mathe-lmu.de - Mathematisches Institut - Ludwig-Maximilians ...
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Nr. 21 – Januar 2010<br />
Mathe-LMU.<strong>de</strong><br />
För<strong>de</strong>rverein Mathematik in Wirtschaft, Universität und<br />
Schule an <strong>de</strong>r <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-Universität München e.V.<br />
Hochschulkarrieren im Ausland - Seiten 14 bis 18<br />
Der Zufall –<br />
ein Helfer und kein Störenfried - Seite 25
2<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Liebes Vereinsmitglied,<br />
Mathematiker können in vielen Branchen <strong>de</strong>r<br />
Industrie tätig sein. In diesem Heft fin<strong>de</strong>n Sie<br />
drei Berichte von unseren Stu<strong>de</strong>nten über ihre<br />
Arbeitserfahrungen bei Münchener Rück, Siemens<br />
AG und Société Générale Securities<br />
Services.<br />
Man kann nach <strong>de</strong>m Abschluss <strong>de</strong>s Studiums<br />
auch im universitären Bereich bleiben<br />
und eine wissenschaftliche Karriere einschlagen.<br />
In dieser Ausgabe berichten wir speziell<br />
über Wer<strong>de</strong>gänge von ehemaligen Stu<strong>de</strong>nten<br />
unseres <strong>Institut</strong>es an ausländischen Universitäten,<br />
und zwar von Dr. Ulrich Berger (Swansea<br />
University) und Prof. Dr. Markus Schmidmeier<br />
(Florida Atlantic University).<br />
Beachten Sie bitte <strong>de</strong>n Hinweis auf unsere<br />
diesjährige „Mathematik am Samstag“ auf<br />
Seite 19.<br />
Vitali Wachtel<br />
Titelbild: Auf Seite 23 geben wir eine<br />
Lösungsskizze zur Aufgabe „Würfel färben“<br />
von Heft 20. Das Titelbild zeigt eine <strong>de</strong>r 39<br />
Lösungen, aufgenommen vor einem Spiegel.<br />
Übrigens ist dies die einzige Lösung, die invariant<br />
ist unter Spiegelungen an einer Ebene.<br />
Impressum <strong>mathe</strong>-<strong>lmu</strong>.<strong>de</strong><br />
Herausgeber För<strong>de</strong>rverein Mathematik<br />
in Wirtschaft, Universität und Schule an <strong>de</strong>r<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-Universität München e.V.,<br />
<strong>Mathematisches</strong> <strong>Institut</strong>, Universität München,<br />
Theresienstr. 39, 80333 München<br />
fmwus@<strong>mathe</strong>matik.uni-muenchen.<strong>de</strong><br />
Konto: 1267532, Bankleitzahl 700 500 00,<br />
Bayerische Lan<strong>de</strong>sbank<br />
ViSdP Vitali Wachtel, <strong>Mathematisches</strong> <strong>Institut</strong>,<br />
Universität München, Theresienstr. 39<br />
80333 München, Tel. 2180-4488<br />
wachtel@<strong>mathe</strong>matik.uni-muenchen.<strong>de</strong><br />
auf Anregung <strong>de</strong>s erweiterten Fakultätsrats<br />
erfolgt die Verabschiedung <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n,<br />
die an <strong>de</strong>r LMU München einen Abschluss<br />
in Mathematik o<strong>de</strong>r Wirtschafts<strong>mathe</strong>matik<br />
erworben haben, seit heuer nicht mehr als<br />
ein Programmpunkt beim „Tag <strong>de</strong>r Fakultät“,<br />
son<strong>de</strong>rn im Rahmen einer eigenen Veranstaltung.<br />
Die Premiere für die Absolventinnen<br />
und Absolventen <strong>de</strong>s aka<strong>de</strong>mischen Jahres<br />
2008/09 fand am Nachmittag <strong>de</strong>s 21. November<br />
2009 in Zusammenarbeit <strong>de</strong>s Mathematischen<br />
<strong>Institut</strong>s mit <strong>de</strong>m För<strong>de</strong>rverein Mathematik<br />
statt. Nach humorvollen Ansprachen<br />
von Professor Franz Merkl als Vorsitzen<strong>de</strong>m <strong>de</strong>s<br />
Prüfungsausschusses und Vorstandsmitglied<br />
im För<strong>de</strong>rverein sowie Herrn Jan Wi<strong>de</strong>nmann<br />
als Vertreter <strong>de</strong>r frischgebackenen Alumni und<br />
umrahmt von stimmungsvoller Musik durch<br />
das Dorothea Klarinetten-Trio wur<strong>de</strong>n die insgesamt<br />
43 anwesen<strong>de</strong>n Absolventinnen und<br />
Absolventen geehrt. Die rund einstündige Veranstaltung<br />
klang mit einem kleinen Sektempfang<br />
aus, wo dann noch ausgiebig die Gelegenheit<br />
ergriffen wur<strong>de</strong>, sich zum einen über<br />
das gemeinsame erfolgreich abgeschlossene<br />
Studium und zum an<strong>de</strong>ren auch über die<br />
ersten Schritte in die berufliche Zukunft auszutauschen.<br />
Die durchwegs positive Resonanz<br />
auf diese Premiere ist sicher eine Ermunterung<br />
zur Fortsetzung in diesem Jahr.<br />
Ihr Erwin Schörner<br />
Redaktion Katharina Belaga, Bernhard Emmer,<br />
Daniel Rost, Ingrid Schehrer,<br />
Erwin Schörner, Katharina Schüller,<br />
Heinrich Steinlein, Vitali Wachtel<br />
Auflage 5000<br />
Layout Gerhard Koehler, München,<br />
kws@kws-koehler.<strong>de</strong><br />
Druck Siller Offsetdruck, Künzelsau<br />
Die Redaktion bedankt sich bei <strong>de</strong>n Firmen, die<br />
mit ihren Anzeigen die Herausgabe dieser Zeitung<br />
ermöglichten. Wir bitten die Leser um<br />
freundliche Beachtung <strong>de</strong>r Anzeigen.
Berichte aus <strong>de</strong>m Mathematischen <strong>Institut</strong><br />
3<br />
Studienangebot und Einschreibung Das<br />
Studienangebot <strong>de</strong>s Mathematischen <strong>Institut</strong>s<br />
erfreut sich auch im Wintersemester<br />
2009/10 wie<strong>de</strong>r sehr großer Beliebtheit bei<br />
<strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n; ein stichhaltiger Beleg<br />
hierfür ist die auch für dieses Studienjahr<br />
sehr erfreuliche Zahl an Neueinschreibungen<br />
in einen <strong>mathe</strong>matischen Studiengang <strong>de</strong>r<br />
LMU München. Das Diagramm zeigt <strong>de</strong>utlich,<br />
dass sich die Zahl <strong>de</strong>r Immatrikulationen<br />
mit insgesamt 465 Studienanfängerinnen<br />
und Studienanfängern auf <strong>de</strong>m hohen<br />
Niveau <strong>de</strong>s Vorjahres stabilisiert hat. Umso<br />
bedauerlicher ist <strong>de</strong>r Umstand, dass <strong>de</strong>r vom<br />
Mathematischen <strong>Institut</strong> zum Wintersemester<br />
2009/10 geplante offizielle Start eines eigenen<br />
Bachelorstudiengangs Wirtschafts<strong>mathe</strong>matik<br />
wegen <strong>de</strong>r immer noch ausstehen<strong>de</strong>n<br />
Genehmigung durch die Rechtsabteilung um<br />
ein Jahr verschoben wer<strong>de</strong>n musste.<br />
Das Mathematische <strong>Institut</strong> hat bei <strong>de</strong>r durch<br />
die Neufassung <strong>de</strong>r Lehramtsprüfungsordnung<br />
I vorgeschriebenen Modularisierung<br />
auch <strong>de</strong>r Lehramtsstudiengänge eine Vorreiterrolle<br />
übernommen: für das vertiefte Studium<br />
<strong>de</strong>r Mathematik für ein Lehramt an Gymnasien<br />
wird bereits ab <strong>de</strong>m Wintersemester<br />
2009/10 ein innovatives Konzept umgesetzt.<br />
Das zunächst für die Fächerkombination mit<br />
Informatik o<strong>de</strong>r Musik vorgesehene Programm<br />
wird auch schon von Studieren<strong>de</strong>n mit an<strong>de</strong>ren<br />
Zweitfächern in großer Zahl angenommen.<br />
Die Einführungsveranstaltung „Mathematik<br />
I (Lehramt Gymnasium)“ wird <strong>de</strong>rzeit von<br />
Herrn Dr. Ralf Gerkmann gelesen, <strong>de</strong>r seit <strong>de</strong>m<br />
1. Oktober 2009 als Aka<strong>de</strong>mischer Rat im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Lehramtsausbildung tätig ist.<br />
Die voraussichtlich zum Wintersemester<br />
2010/11 erfolgen<strong>de</strong> Modularisierung auch<br />
<strong>de</strong>s Unterrichtsfachs Mathematik für ein Lehramt<br />
an Grund-, Haupt- und Realschulen wird<br />
momentan vom Mathematischen <strong>Institut</strong> mit<br />
Nachdruck vorangetrieben; das seit langem<br />
erfolgreiche Konzept eigener, speziell auf die<br />
Bedürfnisse dieser Studieren<strong>de</strong>ngruppe zugeschnittener<br />
Lehrveranstaltungen soll dabei<br />
weiterverfolgt wer<strong>de</strong>n. In diesem Zusammenhang<br />
sei auf das in <strong>de</strong>n letzten Jahren <strong>de</strong>ut-<br />
500<br />
450<br />
3<br />
400<br />
1<br />
3<br />
122<br />
134<br />
159<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
15<br />
11<br />
33<br />
64<br />
14<br />
54<br />
87<br />
67<br />
100<br />
110<br />
107<br />
134<br />
149<br />
249<br />
224<br />
Internationaler Masterstudiengang<br />
Mathematik als Unterrichtsfach<br />
Lehramt an Gymnasien<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
35<br />
31<br />
67<br />
37<br />
32<br />
3<br />
25<br />
35<br />
46<br />
26<br />
38<br />
35<br />
43<br />
57<br />
57<br />
85<br />
74<br />
102<br />
99<br />
125<br />
119<br />
87<br />
82 77 79<br />
167<br />
1<br />
62<br />
1 3<br />
82 79<br />
Diplom Wirtschafts<strong>mathe</strong>matik<br />
Diplom Mathematik<br />
Bachelor Mathematik
4<br />
Berichte aus <strong>de</strong>m Mathematischen <strong>Institut</strong><br />
lich gestiegene Interesse <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Wirtschaftspädagogik am Fach Mathematik<br />
hingewiesen; eine zunehmen<strong>de</strong> Zahl<br />
an künftigen Han<strong>de</strong>lslehrerinnen und Han<strong>de</strong>lslehrern<br />
besucht im Rahmen <strong>de</strong>s Hauptstudiums<br />
die für das Unterrichtsfach Mathematik<br />
angebotenen Lehrveranstaltungen und<br />
legt <strong>de</strong>n fachwissenschaftlichen Komponenten<br />
<strong>de</strong>s Ersten Staatsexamens entsprechen<strong>de</strong><br />
Prüfungen ab.<br />
Personalien Frau Prof. Dr. Francesca Biagini<br />
hat <strong>de</strong>n Ruf auf die W3-Professur in Finanz<strong>mathe</strong>matik<br />
(Nachfolge Filipović) angenommen,<br />
so dass <strong>de</strong>r sowohl für <strong>de</strong>n auslaufen<strong>de</strong>n<br />
Diplomstudiengang als auch für <strong>de</strong>n<br />
neu konzipierten Bachelorstudiengang Wirtschafts<strong>mathe</strong>matik<br />
zentrale Lehrstuhl erfolgreich<br />
wie<strong>de</strong>rbesetzt ist.<br />
Frau Prof. Dr. Kristina Reiss hat zum Wintersemester<br />
2009/10 <strong>de</strong>n Ruf auf <strong>de</strong>n Heinz<br />
Nixdorf-Stiftungslehrstuhl für Didaktik <strong>de</strong>r<br />
Mathematik an <strong>de</strong>r School of Education <strong>de</strong>r<br />
TU München angenommen; das <strong>Institut</strong> hat<br />
bereits <strong>de</strong>n Antrag auf Wie<strong>de</strong>rzuweisung <strong>de</strong>s<br />
Lehrstuhls für Didaktik <strong>de</strong>r Mathematik bei<br />
<strong>de</strong>r Hochschulleitung gestellt und sieht einer<br />
baldigen erfolgreichen Wie<strong>de</strong>rbesetzung, die<br />
für alle Lehramtsstudiengänge unverzichtbar<br />
ist, mit Zuversicht entgegen.<br />
Herr Prof. Dr. Ulrich Derenthal (Freiburg) hat<br />
einen Ruf auf eine W2-Professur in <strong>de</strong>r Algebraischen<br />
Geometrie angenommen.<br />
Veranstaltungen Auch 2009 fand in <strong>de</strong>r<br />
letzten Woche <strong>de</strong>r bayerischen Sommerferien<br />
das überaus erfolgreiche Probestudium<br />
„LMU-Mathe-Sommer“ statt. Herr Prof. Dr.<br />
Daniel Rost, unterstützt von Herrn Dr. Andreas<br />
Fackler und zahlreichen weiteren Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern, gewährte<br />
diesmal unter <strong>de</strong>m Motto „Einfach komplex“<br />
interessierten Oberstufenschülerinnen und<br />
Oberstufenschülern einen Blick über <strong>de</strong>n<br />
reellen Tellerrand. Rund 120 Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer nutzten die Gelegenheit,<br />
sich ein authentisches Bild vom Mathematikstudium<br />
an <strong>de</strong>r LMU zu machen; ein<br />
Rückblick mit Bil<strong>de</strong>rgalerie fin<strong>de</strong>t sich auf<br />
Seite 20.<br />
Die Verabschiedung <strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n, die<br />
im vergangenen aka<strong>de</strong>mischen Jahr einen<br />
Abschluss in Mathematik o<strong>de</strong>r Wirtschafts<strong>mathe</strong>matik<br />
erworben haben, erfolgt seit vergangenem<br />
Jahr in einer eigenen Veranstaltung,<br />
um unseren Ehemaligen einen feierlichen<br />
Rahmen zur Würdigung ihrer aka<strong>de</strong>mischen<br />
Leistungen zu bieten. Die erste Absolventenfeier<br />
<strong>de</strong>s Mathematischen <strong>Institut</strong>s<br />
fand am 21. November 2009 in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>de</strong>m För<strong>de</strong>rverein Mathematik<br />
statt.<br />
Die Reihe „Mathematik am Samstag“, die sich<br />
seit nunmehr zehn Jahren an alle Interessierten,<br />
vor allem aber an Schülerinnen und<br />
Schüler <strong>de</strong>r gymnasialen Oberstufe richtet,<br />
