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Predigt gehalten in Ort / Datum - Pforzheimer Stadtmission e.V.

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<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -1-<br />

<strong>Predigt</strong> <strong>gehalten</strong> <strong>in</strong> <strong>Ort</strong> / <strong>Datum</strong><br />

<strong>Pforzheimer</strong> <strong>Stadtmission</strong> 05. August 2007<br />

Liebe <strong>Stadtmission</strong>sgeme<strong>in</strong>de,<br />

viele von uns kennen das Schachspiel. Jenes Spiel, wo man mit logischem Denkvermögen<br />

und verschiedenen Figuren Zug um Zug versucht, se<strong>in</strong>en Gegner<br />

schachmatt zu setzen. Ganz so e<strong>in</strong>fach ist das nicht, denn der Gegner kann ausweichen<br />

oder selber angreifen.<br />

Die Jonageschichte, mit der wir am vergangenen Sonntag begonnen hatten, kommt<br />

mir manchmal so wie e<strong>in</strong> Schachspiel vor. In dieser jahrtausendealten Geschichte<br />

muss Gott se<strong>in</strong>en ungehorsamen Propheten zu se<strong>in</strong>em eigenen Heil und zum Heil<br />

se<strong>in</strong>er Zeitgenossen erst e<strong>in</strong>mal „matt setzen“, damit Jona sich auf den Weg macht<br />

und Gottes Auftrag, der Stadt N<strong>in</strong>ive das Gericht Gottes anzukündigen, nachkommt.<br />

Doch bevor Jona se<strong>in</strong> Leben Gott, se<strong>in</strong>em König, zu Füßen legt und zur Verfügung<br />

stellt, versucht er zuerst e<strong>in</strong>mal, diesem Gott mit vielen Schachzügen zu entkommen.<br />

Am vergangenen Sonntag hatten wir gesehen, wie Gott die Partie mit dem Auftrag:<br />

„Jona, mache dich auf und geh <strong>in</strong> die große Stadt N<strong>in</strong>ive und predige wider sie“ eröffnet<br />

hatte.<br />

Jetzt war Jona am Zug und Jona setzte Gott se<strong>in</strong> „Aber“ entgegen. Deshalb heißt es<br />

<strong>in</strong> der Jonageschichte:<br />

Jona 1, 3<br />

Aber Jona machte sich auf und wollte vor dem HERRN nach Tarsis fliehen und kam<br />

h<strong>in</strong>ab nach Jafo. Und als er e<strong>in</strong> Schiff fand, das nach Tarsis fahren wollte, gab er Fährgeld<br />

und trat h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, um mit ihnen nach Tarsis zu fahren und dem HERRN aus den Augen<br />

zu kommen.<br />

Jona 1, 4<br />

Da ließ der HERR e<strong>in</strong>en großen W<strong>in</strong>d aufs Meer kommen, und es erhob sich e<strong>in</strong> großes<br />

Ungewitter auf dem Meer, dass man me<strong>in</strong>te, das Schiff würde zerbrechen.<br />

Der erste Schachzug des Jona: Äußere Flucht vor Gott<br />

Das also war die Reaktion e<strong>in</strong>es Jona, als Gott zu ihm sprach. Anstatt, dass Jona<br />

sich aufmachte, um nach N<strong>in</strong>ive zu gehen, machte er sich auf und floh h<strong>in</strong>ab vom<br />

galiläischen Bergland <strong>in</strong> die Hafenstadt Jafo, heute Haifa. Die schöne <strong>Predigt</strong>, der er<br />

e<strong>in</strong>ige Wochen zuvor gehört hatte: „Christen s<strong>in</strong>d Menschen, die Gott immer mehr<br />

gehorchen ...“, war vergessen.<br />

Jona gehorchte Gott nicht. Er wählte e<strong>in</strong>e andere Strategie – er floh. Er floh nicht<br />

zum Thron Gottes, um dort Geborgenheit und Hilfe zu erfahren. Er floh von Gott weg.<br />

