbindlichkeiten das Risiko nach<br />

13–15 Monaten am höchsten war und dann deutlich gesunken<br />

ist. Durch Anpassung der Zahlungsstruktur bei den Planverbindlichkeiten<br />

konnte das Ausfallrisiko deutlich reduziert<br />

und so die Zustimmung der Beteiligten gewonnen werden.<br />

Bedeutung des Prepackaged-Planes für den Erfolg des<br />

Insolvenzplanes<br />

Es ist für den Erfolg eines Insolvenzplanes entscheidend,<br />

dass möglichst zeitnah ein Sanierungskonzept vorliegt, welches<br />

die betriebswirtschaftlichen Potenziale und Maßnahmen<br />

des betroffenen Unternehmens aufzeigt. Hieraus lassen<br />

sich mithilfe eines integrierten Planungstools die notwendigen<br />

Szenarien im Rahmen einer Insolvenz ableiten. Im<br />

Idealfall wird – auch wenn mit dem ESUG dem Unternehmen<br />

Zeit für die operative und strategische Neuausrichtung<br />

gegeben werden soll – bereits mit Antragstellung ein vorläufiger<br />

Insolvenzplan (Prepackaged-Plan) mit dem Sanierungskonzept<br />

eingereicht. Diese Unterlagen werden u. a. verwendet,<br />

um den Verfahrensbeteiligten eine erste Vor stellung<br />

vom Sanierungsverlauf zu geben und diese von der Fortführung<br />

des Unternehmens zu überzeugen. Es gibt eine<br />

Vielzahl von Beteiligten:<br />

(und Vertrieb und Einkauf), die mit Antragstellung not wendi<br />

ge Überzeugungsarbeit bei den zuvor genannten Stakeholdern<br />

zu leisten, deren weitere Geschäftsbeziehung zum<br />

Unternehmen überlebenswichtig ist.<br />

Voraussetzung für die Einleitung eines Schutzschirmverfahrens<br />

(§ 270b InsO) ist die Vorlage einer Bescheinigung, die<br />

aufzeigen muss, dass keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und<br />

eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist (siehe<br />

dazu den Beitrag auf S. 27). Mit der Vorlage eines der o. g.<br />

Struktur entsprechenden, qualifiziert erstellten Sanierungsgutachtens<br />

(in Anlehnung an IDW S 6) kann dieser Nachweis<br />

erfolgen. Es sollte deutlich über die in IDW ES 9 aufgestellten<br />

Anforderungen eines lediglich plausibilisierten Grobkonzeptes<br />

hinausgehen.<br />

Erfolgsfaktor Vorbereitung<br />

Nur mit einer optimalen Vorbereitung können frühzeitig die<br />

richtigen Maßnahmen identifiziert und teilweise bereits vor<br />

Antragstellung eingeleitet werden. Mit einer integrierten,<br />

monatsbasierten GuV-, Bilanz- und Finanzplanung wird die<br />

Umsetzbarkeit und Tragfähigkeit des Insolvenzplanes geprüft<br />

und nachgewiesen. Die am Verfahren Beteiligten sind frühzeitig<br />

(mit Antragstellung) über den vorgesehenen Verlauf<br />

der Sanierung zu informieren und mit einem Sanierungskonzept,<br />

das die Besonderheiten der Insolvenz berücksichtigt,<br />

zu überzeugen.<br />

– Gesellschafter, Geschäftsführung<br />

– Gericht, (vorläufiger) Sachwalter<br />

– Gläubiger, (vorläufiger) Gläubigerausschuss<br />

– Finanzierer, Factoringgesellschaft, Kreditinstitute<br />

– Kunden, Lieferanten<br />

– Arbeitnehmer<br />

– Agentur für Arbeit, Pensions-Sicherungs-Verein, Finanzamt,<br />

Kommune und Öffentlichkeit<br />

Einerseits hängt der Erfolg der Sanierung von deren Mitwirkung<br />

(zumindest aber positiver Begleitung) ab, andererseits<br />

verfolgen sie teilweise unterschiedliche oder konträre Interessen.<br />

Mit dieser Vorgehensweise wird verdeutlicht, dass sich die<br />

– idealerweise um einen insolvenzerfahrenen CRO (Chief<br />

Restructuring Officer) ergänzte – Geschäftsführung frühzeitig<br />

und ernsthaft mit der Plansanierung des Unter nehmens<br />

beschäftigt hat. Veränderungsbereitschaft und -wille werden<br />

dokumentiert. Es erleichtert zudem der Geschäftsleitung<br />

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sonderausgabe newsletter 2013<br />

Endlich Klarheit – nur der Schuldner darf Masseverbindlichkeiten<br />

begründen!<br />

RA Alfred Kraus, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Die Frage, ob der eigenverwaltende Schuldner im Verfahren nach § 270a InsO vom Gericht ermächtigt werden kann,<br />

einzelne im Voraus festgelegte Masseverbindlichkeiten zulasten der späteren Insolvenzmasse zu begründen, war<br />

bislang umstritten. Für Klarheit sorgt nun der Beschluss des Landgerichtes Duisburg vom 29.11.2012 (Az.7 T 185/12).<br />

1. Bisherige Standpunkte der Rechtsprechung<br />

Das Amtsgericht Fulda (Beschl. v. 28.03.2012 – 91 IN 9/12)<br />

hat schon sehr frühzeitig nach Inkrafttreten des ESUG entschieden,<br />

dass es im Verfahren nach § 270a InsO keine<br />

Rechtsgrundlage gebe, den Schuldner mit der Rechtsmacht<br />

auszustatten, Masseverbindlichkeiten zu begründen. Diese<br />

Entscheidung verkennt, dass ohne die Kompetenz der Begründung<br />

von Masseverbindlichkeiten jede Betriebsfortführung<br />

im Insolvenzeröffnungsverfahren faktisch unmöglich ist.<br />

Schwieriger dagegen ist die Frage zu beantworten, wer als<br />

Adressat einer entsprechenden erforderlichen Einzelermächtigung<br />

im Verfahren nach § 270a InsO anzusehen ist. Während<br />

die überwiegende Zahl der bislang ergangenen erstinstanzlichen<br />

Entscheidungen eine solche Ermächtigung des Schuldners<br />

bejaht (AG Köln, Beschl. v. 26.03.2012 – 73 IN 125/12;<br />

AG München, Beschl. v. 27.06.2012 – 1506 IN 1851/12), versagt<br />

das Amtsgericht Hamburg (Beschl. v. 04.04.2012 – 67g<br />

IN 74/12) diese. In der Praxis ist festzustellen, dass diese<br />

Entscheidung des Amtsgerichtes Hamburg, wonach im Verfahren<br />

nach § 270a InsO nur eine Ermächtigung des vorläufigen<br />

Sachwalters zur Begründung von Masseverbindlichen<br />

zulässig sei, bis vor Kurzem nicht nur bei den beteiligten<br />

(vermeint lichen) Massegläubigern zu erheblicher Rechtsunsicherheit<br />

beigetragen hat. Auch Insolvenzrichter taten sich<br />

regelmäßig schwer, wie sie die Entscheidung des Amtsgerichtes<br />

Hamburg einordnen sollten. Da es sich bei den aufgeführten<br />

Entscheidungen allesamt nur um erstinstanzliche Entscheidungen<br />

handelt, konnte bislang nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass sich ein Insolvenzrichter der Rechtsmeinung des<br />