wird auch in diesem Frühjahr mit drei interessanten<br />
Vorträgen fortgesetzt; das genaue Programm<br />
steht auf Seite 19.<br />
Die Gemeinsame Jahrestagung <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Mathematiker-Vereinigung (DMV) und<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft für Didaktik <strong>de</strong>r Mathematik<br />
(GDM) wird in diesem Jahr an <strong>de</strong>r <strong>Ludwig</strong>-<br />
<strong>Maximilians</strong>-Universität München abgehalten;<br />
die Veranstaltungen fin<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Woche<br />
vom 8. bis 12. März 2010 im Universitätshauptgebäu<strong>de</strong><br />
statt. Nähere Informationen<br />
fin<strong>de</strong>n Sie auf Seite 10 und im Internet unter<br />
www.math2010.<strong>de</strong>/CMS/<br />
Erwin Schörner
Als Werkstu<strong>de</strong>nt bei <strong>de</strong>r SGSS<br />
5<br />
Nach einiger Zeit reiflicher Überlegung und<br />
Abschluss <strong>de</strong>r Klausurenphase entschloss ich<br />
mich, eine Bewerbung bei <strong>de</strong>r Société Générale<br />
Securities Services auf die vakante Position<br />
<strong>de</strong>s Werkstu<strong>de</strong>nten einzureichen. Die<br />
Stellenausschreibung fand ich auf <strong>de</strong>r LMU-<br />
Seite, und <strong>de</strong>r angegebene Tätigkeitsbereich<br />
sprach mich sofort an, zumal explizit nach<br />
Wirtschafts<strong>mathe</strong>matikern gesucht wur<strong>de</strong>.<br />
Nach einigen Tagen kam endlich die Antwort:<br />
Ich wur<strong>de</strong> zum Bewerbungsgespräch<br />
eingela<strong>de</strong>n! Vor <strong>de</strong>m Gespräch begann ich<br />
Informationen zu sammeln und mir mögliche<br />
Fragen, die mir gestellt wer<strong>de</strong>n könnten,<br />
zu überlegen. Je näher das Gespräch jedoch<br />
rückte, <strong>de</strong>sto unsicherer wur<strong>de</strong> ich:<br />
Hast du dir alles überlegt Was sollst du<br />
anziehen Eher zu früh kommen, o<strong>de</strong>r genau<br />
pünktlich Anzug mit Krawatte, o<strong>de</strong>r ohne<br />
Überhaupt einen Anzug<br />
Am Morgen <strong>de</strong>s Bewerbungsgesprächs rekapitulierte<br />
ich noch ein letztes Mal, was ich<br />
gerne sagen wollte und wie ich mich verhalten<br />
sollte, und begab mich dann auf <strong>de</strong>n Weg<br />
zur SGSS. Dann die letzten Schritte, bevor ich<br />
zu <strong>de</strong>m Raum gelangte. Direkt als ich hereinkam,<br />
wur<strong>de</strong> ich von vier Personen freundlich<br />
begrüßt. Es sollte sich herausstellen, dass<br />
Bewerbungsgespräche sehr viel weniger einschüchternd<br />
sind, als man erwarten sollte.<br />
Die Stimmung während <strong>de</strong>s Bewerbungsgesprächs<br />
war recht locker und die Fragen, die<br />
gestellt wur<strong>de</strong>n, bezogen sich größtenteils auf<br />
<strong>de</strong>n eingereichten Lebenslauf. So wur<strong>de</strong> nach<br />
beson<strong>de</strong>ren Ereignissen und <strong>de</strong>ren Auswirkungen,<br />
<strong>de</strong>r Persönlichkeit und natürlich nach<br />
<strong>de</strong>n eigenen Schwächen gefragt. Je<strong>de</strong>nfalls<br />
muss ich mich wohl bei <strong>de</strong>r Klei<strong>de</strong>rwahl richtig<br />
entschie<strong>de</strong>n haben – das muss es wohl<br />
gewesen sein –, <strong>de</strong>nn schon kurz nach <strong>de</strong>m<br />
Bewerbungsgespräch stand fest, dass ich <strong>de</strong>n<br />
Job wohl antreten dürfte, und so schlug man<br />
mir vor, ich könnte einige Tage später schon<br />
zu meinem ersten Arbeitstag erscheinen.<br />
Die Abteilung Client Reporting & Performance<br />
Measurement, in <strong>de</strong>r ich nun seit<strong>de</strong>m<br />
Werkstu<strong>de</strong>nt bin, hat zur Hauptaufgabe,<br />
Fondsmanagern und Kun<strong>de</strong>n Daten über ihre<br />
Fonds zur Verfügung zu stellen. Dazu erstellen<br />
und archivieren wir vielfältige Reports,<br />
die sich mit <strong>de</strong>r Performance, <strong>de</strong>m Risiko<br />
eines Fonds o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren investitionsrelevanten<br />
Details beschäftigt. Zusätzlich stehen<br />
wir Kun<strong>de</strong>n je<strong>de</strong>rzeit bei Fragen und Anfragen<br />
zur Seite, sei es, wenn sich ein Fonds<br />
an<strong>de</strong>rs als erwartet entwickelt und <strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>n Grund erfahren möchte o<strong>de</strong>r wenn die<br />
Benchmark eines Fonds geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n<br />
soll.<br />
Die Anfangsphase in <strong>de</strong>r Arbeit war interessant,<br />
aber erfor<strong>de</strong>rte auch eine Verän<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r gewohnten Arbeitsweise. Der Schritt von<br />
<strong>de</strong>r Universität in die Arbeitswelt ist anfangs<br />
doch ein größerer, als man glauben mag. Die<br />
Aufgaben, die man anfänglich zu tätigen hat,<br />
sind natürlich von an<strong>de</strong>rer Natur als in <strong>de</strong>r<br />
Universität, beson<strong>de</strong>rs im Vergleich zu <strong>de</strong>n<br />
konkreten Aufgabenstellungen innerhalb <strong>de</strong>s<br />
Mathematikstudiums. Es sind keine Aufgaben<br />
zu erledigen, bei <strong>de</strong>nen man teilweise stun<strong>de</strong>nlang<br />
grübelt und dann irgendwann das<br />
wohlige Gefühl hat, die Aufgabe gelöst zu<br />
haben, son<strong>de</strong>rn eher Aufgaben von <strong>de</strong>r Kategorie<br />
„Muss gemacht wer<strong>de</strong>n“. Mit <strong>de</strong>r Zeit<br />
arbeitete ich mich aber ein, auch durch die<br />
großartige Unterstützung meiner Kollegen,<br />
und die Arbeit begann immer spannen<strong>de</strong>r<br />
zu wer<strong>de</strong>n. Anfangs waren meine Hauptauf-
6<br />
gaben, <strong>de</strong>n Bürobetrieb zu organisieren und<br />
kleine kun<strong>de</strong>nnahe Aufgaben zu erledigen,<br />
wie z.B. nachzurechnen, wo <strong>de</strong>r Fehler in einer<br />
Performancezeitreihe ist. Mein Aufgabenfeld<br />
wan<strong>de</strong>lte sich mit <strong>de</strong>r Zeit jedoch dahingehend,<br />
dass ich immer mehr eigene Projekte<br />
übernehmen durfte und immer komplexere<br />
Probleme an mich übergeben wur<strong>de</strong>n. Ich<br />
wur<strong>de</strong> ein Teil <strong>de</strong>s Teams. Inzwischen liegen<br />
meine Hauptaufgaben unter an<strong>de</strong>rem in <strong>de</strong>r<br />
Entwicklung komplexer Perfomanceberichte,<br />
<strong>de</strong>r Berechnung von Performancezeitreihen<br />
und Performancemaßen. Die Mathematik<br />
spielt bei <strong>de</strong>r von mir verrichteten Arbeit eine<br />
eher sekundäre Rolle, auch wenn man grundlegen<strong>de</strong><br />
Rechnungen beherrschen muss. Teilweise<br />
wird auch Finanz<strong>mathe</strong>matik benötigt.<br />
Das Mathematikstudium ist jedoch trotz<br />
allem von großem Nutzen, <strong>de</strong>nn die in <strong>de</strong>m<br />
Studium erlernte Arbeits- und Denkweise<br />
erleichtert viele Tätigkeiten ungemein. Ich<br />
kann je<strong>de</strong>m nur empfehlen, selbst einmal die<br />
Erfahrung während <strong>de</strong>s Studiums zu machen,<br />
in einem Unternehmen zu arbeiten – nicht<br />
nur, da man viele interessante Menschen<br />
kennen lernt, auch fachlich und persönlich<br />
kann man sich dadurch weiterentwickeln.<br />
Nicolas Schmidt<br />
Praktikum bei <strong>de</strong>r Münchener Rück –<br />
ein Erfahrungsbericht<br />
Letzten Sommer habe ich mich für das Praktikum<br />
„Inflation und In<strong>de</strong>xentwicklung“ für die<br />
Dauer von acht Wochen bei <strong>de</strong>r Münchener<br />
Rück im Bereich „Special and Financial Risk“<br />
beworben. Nach einem kurzen Vorstellungs-<br />
Praktikum<br />
gespräch bekam ich glücklicherweise eine<br />
Zusage, und schon eine Woche später sollte<br />
es losgehen.<br />
Die Abteilung, in die ich gekommen bin,<br />
beschäftigt sich hauptsächlich mit <strong>de</strong>r Rückversicherung<br />
von operationellen Risiken von<br />
Finanzinstituten je<strong>de</strong>r Art, und meine Aufgabe<br />
sollte es nun sein, grob gesagt, herauszufin<strong>de</strong>n<br />
wie hoch <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r „durchschnittliche“<br />
Scha<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n nächsten Jahren aussehen<br />
wird. Hierzu sollte nun aus vielen Jahren<br />
Scha<strong>de</strong>nserfahrung<br />
eine Inflation<br />
<strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nshöhe<br />
geschätzt<br />
wer<strong>de</strong>n, welche<br />
sich anschließend<br />
in die Zukunft fortschreiben lässt. Dieses ist in<br />
diesem Business von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung,<br />
da zwar die Verträge nur über ein Kalen<strong>de</strong>rjahr<br />
laufen, aber auch noch bis zu zehn Jahre<br />
später ein Scha<strong>de</strong>n in diese Vertragsperio<strong>de</strong><br />
fallen kann. Eine gute Schätzung für die<br />
Scha<strong>de</strong>nshöhe in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren,
7<br />
welche meist bei Gericht verhan<strong>de</strong>lt wird, ist<br />
also für eine gute Preisfindung von großer<br />
Be<strong>de</strong>utung.<br />
Zu Beginn meiner Arbeit bekam ich nun eine<br />
etwa ein 40 Seiten starke Einführung in die<br />
von <strong>de</strong>r Münchener Rück entwickelte Methodik,<br />
wie so etwas zu berechnen ist. Da ich<br />
zu diesem Zeitpunkt erst das dritte Semester<br />
absolviert hatte, war ich am Anfang noch<br />
etwas verunsichert, ob ich <strong>de</strong>nn mit <strong>de</strong>m<br />
<strong>mathe</strong>matischen Anspruch dieses Verfahrens<br />
zurecht kommen wür<strong>de</strong>, doch schneller,<br />
als ich dachte, konnte ich mich in die Materie<br />
einarbeiten. Der Hauptteil <strong>de</strong>r Arbeit war<br />
jedoch das Aufbereiten großer Datenmengen,<br />
da die Daten in verschie<strong>de</strong>nsten Formaten<br />
vorlagen. Für mich war dies i<strong>de</strong>al, da<br />
ich hier erst einmal eine gewisse Vertrautheit<br />
mit Excel erlangen konnte. Bei <strong>de</strong>r eigentlichen<br />
Berechnung waren weniger die <strong>mathe</strong>matischen<br />
Verfahren im Mittelpunkt, son<strong>de</strong>rn<br />
eher die fast philosophische Frage, welche<br />
Daten tatsächlich verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
Denn wie gehen wir mit Schä<strong>de</strong>n um, welche<br />
zum Beispiel wegen <strong>de</strong>r Subprimekrise beson<strong>de</strong>rs<br />
hoch waren Sind alte Datensätze von<br />
1993 repräsentativ für die Zukunft Zusätzlich<br />
erschwert wird dies noch durch die Tatsache,<br />
dass die Versicherung von operationellen<br />
Risiken für Banken ein junges Geschäftsfeld<br />
ist, wo ohnehin noch nicht so viele Erfahrungswerte<br />
vorhan<strong>de</strong>n sind und gera<strong>de</strong> in<br />
Krisenzeiten übermäßig viele Großschä<strong>de</strong>n<br />
auftreten. Zusammen mit <strong>de</strong>n Kollegen haben<br />
wir es so gelöst, dass ich für verschie<strong>de</strong>nste<br />
Eingabedaten eine Inflation geschätzt habe<br />
– wohl in <strong>de</strong>r Hoffnung, dass die Ergebnisse<br />
sich nicht zu sehr unterschei<strong>de</strong>n. Unglücklicherweise<br />
war dies nicht <strong>de</strong>r Fall, sodass die<br />
Inflation auch in näherer Zukunft sich wohl<br />
nicht genauer bestimmen lässt.<br />
Trotz <strong>de</strong>s etwas enttäuschen<strong>de</strong>n Ergebnisses<br />
war es eine interessante Erfahrung, dass<br />
in Praxis ganz an<strong>de</strong>re Probleme auftreten<br />
als beim Beweisen mit Bleistift und Papier.<br />
Ergänzend möchte ich das exzellente Betreuungsverhältnis<br />
und die Wertschätzung meiner<br />
Arbeit betonen, sowie natürlich <strong>de</strong>n schönen<br />
Alpenblick vom sechsten Stock <strong>de</strong>s Büros.<br />
Des Weiteren gab es ein Praktikantenprogramm,<br />
was angefangen von Kunstführungen<br />
bis zu speziellen Workshops einen regen<br />
Austausch mit an<strong>de</strong>ren Praktikanten und Diploman<strong>de</strong>n<br />
geför<strong>de</strong>rt hat. Beson<strong>de</strong>rs erwähnenswert<br />
ist auch das sogenannte Praktikantenforum,<br />
wo Praktikanten und Diploman<strong>de</strong>n<br />
die Möglichkeit haben, ihre Arbeit vor<br />
<strong>de</strong>r Gruppe vorzustellen. Da bei <strong>de</strong>r Münchener<br />
Rück auch viele Geologen und Physiker<br />
ein Praktikum absolviert haben, war dies ein<br />
spannen<strong>de</strong>r Ausblick über <strong>de</strong>n Tellerrand.<br />
Nach En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r acht Wochen wur<strong>de</strong> mir angeboten,<br />