Jona war e<strong>in</strong> Mensch auf der Flucht.<br />

Jona floh vor Gott! War er wirklich der Me<strong>in</strong>ung, wenn er erst e<strong>in</strong>mal außerhalb des<br />

Landes Israel wäre, dann wäre er Gott entkommen Dachte er wirklich: „Gott ist nur<br />

für das Land zuständig, wenn ich erst e<strong>in</strong>mal auf dem Meer b<strong>in</strong>, dann höre ich se<strong>in</strong>e<br />

Stimme nicht mehr.“ Eigentlich hätte er es wissen müssen, dass es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n<br />

macht, vor Gott davonzulaufen. Auch andere Propheten vor ihm waren <strong>in</strong>s Ausland


<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -2-<br />

geflohen und diesem Gott dennoch nicht entkommen. Mose war auf den S<strong>in</strong>ai geflohen<br />

– Gott hatte ihn dort gefunden. Elia zu der Witwe nach Zarpat – und Gott war<br />

auch dort. Hatte Jona als K<strong>in</strong>d nicht Psalm 139 gelernt, wo es heißt:<br />

Ps. 139,7<br />

Woh<strong>in</strong> soll ich gehen vor de<strong>in</strong>em Geist, / und woh<strong>in</strong> soll ich fliehen vor de<strong>in</strong>em Angesicht<br />

Ps. 139,8<br />

Ps. 139,9<br />

Ps. 139,10<br />

Führe ich gen Himmel, so bist du da; / bettete ich mich bei den Toten, siehe, so bist du<br />

auch da.<br />

Nähme ich Flügel der Morgenröte / und bliebe am äußersten Meer.<br />

so würde auch dort de<strong>in</strong>e Hand mich führen / und de<strong>in</strong>e Rechte mich halten.<br />

Kann man wirklich so dumm se<strong>in</strong> und vor Gott fliehen Ja, ich glaube, das kann man<br />

schon. Wie viele Jonas gibt es auch heute. Menschen, die wohl ahnen, dass es Gott<br />

gibt. Menschen, die wohl <strong>in</strong> ihrer K<strong>in</strong>dheit von ihm gehört, ja auch e<strong>in</strong>en Anfang mit<br />

ihm gemacht haben. Aber irgendwann s<strong>in</strong>d sie vor Gott davongelaufen. Sie verdrängen<br />

Gott <strong>in</strong> ihrem Leben, sie stellen ihn h<strong>in</strong>ten an, sie fliehen vor ihm, weil jetzt im<br />

Augenblick se<strong>in</strong> Ruf und se<strong>in</strong>e Gegenwart nicht <strong>in</strong>s Leben passen. „Später e<strong>in</strong>mal<br />

will ich mich um Gott kümmern“, hat mir neulich e<strong>in</strong> Mann im mittleren Alter gesagt.<br />

„Ich weiß wohl, dass es ihn gibt – aber jetzt habe ich ke<strong>in</strong>e Zeit. Jetzt passt er nicht <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong> Leben.“ Wie viele wissen: „Gott hat schon <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben zu mir gesprochen,<br />

aber das will ich im Augenblick nicht hören. Ich mache weiter wie bisher. Sonst<br />

müsste ich ja me<strong>in</strong> Leben ändern.“<br />

Menschen, die vor Gott fliehen, s<strong>in</strong>d Menschen, die wohl wissen, dass er zu ihnen<br />

geredet, zu ihnen gesprochen hat – aber sie stellen sich diesem Anruf nicht. Im Gegenteil,<br />

sie tun alles, um diesen Anruf Gottes, dieses Reden Gottes nicht hören zu<br />

müssen.<br />

Im Konfirmandenunterricht mussten die Konfirmanden e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Aufsatz zu ihrem<br />

Konfirmandenspruch schreiben. E<strong>in</strong> Mädchen hatte den Spruch gezogen: „Den Frieden<br />

lasse ich euch. Me<strong>in</strong>en Frieden gebe ich euch“ (Joh. 14, 27). Sie schrieb <strong>in</strong> ihrem<br />