Amtsgerichtes Hamburg anschloss. So geschah es in einem<br />

Fall im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichtes Duisburg.<br />

2. Zugrunde liegender Sachverhalt und Position<br />

des Amtsgerichtes Duisburg<br />

Die Schuldnerin, ein Unternehmen aus dem Baugewerbe mit<br />

derzeit 90 Mitarbeitern, beantragte am 31.10.2012 vor dem<br />

Amtsgericht Duisburg u. a. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

über ihr Vermögen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit<br />

und gleichzeitig die Anordnung der Eigenverwaltung.<br />

Weiterhin stellte die Schuldnerin den Antrag, dass die<br />

Schuldnerin bis zur Eröffnungsentscheidung vom Gericht<br />

ermächtigt wird, Masseverbindlichkeiten aus im Antrag<br />

beschriebenen Bereichen zulasten der späteren Insolvenzmasse<br />

zu begründen. Hierzu hatte die Schuldnerin dem<br />

Insolvenzantrag eine konkrete Auflistung der einzugehenden<br />

Masseverbindlichkeiten (aufgeschlüsselt nach Lieferanten,<br />

Vertragsgegenstand und monatlicher Ausgabenhöhe) beigefügt.<br />

Außerdem wurde von der Schuldnerin dargelegt,<br />

weshalb die Eingehung dieser Verbindlichkeiten zur Sicherung<br />

der Betriebsfortführung erforderlich sei.<br />

Das Amtsgericht Duisburg bestimmte mit Beschluss vom<br />

06.11.2012 (Az. 62 IN 178/12), dass nicht – wie beantragt<br />

– der Schuldnerin, sondern dem vorläufigen Sachwalter<br />

für die Eingehung der beantragten Verbindlichkeiten die<br />

entsprechende Massebegründungskompetenz eingeräumt<br />

werde.<br />

Gegen diese Entscheidung legte die Schuldnerin form- und<br />

fristgerecht die sofortige Beschwerde gemäß §§ 6 Abs. 1<br />

S. 1, 21 Abs. 1 S. 2 InsO ein. Nachdem der sofortigen Beschwerde<br />

nicht abgeholfen wurde, wurde die Akte dem Landgericht<br />

Duisburg zur Entscheidung vorgelegt.<br />

3. Die neue Entscheidung des Landgerichtes Duisburg<br />

vom 29.11.2012 (Az. 7 T 185/12)<br />

Erfreulicherweise fällte das Landgericht Duisburg als Beschwerdegericht<br />

sehr schnell am 29.11.2012 eine Entscheidung<br />

in dieser Angelegenheit, und der sofortigen Beschwerde<br />

der Schuldnerin wurde kurzerhand vollumfänglich stattgegeben,<br />

indem es den ergangenen Beschluss des Amtsgerichtes<br />

Duisburg dahingehend abänderte, dass die eigenverwaltende<br />

Schuldnerin ab sofort ermächtigt wird, nun in persona die<br />

beantragten Einzelermächtigungen zu begründen. Als maß­<br />

36


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geblichen Grund hierfür führt das Landgericht Duisburg an,<br />