während <strong>de</strong>s Semesters für zehn Stun<strong>de</strong>n<br />
pro Woche als Werkstu<strong>de</strong>nt zu arbeiten,<br />
was ich auch gerne angenommen habe.<br />
Insgesamt kann ich ein Praktikum bei <strong>de</strong>r<br />
Münchener Rück nur weiterempfehlen.<br />
Beson<strong>de</strong>rs ist mir aufgefallen, dass ein (Wirtschafts-)Mathematiker<br />
hier vielseitigere Qualitäten<br />
mitbringen muss als nur analytisches<br />
Geschick. Insbeson<strong>de</strong>re wegen <strong>de</strong>s oft internationalen<br />
Geschäftsfel<strong>de</strong>s ist nicht nur ein<br />
sehr gutes Englisch ein Muss, son<strong>de</strong>rn auch<br />
sogenannte „Soft-Skills“, da die Mathematiker<br />
oft bei Preisverhandlungen mit Kun<strong>de</strong>n, hier<br />
die Erstversicherungen, beteiligt sind.<br />
Janis Bauer
8<br />
Erfahrungen bei <strong>de</strong>r Siemens AG<br />
Mathematik und Produktion gehen Hand in<br />
Hand, so vielfältig ist die Anwendung <strong>de</strong>r<br />
Mathematik. Das zeigt sich gera<strong>de</strong> dann als<br />
eine große Herausfor<strong>de</strong>rung, wenn man sich<br />
vom theoretischen, erlernten Wissen aus zahlreichen<br />
Vorlesungen im Grund- und vor allem<br />
Hauptstudium aufmacht und dieses Wissen in<br />
einem Wirtschaftsunternehmen in Anwendungen<br />
umsetzt. Meine Erwartung dabei war<br />
es, einerseits Methodik und Zusammenhänge<br />
aus meinem Studium prägnanter zu erkennen<br />
und sie an<strong>de</strong>rseits in <strong>de</strong>r Praxis eines Unternehmens<br />
anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Zunächst wur<strong>de</strong> ich bei <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s Produktionsablaufs<br />
in einem Transformatorenwerk<br />
<strong>de</strong>r Siemens AG in Nürnberg eingesetzt.<br />
Ein solcher Ablauf umfasst je<strong>de</strong>n einzelnen<br />
Produktionsschritt vom Wareneingang<br />
bis zum Warenausgang. Bei dieser Produktion<br />
geht es nicht um Serienfertigung,<br />
son<strong>de</strong>rn um Einzelfertigung. Je<strong>de</strong>r Transformator<br />
hat so sein eigenes Wesen und je<strong>de</strong>r<br />
Prozessschritt hat stets eine an<strong>de</strong>re Vorgehensweise.<br />
Der Prozess umfasst die Herstellung<br />
von Material für die weitere Produktion<br />
ebenso wie die Herstellung einer Spule<br />
und das Prüfen <strong>de</strong>s Transformators am En<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Herstellungsprozesses. Das Ziel war dann<br />
das Aufspüren und Beseitigen sogenannter<br />
„Bottlenecks“. Darunter versteht man einen<br />
Teilprozess, <strong>de</strong>r die höchste Auslastung in<br />
<strong>de</strong>r gesamten Prozesskette besitzt und damit<br />
<strong>de</strong>n Durchfluss stark begrenzt. Ein Produkt<br />
braucht somit länger zum Kun<strong>de</strong>n, als dies<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong> for<strong>de</strong>rt. In diesem Zusammenhang<br />
erfasste und analysierte ich unter fachkundiger<br />
Anleitung meiner Teammitglie<strong>de</strong>r wesentliche<br />
qualitätsrelevante Parameter eines Prozesses<br />
zur Herstellung von Transformatoren,<br />
die anschließend mittels statistischer Verfahren<br />
ausgewertet wur<strong>de</strong>n. Eine Erhöhung<br />
<strong>de</strong>r Ent<strong>de</strong>ckungswahrscheinlichkeit und eine<br />
Reduzierung <strong>de</strong>r Auftretenswahrscheinlichkeit<br />
eines Fehlers, <strong>de</strong>r in einem beliebigen<br />
Schritt auftreten kann, ist Ziel <strong>de</strong>s Qualitätsmanagements.<br />
Zur Anwendung kamen hierbei<br />
bekannte Metho<strong>de</strong>n wie beispielsweise<br />
die Anwendung von Histogrammen, um<br />
Verteilungen zu folgern, sowie Varianzanalysen<br />
und Auswertungen von Korrelationen.<br />
Anfangs war ich von <strong>de</strong>r Komplexität <strong>de</strong>s<br />
Produktionsprozesses eines Transformators<br />
zwar geschockt und überwältigt, aber schon<br />
bald faszinierte mich die Möglichkeit, einen<br />
solchen Prozess durch theoretische <strong>mathe</strong>matische<br />
Metho<strong>de</strong>n greifbar zu machen und<br />
diesen zu mo<strong>de</strong>llieren. Optimierungsmetho<strong>de</strong>n<br />
wie etwa die Anwendung <strong>de</strong>s Simplex-<br />
Algorithmus und die Warteschlangentheorie<br />
stellten <strong>de</strong>n Grundstock für tiefergehen<strong>de</strong><br />
Analysen. Die erstmalige praktische Erfahrung<br />
von Kenntnissen, die mir im Studium vermittelt<br />
wor<strong>de</strong>n waren, stellte somit eine überaus<br />
spannen<strong>de</strong> Erfahrung dar.<br />
Einen Anschluss an dieses Praktikum gab<br />
es für mich als Werkstu<strong>de</strong>nt und Diplomand<br />
im Bereich Corporate Technology <strong>de</strong>r Siemens<br />
AG in München-Perlach. Die Abteilung<br />
Production Processes befasst sich mit<br />
allen Aspekten <strong>de</strong>r Optimierung von Produktionsprozessen<br />
in <strong>de</strong>n weltweit verteilten<br />
Werken <strong>de</strong>s Unternehmens. Dabei ist es<br />
die Aufgabe, Metho<strong>de</strong>n fach- und zielgerecht<br />
auf einzelne Prozessschritte anzuwen<strong>de</strong>n.<br />
Dadurch können diese schlüssig mo<strong>de</strong>lliert<br />
und optimiert wer<strong>de</strong>n, und die verwen<strong>de</strong>te<br />
Methodik wird somit – meist auf <strong>de</strong>r<br />
Basis aussagefähiger und prägnanter Charts<br />
und Präsentationen – in <strong>de</strong>n zukünftigen<br />
Produktionsverfahren in <strong>de</strong>n Werken umge-
9<br />
setzt. Eine Verkürzung <strong>de</strong>r effektiven Herstellzeit<br />
eines beliebigen Produktes, die Erhöhung<br />
<strong>de</strong>r systemgerechten Auslastung <strong>de</strong>r Maschinen-,<br />
Material- und Mitarbeiterkapazität und<br />
die Senkung von Kosten <strong>de</strong>s gesamten Prozesses<br />
sind das Ziel dieser strukturierten,<br />
analytischen Vorgehensweise. Die stochastische<br />
Mathematik kommt insbeson<strong>de</strong>re dann<br />
zum Tragen, sobald volatiler Kun<strong>de</strong>nbedarf<br />
und schwanken<strong>de</strong> Wie<strong>de</strong>rbeschaffungszeiten<br />
von Material und Maschinen berücksichtigt<br />
wer<strong>de</strong>n müssen. Dabei spielen Rechnungen<br />
mit Erwartungswerten, partiell zu integrieren<strong>de</strong>n<br />
Integralen und Rechnungen mit<br />
insbeson<strong>de</strong>re diskreten und normalverteilten<br />
Verteilungen eine große Rolle. Unsicherheiten<br />
<strong>de</strong>r Kun<strong>de</strong>nbedarfe wer<strong>de</strong>n statistisch<br />
ausgewertet.<br />
Persönlich befasse ich mich seit über einem<br />
Jahr mit <strong>de</strong>m Thema „Optimaler Einsatz<br />
von Leiharbeitskräften im Produktionsumfeld“.<br />
Ergebnisse meiner Tätigkeit wer<strong>de</strong>n im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Dissertation meines direkten<br />
Betreuers in seiner Arbeit verwen<strong>de</strong>t. Dieses<br />
Projekt führe ich momentan im Rahmen<br />
meiner Diplomarbeit weiter. Dabei analysiere<br />
ich mit Mitteln spieltheoretischer Axiome<br />
und Gesetze – dank <strong>de</strong>r engagierten und<br />
motivieren<strong>de</strong>n Unterstützung durch Herrn<br />
Prof. Dr. Schottenloher – einen gesamten<br />
Produktionsprozess im industriellen Umfeld.<br />
Dabei stellt die Frage nach einer optimalen<br />
Strategienausrichtung <strong>de</strong>s Managements<br />
und <strong>de</strong>s Kun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Kern meiner Arbeit<br />
dar. Wichtige <strong>mathe</strong>matische Sätze, die hierbei<br />
zur Anwendung kommen, sind vor allem<br />
jene Sätze von John Nash, die Nash-Gleichgewichte<br />
untersuchen und <strong>de</strong>ren Existenz<br />
zeigen, solche Sätze, die Spiele in extensiver<br />
Form und Normalform beschreiben, sowie<br />
aus <strong>de</strong>r Wahrscheinlichkeitstheorie bekannte<br />
Sätze wie <strong>de</strong>r Satz von Bayes.<br />
Corporate Technology ist die Forschungsund<br />
Entwicklungsabteilung <strong>de</strong>s Unternehmens<br />
und unterstützt mit ihren theoretisch<br />
fundierten und praxisorientierten Ergebnissen<br />
alle internen Produktionsbetriebe. Viele Mitarbeiter<br />
sind unter <strong>de</strong>r Woche – in <strong>de</strong>r Regel<br />
von Montag bis Donnerstag – in Consulting-<br />
Projekten unterwegs, also direkt bei internen<br />
Kun<strong>de</strong>n wie zum Beispiel <strong>de</strong>m bereits<br />
erwähnten Transformatorenwerk tätig. Wichtige<br />
Grundlage für ein produktives Ergebnis<br />
war und ist für mich vor allem das selbständige<br />
Arbeiten. Gera<strong>de</strong> Recherchen außerhalb<br />
<strong>de</strong>s Siemens-Areals, wie etwa die intensive<br />
Suche nach Literatur in <strong>de</strong>r Bayerischen<br />
Staatsbibliothek o<strong>de</strong>r die direkte Kontaktaufnahme<br />
mit wissenschaftlichen <strong>Institut</strong>en,<br />
machen für mich die Arbeit spannend und<br />
interessant. Jedoch stan<strong>de</strong>n mir diese Berater,<br />
auch wenn sie nicht im Haus waren, stets<br />
durch Telefonate und E-Mails zu Hilfe, wenn<br />
ich Probleme hatte, die ich von selbst nicht<br />
lösen konnte. Wer allerdings glaubt, man kann<br />
auch in Zukunft in <strong>de</strong>r Firma-internen Fachbibliothek<br />
einfach stöbern o<strong>de</strong>r nachschlagen,<br />
<strong>de</strong>r täuscht sich. Diese Bücher lassen<br />
sich seit Neuestem nur noch online bestellen.<br />
Da mich das Arbeiten an <strong>de</strong>r Schnittstelle<br />
zwischen theoretischer Forschung und praktischer<br />
Anwendung sehr interessiert – fast<br />
an<strong>de</strong>rthalb Jahre bin ich nun durchgehend<br />
bei Siemens tätig, als Praktikant, Werkstu<strong>de</strong>nt<br />
beziehungsweise Diplomand –, ist es mein<br />
Ziel, im Anschluss an mein Mathematikstudium<br />
weiter in diesem Bereich tätig zu sein.<br />
Andreas Reichl
10<br />
Gemeinsame Jahrestagung <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Mathematiker-Vereinigung und <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
für Didaktik <strong>de</strong>r Mathematik<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-Universität München,<br />
8.-12. März 2010<br />
Zum zweiten Mal in ihrer Geschichte gestalten<br />
die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV)<br />
und die Gesellschaft für Didaktik <strong>de</strong>r Mathematik<br />
(GDM) eine gemeinsame Jahrestagung. München<br />
ist nach 1998 wie<strong>de</strong>r einmal Tagungsort<br />
<strong>de</strong>r GDM und seit 1893 auch bereits das fünfte<br />
Mal Tagungsort <strong>de</strong>r DMV. Die Organisatoren <strong>de</strong>r<br />
Tagung aus <strong>de</strong>n Reihen <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Mathematischen <strong>Institut</strong>e <strong>de</strong>r <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-Universität<br />
und <strong>de</strong>r Technischen Universität München sowie <strong>de</strong>m Heinz Nixdorf-Stiftungslehrstuhl für Didaktik<br />
<strong>de</strong>r Mathematik an <strong>de</strong>r TUM School of Education wollen an diese Tradition anknüpfen und<br />
la<strong>de</strong>n Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Lehrkräfte und Interessierte bei<strong>de</strong>r Communities<br />
herzlich nach München ein. Ort <strong>de</strong>r Tagung wird das zentral gelegene Hauptgebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r <strong>Ludwig</strong>-<br />
<strong>Maximilians</strong>-Universität sein.<br />
Die Mathematik und die Mathematikdidaktik sind eng verbun<strong>de</strong>ne Disziplinen. Die Fachdidaktik<br />
ist als Wissenschaft vom <strong>mathe</strong>matischen Denken und <strong>de</strong>ssen Vermittlung auf immer neue Impulse<br />
aus aktuellen Zweigen <strong>de</strong>r Mathematik angewiesen. An<strong>de</strong>rerseits ist <strong>de</strong>r Bezug zur Fachdidaktik<br />
auch für Fachwissenschaftler von Interesse und das ganz beson<strong>de</strong>rs im Hinblick auf die Ausbildung<br />
<strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>s wissenschaftlichen Nachwuchses. Eine gemeinsame Jahrestagung<br />
stellt eine herausragen<strong>de</strong> Möglichkeit dar, diesen gegenseitigen Austausch zu nutzen und<br />
zu intensivieren.<br />
Das Programm <strong>de</strong>r Tagung wird die traditionellen Teile <strong>de</strong>r Jahrestagungen von DMV und GDM<br />
in <strong>de</strong>r gewohnten Form berücksichtigen. Auch wenn diese teilweise parallel geplant sind, sind<br />