Aufsatz: „Es gibt viele Leute, die machen sich Gedanken und Unruhe über Jesus,<br />

als wenn er was von uns wollte. Das ist aber ganz unnötig. Denn <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

Spruch sagt ja der Herr Jesus selbst, dass er uns <strong>in</strong> Ruhe und Frieden lassen will.<br />

Und das ist auch ganz gut so, dass er die Leute <strong>in</strong> Ruhe lässt.“<br />

Dieses Mädchen hat hier gelassen große Worte geschrieben. Sie sprach das aus,<br />

was der Herzenswunsch vieler Menschen, ja sogar vieler Christen ist: „Lieber Gott,<br />

lass mich doch bitte <strong>in</strong> Ruhe.“<br />

Auch Jona denkt: „Lieber Gott, lass mich doch e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> Ruhe.“ Aber genau das will<br />

Gott nicht, zum Glück will er das nicht! Er wirbt so lange um uns, bis wir zu ihm gehören,<br />

bis wir se<strong>in</strong> eigen s<strong>in</strong>d.<br />

Als Jona im Hafen von Jafo angekommen war, fand er e<strong>in</strong> Schiff – e<strong>in</strong> Schiff, das<br />

nach Spanien fuhr. Er bezahlte den Fährpreis und der war bestimmt nicht billig. Jona<br />

war bereit, e<strong>in</strong>en wirklich hohen Preis für se<strong>in</strong>e Flucht zu bezahlen. Das geht uns oft<br />

ähnlich. Manchmal s<strong>in</strong>d wir bereit, e<strong>in</strong>en hohen Preis zu bezahlen, um uns der Wirklichkeit<br />

nicht stellen zu müssen. Manchmal s<strong>in</strong>d wir bereit, e<strong>in</strong>en hohen Preis zu bezahlen,<br />

um uns unseren Problemen <strong>in</strong> unseren Leben oder dem lebendigen Gott<br />

nicht stellen zu müssen.


<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -3-<br />

Gott hatte Jona Schach geboten und Jona me<strong>in</strong>te, es sei e<strong>in</strong> kluger Schachzug gewesen,<br />

vor Gott davonzulaufen. Doch jetzt war wieder Gott am Zug.<br />

Gott ist am Zug: Gott schickt e<strong>in</strong>en Sturm<br />

„Er“, so lesen wir, „er warf e<strong>in</strong>en großen W<strong>in</strong>d auf das Wasser“. Er ließ e<strong>in</strong>en Sturm<br />

aufkommen. Als souveräner Gott bediente er sich der Naturgewalten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

Schöpfung. Gott kann W<strong>in</strong>de, Erdbeben, Klimakatastrophen auf diese Erde werfen,<br />

wie kle<strong>in</strong>e Buben mit Ste<strong>in</strong>en werfen. Der Sturmw<strong>in</strong>d ist e<strong>in</strong> Diener Gottes, um der<br />

Flucht e<strong>in</strong>es Jona e<strong>in</strong>en Riegel vorzuschieben.<br />

Das ist übrigens bis heute so. Der vielbeschworene Klimawandel, den wir gegenwärtig<br />

erleben, ist nicht nur e<strong>in</strong> Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Er ist auch<br />

e<strong>in</strong> Reden Gottes zu uns Menschen, die wir auf der Flucht vor ihm s<strong>in</strong>d.<br />

Der zweite Schachzug des Jona: Innere Flucht<br />

Nach diesem Schachzug Gottes sollten wir eigentlich me<strong>in</strong>en, dass Jona sich dem<br />

lebendigen Gott stellen würde. Doch das war weit gefehlt. Jona setzte se<strong>in</strong>e Flucht<br />

fort. Nach der äußeren Flucht folgte die <strong>in</strong>nere Flucht. Er stieg wieder e<strong>in</strong>mal h<strong>in</strong>unter,<br />

h<strong>in</strong>unter <strong>in</strong> den Schiffsbauch und er schlief.<br />