dass diese Lösung sowohl der gesetzlichen Systematik als<br />

auch dem Sinn und Zweck der durch das ESUG reformierten<br />

Vorschriften über die Eigenverwaltung entspreche.<br />

Zugleich stellte das Landgericht Duisburg in dieser für die<br />

Praxis sehr bedeutsamen Entscheidung klar, dass ein Erfordernis<br />

zur Begründung einzelner, im Voraus festgelegter Verbindlichkeiten<br />

zulasten der späteren Insolvenzmasse – entgegen<br />

dem Amtsgericht Fulda – auch dann anzuerkennen<br />

sei, wenn in einem Eröffnungsverfahren gemäß § 270a Abs. 1<br />

InsO anstelle des vorläufigen Insolvenzverwalters ein vorläufiger<br />

Sachwalter bestellt wird. Denn das Erfordernis zur<br />

Begründung von Masseverbindlichkeiten in einem Eröffnungsverfahren<br />

nach § 270a InsO sei zur Fortführung eines<br />

Geschäftsbetriebes unabweisbar. Ansonsten bestünde die<br />

Gefahr, dass das Vertrauen der Geschäftspartner in die Geschäftsleitung<br />

des Schuldners und deren Sanierungskonzept<br />

beeinträchtigt und damit faktisch eine Vorentscheidung<br />

gegen die Anordnung der Eigenverwaltung im eröffneten<br />

Verfahren getroffen wird.<br />

4. Bewertung und praktische Konsequenzen<br />

Die Ausgangsentscheidung des Amtsgerichtes Duisburg<br />

führte dazu, dass die Schuldnerin nicht mehr als selbstständig<br />

handelndes Unternehmen am Markt auftreten konnte.<br />

Dadurch entstand bei den Kunden und Lieferanten der<br />

Schuldnerin außerdem der Eindruck, sie könne die momentane<br />

Krise aus eigener Kraft nicht überwinden. Die Sanierungsaussichten<br />

wurden dadurch erheblich beeinträchtigt.<br />

Mit der nun vorliegenden obergerichtlichen Entscheidung<br />

des Landgerichtes Duisburg gehören solche Fälle hoffentlich<br />

der Vergangenheit an. Nur aufgrund der schnellen, innerhalb<br />

von wenigen Tagen erfolgten Entscheidung des Beschwerdegerichtes<br />

war es der Schuldnerin in dem geschilderten Fall<br />

noch mehrere Wochen bis zur Verfahrenseröffnung möglich,<br />

die ihr vom Gesetzgeber im Verfahren nach § 270a InsO<br />

zugewiesene alleinige rechtliche Verfügungsbefugnis über<br />

ihr Vermögen wieder alleine auszuüben.<br />

Der Entscheidung des Landgerichtes Duisburg ist vollumfänglich<br />

zuzustimmen:<br />

Denn ohne eine Möglichkeit, Verpflichtungen zulasten der<br />

späteren Insolvenzmasse einzugehen, können Lieferbeziehungen<br />

und sonstige Vertragsverhältnisse, die für eine Sanierung<br />

des Unternehmens zwingend notwendig sind, nicht<br />

begründet oder aufrechterhalten werden. Ausreichende<br />

Mittel, alle Lieferungen gegen Vorkasse zu zahlen, dürften<br />

bei einem zahlungsunfähigen Unternehmen kaum vorhanden<br />

sein. Damit einhergehende Lieferstopps seitens der Lieferanten<br />

und Produktionsverzögerungen aufseiten des Insolvenzschuldners<br />

wären unvermeidbar. Demzufolge ist die<br />

Begründung von Masseverbindlichkeiten im vorläufigen<br />

Eigenverwaltungsverfahren gemäß § 270a InsO elementar.<br />

Diesen Punkt hat das Landgericht Duisburg ausdrücklich<br />

bestätigt.<br />

Wenn eine vorläufige Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO<br />

bejaht wird, dann steht die gleichzeitige Verlagerung der Begründung<br />

von Masseverbindlichkeiten auf einen Dritten dazu<br />

in einem unauflösbaren Widerspruch. Dies hat das LG Duisburg<br />

nun abschließend klargestellt.<br />

Fazit<br />

Die Entscheidung des Landgerichtes Duisburg vom 29.11.2012<br />

bringt enorme Rechtssicherheit im Hinblick auf die Begründung<br />

von Masseverbindlichkeiten durch den eigenverwaltenden<br />

Schuldner im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren<br />

gemäß § 270a InsO.<br />

Sie gewährleistet, dass der eigenverwaltende Schuldner<br />

vom ersten Tag der Insolvenzantragstellung an die im Verfahren<br />

nach § 270a InsO notwendigen Masseverbindlichkeiten<br />

begründen kann. Insoweit ist die Entscheidung des<br />

Land gerichtes Duisburg als Meilenstein hin zu einer neuen<br />

Sa nierungskultur und zur Herstellung des Vertrauens im<br />

Geschäftsverkehr anzusehen.<br />

Strebt der Schuldner ein Insolvenzeröffnungsverfahren nach<br />

§ 270a InsO an, dann sollte er bereits im Rahmen der Insolvenzantragstellung<br />

einen weiteren Antrag zur Begründung<br />

einzelner, im Voraus festgelegter Verbindlichkeiten zulasten<br />

der späteren Insolvenzmasse stellen, um eine nahtlose Betriebsfortführung<br />

im Insolvenzeröffnungsverfahren sicherzustellen.<br />

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH gilt<br />

es, dabei zwingend folgende Punkte zu beachten, die dem<br />

Gericht vorzutragen sind: Namen der benötigten Lieferanten<br />

und Dienstleister, Kurzbeschreibung des jeweiligen Vertragsgegenstandes<br />

(z. B. Lieferung von Gas), prognostizierte<br />

monatliche Ausgabenhöhe sowie Darlegung zur Deckung<br />

der zu begründenden Verbindlichkeiten bei Fälligkeit (z. B.<br />

Bei fügung eines Liquiditätsplanes).<br />

37


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Der „unechte“ Massekredit nach ESUG<br />

RA Daniel Trowski, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

RA Ralf Schreiber, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Das ESUG hat durch die mit seiner Einführung nunmehr vermehrt vorkommenden Fälle der (vorläufigen) Eigenverwaltung<br />

und des Schutzschirmverfahrens einen direkten Einfluss auf die Art und Häufigkeit der Vergabe von<br />

Massekrediten. War in der Vergangenheit in den meisten Fällen der (vorläufige) Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis<br />

über das Vermögen des Insolvenzschuldners Partei der Massekreditvereinbarung, so ist es nach der<br />

Einführung des ESUG der Schuldner selbst, unter Umständen unter Mitwirkung des (vorläufigen) Sachwalters.<br />

Im Folgenden soll erörtert werden, was<br />

• einen „unechten“ Massekredit im Unterschied zu einem<br />

„echten“ Massekredit ausmacht,<br />

• wie sich der Umstand, dass nunmehr der Schuldner selbst<br />

und nicht mehr der (vorläufige) Insolvenzverwalter handelt,<br />

auf die Gestaltung von Massekreditvereinbarungen<br />

auswirkt und<br />

• welche Vorteile sich aus der Vergabe eines „unechten“<br />

Massekredites, insbesondere in Abgrenzung zum „echten“<br />

Massekredit, für die Banken ergeben.<br />

1. Ausgangssituation<br />

Durch die Zielsetzung des ESUG, grundsätzlich eine Sanierung<br />

des in der Krise befindlichen Unternehmens herbeizuführen,<br />

benötigt dieses Unternehmen im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens<br />

für den schwierigen Weg der<br />

wirtschaftlichen Gesundung und zur Aufrechterhaltung des<br />

Geschäftsbetriebes Liquidität. Da aber spätestens bei Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens die (absonderungsberechtigten)<br />