doch Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r jeweils an<strong>de</strong>ren Community herzlich eingela<strong>de</strong>n. Als Hauptvortragen<strong>de</strong> im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Mathematik konnten gewonnen wer<strong>de</strong>n:<br />
••<br />
Folkmar Bornemann (TU München)<br />
••<br />
Jonathan Borwein (University of Newcastle)<br />
••<br />
Anton Bovier (Universität Bonn)<br />
••<br />
Leonid Polterovich (University of Chicago & MSRI Berkley)<br />
••<br />
Tristan Rivière (ETH Zürich)<br />
••<br />
Katrin Tent (Universität Münster)<br />
Weiterhin wird Annette Werner (Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt) die Emmy<br />
Noether Lecture halten. Für die Hauptvorträge zur Fachdidaktik, die parallel zu <strong>de</strong>n Vormittagsvorträgen<br />
<strong>de</strong>r Mathematik stattfin<strong>de</strong>n, haben die folgen<strong>de</strong>n Kolleginnen und Kollegen zugesagt:<br />
••<br />
Elisabeth Moser Opitz (Universität Zürich)<br />
••<br />
Lieven Verschaffel (Katholieke Universiteit Leuven)<br />
••<br />
Aiso Heinze (Leibniz-<strong>Institut</strong> für die Pädagogik <strong>de</strong>r Naturwissenschaften Kiel)<br />
••<br />
Philipp Mayring (Universität Klagenfurt)<br />
Über die Hauptvorträge hinaus sind natürlich Einzelbeiträge vorgesehen, die in thematischen
11<br />
Sektionen und – im Bereich <strong>de</strong>r Mathematik – in Minisymposien organisiert wer<strong>de</strong>n. Sowohl<br />
Einzelbeiträge als auch Minisymposien bzw. Beiträge darin können bis spätestens 31. Januar über<br />
die Tagungshomepage www.math2010.<strong>de</strong> angemel<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />
Um beson<strong>de</strong>rs Gemeinsamkeiten <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Forschungsfel<strong>de</strong>r zu betonen sind, wie schon<br />
auf <strong>de</strong>r letzten gemeinsamen Tagung in Berlin, beson<strong>de</strong>re Vorträge vorgesehen, die an <strong>de</strong>r<br />
Schnittstelle von Fach und Fachdidaktik angesie<strong>de</strong>lt sind und potentiell Interessen von<br />
Teilnehmern bei<strong>de</strong>r Bereiche ansprechen:<br />
••<br />
Persi Diaconis (Stanford University)<br />
••<br />
Hans-Niels Jahnke (Universität Duisburg-Essen)<br />
••<br />
Ueli Maurer (ETH Zürich)<br />
••<br />
Francesca Biagini (LMU München)<br />
Auch <strong>de</strong>r Eröffnungsvortrag <strong>de</strong>r Tagung wur<strong>de</strong> bewusst an <strong>de</strong>r Schnittstelle angesie<strong>de</strong>lt. Dafür<br />
konnte Jürgen Baumert (Max-Planck-<strong>Institut</strong> für Bildungsforschung, Berlin) gewonnen wer<strong>de</strong>n.<br />
Darüber hinaus wer<strong>de</strong>n gemeinsam mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Fachgesellschaften DMV und GDM weitere<br />
Schnittstellenaktivitäten organisiert, die sich fokussiert mit Themen befassen, zu <strong>de</strong>nen Expertise<br />
bei<strong>de</strong>r Communities notwendig ist o<strong>de</strong>r die für bei<strong>de</strong> Seiten von wechselseitigem Interesse sind.<br />
Am Dienstag <strong>de</strong>n 9. März wer<strong>de</strong>n Veranstaltungen und Vorträge gebün<strong>de</strong>lt, die beson<strong>de</strong>rs auch<br />
für aktive Lehrkräfte aller Schularten von Interesse sind. Die Teilnahme an <strong>de</strong>r Tagung nur an<br />
diesem einen Tag ist daher für alle Lehrkräfte möglich.<br />
Neben <strong>de</strong>n wissenschaftlichen Aktivitäten gibt ein vielfältiges Rahmenprogramm Möglichkeiten<br />
zum fachlichen und überfachlichen Austausch. So können Karten für Oper und Theater über die<br />
Tagungshomepage gebucht wer<strong>de</strong>n. Für <strong>de</strong>n Mittwoch Nachmittag sind Angebote vorgesehen,<br />
die zum Kennlernen <strong>de</strong>r bayerischen Lan<strong>de</strong>shauptstadt München einla<strong>de</strong>n und ihre bekannten<br />
wie unbekannten Seiten zeigen sollen.<br />
Wir wür<strong>de</strong>n uns sehr freuen, Sie im März in München begrüßen zu dürfen und wünschen Ihnen<br />
und uns eine produktive, abwechslungsreiche Tagung und einen intensiven Austausch.<br />
Kristina Reiss (Heinz Nixdorf-Stiftungslehrstuhl für Didaktik <strong>de</strong>r Mathematik, TUM School of<br />
Education, TU München)<br />
Gregor Kemper (Dekan <strong>de</strong>s Zentrums Mathematik <strong>de</strong>r TU München)<br />
Detlef Dürr (Direktor <strong>de</strong>s Mathematischen <strong>Institut</strong>s <strong>de</strong>r LMU München)<br />
für das lokale Organisationskomitee<br />
Das Wichtigste im Überblick<br />
Termin 8.-12. März 2010<br />
Lehrertag 9. März 2010<br />
Ort<br />
München<br />
Hauptgebäu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r LMU am Geschwister-Scholl-Platz<br />
Anmeldung Vergünstigt bis 6.1.2010<br />
Beitragseinreichung Bis spätestens 31.1.2010<br />
Veranstalter<br />
Weitere Informationen, Anmeldung,<br />
Beitragseinreichung, Hotelbuchung<br />
<strong>Mathematisches</strong> <strong>Institut</strong> <strong>de</strong>r LMU München<br />
Heinz Nixdorf-Stiftungslehrstuhl,<br />
TUM School of Education, TU München<br />
Zentrum Mathematik <strong>de</strong>r TU München<br />
Tagungshomepage www.math2010.<strong>de</strong>
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München und <strong>de</strong>r<br />
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13<br />
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14<br />
Karrieren<br />
Ein Münchner<br />
Mathematiker<br />
in Wales an <strong>de</strong>r<br />
Prifysgol<br />
Abertawe<br />
Während meines Mathematikstudiums<br />
an <strong>de</strong>r LMU<br />
München fühlte ich mich am meisten zur<br />
Topologie und zur Logik hingezogen. Bei<strong>de</strong><br />
Disziplinen sind gute Beispiele dafür, wie<br />
man in <strong>de</strong>r Mathematik durch Abstraktion<br />
und Einnahme eines höheren Standpunkts<br />
Theorien von gera<strong>de</strong>zu schwin<strong>de</strong>lerregen<strong>de</strong>r<br />
Allgemeinheit und Vereinheitlichungskraft<br />
gewinnen kann: in <strong>de</strong>r Topologie (die mir<br />
damals in exzellenter Weise von Prof. Roelcke<br />
vermittelt wur<strong>de</strong>) die einheitliche Behandlung<br />
verschie<strong>de</strong>nster Konvergenz- und Stetigkeitsbegriffe,<br />
in <strong>de</strong>r Logik ein überraschend<br />
einfacher Herleitungskalkül, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Lage<br />
ist, alle logisch gültigen Aussagen formal zu<br />
beweisen (Gö<strong>de</strong>ls Vollständigkeitssatz), sowie<br />
die Zermelo-Fraenkelsche Mengenlehre, in<br />
<strong>de</strong>r die gesamte (klassische) Mathematik formalisiert<br />
wer<strong>de</strong>n kann. Darüber hinaus zeigt<br />
die Logik prinzipiell unüberwindbare Grenzen<br />
<strong>de</strong>r Mathematik auf: Nach <strong>de</strong>m Ersten<br />
Unvollständigkeitssatz von Gö<strong>de</strong>l gibt es in<br />
je<strong>de</strong>m wi<strong>de</strong>rspruchsfreien formalen System<br />
<strong>de</strong>r Mathematik, welches ein Minimum an<br />
Zahlentheorie umfasst, Aussagen, die in ihr<br />
nicht entscheidbar, also we<strong>de</strong>r beweisbar<br />
noch wi<strong>de</strong>rlegbar sind. Aber es kommt noch<br />
„schlimmer“: Es existieren nicht nur irgendwelche<br />
verqueren unentscheidbare Aussagen,<br />
<strong>de</strong>ren Wahrheit nieman<strong>de</strong>n interessiert,<br />
nein, Gö<strong>de</strong>l zeigte in seinem Zweiten Unvollständigkeitssatz,<br />
dass ausgerechnet<br />
die gemäß „Hilbert's<br />
Programm“ wichtigste<br />
Aussage, nämlich die Wi<strong>de</strong>rspruchsfreiheit<br />
<strong>de</strong>s betrachteten<br />
Systems, in ebendiesem<br />
nicht beweisbar ist.<br />
Genauso, wie ich mich jetzt<br />
dazu habe hinreißen lassen,<br />
<strong>de</strong>n Leser mit einigen <strong>de</strong>r<br />
„highlights“ <strong>de</strong>r Logik zu „überfallen“ – wo<br />
ich doch über meinen Wer<strong>de</strong>gang nach <strong>de</strong>m<br />
Studium berichten will –, war ich damals von<br />
<strong>de</strong>r Logik hingerissen. Meine Doktorarbeit<br />
(1990) beschäftigte sich mit einer faszinieren<strong>de</strong>n<br />
Verbindung von Topologie, Berechenbarkeit<br />
und Logik (Domain Theory). Auf einem<br />
von mir entwickelten topologischen Begriff<br />
<strong>de</strong>r Totalität aufbauend konnte ich zeigen,<br />
dass unter sehr allgemeinen Bedingungen<br />
berechenbare totale Funktionale automatisch<br />
stetig sind. In meiner Habilitationsschrift<br />
(1997) verallgemeinerte ich diese Ergebnisse<br />
auf Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r intuitionistischen Typentheorie.<br />
Da die in <strong>de</strong>r Münchner Logikgruppe betriebene<br />
Forschung zahlreiche Verbindungen<br />
zur Informatik hat, war es nur natürlich, mich<br />
nach einer Stelle in diesem Gebiet umzusehen.<br />
Dass ich dabei allerdings in Wales (auf<br />
walisisch „Cymru“, ausgesprochen „Kamri“)<br />
lan<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>, hätte ich mir nicht träumen<br />
lassen.<br />
Als ich 1999 meine Stelle als Lecturer an<br />
<strong>de</strong>r Prifysgol Abertawe (Universität Swansea)<br />
antrat – inzwischen bin ich Rea<strong>de</strong>r –,<br />
war das dortige Computer Science Department<br />
sehr klein. Die Theoretische Informatik
15<br />
in Swansea umfasste damals, mit mir als Neuzugang<br />
und einzigem Auslän<strong>de</strong>r, vier Dozenten.<br />
Inzwischen hat sich ihre Größe fast verdreifacht,<br />
und sie besteht nun gut zur Hälfte<br />
aus <strong>de</strong>utschen Logikern, darunter drei von<br />
<strong>de</strong>r LMU. Die von <strong>de</strong>r Gruppe vertretene Forschung<br />
umfasst z.B. Algebraische Spezifikation,<br />
Beweistheoretische Metho<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />
Komplexitätstheorie und Programmextraktion,<br />
Prozess-Algebra, Semantik von Programmiersprachen,<br />
aber auch Angewandtes wie<br />
die Verifikation elektronischer Schaltungsanlagen<br />
auf britischen Bahnhöfen – mein Kollege<br />
Anton Setzer, einer <strong>de</strong>r drei Münchner<br />
Logiker, ist an letzterem Projekt beteiligt.<br />
Meine eigene aktuelle Forschung befasst<br />
sich vorwiegend mit <strong>de</strong>r oben genannten Programmextraktion<br />
aus Beweisen und <strong>de</strong>ren<br />
Anwendung – zum Beispiel auf die exakte<br />
Berechnung reeller Funktionen.<br />
In Swansea wird aber Logik nicht nur betrieben,<br />
bei uns treffen sich auch viele Logiker<br />
aus aller Welt. Seit 2006 veranstalteten wir in<br />
Swansea je<strong>de</strong>s Jahr eine internationale Logik-<br />
Tagung. Das Gruppenphoto wur<strong>de</strong>n während<br />
eines Lunch-Picnics<br />
von „Proof, Computation,<br />
Complexity“<br />
(April 2007) am<br />
Strand vor <strong>de</strong>r Uni aufgenommen.<br />
Mancher<br />
Leser wird darauf einige<br />
ehemalige o<strong>de</strong>r jetzige<br />
„Münchner“ erkennen.<br />
das Maß an Respekt, mit <strong>de</strong>m man behan<strong>de</strong>lt<br />
wird, wenn man aus <strong>de</strong>r Münchner Logikschule<br />
hervorgegangen ist. Die britischen<br />
Logiker wissen erstaunlich gut Bescheid über<br />
die Logik in München. Die aktuellen Entwicklungen<br />
dort wer<strong>de</strong>n hier in Großbritannien<br />
mit großem Interesse verfolgt.<br />
Jetzt lebe ich seit zehn Jahren mit meinen<br />
bei<strong>de</strong>n Söhnen und meiner Frau Monika Seisenberger<br />
– auch eine Münchner Logikerin<br />
und Kollegin – in Swansea. Wir genießen die<br />
Weite <strong>de</strong>s Meeres und die wil<strong>de</strong> Küstenlandschaft<br />
<strong>de</strong>s Gowers (eine an Swansea angrenzen<strong>de</strong><br />
Halbinsel) – was nicht heißt, dass wir<br />
unsere bayerische Heimat und die Berge nicht<br />
vermissen wür<strong>de</strong>n.<br />
Mit beson<strong>de</strong>rer Freu<strong>de</strong> und Stolz erfüllt mich,<br />
dass <strong>de</strong>r rege wissenschaftliche Austausch<br />
mit meinem Doktorvater Prof. Schwichtenberg<br />
und seiner Münchner Logikgruppe nach<br />
wie vor besteht. Ich hoffe, dass das noch<br />
lange so bleiben wird.<br />
Ulrich Berger<br />
Was mich am meisten<br />
überraschte, als ich die<br />
britische „Logic Communit<br />
y “ nach und<br />
nach kennenlernte, war
16<br />
Karrieren<br />
Mathematik<br />
unterrichten,<br />
wo viele gerne<br />
Urlaub machen<br />
South Beach, Evergla<strong>de</strong>s, Florida<br />
Keys, Cape Canaveral,<br />
Disney World – beim Stichwort<br />