Da ist schon zu fragen, wie kann e<strong>in</strong> Mensch bei solch e<strong>in</strong>em Sturm, bei solchem<br />

Wellengang, bei solchem Auf und Ab eigentlich noch schlafen<br />

Es ist nicht der Schlaf geme<strong>in</strong>t, den wir me<strong>in</strong>en, wenn die Bibel uns hier über den<br />

schlafenden Jona berichtet. Das hebräische Wort an dieser Stelle bezeichnet nicht<br />

den normalen Schlaf, sondern e<strong>in</strong>en narkoseartigen Tiefschlaf – e<strong>in</strong>e Art Ohnmacht.<br />

Jona will vergessen, e<strong>in</strong>fach alles vergessen, was er seither <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben getan<br />

und erlebt hat. Jona will auch Gott vergessen, endlich Ruhe haben, vor Gottes Anruf,<br />

vor Gottes Stimme. Nichts mehr sehen, nichts mehr hören, nichts mehr spüren – nur<br />

schlafen und vor dem Angesicht Gottes nicht nur äußerlich, sondern auch <strong>in</strong>nerlich<br />

fliehen. Gottes Stimme im Leben tot machen, die Decke über den Kopf ziehen – das<br />

ist es, was Jona <strong>in</strong> dieser Situation tut. Jona flüchtet <strong>in</strong> den Konflikten se<strong>in</strong>es Lebens<br />

<strong>in</strong> den Schlaf. Er flüchtet vor der Welt, vor den Menschen, vor dem Druck. Der äußeren<br />

stürmischen Flucht <strong>in</strong> Richtung Tarsis folgt die <strong>in</strong>nere Flucht des Jona. Flucht vor<br />

den Konsequenzen des Ungehorsams, Flucht vor den Augen Gottes. Und Jona ist<br />

dabei wie e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d. Kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der machen die Augen zu und me<strong>in</strong>en, wenn<br />

sie nichts mehr sehen, sieht man sie auch nicht mehr.<br />

Jona flieht hier nicht mehr nur vor Gott, er flieht auch vor den Problemen, <strong>in</strong> die er<br />

sich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>manövriert hat. Wir lächeln über Jona, aber machen wir es nicht genauso<br />

Wie viele flüchten vor ihren Problemen.<br />

Unsere Fluchtwege s<strong>in</strong>d heute nicht die Straße von Gad Hepher nach Jafo. Wir haben<br />

andere Fluchtwege gewählt. Der beliebteste Fluchtweg heute ist die Flucht <strong>in</strong> die<br />

Arbeit.<br />

Da ist e<strong>in</strong>e Ehe, e<strong>in</strong>e Familie, die nicht leicht ist. Mann und Frau verstehen sich nicht<br />

recht. Die Erziehung der K<strong>in</strong>der gestaltet sich nicht e<strong>in</strong>fach. Oft gibt es Me<strong>in</strong>ungsverschiedenheiten.<br />

Man ist auf dem besten Weg, sich ause<strong>in</strong>ander zu leben. Wie oft<br />

geschieht es <strong>in</strong> solchen Situationen, dass Männer sich <strong>in</strong> die Arbeit, <strong>in</strong> ihren Beruf


<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -4-<br />

flüchten. Im Büro zu se<strong>in</strong> und Überstunden zu machen, ist viel e<strong>in</strong>facher, als sich den<br />

Konflikten zu Hause zu stellen. Freilich gibt man das nicht so platt zu. Da s<strong>in</strong>d berufliche<br />

Notwendigkeiten, die den übermäßigen beruflichen E<strong>in</strong>satz erfordern, da f<strong>in</strong>det<br />

man immer e<strong>in</strong> paar Gründe, die sachlich zw<strong>in</strong>gend s<strong>in</strong>d. Aber oft ist das auch e<strong>in</strong>e<br />

Flucht.<br />

Andere wählen e<strong>in</strong>en anderen Fluchtweg. Man flüchtet vor den Problemen des Alltags<br />