Gläubiger – sei es durch Kündigung offener Betriebsmittellinien<br />

und/oder durch Widerruf der im Sicherheitenvertrag<br />

geregelten Einziehungsbefugnis der als Sicherheit dienenden<br />

Forderungsabtretungen gegenüber Dritten (Globalzessionsverträge)<br />

– das Unternehmen von der Liquiditätszufuhr<br />

abschneiden, muss zusammen mit den Banken ein Weg<br />

gefunden werden, frische Liquidität für die Fortführung des<br />

Betriebes zu generieren.<br />

In Abgrenzung zum Massekostenvorschuss der Gläubiger,<br />

welcher der Finanzierung des Insolvenzverfahrens dient, ist<br />

der Massekredit dazu bestimmt, den Insolvenzschuldner im<br />

Insolvenzeröffnungsverfahren zu finanzieren.<br />

2. Abgrenzung zwischen dem „echten“ und dem<br />

„unechten“ Massekredit<br />

Massekredite kommen in der Praxis als „echte“ und „unechte“<br />

Massekredite vor, die sich trotz der Namensähnlichkeit<br />

sowohl in ihrer rechtlichen Ausgestaltung als auch ihrer Risikoeinwertung<br />

aus Bankensicht wesentlich unterscheiden.<br />

2.1 „Echter“ Massekredit<br />

Bei diesem handelt es sich letztlich um ein übliches Gelddarlehen<br />

gemäß §§ 488 ff. BGB, welches in Form neuer Liquidität<br />

– bspw. in Form eines Kontokorrentkredites unter Einräumung<br />

eines befristeten Kreditlimits – von der Bank obligo- und<br />

risikoerhöhend vergeben wird. Eine werthaltige Besicherung<br />

scheidet in den meisten Fällen deshalb aus, da im Vorfeld der<br />

Krise diese schon von den Banken zur Besicherung ausstehender<br />

Darlehen belastet wurden. Mithin ist der „echte“ Massekredit<br />

in der Praxis selten und beschränkt auf die Fälle, in<br />

denen entweder die Sicherheiten unter den Banken gepoolt<br />

wurden und der „echte“ Massekredit als Konsortialdarlehen<br />

unter Beteiligung aller Banken gewährt wird oder eine Bank<br />

der wesentliche Finanzier des Insolvenzschuldners ist und die<br />

werthaltigen Sicherheiten im Wesentlichen bei ihr liegen.<br />

2.2 „Unechter“ Massekredit<br />

Bei dem „unechten“ Massekredit wird es dem Insolvenzschuldner<br />

unter zustimmender Kenntnisnahme des vorläufigen<br />

Sachwalters gestattet, bereits im Insolvenzeröffnungsverfahren<br />

fällige Erlöse aus Sicherheiten – z. B. aus einer Globalzession<br />

zugunsten der Bank – vorläufig als Betriebsmittel für die<br />

Unternehmens fortführung zu verwenden. Zur Einziehung der<br />

Forderungen ist der Insolvenzschuldner meist durch die Ermächtigung<br />

des Insolvenzgerichtes bei der Beschlussfassung<br />

über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen gem. § 21<br />

Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO berechtigt, d. h., der Schuldner kann mit<br />

zustimmender Kenntnis des vorläufigen Sachwalters die den<br />

Globalzessionsverträgen der Bank unterfallenden Forderungen<br />

zunächst selbst einziehen und zur Fortführung des Unternehmens<br />

einsetzen. Jedoch haben bei einer Anordnung gemäß § 21<br />

Abs. 2, Satz 1, Nr. 5 InsO der Schuldner und der vorläufige Sachwalter<br />

weiterhin die Zession des jeweiligen Gläubigers zu respektieren<br />

und sie sollten wegen der eingezogenen Forderungen und<br />

deren Verwendung eine Vereinbarung mit dem Gläubiger treffen<br />

(Vereinbarung „unechter“ Massekredit oder Vereinbarung über<br />

die Kreditierung der bereits eingezogenen Sicherheitenerlöse).<br />

Bei einem „unechten“ Massekredit wird also nicht „neues Geld“<br />

von der Bank zur Verfügung gestellt, sondern es wird – bspw.<br />

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aus der Global zession – eine neue Einziehungsberech tigung<br />

(die bestehende wurde meist durch die Banken widerrufen)<br />

begründet oder im eröffneten Verfahren die Auskehrung des<br />

Sicherheitenerlöses kreditiert. Die Höhe des „unechten“ Massekredites<br />

ergibt sich aus der tatsächlichen Realisierungsquote<br />

der als Sicherheiten dienenden Forderungen, kann aber<br />

nach oben hin auf einen maximalen Betrag begrenzt werden.<br />

3. Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />

Bei der Vereinbarung eines „unechten“ Massekredites ist es für die<br />

kreditierende Bank wesentlich, dass Masseverbindlichkeiten gemäß<br />

§ 55 InsO begründet werden. Kann eine Masseverbindlichkeit<br />

nicht begründet werden, besteht die Möglichkeit, dass die beteiligten<br />

Parteien des „unechten“ Massekredites unter Zustimmung<br />

des vorläufigen Sachwalters vereinbaren, dass durch die im Rahmen<br />

der weiterhin bestehenden Globalzession abgetretenen „Neuforderungen“,<br />

die im Rahmen des fortgeführten Geschäftsbetriebes<br />

entstehen, auch weiterhin zur Absicherung der Kreditierung<br />

der Sicherheitenerlöse im Rahmen des „unechten“ Massekredites<br />

dienen. Bei dieser Konstellation ist darauf zu achten, dass der<br />

(vorläufige) Sachwalter bereits im eröffneten Verfahren auf eine<br />

eventuelle Anfechtung der entstandenen Neuforderungen verzichtet.<br />

Ob überhaupt Masseverbindlichkeiten begründet werden können,<br />

ist maßgeblich davon abhängig, ob sich die Parteien im Verfahren<br />

vor oder nach Insolvenzeröffnung befinden und mit welchen<br />

Befugnissen der Insolvenzschuldner als Kreditnehmer bzw. der<br />

(vorläufige) Sachwalter ausgestattet ist.<br />

3.1 Insolvenzeröffnungsverfahren<br />

Im Insolvenzeröffnungsverfahren ergibt sich die Berechtigung<br />

zur Begründung von Masseverbindlichkeiten aus § 55 Abs. 2<br />

Satz 1 InsO. Berechtigt zur Begründung von Masseverbindlichkeiten<br />

ist somit der vorläufige (starke) Insolvenzverwalter.<br />

Der (schwache) vorläufige Insolvenzverwalter kann nur dann<br />

Masseverbindlichkeiten begründen, soweit er durch einen<br />

entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichtes zum Abschluss<br />

von Darlehensverträgen und der Bestellung von Sicherheiten<br />

konkret ermächtigt wurde. Im Falle der Bestellung<br />

eines vorläufigen Sachwalters ergibt sich die Kompetenz zur<br />

Begründung von Masseverbindlichkeiten des Schuldners<br />

beim Schutzschirmverfahren direkt aus § 270b Abs. 3 InsO.<br />

Im Rahmen des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens gemäß<br />

§ 270a InsO sorgt zwischenzeitlich der Beschluss des<br />

Landgerichtes Duisburg vom 29.11.2012 (vgl. hierzu den Beitrag<br />

auf S. 14) für Klarheit, wonach der eigenverwaltende<br />

Schuldner einzelne im Voraus festgelegte Verbindlichkeiten<br />

zulasten der späteren Insolvenzmasse begründen darf.<br />

3.2 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

Im eröffneten Insolvenzverfahren regelt § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO<br />

die Ermächtigung zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten<br />

für den Insolvenzverwalter. Für den Schuldner in der Eigenverwaltung<br />

kommt diese Norm über § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO entsprechend<br />

zur Anwendung. In diesem Zusammenhang ist im<br />

Rahmen der Beschlüsse des Gerichtes zu überprüfen, ob die<br />

Norm des § 277 InsO („Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit“)<br />