Südflorida <strong>de</strong>nkt vielleicht<br />
nicht je<strong>de</strong>r gleich an<br />
die Mathematik. Wie es mich in die Region<br />
verschlagen hat, und warum die Arbeit hier<br />
durchaus ihre Reize hat, möchte ich in diesem<br />
Bericht darlegen.<br />
Lehrjahre<br />
Studiert und promoviert habe ich an <strong>de</strong>r Uni<br />
München. Was war an meinem Studium rückblickend<br />
beson<strong>de</strong>rs wichtig Zuerst natürlich<br />
die ausgezeichneten Algebraveranstaltungen,<br />
die ich bei <strong>de</strong>n Professoren Zimmermann<br />
– meinem späteren Doktorvater –, Zöschinger<br />
und Schnei<strong>de</strong>r besuchen konnte. Und<br />
dann die Ermutigung, Projekte von beson<strong>de</strong>rem<br />
Interesse mit Entschlossenheit zu verfolgen;<br />
dazu möchte ich drei Beispiele geben:<br />
In <strong>de</strong>r Darstellungstheorie haben es die<br />
neuen Metho<strong>de</strong>n von Auslan<strong>de</strong>r und Reiten<br />
möglich gemacht, unter Verwendung von<br />
Kombinatorik, Ringtheorie und Homologischer<br />
Algebra Kategorien von Moduln ganz<br />
genau zu beschreiben. (Ein Beispiel einer solchen<br />
Kategorie ist auf <strong>de</strong>m Photo mit <strong>de</strong>n<br />
Kaffeebechern für einen Schüler<strong>mathe</strong>wettbewerb.)<br />
Die Darstellungstheorie wur<strong>de</strong> also<br />
mein Diplom- und Promotionsthema.<br />
Während in <strong>de</strong>r Stadt München<br />
damals Bürgerinitiativen<br />
zur Verkehrspolitik zunehmend<br />
aktiv wur<strong>de</strong>n, konnte<br />
ich mich an <strong>de</strong>r Uni an <strong>de</strong>r<br />
Gründung <strong>de</strong>s Arbeitskreises<br />
Rad <strong>de</strong>r Fachschaft Mathematik<br />
beteiligen. Wir haben<br />
Diskussionsveranstaltungen,<br />
Aktionstage und die drei<br />
Münchner Fahrrad<strong>de</strong>mos<br />
1990–92 organisiert. (Und<br />
wur<strong>de</strong>n dafür auch einmal<br />
nach Bonn eingela<strong>de</strong>n!)<br />
Zurück zur Mathematik. Mein erster Uniabschluss<br />
ist übrigens ein Master of Science,<br />
<strong>de</strong>nn ich konnte mit einem Stipendium <strong>de</strong>s<br />
DAAD ein Jahr lang an <strong>de</strong>r Uni Warwick in<br />
England studieren. Ich habe mich dort entschlossen,<br />
eine Promotion in <strong>de</strong>r Mathematik<br />
anzustreben.<br />
Wan<strong>de</strong>rjahre<br />
Dagegen habe ich mich nie bewusst für eine<br />
Unikarriere entschie<strong>de</strong>n. Als sich jedoch<br />
nach <strong>de</strong>r Promotion 1996 die Möglichkeit<br />
ergab, für zwei Jahre als wissenschaftlicher<br />
Assistent an <strong>de</strong>r Karlsuniversität Prag zu<br />
arbeiten, konnte ich nicht wi<strong>de</strong>rstehen. Dort<br />
habe ich Übungen betreut, durfte aber auch<br />
(an <strong>de</strong>r ältesten Universität Mitteleuropas!)<br />
eigene Veranstaltungen anbieten, etwa „Darstellungstheorie<br />
von Gruppen“ o<strong>de</strong>r „Knotentheorie<br />
und Quantengruppen“.<br />
Nach Prag war ich für ein Jahr als Postdoktorand<br />
in Antwerpen, unterstützt durch ein<br />
TMR-Stipendium <strong>de</strong>r Europäischen Union.<br />
Dann ergab sich die Möglichkeit, als Visiting<br />
Professor für ein Jahr in <strong>de</strong>n Vereinigten Staa-
17<br />
ten zu arbeiten. An dieser Stelle möchte ich<br />
mich bei Professor Zöschinger und Dr. Schuster<br />
für die Vermittlung bedanken.<br />
Aus <strong>de</strong>r Neuen Welt<br />
Aus <strong>de</strong>m Jahr als Besucher wur<strong>de</strong>n zwei, und<br />
als ich mich dann auf Stellen bewarb, habe<br />
ich das Angebot einer Assistenzprofessur an<br />
<strong>de</strong>r Florida Atlantic University gerne angenommen.<br />
Die Staatsuniversität versorgt mit<br />
acht „campuses“ die Ostküste von Südflorida,<br />
insbeson<strong>de</strong>re die Gegend um Fort Lau<strong>de</strong>rdale<br />
und West Palm Beach. Ich selbst lebe<br />
und arbeite in Boca Raton, einer Stadt, die<br />
durch Tennis und die Entwicklung <strong>de</strong>s IBM<br />
PC bekannt gewor<strong>de</strong>n ist, die aber auch als<br />
Spamhauptstadt <strong>de</strong>r Welt gilt. Die Stadt ist<br />
schön angelegt, so gibt es etwa keine Werbetafeln<br />
und keine Autohändler. Was ich sehr<br />
schätze, ist, dass das Zentrum nicht ganz am<br />
Meer liegt, so dass man am Strand zwischen<br />
Dünen und <strong>de</strong>m Atlantik stun<strong>de</strong>nlang wan<strong>de</strong>rn<br />
kann.<br />
Unser Department bietet Bachelor- und Master-Abschlüsse<br />
an, veranstaltet aber auch<br />
viele Servicekurse für Naturwissenschaftler,<br />
Ingenieure, sogar Geisteswissenschaftler.<br />
Wir haben ein Promotionsprogramm mit<br />
etwa 50 Doktoran<strong>de</strong>n. Gewöhnlich biete ich<br />
je<strong>de</strong>s Semester zwei drei- o<strong>de</strong>r vierstündige<br />
Veranstaltungen an, meist für Ingenieure<br />
o<strong>de</strong>r für Mathematikstu<strong>de</strong>nten im Grundstudium,<br />
gelegentlich sind auch Vorlesungen<br />
für Doktoran<strong>de</strong>n dabei. Daneben organisiere<br />
ich das Algebraseminar. Meine Arbeit<br />
an <strong>de</strong>r FAU wird nach Forschung, Lehre und<br />
Service beurteilt. Aus je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r drei Bereiche<br />
möchte ich einen Höhepunkt vorstellen.<br />
Das Untergruppenproblem<br />
In <strong>de</strong>r Forschung habe ich in Boca Raton<br />
begonnen, am Birkhoff Problem zur Klassifikation<br />
von Einbettungen einer Untergruppe<br />
in einer endlichen abelschen Gruppe zu<br />
arbeiten. Als ich bei einem Besuch am Son<strong>de</strong>rforschungsbereich<br />
in Bielefeld Professor<br />
Ringel davon berichtete, fand er das Problem<br />
so interessant, dass sich eine Zusammenarbeit<br />
ergab, aus <strong>de</strong>r bisher drei Arbeiten entstan<strong>de</strong>n<br />
sind.<br />
Die Ergebnisse zum Problem von Birkhoff<br />
haben unmittelbare Anwendung in <strong>de</strong>r Linearen<br />
Algebra, insbeson<strong>de</strong>re zur Klassifizierung<br />
<strong>de</strong>r invarianten Unterräume eines linearen<br />
Operators. Oft trage ich auf Tagungen o<strong>de</strong>r<br />
bei Kolloquien über das Birkhoff Problem<br />
o<strong>de</strong>r die Anwendungen vor.<br />
Meine erste Doktorandin<br />
Audrey Moore kam im Herbst 2006 an die<br />
FAU mit einem Master von <strong>de</strong>r Virginia Tech<br />
University. Sie arbeitete mit mir seit <strong>de</strong>m<br />
Sommer 2007 und wur<strong>de</strong> im Herbst meine<br />
erste Doktorandin. Während meines Forschungsfreisemesters<br />
im Herbst 2008 haben<br />
Audrey und ich <strong>de</strong>n Son<strong>de</strong>rforschungsbereich<br />
in Bielefeld besucht. Dort konnte sie insbe-
18<br />
son<strong>de</strong>re <strong>de</strong>n Satz von Auslan<strong>de</strong>r und Ringel-<br />
Tachikawa für Darstellungen eines Posets verallgemeinern,<br />
ein Ergebnis, das mich beson<strong>de</strong>rs<br />
freut, da es auf einem Beweis <strong>de</strong>s klassischen<br />
Satzes durch meinen Doktorvater aufbaut.<br />
Audrey (auf <strong>de</strong>m Bild bei einem Ausflug nach<br />
Neuschwanstein) konnte schon im Frühjahr<br />
darauf an <strong>de</strong>r University of California in Santa<br />
Barbara und dann auf <strong>de</strong>r Internationalen<br />
Auslan<strong>de</strong>r Tagung in Woods Hole in Massachusetts<br />
über ihre Arbeit vortragen. Sie verteidigte<br />
ihre Dissertation im Juni 2009 und<br />
ist jetzt als Assistenzprofessorin an <strong>de</strong>r Delaware<br />
State University tätig.<br />
Mathewettbewerbe an Highschools<br />
Im Frühjahr 2002 leitete <strong>de</strong>r Chair unseres<br />
Departments eine E-Mail einer Lehrerin weiter:<br />
Ihre Schule sucht Professoren, die bereit sind,<br />
bei einem Mathewettbewerb im „dispute<br />
center“ mitzuarbeiten – klingt das nicht nach<br />
etwas Außergewöhnlichem Zu dritt haben wir<br />
die Schule besucht: An einem wun<strong>de</strong>rschönen<br />
Samstagvormittag kamen dort über 1000<br />
Schüler von etwa 40 Highschools in Südflorida<br />
zusammen, um einen ganzen Tag lang<br />
in Einzel-, Gruppen- und Schulwettbewerben<br />
Mathematikaufgaben zu lösen!<br />
Die Schüler sind in Teams organisiert, und<br />
je<strong>de</strong>s Team hat sein eigenes T-Shirt, oft mit<br />
einem witzigen Mathemotiv. Was ist unsere<br />
Aufgabe Falls nun bei diesen vielen Wettbewerben<br />
Schüler mit <strong>de</strong>r offiziellen Lösung<br />
eines Problems nicht einverstan<strong>de</strong>n sind,<br />
können sie „disputes“ einreichen, über die<br />
wir drei dann zu entschei<strong>de</strong>n haben. Zum<br />
Abschluss wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Turnhalle über 200<br />
„trophies“ an die Sieger verliehen: Die Schüler<br />
jubeln sich zu wie bei einem Sportereignis<br />
– was die Veranstaltung auch ist.<br />
Seit <strong>de</strong>m Tag besuche ich regelmäßig regionale<br />
Mathewettbewerbe dieser Art, und zweimal<br />
schon konnten wir ein solches Ereignis<br />
bei uns an <strong>de</strong>r Uni veranstalten<br />
(siehe Photo). Bei<br />
je<strong>de</strong>m Wettbewerb freut<br />
es mich, Lehrer zu treffen,<br />
die unglaublich viel Energie<br />
in das Training ihrer<br />
Teams investieren und<br />
damit ihren Schülern ausgezeichnete<br />
Möglichkeiten<br />
bei <strong>de</strong>r Bewerbung um<br />
einen Studienplatz verschaffen.<br />
Insgesamt haben mir die Ausbildung in München<br />
und die Unterstützung aus Bielefeld es<br />
ermöglicht, hier in Florida einen faszinieren<strong>de</strong>n<br />
Beruf auszuüben. Ich schätze beson<strong>de</strong>rs<br />
Projekte, etwa mit Lehrern bei <strong>de</strong>r Organisation<br />
von Highschool-Mathewettbewerben,<br />
genieße die Möglichkeit, Kollegen, insbeson<strong>de</strong>re<br />
in Deutschland, besuchen zu können,<br />
und freue mich über je<strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>nten, <strong>de</strong>r<br />
mit einem Matheproblem an meiner Bürotür<br />
anklopft.<br />
Markus Schmidmeier
Mathematik am Samstag<br />
19<br />
Samstag, <strong>de</strong>n 06.03.2010, 14.15 – 15.30<br />
Raum M 010, Hauptgebäu<strong>de</strong>, Geschwister-Scholl-Platz 1<br />
Prof. Dr. Peter Müller<br />
Über Nachtwächter und Ameisen in<br />
einem zufälligen Irrgarten<br />
Der Vortrag stellt zwei Irrfahrtsprobleme vor, zwischen <strong>de</strong>nen ein<br />
erst vor wenigen Jahren gefun<strong>de</strong>ner, überraschen<strong>de</strong>r Zusammenhang<br />
besteht. Zum einen han<strong>de</strong>lt es sich um eine Irrfahrt auf einem<br />
regelmäßigen Gitter mit einem zusätzlichen Freiheitsgrad, zum<br />
an<strong>de</strong>ren um eine einfache Irrfahrt in einer zufälligen Umgebung.<br />
Samstag, <strong>de</strong>n 20.03.2010, 14.15 – 15.30<br />
Raum A 021, Hauptgebäu<strong>de</strong>, Geschwister-Scholl-Platz 1<br />
Priv.-Doz. Dr. Andreas Hinz<br />
Der Turm von Hanoi – Graphen<br />
weisen <strong>de</strong>n rechten Weg<br />
Der Turm von Hanoi ist ein Solitärspiel, das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. Jahrhun<strong>de</strong>rts von<br />
<strong>de</strong>m Zahlentheoretiker Edouard Lucas erfun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>. Sein <strong>mathe</strong>matisches<br />
Mo<strong>de</strong>ll basiert auf Graphen, wie sie uns z.B. von U-Bahn-Plänen<br />
vertraut sind. Es führt auf Verbindungen zu altindischer Lyrik, italienischen<br />
Ornamenten und chinesischen Co<strong>de</strong>s. Praktische Anwendung fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r<br />
Turm von Hanoi als Test in <strong>de</strong>r kognitiven Neuropsychologie.<br />
Samstag, <strong>de</strong>n 17.04.2010, 14.15 – 15.30<br />
Voraussichtlich: B 005, <strong>Mathematisches</strong> <strong>Institut</strong>, Theresienstr. 39<br />
Prof. Dr. Heinrich Steinlein<br />
Wo parkt man im Weltraum am<br />
billigsten<br />
Die NASA-Son<strong>de</strong> Genesis hatte die Aufgabe, winzige Mengen von<br />
Sonnenwindpartikeln einzufangen und sicher zur Er<strong>de</strong> zu bringen. Dazu<br />
war es nötig, die Raumson<strong>de</strong> außerhalb <strong>de</strong>r Erdatmosphäre und <strong>de</strong>s<br />
Erdmagnetfel<strong>de</strong>s für gut drei Jahre zu positionieren und danach sicher<br />
zur Er<strong>de</strong> zurückzuholen. Welche Parkposition bot sich für diese Mission<br />
an und was steckt an Mathematik dahinter<br />
Ein Lageplan für die Hörsäle A 021 und M 010 im Hauptgebäu<strong>de</strong><br />
ist auf Seite 31 abgedruckt.