<strong>in</strong> endloses Shoppen. Auch das kann man gut begründen. Schließlich muss<br />

man günstige Sonderangebote f<strong>in</strong>den. Schließlich muss man die Rabattschlacht des<br />

SSV ausnutzen.<br />

E<strong>in</strong> beliebter Fluchtweg aus der Realität des Lebens ist das Internet geworden. Im<br />

Internetspiel „second life“ können sich Menschen e<strong>in</strong>e virtuelle Sche<strong>in</strong>welt aufbauen.<br />

Alles wird wie im wirklichen Leben simuliert. Oft fliehen Menschen dabei aus ihrem<br />

richtigen, ersten Leben. Stundenlang können sie mit irgendwelchen Leuten auf der<br />

Welt chatten – aber mit realen Freunden zusammen oder <strong>in</strong> der Familie br<strong>in</strong>gen sie<br />

ke<strong>in</strong>e drei Worte heraus.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Studie des amerikanischen Me<strong>in</strong>ungsforschungs<strong>in</strong>stitutes Kimberly &<br />

Young ergab sich bei Chattern oder Menschen, die <strong>in</strong> Internetsche<strong>in</strong>welten e<strong>in</strong>tauchen,<br />

folgende „Hitliste“ der „D<strong>in</strong>ge, denen sie davonlaufen wollten“:<br />

E<strong>in</strong>samkeit, Unzufriedenheit <strong>in</strong> der Ehe, Stress <strong>in</strong> der Arbeit, Langeweile, Depressionen,<br />

f<strong>in</strong>anzielle Probleme, Unsicherheit <strong>in</strong> Bezug auf Aussehen.<br />

Mehr als e<strong>in</strong>e Million Onl<strong>in</strong>e-Süchtige soll es <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> Deutschland geben, so<br />

ermittelte die hessische Landesstelle für Suchtfragen. Internetsüchtige vernachlässigen<br />

ihre sozialen Kontakte, bewegen sich nur noch <strong>in</strong> virtuellen Räumen und können<br />

sich nicht mehr selbst kontrollieren.<br />

Wieder andere fliehen <strong>in</strong> den Alkohol, um wenigstens für e<strong>in</strong>ige Stunden am Tag der<br />

Realität des Lebens zu entkommen.<br />

Manchmal flüchten wir <strong>in</strong> die Resignation, ziehen uns wie Jona die Decke über den<br />

Kopf, würden am liebsten die Welt und alle Probleme <strong>in</strong> ihr ignorieren.<br />

Aber wer flieht, verfehlt se<strong>in</strong> Ziel und das nennt die Bibel Schuld. Wir haben es schon<br />

am letzten Sonntag gesagt: Jonas Flucht ist e<strong>in</strong> Weg nach unten. H<strong>in</strong>unter nach Jaffa,<br />

h<strong>in</strong>unter <strong>in</strong> den Bauch des Schiffes und später h<strong>in</strong>unter <strong>in</strong> die Tiefen des Meeres.<br />

Flucht ist Abstieg – auf dem Fluchtweg verliert Jona immer mehr sich selbst. Mart<strong>in</strong><br />

Luther sagte zu dieser Stelle: „Da liegt er nun und schnarcht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Sünden. Jonas<br />

Traumschiff wird ihm zum Albtraumschiff.“<br />

Fliehen vor Problemen, fliehen vor Gott, fliehen vor Verantwortung führt uns nie besonders<br />

weit und manchmal muss uns Gott e<strong>in</strong>en Sturm schicken, bis wir unsere<br />

Fluchtwege e<strong>in</strong>sehen.<br />

Und das Fatale an Jonas Flucht: Die Menschen um Jona herum leiden am meisten<br />

an se<strong>in</strong>em Lebensstil, an se<strong>in</strong>er Flucht. Er zieht andere mit h<strong>in</strong>unter, er setzt auch<br />

andere dem Sturm aus. Se<strong>in</strong>e Flucht br<strong>in</strong>gt andere Menschen <strong>in</strong> Gefahr. Das müssen<br />

wir wissen, dem müssen wir <strong>in</strong>s Auge sehen. Unsere Flucht, unser Lebensstil,<br />

den wir wählen, ist nie unsere Privatangelegenheit. So oft ist es so, dass me<strong>in</strong>e Umgebung<br />

den Preis für me<strong>in</strong>en Lebensstil mitbezahlt. Wenn Väter <strong>in</strong> die Arbeit fliehen,<br />

bezahlen K<strong>in</strong>dern den Preis mit. Wenn Frauen sich <strong>in</strong> Alkohol flüchten, bezahlt die<br />