Anwendung findet, da diese anders als § 275 InsO direkte<br />

Auswirkung auf die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften hat,<br />

die ohne Zustimmung des Sachwalters abgeschlossen wurden.<br />

4. Vorteile des „unechten“ Massekredites aus Sicht der<br />

Banken<br />

Für die Banken hat der „unechte“ Massekredit, insbesondere<br />

in Abgrenzung zum „echten“ Massekredit, entscheidende<br />

Vorteile:<br />

• Es kommt aufseiten der Bank, anders als bei einer Neukreditgewährung,<br />

zu keiner Erhöhung des Obligos.<br />

• Da das bestehende Obligo nicht erhöht wird, vielmehr allein<br />

über Sicherheiten und deren Erlöse verfügt wird, ist<br />

aus Risikosicht der Bank die Entscheidung für diese Maßnahme<br />

einfacher zu vertreten, als wenn neue Liquidität<br />

zur Verfügung gestellt würde.<br />

• Bei dem Rückzahlungsanspruch handelt es sich um eine<br />

Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 InsO.<br />

• Soweit keine Masseverbindlichkeit begründet wird, erfolgt<br />

eine Absicherung des „unechten“ Massekredites durch die<br />

Einbeziehung der entstehenden Neuforderungen unter den<br />

bereits abgeschlossenen Globalzessionsvertrag mit Zustimmung<br />

des Sachwalters oder durch entsprechende Regelungen<br />

in einem zu erstellenden Insolvenzplan, in der der „unechte“<br />

Massekredit dann in der Gruppe der besicherten Gläubiger mit<br />

einer 100 %igen Befriedigungsregelung aufgenommen wird.<br />

• Geringe Veränderung der Risikoposition, die darin besteht,<br />

dass entweder die Masse nicht ausreicht, um die<br />

Masseverbindlichkeit zu decken und neu abgetretene Forderungen,<br />

auf deren Anfechtung der Insolvenzverwalter/<br />

Sachwalter verzichtet hat, den offenen Restbetrag nicht<br />

abdecken.<br />

• Die Liquidität führt zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes.<br />

• Die zeitraubende Diskussion über Wirksamkeit, Umfang<br />

und Werthaltigkeit der Sicherheiten wird zu diesem Zeitpunkt<br />

vermieden.<br />

Es lässt sich festhalten, dass der „unechte“ Massekredit in den<br />

Fällen, in denen ein „echter“ Massekredit z. B. mangels werthaltiger<br />

Sicherstellung nicht darstellbar ist, ein aus Risikosicht<br />

der Banken vertretbarer Beitrag für die Fortführung eines Unternehmens<br />

darstellt, bei welchem im Rahmen seiner rechtlichen<br />

Ausgestaltung die wesentlichen Belange der Banken berücksichtigt<br />

werden können und der mithin einen wesentlichen<br />

Beitrag zur Sanierung des betroffenen Unternehmens bildet.<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Insolvenzgeld und dessen Vorfinanzierung<br />

RA Alfred Kraus, Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Das Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III) sichert den Arbeitsentgeltanspruch der Arbeitnehmer für die letzten dem<br />

Insolvenzereignis vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses. Die Bundesagentur für Arbeit hat<br />

zwischenzeitlich in ihren aktualisierten Durchführungsanweisungen klargestellt, dass auch im Schutzschirmverfahren<br />

(§ 270b InsO) die Gewährung von Insolvenzgeld bzw. dessen Vorfinanzierung möglich ist. Die in der<br />

Insolvenzpraxis aufgekommene Frage, ob § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren anwendbar sei, hat sich<br />

vor Kurzem geklärt.<br />

Insolvenzereignis<br />

Das Vorliegen eines Insolvenzereignisses ist die Voraussetzung<br />

für den Anspruch auf Insolvenzgeld. Als Insolvenzereignis<br />

gilt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 165 Abs. 1<br />

Satz 2 Nr. 1 SGB III) oder die Abweisung des Antrages auf<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 165<br />

Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III).<br />

Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />

Da das Insolvenzgeld erst nach dem Insolvenzereignis für<br />

den geschützten Zeitraum (vor Eröffnung) ausgezahlt wird,<br />

ist es erforderlich, diese Phase zu überbrücken. Hier setzt<br />

die Insolvenzgeldvorfinanzierung an. Sie schließt die Zeitspanne<br />

zwischen tatsächlicher Arbeitsleistung im Eröffnungsverfahren<br />

und der Auszahlung des Insolvenzgeldes<br />

durch die Agentur für Arbeit. Die Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />

ist damit ein wichtiges Instrument für die Betriebsfortführung.<br />

Die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes kann in der Weise<br />

erfolgen, dass eine Bank dem vorläufigen Insolvenzverwalter<br />

ein Massedarlehen zur Bezahlung der Nettovergütungen aller<br />

Arbeitnehmer gewährt (kollektive Vorfinanzierung) und die<br />

Arbeitnehmer im Gegenzug ihre Insolvenzgeldansprüche an<br />

die Bank zur Rückführung des Darlehens abtreten. Alternativ<br />

und sicherer wird mit Forderungsverkäufen gearbeitet. Die<br />

Arbeitnehmer verkaufen hierbei ihre Insolvenzgeldforderungen<br />

zum Preis ihrer Nettolöhne an eine Bank.<br />

Die kollektive Abtretung der Insolvenzgeldansprüche bedarf<br />

gemäß § 170 Abs. 4 SGB III der Zustimmung der Agentur für<br />

Arbeit. Die Agentur für Arbeit erteilt die Zustimmung, wenn<br />

mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein erheblicher Teil<br />

der Arbeitsplätze dauerhaft erhalten bleibt. Nach den Durchführungsanweisungen<br />

orientiert sich die Agentur für Arbeit<br />

bei ihrer Beurteilung einerseits an den Zahlen des § 112a<br />

BetrVG. Andererseits muss sich aus einer Prognose die<br />

Erhaltung der Arbeitsplätze ergeben.<br />

Insolvenzgeldvorfinanzierung im Schutzschirmverfahren<br />

Die Vorteile des Schutzschirmverfahrens wären stark eingeschränkt,<br />

wenn in diesem Verfahren kein Insolvenzgeld<br />

zur Verfügung stünde. Diesbezüglich hat die Bundesagentur<br />

für Arbeit sehr frühzeitig für Klarheit gesorgt und zum April<br />

2012 ihre Durchführungsanweisungen zum Insolvenzgeld zu<br />

Ziff. 3.2 Abs. 2 zu § 170 SGB III wie folgt ergänzt:<br />

„Die Vorfinanzierung von Arbeitsentgeltansprüchen nach<br />

§ 170 Abs. 4 SGB III ist grundsätzlich auch während eines<br />

Schutzschirmverfahrens (§ 270b InsO) möglich, sobald das<br />

Gericht eine entsprechende Anordnung nach § 270b Abs. 1<br />

InsO getroffen hat. Die Gewährung von Insolvenzgeld hängt<br />

auch in diesem Fall vom Eintritt eines Insolvenzereignisses<br />

ab (vgl. § 270b Abs. 4 InsO). Kommt es daher zu einer<br />

Sanierung des Unternehmens, ohne dass das Gericht die<br />

Eröffnung des Insolvenzverfahrens anordnet oder den Antrag<br />

auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse<br />

ablehnt, scheidet die Gewährung von Insolvenzgeld aus.“<br />

Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 InsO im<br />

Schutzschirmverfahren<br />

Da § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO explizit nur auf die entsprechende<br />