20<br />
10 Jahre Probestudium Mathematik<br />
Vom 7. bis 11. September 2009 fand das 10.<br />
Probestudium <strong>de</strong>s Mathematischen <strong>Institut</strong>s<br />
statt; ein guter Anlass, zurückzublicken:<br />
Im September 2000 konnten knapp 100<br />
Schülerinnen und Schüler beim ersten Probestudium<br />
zum Thema „Wachstum, Schwingungen<br />
und ein Blick ins Chaos“ begrüßt wer<strong>de</strong>n.<br />
Von Herrn Dr. Schörner und Herrn Emmer<br />
konzipiert, organisiert und durchgeführt, war<br />
die erste Ausgabe <strong>de</strong>s Probestudiums ein so<br />
großer Erfolg, dass I<strong>de</strong>e und Konzept in <strong>de</strong>n<br />
folgen<strong>de</strong>n Jahren übernommen und weitergeführt<br />
wur<strong>de</strong>n. Die zentralen Bausteine, die<br />
2-stündigen Vorlesungen am Vormittag kombiniert<br />
mit Übungen in Kleingruppen an drei<br />
Nachmittagen, aufgelockert durch zwei Vorträge<br />
aus <strong>de</strong>r beruflichen Praxis und ergänzt<br />
durch eine Exkursion und eine Abschlussfeier<br />
mit Urkun<strong>de</strong>nverleihung, haben sich<br />
bewährt und blieben bis heute erhalten. Die<br />
Zuhörer wer<strong>de</strong>n so mit <strong>de</strong>m Ablauf typischer<br />
Lehrveranstaltungen <strong>de</strong>s Mathematikstudiums<br />
vertraut und lernen ein spannen<strong>de</strong>s<br />
Gebiet <strong>de</strong>r Mathematik näher kennen, beim<br />
letztjährigen Probestudium war es die Theorie<br />
<strong>de</strong>r komplexen Funktionen. Ergänzend<br />
wur<strong>de</strong>n 2009 <strong>de</strong>n Teilnehmern in Kurzvorträgen<br />
auch an<strong>de</strong>re Teilgebiete <strong>de</strong>r Mathematik<br />
vorgestellt, mit welchen sich unser <strong>Institut</strong><br />
beschäftigt.
21<br />
Das Probestudium ist keine Ein-Mann-Veranstaltung;<br />
<strong>de</strong>r organisatorische Aufwand<br />
ist beachtlich. Es müssen ja nicht nur Vorlesung<br />
und Übung konzipiert und gehalten<br />
wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn z.B. auch Gastvorträge organisiert,<br />
Flyer und Urkun<strong>de</strong>n gedruckt, Anmeldungen<br />
koordiniert, Mensakarten beschafft,<br />
Speisen und Getränke bestellt, Räume reserviert<br />
(keine allzu leichte Übung!), Studieren<strong>de</strong><br />
als Hilfskräfte gewonnen und eingewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n und und und … Deswegen<br />
sei an dieser Stelle ganz herzlich all <strong>de</strong>njenigen<br />
gedankt, die an <strong>de</strong>n vergangenen<br />
10 Jahren Probestudium mitgewirkt<br />
haben, <strong>de</strong>n Sekretärinnen,<br />
Assistentinnen und<br />
Assistenten, Dozentinnen und<br />
Dozenten und ganz beson<strong>de</strong>rs<br />
auch allen Stu<strong>de</strong>ntinnen und<br />
Stu<strong>de</strong>nten, die als Tutorinnen<br />
und Tutoren Übungsgruppen<br />
betreut haben und die durch<br />
ihren Einsatz wesentlich zum<br />
Erfolg <strong>de</strong>s Probestudiums beigetragen<br />
haben.<br />
Das Probestudium ist – zusammen mit <strong>de</strong>m<br />
ebenfalls um die Jahrtausendwen<strong>de</strong> ins Leben<br />
gerufenen „Tag <strong>de</strong>r Mathematik“ und <strong>de</strong>r<br />
Aktion „Mathematik am Samstag“ – ein wichtiges<br />
Aushängeschild <strong>de</strong>s <strong>Institut</strong>s. Längst<br />
kommen die Teilnehmer<br />
nicht mehr nur aus <strong>de</strong>n<br />
Schulen, in <strong>de</strong>nen unser<br />
Flyer verteilt wird. Im letzten<br />
Jahr hatten sich sogar drei<br />
Schülerinnen aus Tschechien<br />
zum Probestudium<br />
angemel<strong>de</strong>t, sehr bedauernd,<br />
dass in ihrer Heimat<br />
nichts <strong>de</strong>rartiges angeboten<br />
wur<strong>de</strong>, und überlegen<br />
nun, in München an <strong>de</strong>r<br />
LMU Mathematik zu studieren.<br />
Das Team <strong>de</strong>s Probestudiums 2009<br />
So geht ein letzter und größter Dank an die Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer <strong>de</strong>r vergangenen<br />
10 Jahre! Ohne <strong>de</strong>ren Interesse, Engagement<br />
und Bereitschaft, eine Woche Ferien für das Probestudium<br />
zu „opfern“, hätte es diese Veranstaltung<br />
keine 10 Jahre gegeben. Wir dürfen auf<br />
weitere 10 erfolgreiche Jahre hoffen!<br />
Daniel Rost
22<br />
Rätselecke<br />
Qua<strong>de</strong>r<br />
Schnei<strong>de</strong> ein Papierrechteck 3x4 nur so weit an, dass die<br />
durch Anschneidung entstan<strong>de</strong>nen Teile immer noch<br />
zusammenhalten und man mit <strong>de</strong>m Angeschnittenen<br />
Rechteck einen Qua<strong>de</strong>r 1x1x1 in zwei Schichten bekleben<br />
kann.<br />
Vielecke<br />
Auf einem Kreisumfang befin<strong>de</strong>n sich 12 blaue Punkte und ein roter<br />
Punkt. Gibt es mehr konvexe Vielecke mit nur blauen Ecken o<strong>de</strong>r mehr<br />
mit blauen und roten Ecken<br />
Gleise<br />
Auf <strong>de</strong>n Straßenbahngleisen liegt ein Quadrat, <strong>de</strong>ssen Seite gleich <strong>de</strong>m<br />
Abstand zwischen <strong>de</strong>n Gleisen ist. Wie groß ist <strong>de</strong>r Winkel zwischen<br />
zwei Gera<strong>de</strong>n, die überkreuzt die Schnittpunkte <strong>de</strong>r Quadratseiten mit <strong>de</strong>n<br />
Gleisen verbin<strong>de</strong>n<br />
<br />
Zauberschlacht<br />
Auf einem Feld befin<strong>de</strong>n sich 50 Zauberer. Mit nur einer Zauberstabbewegung verzaubert<br />
je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Zauberer <strong>de</strong>n ihm am nächsten stehen<strong>de</strong>n Zauberer (d.h. einen <strong>de</strong>r am nächsten<br />
stehen<strong>de</strong>n Zauberer, falls sich mehrere Zauberer in gleicher Entfernung von ihm befin<strong>de</strong>n),<br />
wobei alle Zauberstabbewegungen gleichzeitig erfolgen. Wie viele Zauberer min<strong>de</strong>stens<br />
wer<strong>de</strong>n verzaubert
23<br />
Lösungen zu <strong>de</strong>n Rätseln von Ausgabe 20<br />
Würfel färben<br />
Je<strong>de</strong> Fläche eines Würfels ist in vier gleiche Quadrate geteilt. Wie viele unterschiedlich aussehen<strong>de</strong><br />
Würfel kann man erhalten, wenn man diese Quadrate in <strong>de</strong>n Farben Blau, Gelb o<strong>de</strong>r Rot so<br />
einfärbt, dass Quadrate mit einer gemeinsamen Seite verschie<strong>de</strong>n gefärbt sind Wie viele Quadrate<br />
von je<strong>de</strong>r Farbe gibt es dann<br />
Je<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r 24 Teilquadrate grenzt an genau eine <strong>de</strong>r acht Ecken. Da nach unserer<br />
Vorschrift die drei Teilquadrate an je<strong>de</strong>r Ecke unterschiedlich gefärbt sein<br />
müssen, gibt es jeweils genau acht Teilquadrate in <strong>de</strong>n Farben Blau, Gelb und<br />
Rot.<br />
Es gibt genau sechs Möglichkeiten <strong>de</strong>r Einfärbung <strong>de</strong>r Seitenflächen: Wir<br />
bezeichnen die zweifarbigen mit I = blau/gelb, II = gelb/rot und III = rot/blau<br />
sowie die dreifarbigen mit (i), (ii) bzw. (iii), wenn die Farbe Rot, Blau bzw. Gelb<br />
doppelt vorkommt.<br />
Da jeweils acht blaue, gelbe und rote Teilquadrate vorkommen, sind nur folgen<strong>de</strong><br />
Kombinationen von Seitenflächen möglich:<br />
a) 2 ∙ I + 2 ∙ II + 2 ∙ III<br />
b) 2 ∙ I + 1 ∙ II + 1 ∙ III + 2 ∙ (i)<br />
2 ∙ II + 1 ∙ III + 1 ∙ I + 2 ∙ (ii)<br />
2 ∙ III + 1 ∙ I + 1 ∙ II + 2 ∙ (iii)<br />
c) 1 ∙ I + 1 ∙ II + 1 ∙ III + 1 ∙ (i) + 1 ∙ (ii) + 1 ∙ (iii)<br />
d) 1 ∙ I + 1 ∙ II + 2 ∙ (i) + 2 ∙ (ii)<br />
1 ∙ II + 1 ∙ III + 2 ∙ (ii) + 2 ∙ (iii)<br />
1 ∙ III + 1 ∙ I + 2 ∙ (iii) + 2 ∙ (i)<br />
e) 2 ∙ I + 4 ∙ (i)<br />
2 ∙ II + 4 ∙ (ii)<br />
2 ∙ III + 4 ∙ (iii)<br />
f) 1 ∙ I + 3 ∙ (i) + 1 ∙ (ii) + 1 ∙ (iii)<br />
1 ∙ II + 3 ∙ (ii) + 1 ∙ (iii) + 1 ∙ (i)<br />
1 ∙ III + 3 ∙ (iii) + 1 ∙ (i) + 1 ∙ (ii)<br />
g) 2 ∙ (i) + 2 ∙ (ii) + 2 ∙ (iii)<br />
Beim Beweis, welche Kombinationen unter Beachtung <strong>de</strong>r Vorschrift realisierbar sind und in<br />
welchen Konstellationen, helfen die folgen<strong>de</strong>n einfach zu beweisen<strong>de</strong>n Tatsachen: (1) Zwei<br />
gleiche zweifarbige Flächen können nicht benachbart sein. (2) Eine Kombination je einer Fläche<br />
vom Typ I, II und III hat eine gemeinsame Ecke.<br />
Insbeson<strong>de</strong>re unter Verwendung dieser Tatsachen folgt, dass es zwei Würfel vom Typ a), keinen<br />
vom Typ b) und f), vier Würfel vom Typ c), je sechs Würfel vom Typ d) und e) und sogar 21<br />
Würfel vom Typ g) gibt. Insgesamt erlaubt die Vorschrift also 39 verschie<strong>de</strong>n aussehen<strong>de</strong><br />
Würfel. Eine ausführliche Begründung ist nachzulesen auf <strong>de</strong>r Homepage <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rvereins<br />
(www.<strong>mathe</strong>matik.uni-muenchen.<strong>de</strong>/~fmwus).