Familie den Preis mit. Jona br<strong>in</strong>gt mit se<strong>in</strong>em Lebensstil e<strong>in</strong> ganzes Schiff <strong>in</strong> Gefahr.<br />

Ja, das gibt es! Man kann mit se<strong>in</strong>em Lebensstil e<strong>in</strong>e ganze Familie und manchmal<br />

sogar e<strong>in</strong>e ganze Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> Gefahr br<strong>in</strong>gen.


<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -5-<br />

Es wäre noch viel zu dieser Jonageschichte zu sagen.<br />

Jona kommt an Deck und erkennt die ganze Bescherung. Es wird gelost, wer schuld<br />

ist, e<strong>in</strong>e heidnische Vorstellung – und es trifft Jona. Und nun stellen ihm die Leute auf<br />

dem Schiff viele, viele Fragen:<br />

Jona 1, 8<br />

Sage uns, warum geht es uns so übel Was ist de<strong>in</strong> Gewerbe, und wo kommst du her<br />

Aus welchem Lande bist du, und von welchem Volk bist du<br />

Und <strong>in</strong>dem Jona spricht, geht ihm wohl auf, dass er mit sich selbst nicht mehr deckungsgleich<br />

ist. Jona fürchtet den Herrn, der das Meer und das Trockene gemacht<br />

hat und ist doch zugleich auf der Flucht vor ihm. Eigentlich müsste Jona es jetzt merken<br />

– das passt nicht zusammen!<br />

Ist se<strong>in</strong>e Flucht jetzt vorbei, kehrt e<strong>in</strong> Jona jetzt um Fällt er auf se<strong>in</strong>e Knie und sagt<br />

zu Gott: „Ich bekenne dir me<strong>in</strong>e Schuld. Ich will dir gehorchen und nach N<strong>in</strong>ive gehen.“<br />

Jonas dritter Schachzug: Er kehrt um und übernimmt die Verantwortung<br />

Jona 1, 12<br />

Er sprach zu ihnen: Nehmt mich und werft mich <strong>in</strong>s Meer, so wird das Meer still werden<br />

und von euch ablassen. Denn ich weiß, dass um me<strong>in</strong>etwillen dies große Ungewitter<br />

über euch gekommen ist.<br />

Jona weiß, wie zu helfen ist. In der Frage der Matrosen: „Was sollen wir jetzt tun“,<br />

übergeben sie ihm die Verantwortung für se<strong>in</strong> seitheriges Handeln. Und – das ehrt<br />

e<strong>in</strong>en Jona – er ist bereit, die Verantwortung für se<strong>in</strong> Handeln zu übernehmen. „Werft<br />

mich <strong>in</strong>s Meer. Ich habe schon eure Güter ru<strong>in</strong>iert. Ich will euer Leben nicht länger <strong>in</strong><br />

Gefahr br<strong>in</strong>gen.“ Zunächst e<strong>in</strong>mal wollen ihm die Matrosen die Folgen se<strong>in</strong>es Lebensstiles<br />

noch gar nicht zumuten. Sie versuchen das zu vermeiden. Sie rudern wie<br />

wild. Aber irgendwann merken sie, dass das nicht mehr geht. Und so muten sie ihm<br />

die Verantwortung für se<strong>in</strong> Handeln zu.<br />

Das ist übrigens e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>zip, das auch <strong>in</strong> der Erziehung wichtig ist. Man muss den<br />