Geltung des § 55 Abs. 2 InsO verweist, ist in der<br />

Insolvenzpraxis – insbesondere bei den das Insolvenzgeld<br />

vorfinanzierenden Banken – die Frage aufgekommen, ob<br />

die Norm des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren<br />

anwendbar sei.<br />

Aus § 55 Abs. 3 InsO geht hervor, dass Ansprüche der<br />

Bundesagentur für Arbeit wegen der Zahlung von Insol­<br />

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venzgeld immer Insolvenzforderungen sind, insbesondere<br />

also auch, wenn ein starker vorläufiger Verwalter die<br />

Arbeitsleistung in Anspruch genommen hat. Nichts anderes<br />

kann für das Schutzschirmverfahren gelten (Erst-Recht-<br />

Schluss).<br />

Da § 55 Abs. 3 InsO bei den allgemeinen Vorschriften steht,<br />

findet er immer Anwendung, wenn er nicht ausdrücklich<br />

ausgeschlossen wird. Einen dogmatischen Streit über die<br />

Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren<br />

kann es damit eigentlich nicht geben.<br />

Nichtsdestotrotz verlangen einige kreditierende Banken<br />

in ihren Rahmenvereinbarungen zur Insolvenzgeldvorfinanzierung,<br />

dass „es sich bei den angekauften Nettoarbeitsentgelten<br />

um Masseforderungen handeln muss und<br />

die Insolvenzschuldnerin vor Durchführung der Ankäufe<br />

daher einen Beschluss des zuständigen Amtsgerichtes<br />

vorzulegen hat, nach dem die zum Ankauf vorgesehenen<br />

Nettoarbeitsentgelte Masseforderungen sind“. Bei einer<br />

solchen Handhabung wäre das als Sanierungsinstrument<br />

so hervorragend geeignete Schutzschirmverfahren faktisch<br />

„tot“ – mit enormen haftungsrechtlichen Risiken für<br />

alle Beteiligten.<br />

In Einzelfällen versucht man sich in der Praxis damit zu behelfen,<br />

dass man in die Rahmenvereinbarung zur Insolvenzgeldvorfinanzierung<br />

eine dahingehende Regelung aufnimmt,<br />

„dass § 55 Abs. 3 InsO zur Anwendung kommt“.<br />

„Nach § 270b Abs. 3 Satz 2 InsO gelten vom eigenverwaltenden<br />

Schuldner im Schutzschirmverfahren eingegangene<br />

Verbindlichkeiten als nach § 55 Abs. 2 InsO begründete<br />

Verbindlichkeiten. Dies führt zu einer direkten Anwendbarkeit<br />

des § 55 Abs. 3 InsO auf diese Fallgestaltung. Die Bundesagentur<br />

kann – unabhängig davon, ob ein eigenverwaltender<br />

Schuldner während des Schutzschirmverfahrens<br />

oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter die Arbeitsleistung<br />

der Beschäftigten in Anspruch nimmt – gem. § 169 SGB III<br />

übergegangene Arbeitsentgeltansprüche nur als Insolvenzforderungen<br />

geltend machen. Ihren Hinweis, in der Insolvenzpraxis<br />

bestehe Unsicherheit hinsichtlich einer Anwendbarkeit<br />

des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren,<br />

haben wir zum Anlass genommen, unsere Position mit den<br />

zuständigen Bundesministerien abzustimmen (…). Sowohl<br />

das BMAS als auch das BMJ teilen die o. g. Position der<br />

Bundesagentur für Arbeit.“<br />

Fazit<br />

Durch das Insolvenzgeld bzw. dessen Vorfinanzierung hat<br />

der Gesetzgeber ein wirksames Mittel zur Liquiditätsschöpfung<br />

geschaffen, dessen Sinn und Zweck die Absicherung<br />

der Betriebsfortführung in der Insolvenz ist.<br />

Diese Mittel stehen auch im Schutzschirmverfahren zur Verfügung,<br />

ohne dass dabei Masseverbindlichkeiten ausgelöst<br />

werden. Der § 55 Abs. 3 InsO ist dort direkt anwendbar.<br />

Um keine Haftungsrisiken einzugehen, stellen einige vorfinanzierende<br />

Kreditinstitute in ihren Rahmenvereinbarungen<br />

rein vorsorglich klar, „dass bei Zahlung des Insolvenzgeldes<br />

durch die Bundesagentur für Arbeit die von der Bank angekauften<br />

Nettoarbeitsentgelte inkl. der für diese Ansprüche<br />

gestellten Sicherheiten auf die Bundesagentur übergehen.<br />

Angesichts dessen, dass § 270b Abs. 3 InsO nicht auf § 55<br />

Abs. 3 InsO verweist möglicherweise auch als Masseforderung.<br />

Die Bank haftet nicht für die damit einhergehende Belastung<br />

der Insolvenzmasse“.<br />

Die Bundesagentur für Arbeit hat am 16.07.2012 auf eine<br />

von Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte Steuerberater<br />

veranlasste Anfrage zu der aufgekommenen Diskussion<br />

bzgl. der Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 InsO im Schutzschirmverfahren<br />

mitgeteilt, dass sie unter Berücksichtigung<br />

der Zielrichtung des Schutzschirmverfahrens<br />

(BT-Drucks. 17/5712, S. 40 f.) sowie der Begründung der<br />

Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom<br />

26.10.2011 (BT-Drucks. 17/7511, S. 50) folgende Position<br />

vertritt:<br />

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deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Die Haftung des Sanierungsgeschäftsführers<br />

im Schutzschirmverfahren<br />

RA Dr. Utz Brömmekamp, Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf/Frankfurt<br />

RAin Katrin Schröder Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater, Düsseldorf<br />

Kommt ein Schuldnerunternehmen in eine eher durch Markteinflüsse verschuldete Krise, werden Gläubiger wie<br />

Gesellschafter, wenn bereits ein nicht offensichtlich aussichtsloses Sanierungskonzept vorliegt, eine Betriebsfortführung<br />

durch die bisherige Geschäftsführung im Rahmen eines sog. Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO<br />

zum Zweck der Erstellung eines Insolvenzplanes befürworten. Was für den Geschäftsführer und den ihn unterstützenden<br />

Sanierungsberater zunächst als Ausdruck großen Vertrauens gewertet werden kann und muss, birgt<br />

erhebliche Haftungsrisiken im Hinblick auf liquiditätsverzehrende Maßnahmen.<br />