24<br />
Ein Floß auf einem Kanal<br />
Ein Kanal <strong>de</strong>r Breite h hat an einer Stelle einen rechtwinkligen Knick. Welche maximale Fläche darf ein rechteckiges<br />
Floß besitzen, damit es diesen Kanal befahren kann<br />
Angenommen, das Floß ist ein Quadrat, dann kann seine Fläche<br />
höchstens h 2 betragen; das Floß passiert <strong>de</strong>n Kanal mithilfe von<br />
zwei Parallelverschiebungen.<br />
An<strong>de</strong>renfalls ist seine Länge größer als die Breite. In diesem Fall<br />
dreht sich das Floß um 90°, und in einem bestimmten Augenblick<br />
bil<strong>de</strong>n seine längeren Seiten mit <strong>de</strong>m Ufer <strong>de</strong>s Kanals<br />
einen 45°-Winkel. Es ist damit in ein großes gleichschenkligrechtwinkliges<br />
Dreieck mit <strong>de</strong>n Schenkellängen 2h und Hypotenuse<br />
2√2∙h einbeschrieben (siehe Abbildung).<br />
h<br />
x<br />
x<br />
h<br />
Sei x die Breite <strong>de</strong>s Floßes. Dann ist seine Länge 2√2∙h – 2x und seine Fläche ist gleich<br />
x∙(2√2∙h – 2x) = h 2 – 2(h/√2 – x) 2 . Der letzte Ausdruck nimmt sein Maximum für x = h/√2<br />
an. Das Floß mit <strong>de</strong>r maximalen Fläche h 2 besitzt <strong>de</strong>mnach Breite h/√2 und Länge √2∙h. Dieses<br />
Floß kann auf folgen<strong>de</strong> Weise <strong>de</strong>n Kanal passieren: Man lasse das Floß an <strong>de</strong>r Innenseite <strong>de</strong>s<br />
Kanals gleiten, bis die Mitte seiner Länge die herausragen<strong>de</strong> Ecke <strong>de</strong>s Kanals erreicht hat, dann<br />
drehe man das Floß um 90°. Dies ist möglich, da <strong>de</strong>r Abstand zwischen <strong>de</strong>r Seitenmitte <strong>de</strong>s<br />
Floßes und Punkten <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Seite höchstens h beträgt.<br />
Schachturnier<br />
Bei einem Schachturnier hat je<strong>de</strong>r Teilnehmer genauso viele Partien mit <strong>de</strong>n weißen Figuren gewonnen, wie <strong>de</strong>r<br />
Rest <strong>de</strong>r Teilnehmer mit <strong>de</strong>n schwarzen Figuren gewonnen hat. Stimmt es, dass alle Teilnehmer dieselbe Anzahl<br />
von Siegen feiern konnten<br />
Betrachten wir einen Turnierteilnehmer. Die Gesamtzahl seiner Siege ist die Summe <strong>de</strong>r Anzahl<br />
<strong>de</strong>r Partien, die er mit <strong>de</strong>n weißen Figuren gewonnen hat und <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Partien, die er<br />
mit <strong>de</strong>n schwarzen Figuren gewonnen hat. Damit ist die Gesamtzahl seiner Siege gleich <strong>de</strong>r<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Partien, die mit <strong>de</strong>n schwarzen Figuren gewonnen wur<strong>de</strong>n; diese Anzahl ist aber<br />
für alle Turnierteilnehmer gleich.<br />
Flächen<br />
Welcher Flächeninhalt ist größer, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>s grau gefärbten Ringes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rjenige<br />
<strong>de</strong>s schraffierten Kreises<br />
Die Flächeninhalte sind gleich groß. Sei r <strong>de</strong>r Radius <strong>de</strong>s inneren<br />
weißen Kreises und gleichzeitig <strong>de</strong>r Radius <strong>de</strong>s schraffierten<br />
Kreises. Der Radius R <strong>de</strong>s großen Kreises ist dann gleich √2r und<br />
<strong>de</strong>r Flächeninhalt <strong>de</strong>s grauen Ringes ist gleich πR 2 – πr 2 = πr 2<br />
und damit gleich <strong>de</strong>r Fläche <strong>de</strong>s schraffierten Kreises.
Der Zufall – ein Helfer und kein Störenfried<br />
Warum die Wissenschaft stochastische<br />
Mo<strong>de</strong>lle braucht<br />
Götz Kersting<br />
Der Zufall hat in <strong>de</strong>n Wissenschaften weithin<br />
einen zweifelhaften Ruf. Für die Philosophie<br />
hat Hegel festgestellt: „Die philosophische<br />
Betrachtung hat keine an<strong>de</strong>re Absicht,<br />
als das Zufällige zu entfernen“ (Die Vernunft<br />
in <strong>de</strong>r Geschichte, 1822) – und ähnlich <strong>de</strong>nkt<br />
man auch in an<strong>de</strong>ren Wissenschaften. Die<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen <strong>de</strong>r Physik mit <strong>de</strong>m<br />
Zufall sind verschlungen und bis heute von<br />
Kontroversen begleitet. Was die Biologie<br />
betrifft, so herrscht noch einiger Argwohn<br />
gegenüber <strong>de</strong>n mo<strong>de</strong>rnen Evolutionstheorien,<br />
die sich entschei<strong>de</strong>nd auf <strong>de</strong>n Zufall<br />
stützen. Und dass <strong>de</strong>rartige Theorien unvereinbar<br />
sind mit <strong>de</strong>r Vorstellung von einer<br />
göttlichen Schöpfung <strong>de</strong>r Welt, gilt unter<br />
manchen ihrer Gegner wie Befürworter als<br />
ausgemacht.<br />
Die Skepsis rührt zu einem gewichtigen Teil<br />
daher, dass <strong>de</strong>r Zufall kaum als ein eigenständiges<br />
Konzept wahrgenommen wird, son<strong>de</strong>rn<br />
nur als Gegensatz zum Geregelten, Geordneten,<br />
also als ein Störenfried. Des Zufalls „blin<strong>de</strong>s“<br />
Wirken scheint sich schlecht damit zu<br />
vertragen, dass sich das unserem Verständnis<br />
zugängliche Geschehen in <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>terministisch<br />
vollzieht. So gilt als vorbildlich für die<br />
Wissenschaften, wie es Kepler verstand, das<br />
Zufällige in <strong>de</strong>n Planetenbewegungen, wie<br />
man das am Himmel beobachtet, auf einfache<br />
Gesetzmäßigkeiten zurückzuführen und<br />
damit zu eliminieren. Dem fühlt sich auch<br />
die mo<strong>de</strong>rne Chaostheorie verpflichtet, und<br />
man hat sich noch nicht überall damit abgefun<strong>de</strong>n,<br />
dass man manchmal – nicht nur in<br />
<strong>de</strong>r Quantentheorie – ohne <strong>de</strong>n Zufall nicht<br />
auskommt.<br />
„Der Zufall ist zu etwas in <strong>de</strong>r Lage, was man<br />
gewöhnlich nur <strong>de</strong>terministischen Handlungsvorschriften<br />
zutraut.“<br />
Aber wie begrün<strong>de</strong>t sind solche Vorbehalte<br />
Es erweist sich nämlich, dass <strong>de</strong>r Zufall oft gar<br />
nicht als Störenfried in Erscheinung tritt, son<strong>de</strong>rn<br />
vielmehr als Helfer wirkt, <strong>de</strong>m erstaunliche<br />
Dinge gelingen. Dem wollen wir in drei<br />
Beispielen nachgehen. Im ersten Beispiel zeigt<br />
sich, dass bestimmte Aufgabenstellungen<br />
besser gelöst wer<strong>de</strong>n können, wenn man <strong>de</strong>n<br />
Zufall zu Hilfe nimmt. Es geht um das Auflösen<br />
von Warteschlangen beim Hin- und Herschicken<br />
von Paketen in komplexen Netzwerken,<br />
konkret gesprochen von Datenpaketen<br />
im Computer. Wie sich herausstellt, vermei<strong>de</strong>t<br />
man Warteschlangen am zuverlässigsten,<br />
wenn man die Routen für die Pakete in geeigneter<br />
Weise zufällig wählt. Hier ist <strong>de</strong>r Zufall<br />
zu etwas in <strong>de</strong>r Lage, was man gewöhnlich<br />
nur <strong>de</strong>terministischen Handlungsvorschriften<br />
zutraut. In <strong>de</strong>r Informatik macht man sich<br />
diese Qualität <strong>de</strong>s Zufalls inzwischen häufig<br />
zunutze und entwirft randomisierte Algorithmen<br />
für verschie<strong>de</strong>nste Zwecke.<br />
„Kausales Denken geht ein Bündnis mit <strong>de</strong>m<br />
Zufall ein.“<br />
Im zweiten Beispiel geht es um ein Problem<br />
aus <strong>de</strong>r Statistik. Wie bei vielen an<strong>de</strong>ren<br />
statistischen Problemen will man feststellen,<br />
ob sich in einem Datensatz ein ursächlicher<br />
Zusammenhang auf<strong>de</strong>cken lässt. Häufig<br />
ist das aber nicht direkt zu klären: Einerseits<br />
fin<strong>de</strong>t sich in <strong>de</strong>n Daten Variabilität, an<strong>de</strong>rerseits<br />
bereitet es Schwierigkeiten, mögliche<br />
Wirkungszusammenhänge explizit zu benennen.<br />
Deswegen dreht man <strong>de</strong>n Spieß um und<br />
befasst sich mit <strong>de</strong>r Frage, ob die Daten rein<br />
25
erkläh<br />
ein<br />
t ausrweisthetischen,<br />
vom Zufall gesteuerten Mo<strong>de</strong>llen, Stellen wir uns vor, dass in einem Netzwerk<br />
26<br />
Insgesamt ist festzustellen, dass die Wissenschaft <strong>de</strong>n<br />
Zufall als eigenständiges Konzept verstehen und entwickeln<br />
muss. Diese Aufgabe ist Gegenstand <strong>de</strong>r Stochastik<br />
(»Kunst <strong>de</strong>s Mutmaßens«), <strong>de</strong>r <strong>mathe</strong>matischen<br />
Lehre vom Zufall. In ihr geht es weniger darum, ob es<br />
zufällig <strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>n Zufall in <strong>de</strong>r sein Welt könnten. wirklich Das ist gibt, einfacher:<br />
Aufgabe, Man konfrontiert <strong>de</strong>n Begriff die Daten <strong>de</strong>s Zufalls mit hypo-<br />
herauszuarbeiten.<br />
Besser mithilfe <strong>de</strong>s Zufalls<br />
vielmehr Auflösen ist von es Warteschlangen:<br />
ihre<br />
ören-auch wenn Auflösen man sie von faktisch Warteschlangen: gar nicht ernsthaft<br />
in Besser Betracht mithilfe zieht. Kann <strong>de</strong>s Zufalls man glaubhaft schie<strong>de</strong>nen Knotenpunkten treffen sie auf-<br />
Pakete hin- und hergeschickt wer<strong>de</strong>n. An ver-<br />
Helfer<br />
ol len machen, Stellen dass sich wir die uns Daten vor, so dass nicht in erklären<br />
hin- lassen, und so hergeschickt gilt dies als Beleg, wer<strong>de</strong>n. dass eben An verschie<strong>de</strong>nen an<strong>de</strong>ren weitergeleitet Kno-<br />
wer<strong>de</strong>n (zum Beispiel<br />
einem einan<strong>de</strong>r, Netzwerk sie Pakete müssen dann eines nach <strong>de</strong>m<br />
ispiel<br />
doch ein Wirkungszusammenhang besteht. nach <strong>de</strong>r Regel FIFO: „first in first out“). Wie<br />
besser tenpunkten treffen sie aufeinan<strong>de</strong>r, sie müssen dann<br />
Hier geht kausales Denken ein Bündnis mit kann man verhin<strong>de</strong>rn, dass dabei lange Warteschlangen<br />
Hilfe<br />
<strong>de</strong>m<br />
eines<br />
Zufall<br />
nach<br />
ein; die<br />
<strong>de</strong>m<br />
Statistik<br />
an<strong>de</strong>ren<br />
mit ihren<br />
weitergeleitet<br />
Zufallsbetrachtungen<br />
Beispiel nach wird zum <strong>de</strong>r methodischen Regel FIFO: Rüst-<br />
»first in Informationsfluss first out«). Wie zusammenbricht Offenbar<br />
wer<strong>de</strong>n<br />
entstehen;<br />
(zum<br />
Knoten, an <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r<br />
angen<br />
lexen zeug kann einer man empirischen verhin<strong>de</strong>rn, Wissenschaft, dass dabei <strong>de</strong>r es lange han<strong>de</strong>lt Warteschlangen<br />
sich um eine Fragestellung aus <strong>de</strong>r<br />
en im gar entstehen; nicht um <strong>de</strong>n Knoten, Zufall geht. an <strong>de</strong>nen Das hat <strong>de</strong>r auch Informationsfluss Welt <strong>de</strong>r Rechner zusammenbricht<br />
Tücken, <strong>de</strong>nnoch Offenbar ist die Entwicklung han<strong>de</strong>lt es sich um eine Fra-<br />
und <strong>de</strong>s Internets.<br />
War-seinouten <strong>de</strong>r gestellung Statistik eine aus mo<strong>de</strong>rne Welt Erfolgsgeschichte. <strong>de</strong>r Rechner und Schauen <strong>de</strong>s Internets. wir auf ein Beispiel, ein Netzwerk<br />
. Hier Schauen wir auf ein Beispiel, ein Netzwerk von <strong>de</strong>r Gestalt von eines <strong>de</strong>r Würfels, wie in Abb. 1.<br />
öhnn<br />
zu-<br />