K<strong>in</strong>dern die Folgen ihres Handelns zumuten. Aber, genau wie die Matrosen, versuchen<br />

viele Eltern zunächst e<strong>in</strong>mal, dies zu vermeiden. Lieber rudern sie selbst wie<br />

wild, um den K<strong>in</strong>dern nicht die Folgen ihres Handelns zumuten zu müssen. Aber das<br />

br<strong>in</strong>gt K<strong>in</strong>der nicht weiter und Eltern oft an den Rand ihrer Möglichkeiten. Indem die<br />

Matrosen Jona die Folgen se<strong>in</strong>es Handelns zumuten, verhelfen sie ihm zu e<strong>in</strong>er Gotteserfahrung<br />

und auch sie selbst machen auf diese Weise e<strong>in</strong>e Erfahrung mit Gott.<br />

Jona geht über Bord und der Sturm legt sich. Das Meer wurde wieder ruhig. Die Matrosen<br />

lernen den Gott e<strong>in</strong>es Jona kennen als den Gott, der Herr ist über das Meer<br />

und über das Trockene.<br />

Jona ist nun über Bord, eigentlich wäre das se<strong>in</strong> letzter Schachzug gewesen. Aber<br />

wäre Jona nun untergegangen und ertrunken, dann wäre ja Gott nicht an se<strong>in</strong>em Ziel<br />

angekommen. Se<strong>in</strong> Ziel war es ja nicht, den Jona zu vernichten. Se<strong>in</strong> Ziel war es,<br />

e<strong>in</strong>en Propheten nach N<strong>in</strong>ive zu schicken und N<strong>in</strong>ive zu retten. Wäre Jona <strong>in</strong> dieser<br />

Situation gestorben, wäre die Begegnung zwischen Jona und Gott mit e<strong>in</strong>em Remis<br />

zu Ende gegangen. Ke<strong>in</strong>er von beiden hätte gewonnen. Und so kommt es, dass <strong>in</strong><br />

der Jonageschichte jetzt Gott wieder am Zug ist.


<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -6-<br />

Der nächste Schachzug Gottes: Gott schickt e<strong>in</strong>en Fisch<br />

Gott beauftragt jetzt e<strong>in</strong>en großen, großen Fisch – vielleicht e<strong>in</strong>en Wal, vom Polarmeer<br />

<strong>in</strong>s Mittelmeer zu schwimmen. Der Wal wird sich bei diesem Auftrag se<strong>in</strong>en Teil<br />

gedacht haben, vielleicht wird er im warmen Mittelmeer auch ganz schön <strong>in</strong>s Schwitzen<br />

gekommen se<strong>in</strong>, aber das macht ja alles nichts. Er ist im richtigen Augenblick zur<br />

Stelle und rettet den Jona vor dem sicheren Untergang. Gott rettet Jona vor dem sicheren<br />

Untergang. Schade ist nur, dass es oft immer erst die Ausweglosigkeiten se<strong>in</strong><br />

müssen, die uns an die Quellen unseres Lebens zurückführen.<br />

Bist du am Ende Auch am Ende de<strong>in</strong>er Flucht vor Gott Spürst du <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Leben:<br />

Tiefer kann es eigentlich kaum noch h<strong>in</strong>untergehen Bist du auch über der Tiefe de<strong>in</strong>er<br />

Schuld und Sünde sehr erschrocken<br />

Etwas möchte uns Gott heute Morgen sagen: „Auch wenn du sehr weit unten bist,<br />

auch wenn du fix und fertig bist, ist Gott noch nicht am Ende und se<strong>in</strong>e Möglichkeiten<br />

und Mittel, dich zu retten, s<strong>in</strong>d noch nicht erschöpft.“<br />

Liebe Freunde <strong>in</strong> der <strong>Stadtmission</strong>, das ist die wichtigste Botschaft dieser Jonageschichte:<br />

Gott hat für dich noch e<strong>in</strong>en Fisch, den er dir schicken kann, um dich zu<br />

retten. Vielleicht ist es nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Fisch, sondern e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> Mensch, den er dir<br />

helfend an die Seite stellt.<br />

Manfred Siebald s<strong>in</strong>gt es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Lied:<br />