1. Zentrale gesellschaftsrechtliche Haftungsnormen<br />

Eine Haftung nach den insolvenzrechtlichen Tatbeständen scheidet<br />

zwar aus. Diese richten sich gegen die Schuldnerin, nicht<br />

gegen den Geschäftsführer als deren gesetzlichen Vertreter. Den<br />

Gläubigern gegenüber ist die Schuldnerin – in der Terminologie<br />

der „Amtstheorie“ gesprochen – als Eigenverwalter verantwortlich.<br />

Der Geschäftsführer haftet jedoch der Schuldnerin im Innenverhältnis<br />

für ein etwaiges Fehlverhalten auf Schadensersatz<br />

nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Haftungsnormen,<br />

welche mangels anderweitiger Regelung auch im Schutzschirmverfahren<br />

grundsätzlich weiter Anwendung finden.<br />

Zentrale gesellschaftsrechtliche Haftungsnormen sind für Zahlungen,<br />

die unmittelbar zu einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin<br />

führen, § 64 S. 1 GmbHG (bei der AG: § 92 Abs. 2 AktG),<br />

und für sonstige Maßnahmen, die das Schuldnerunternehmen<br />

kurzfristig weiter in die Verlustzone bringen werden, § 43 Abs. 2<br />

GmbHG (bei einer AG: § 93 AktG). Da die aktienrechtlichen Regelungen<br />

nahezu wortgleich mit den Regelungen im GmbHG sind,<br />

werden nachfolgend zur Vereinfachung nur Ausführungen zu den<br />

maßgeblichen Haftungsnomen im GmbHG gemacht und, nur soweit<br />

erforderlich, auf Besonderheiten im AktG hingewiesen.<br />

2. Anwendbarkeit von § 64 S. 1 GmbHG im<br />

Schutzschirmverfahren<br />

Gemäß § 64 S. 1 GmbHG ist es einem Geschäftsführer ab Eintritt<br />

der Zahlungsunfähigkeit bzw. Feststellung der Überschuldung<br />

untersagt, Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu erbringen.<br />

Verletzt er diese Pflicht, so haftet er der Schuldnerin persönlich<br />

und unbeschränkt auf Ersatz der vorgenommenen Zahlungen,<br />

es sei denn, die betreffende Zahlung war mit der Sorgfalt<br />

eines ordentlichen Kaufmannes vereinbar. Eine gleichlautende<br />

Regelung enthält § 92 Abs. 2 AktG für den Vorstand einer AG.<br />

a) Meinungsstreit<br />

Fraglich ist, ob diese lex specialis zu § 43 GmbHG auf Zahlungen<br />

im Schutzschirmverfahren Anwendung findet. Der<br />

Gesetzgeber erklärt sich hierzu leider weder in der InsO noch<br />

in den Gesetzesmaterialien. Da mit dem Antrag auf Eröffnung<br />

eines Schutzschirmverfahrens zwingend auch der Antrag<br />

auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verbunden sein<br />

muss, kann man hier argumentieren, dass der Schutzzweck<br />

des § 64 S. 1 GmbHG, das Anhalten der Geschäftsführung,<br />

möglichst frühzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen, bereits<br />

erreicht und damit der Anwendungsbereich dieser Norm<br />

teleologisch zu reduzieren ist. Genausogut kann man aber<br />

auch sagen, dass ohne Anwendung des § 64 S. 1 GmbHG im<br />

Schutzschirmverfahren eine Verletzung der Anzeigepflicht<br />

nach § 270b Abs. 4 S. 2 InsO ohne Sanktion bliebe und damit<br />

die zum Gläubigerschutz eingeführte Anzeigepflicht gegenüber<br />

dem Gericht bei Eintritt der Zahlungsfähigkeit im<br />

Schutzschirmverfahren leerläuft. Der Schuldner kann ungehindert<br />

„weiterwirtschaften“ und das letzte Sanierungspotenzial<br />

der Gesellschaft „verbrennen“.<br />

b) Handlungsempfehlung für den betroffenen<br />

Geschäftsführer<br />

Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung ergibt sich damit eine<br />

erhebliche Rechtsunsicherheit für den Sanierungsgeschäftsführer.<br />

Aus Vorsichtsgründen kann man ihm nur empfehlen, bei<br />

Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen unter Berücksichtigung<br />

der bisher ergangenen Rechtsprechung zu § 64 S. 1<br />

GmbHG Folgendes auch im Schutzschirmverfahren zu beachten:<br />

Zur Vermeidung einer persönlichen Haftung muss der Geschäftsführer<br />

– wie bereits im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit<br />

von ihm verlangt – einen Liquiditätsstatus<br />

für die Gesellschaft aufstellen und regelmäßig, d. h. je nach<br />

Liquiditätssituation der Gesellschaft, täglich oder wöchentlich,<br />

aktualisieren.<br />

42


www.diai.org<br />

Darüber hinaus benötigt der Geschäftsführer einen Liquiditätsplan,<br />

der mindestens die Dauer des Schutzschirmverfahrens<br />

abdeckt und auf die Geschäftsplanung im weiten Sinne<br />

abgestimmt ist. Hierdurch lässt sich bereits frühzeitig eine<br />

Liquiditätslücke erkennen. Auch kann der Geschäftsführer<br />

dort darlegen, wie er sich abzeichnende Liquiditätsengpässe<br />

zu vermeiden gedenkt. Dies ist besonders wichtig vor dem<br />

Hintergrund, dass im Schutzschirmverfahren grundsätzlich<br />

alle Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit als nicht<br />

mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar<br />

betrachtet werden und der Geschäftsführer die Beweislast<br />

dafür trägt, dass etwaige Zahlungen mit der Sorgfalt<br />

eines ordentlichen Kaufmannes vereinbar waren (§ 64 S. 2<br />

GmbHG).<br />

Aus dem Businessplan muss zudem hervorgehen, dass die<br />

im Schutzschirmverfahren vorzunehmenden Maßnahmen<br />

dem Wohl des Unternehmens dienen. Unternehmenswohl ist<br />

dabei mit dem Interesse der Gläubiger an einer bestmöglichen<br />

Befriedigung durch Sanierung gleichzusetzen (vgl. § 1<br />

InsO). Gesellschafterinteressen haben dabei nur noch<br />

eine untergeordnete Bedeutung. Mit anderen Worten: Im<br />

Businessplan muss dargelegt werden, dass die Verluste, die<br />

zwangsläufig durch anfallenden Restrukturierungsaufwand<br />

und insolvenzbedingt rückläufige Umsätze anfallen, durch<br />

Sanierungsgewinne bei Bestätigung des Insolvenzplanes<br />

kompensiert werden.<br />

Aus den vorgelegten Planrechnungen muss sich ferner mit<br />

hinreichender Nachvollziehbarkeit ergeben, dass nach Aufhebung<br />

des Verfahrens operativ wieder Gewinne erwirtschaftet<br />

werden, sobald die Restrukturierungsmaßnahmen<br />

plangemäß greifen. Wegen der Planungsrisiken sollte zumindest<br />

nach Verrechnung der aufgelaufenen Verluste mit dem<br />

plangemäß anfallenden Sanierungsgewinn eine angemessene<br />

Eigenkapitalstärkung von mindestens 20 Prozent verbleiben<br />

und die operative Gewinnzone mit überwiegender Wahrscheinlichkeit<br />

erreicht werden.<br />

Den Businessplan (einschließlich Liquiditätsstatus und Liquiditätsplanung)<br />

sollte der Geschäftsführer dem vorläufigen<br />

Gläubigerausschuss zur Stellungnahme und Genehmigung<br />

vorlegen. Denn aus dem Gesellschaftsrecht ist bekannt,<br />

dass eine von der Gesellschafterversammlung vorgenehmigte<br />

Maßnahme für den Geschäftsführer nicht haftungsbegründend<br />

wirkt. Aus § 270 Abs. 3 S. 2 InsO kann man folgern,<br />

dass dieser Rechtsgedanke auch in der Eigenverwaltung<br />

Anwendung finden soll. Danach gilt eine Eigenverwaltung als<br />

nicht nachteilig, wenn vor der Entscheidung über den Antrag<br />

über die Eigenverwaltung dem vorläufigen Gläubigerausschuss<br />

Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde und der<br />

vorläufige Gläubigerausschuss daraufhin umfassend informiert<br />

den Antrag einstimmig unterstützt. Auf das Schutzschirmverfahren<br />

angewendet, bedeutet dies, dass der Geschäftsführer<br />

nicht mehr ohne Weiteres im Nachhinein durch<br />

die Gläubiger haftbar gemacht werden kann, wenn er die<br />

vom vorläufigen Gläubigerausschuss genehmigten Maßnahmen<br />

plangemäß umgesetzt hat.<br />

Bei der Umsetzung des Businessplanes wird man dem Sanierungsgeschäftsführer<br />

dann – wie einem Insolvenzverwalter<br />

bei unternehmerischen Entscheidungen im Verfahren – einen<br />

gewissen Entscheidungsspielraum zugestehen müssen, da<br />

andernfalls ein Wertungswiderspruch zu § 61 InsO („erkennen<br />

konnte“) entstünde. Über die Einhaltung des Businessplanes<br />

sollte er den vor läufigen Gläubigerausschuss dennoch<br />

nicht nur der guten Ordnung halber im Rahmen eines nachvollziehbaren<br />

monatlichen oder bei Bedarf sogar wöchentlichen<br />

Reportings informieren, damit der Ausschuss seine<br />

eigene Entscheidung für eine Betriebsfortführung stets auf<br />

den Prüfstand stellen kann.<br />

Kommt es im weiteren Verlauf zu erheblichen negativen Abweichungen<br />

vom genehmigten Businessplan, welche sich<br />

durch Maßnahmen der Geschäftsführung nicht kompensieren<br />

lassen, ist dem Geschäftsführer dringend zu empfehlen,<br />

dies dem vorläufigen Gläubigerausschuss und dem Gericht<br />

unverzüglich anzuzeigen. Das Gericht entscheidet dann nach<br />

Anhörung des vorläufigen Gläubigerausschusses, ob das<br />

Schutzschirmverfahren beendet und das Unternehmen in<br />

das Regel insolvenzverfahren überführt werden soll.<br />

3. Haftung des Geschäftsführers nach<br />

§ 43 Abs. 2 GmbHG<br />

Die letztlich gleichen Empfehlungen kann man einem<br />

Geschäftsführer bei unternehmerischen Entscheidungen<br />

geben, die das Schuldnerunternehmen kurzfristig weiter in<br />

die Verlustzone bringen, langfristig jedoch für das Gelingen<br />

des Sanierungsplanes von großer Bedeutung sind. Diese<br />

führen, wenn der unmittelbare Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit<br />

nicht hergestellt werden kann, nicht zur<br />

Anwendung von § 64 S. 1 GmbHG, sind aber am Sorgfaltsmaß<br />

des § 43 Abs. 1 GmbHG zu messen. Danach hat ein<br />

Geschäftsführer in allen Angelegenheiten der Gesellschaft<br />

die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu beachten.<br />

Ansonsten haftet er der Gesellschaft gemäß § 43 Abs. 2<br />

GmbHG auf Schadensersatz. Mit dem oben geführten<br />

Rechtsgedanken zur haftungsausschließenden Wirkung der<br />

Zustimmung des Gläubigerausschusses kann man hier<br />

eventuellen Problemen ebenfalls gut begegnen.<br />

43


deutsches institut für <strong>angewandtes</strong> insolvenzrecht e.v.<br />

sonderausgabe newsletter 2013<br />

Autoren<br />

Dr. Utz Brömmekamp, Rechtsanwalt<br />

Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater und<br />

Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />

Schwerpunkte: allgemeines Zivilrecht, <strong>Insolvenzrecht</strong>, Handels- und Gesellschaftsrecht<br />

sowie Bankenrecht<br />

utz.broemmekamp@buchalik-broemmekamp.de<br />

Robert Buchalik, Rechtsanwalt<br />

Partner der Buchalik Brömmekamp Rechtsanwälte | Steuerberater und<br />

Geschäftsführer der Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />

Schwerpunkte: Erstellung betriebswirtschaftlicher Sanierungskonzepte,<br />

Sanierung durch Insolvenz, insbesondere im Rahmen von Insolvenzplänen und<br />

Eigenverwaltungen, <strong>Insolvenzrecht</strong>, Bankrecht, der Moderation von Bankenpools,<br />

Lieferantenpools und der aktiven Durchführung von Treuhandschaften<br />

robert.buchalik@buchalik-broemmekamp.de<br />

Heinz-Peter Derrix-Belau<br />

Buchalik Brömmekamp Unternehmensberatung<br />

Schwerpunkte: Interimsmanagement, Insolvenzbegleitung und<br />

Bankenkoordination<br />

heinz-peter.derrix-belau@buchalik-broemmekamp.de<br />

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Leitender Direktor des DIAI<br />

Schwerpunkte: <strong>Insolvenzrecht</strong>, Gläubigerschutz<br />

hans.haarmeyer@t-online.de<br />

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sowie Controlling<br />

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Dr. Eike Knolle, Rechtsanwalt<br />

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Unternehmenskäufe<br />

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Alfred Kraus, Rechtsanwalt<br />

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und Restrukturierung<br />

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