Wie tief kann ich fallen, wenn alles zerfällt,<br />

wenn Brücken und Stützen verschw<strong>in</strong>den<br />

Wie lang muss ich laufen auf dieser Welt,<br />

um sicheren Boden zu f<strong>in</strong>den<br />

Nie tiefer als <strong>in</strong> Gottes Hand,<br />

nie länger als <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Nähe.<br />

Nie bau ich me<strong>in</strong> Leben auf Sand,<br />

wenn ich jeden Schritt mit ihm gehe.<br />

Auch wenn du me<strong>in</strong>st, dass der Tiefpunkt de<strong>in</strong>es Lebens erreicht ist: Gott ist noch<br />

da! Vertrau dich ihm an! Er hat Mittel und Wege, dich herauszuholen. Bei ihm heißt<br />

es: Wer auf ihn hofft, wird nicht zuschanden werden.<br />

Jona f<strong>in</strong>det im Bauch des Fisches <strong>in</strong> diesen drei Tagen und Nächten wieder zu se<strong>in</strong>em<br />

Gott zurück. Die Botschaft heute an uns aber lautet:<br />

Lassen wir es doch nicht so weit kommen. Steigen wir doch auf der Flucht unseres<br />

Lebens vor Gott oder vor den Problemen des Lebens nicht so tief h<strong>in</strong>ab. Kehren wir<br />

doch heute zu ihm um!<br />

Die Frage, die ich uns heute stellen will, heißt: „Wo bist du <strong>in</strong> de<strong>in</strong>em Leben auf der<br />

Flucht – äußerlich oder <strong>in</strong>nerlich“<br />

Von Jona können wir lernen: „Me<strong>in</strong> Gott, ich will nicht länger fliehen. Nicht vor dir und<br />

nicht vor Menschen – auch nicht vor den Nöten me<strong>in</strong>es Lebens. Ich stelle mich dir.<br />

Ich will Verantwortung übernehmen. Für mich selbst und für diejenigen, die zu mir<br />

gehören. Lieber Gott, ich bitte dich:<br />

Fang mit mir von vorne an, wirklich ganz von vorne an.<br />

Geh mit mir den ersten Schritt noch e<strong>in</strong>mal.<br />

Auch wenn ich nicht begreifen kann, dass ich immer noch nicht weiter b<strong>in</strong>,<br />

fang mit mir noch e<strong>in</strong>mal ganz von vorne an.


<strong>Predigt</strong> über Jona 1, 4- 2, 1 / Uli Limpf / Seite -7-<br />

Hol mich zurück von me<strong>in</strong>er Reise <strong>in</strong> me<strong>in</strong> gelobtes heilges Land,<br />

hab mich auf me<strong>in</strong>e Art und Weise auf dem Weg dorth<strong>in</strong> verrannt.<br />

Und ich kann dir nicht erklären, warum ich's nicht geschafft hab,<br />

<strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Spur zu bleiben und den Weg mit dir zu gehn.<br />

Fang mit mir ..<br />

Hab e<strong>in</strong>fach satt, mich zu verrennen, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Chaos der Vergangenheit.<br />

Hab geme<strong>in</strong>t, mich gut zu kennen, komm alle<strong>in</strong>e doch nicht weit.<br />

Und ich kann dir nicht erklären, warum ich's nicht geschafft hab,<br />

<strong>in</strong> de<strong>in</strong>er Spur zu bleiben und den Weg mit dir zu gehn.<br />

Fang mit mir ..."<br />

Diesen Text, den Heiko Bräun<strong>in</strong>g und Heidi Bieber <strong>in</strong> Noten gesetzt haben, hören wir<br />

uns jetzt als Lied e<strong>in</strong>mal an. Es darf so etwas se<strong>in</strong> wie e<strong>in</strong> Gebet – auch e<strong>in</strong>e Rückkehr<br />

oder e<strong>in</strong>e Umkehr zu Gott.<br />

Amen

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