Die Ecken <strong>de</strong>s Würfels sind die<br />
Im letzten Beispiel schließlich <strong>de</strong>uten wir an,<br />
Gestalt eines Würfels, wie in 1.<br />
wie man in <strong>de</strong>r Finanz<strong>mathe</strong>matik <strong>de</strong>m Börsengeschehen<br />
und seinen Risiken mit Zufalls-<br />
111<br />
011<br />
uali-mo<strong>de</strong>llen twirft um bart, Fragestellungen, wenn sie die durch erst einmal eine Kante gar nichts ver-<br />
101<br />
Kno tenpunkte. auf <strong>de</strong>n Grund Sie geht. heißen Dabei benach-<br />
geht es<br />
001<br />
ecke. mit bun<strong>de</strong>n Zufall zu tun sind. haben, Die auch Kanten entsprechen sind die<br />
Zufallsmo<strong>de</strong>lle Verbindungen, <strong>de</strong>finitiv nicht entlang <strong>de</strong>r Wirklichkeit. <strong>de</strong>rer die<br />
Dennoch Pakete ist in es hier bei<strong>de</strong> so, Richtungen dass diese „falschen“ laufen<br />
010<br />
Mo<strong>de</strong>lle (sogenannte „Martingalmaße“) das<br />
110<br />
können, pro Takteinheit aber immer<br />
Verständnis nur jeweils entschei<strong>de</strong>nd eines. för<strong>de</strong>rn. Zwischen Das klingt zwei 000<br />
paradox und ist nicht ganz leicht zu vermitteln.<br />
An diesen Mo<strong>de</strong>llen kommt man aber<br />
100<br />
s <strong>de</strong>r nicht benachbarten Ecken gibt es<br />
roblensatz<br />
<strong>de</strong>n aus Finanzmärkten höchstens in drei Schranken Kanten. halten. Stellen Spe-<br />
wir uns weiter vor, 1 Einfaches Mo-<br />
Abb. 1: Einfaches Mo<strong>de</strong>ll eines Netzwerkes mit acht<br />
nicht<br />
ver<br />
mehr<br />
schie<strong>de</strong>ne<br />
vorbei, will<br />
Verbindungswege,<br />
man die Risiken auf<br />
die direkten bestehen<br />
Knoten und dreistelligen digitalen Adressen.<br />
. Häu-zialistefin<strong>de</strong>t immer an<strong>de</strong>ren wichtigere Ecke Rolle gesen<strong>de</strong>t zu. wird. Dabei te. entstehen Sie heißen dann benachbart,<br />
dass aus von <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>r Mathematik <strong>de</strong>r acht wächst Ecken hier ein eine Paket Die zu Ecken irgen<strong>de</strong>iner <strong>de</strong>s Würfels sind<br />
<strong>de</strong>ll<br />
die<br />
eines<br />
Knotenpunk-<br />
Netzwerkes<br />
wenn<br />
mit<br />
sie<br />
acht<br />
durch<br />
Knoten und dreistelligen<br />
digitalen<br />
itet es Schlangen bis zur Länge acht. Dies ist eine kleines, Kante verbun<strong>de</strong>n noch sind. Die Kanten sind<br />
hänge Insgesamt nicht ist beson<strong>de</strong>rs festzustellen, interessantes dass die Wissenschaft Netzwerk. die Verbindungen, entlang <strong>de</strong>rer die Pakete<br />
Adressen.<br />
Spieß <strong>de</strong>n Zufall Spannen<strong>de</strong>r als eigenständiges sind Konzept große verstehen Netzwerke. in Wir bei<strong>de</strong> betrachten Richtungen laufen können, pro Takteinheit<br />
und entwickeln muss. Diese Aufgabe ist Gegenstand<br />
<strong>de</strong>r Stochastik („Kunst <strong>de</strong>s Mutmaßens“), schen zwei nicht benachbarten Ecken gibt es<br />
rein nun Netzwerke, bei <strong>de</strong>m je<strong>de</strong>r Knoten eine<br />
aber<br />
Adresse<br />
immer nur jeweils eines. Zwi-<br />
cher: aus n Zahlen x<br />
<strong>de</strong>r <strong>mathe</strong>matischen 1<br />
x<br />
Lehre 2<br />
…x<br />
vom n<br />
besitzt, wobei je<strong>de</strong> dieser n Zahlen<br />
es weniger entwe<strong>de</strong>r darum, <strong>de</strong>n ob Wert es <strong>de</strong>n 0 Zufall o<strong>de</strong>r in 1 <strong>de</strong>r annimmt.<br />
Zufall. In ihr verschie<strong>de</strong>ne Verbindungswege, die direkten<br />
, vom geht bestehen<br />
Damit<br />
aus höchstens<br />
hat<br />
drei Kanten. Stellen<br />
n = wir 3 entspricht, uns weiter vor, dass von je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />
e fak-Welman <strong>de</strong>n wie Begriff man <strong>de</strong>s Zufalls Abbildung herauszuarbeiten. 1 entnimmt, einem acht drei-dimensi-<br />
Ecken ein Paket zu irgen<strong>de</strong>iner man wirklich 2 n verschie<strong>de</strong>ne gibt, vielmehr ist Adressen. ihre Aufgabe, Der Fall<br />
an<strong>de</strong>ren<br />
onalen Würfel. Der Abbildung entnimmt man auch,<br />
dass zwei Ecken genau dann benachbart sind, wenn
öchstens <strong>de</strong>r Länge n verbun<strong>de</strong>n,<br />
unterschei<strong>de</strong>n sich an höchstens<br />
ensionale Würfel ist in <strong>de</strong>r Abbil-<br />
0010<br />
0110<br />
1010<br />
1110<br />
27<br />
Algorithmus<br />
Ecke gesen<strong>de</strong>t<br />
provoziert<br />
wird.<br />
Staus<br />
Dabei entstehen<br />
dann Schlangen bis zur<br />
0100<br />
un also die folgen<strong>de</strong> Aufgabe: Von<br />
1100<br />
n soll<br />
Länge<br />
ein Paket<br />
acht.<br />
an<br />
Dies<br />
eine<br />
ist<br />
an<strong>de</strong>re<br />
ein kleines,<br />
A<strong>de</strong>n,<br />
unter <strong>de</strong>n oben genannten Be-<br />
1000<br />
noch nicht beson<strong>de</strong>rs interessantes<br />
0000<br />
immt <strong>de</strong>r<br />
Netzwerk.<br />
Übersichtlichkeit halber<br />
0111<br />
1111<br />
die 2 n Zieladressen alle verschie<strong>de</strong>n<br />
Gibt<br />
Spannen<strong>de</strong>r<br />
es günstige Regeln,<br />
sind große<br />
bei <strong>de</strong>nen<br />
Netzwerke. Wir<br />
0011<br />
betrachten nun Netzwerke, bei <strong>de</strong>nen je<strong>de</strong>r<br />
1011<br />
schlangen entstehen Realistisch ist<br />
, dass<br />
Knoten<br />
die Regel,<br />
eine<br />
nach<br />
Adresse<br />
<strong>de</strong>r je<strong>de</strong>s<br />
aus n<br />
einart<br />
zum Ziel geschickt wird, unab-<br />
Zahlen x 1<br />
x 2<br />
...x n<br />
besitzt, wobei je<strong>de</strong> dieser n Zahlen 2 entwe<strong>de</strong>r<br />
Wert 0 o<strong>de</strong>r 1 annimmt. Damit eines Netzwerkes hat<br />
0101<br />
Darstellung<br />
as mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Paketen gen<br />
also, bildlich verschie<strong>de</strong>ne gesprochen, Adressen. unser Der Fall n = 3<br />
man 2 n mit 16 Knoten als<br />
1101<br />
vier-dimensionaler 0001<br />
euklappen-Algorithmen.<br />
entspricht, wie man Abbildung 1 entnimmt, Würfel.<br />
1001<br />
ressante einem <strong>mathe</strong>matische drei-dimensionalen Resultate. Würfel. Der Abbildung<br />
<strong>de</strong>terministische entnimmt man Scheuklap-<br />
auch, dass zwei Ecken<br />
Abb. 2: Darstellung eines Netzwerkes mit 16 Knoten<br />
einmal als vier-dimensionaler Würfel.<br />
avon genau gibt es dann eine benachbart Vielzahl, nahe sind, lielgen<strong>de</strong><br />
Adressen Verfahren: an Soll genau ein einer Paket Stelle von unterscheisen<br />
braucht man Regeln, min<strong>de</strong>stens bei <strong>de</strong>nen 2keine n/2 /n Schritte, langen Warteschlan-<br />
bis schließ-<br />
wenn sei sich gesagt: ihre Bei ungünstiger Konstellation <strong>de</strong>r Zieladres-<br />
z <strong>de</strong>n. So wollen wir es auch allgemein im gen entstehen Realistisch ist die Randbedingung,<br />
diese dass Zahl die sehr Regel, groß, nach <strong>de</strong>r im je<strong>de</strong>s Fall n einzel-<br />
= 100<br />
n<br />
geschickt wer<strong>de</strong>n, so suche man lich alle Pakete zugestellt sind. In sehr großen Netzwerken<br />
...x n<br />
Fall n > 3 halten: Die Ecken x 1<br />
x 2<br />
und wird<br />
y 1<br />
y 2<br />
...y n<br />
seien benachbart, sind also größer durch als 10ne 13 . Paket Dabei vom hat Start man zum zwischen Ziel geschickt zwei beliebig wird,<br />
eine Kante verbun<strong>de</strong>n, wenn sich ausgewählten bei<strong>de</strong> unabhängig Adressen einen davon Verbindungsweg, ist, was mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>ssen<br />
Adressen an genau einer Stelle unterschei<strong>de</strong>n.<br />
Es stellt sich gesprochen, weiter heraus: unser Augenmerk Dieses entmutigen<strong>de</strong> auf Scheu-<br />
Länge höchstens Paketen 100 geschieht. ist! Wir richten also, bildlich<br />
Resultat gilt für klappen-Algorithmen.<br />
je<strong>de</strong>n <strong>de</strong>terministischen Scheuklappen-<br />
Dieses Netzwerk heißt n-dimensionaler Algorithmus. Immer lassen sich Zieladressen angeben,<br />
Würfel. Er hat 2 n Ecken und n2 n–1 so Kanten, dass zumin<strong>de</strong>st Dazu gibt <strong>de</strong>r es Größenordnung interessante <strong>mathe</strong>matische<br />
nach die beschriebene<br />
Weg ungünstige Resultate. Betrachten Situation wir besteht. erst einmal <strong>de</strong>termi-<br />
und je zwei Ecken sind durch einen<br />
höchstens <strong>de</strong>r Länge n verbun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn ihre nistische Scheuklappen-Algorithmen. Davon<br />
Adressen unterschei<strong>de</strong>n sich an höchstens Mit zufällig n gibt gewählten es eine Vielzahl, Zwischenstopps nahe liegend ist etwa<br />
Stellen. Der 4-dimensionale Würfel ist schneller in <strong>de</strong>r das ans Ziel folgen<strong>de</strong> Verfahren: Soll ein Paket von<br />
Abbildung 2 dargestellt.<br />
Der Zufall x 1 macht x 2<br />
...x n<br />
nach es möglich, z 1<br />
z 2<br />
...z n diesen geschickt schwer wer<strong>de</strong>n, zu fassen<strong>de</strong>n<br />
ungünstigen suche man Konstellationen erst die kleinste Stelle auszuweichen.<br />
i, an <strong>de</strong>r sich<br />
so<br />
Deterministischer Algorithmus provoziert Zum Beispiel x i auf und die z i<br />
unterschei<strong>de</strong>n, folgen<strong>de</strong> Weise: und Zu schicke je<strong>de</strong>r das Adresse Paket<br />
Staus<br />
wähle man, zunächst zusätzlich an <strong>de</strong>n zu <strong>de</strong>r benachbarten Zieladresse, Knoten, noch <strong>de</strong>ssen eine<br />
Wir betrachten nun also die folgen<strong>de</strong> Zwischenadresse. Aufgabe:<br />
Von je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r 2 n Adressen soll zufällig ein Paket gewählt, Startadresse unabhängig unterschei<strong>de</strong>t. Er hat die Adresse<br />
Adresse Diese sich Zwischenadressen an genau dieser Stelle wer<strong>de</strong>n von rein <strong>de</strong>r<br />
an eine an<strong>de</strong>re Adresse geschickt wer<strong>de</strong>n, x 1<br />
...x i–1<br />
z i<br />
x i+1<br />
...x n<br />
= z ...z von z Knoten x ...x zu Knoten.<br />
Dann verschicke man die Pakete 1 i–1durch i i+1 sAdA, n<br />
. Dann jedoch ersetze<br />
an man die die Zwischenadressen! nächste unterschiedliche Sind Stelle diese und er-<br />
unter <strong>de</strong>n oben genannten Bedingungen. erst einmal<br />
Man nimmt <strong>de</strong>r Übersichtlichkeit halber reicht, gerne so verschicke so weiter, man bis zerneut 1<br />
z 2<br />
...z n<br />
erreicht die Pakete ist. Verfährt durch sAdA, man<br />
an, dass auch die 2 n Zieladressen nun alle an verschie<strong>de</strong>n<br />
sind. Die Frage ist: Gibt es sierte günstige Scheuklappen-Algorithmus so hat man einen wohl<strong>de</strong>finierten braucht, mit Scheuklap- kleiner<br />
die Zieladressen. bei Warteschlangen Es zeigt noch sich: nach Dieser <strong>de</strong>r Regel randomi-<br />
FIFO,<br />
Ausnahmewahrscheinlichkeit, nur höchstens 6.2 × n<br />
Schritte, bis alle Pakete zugestellt sind. Genauer lässt
28<br />
pen-Algorithmus, nennen wir ihn sukzessives<br />
Ausrichten <strong>de</strong>r Adressen (sAdA).<br />
Nun stellt sich heraus: Wenn man die Zieladressen<br />
unglücklich wählt, entstehen beim<br />
sAdA lange Warteschlangen. Wie das im Einzelnen<br />
aussieht, damit wollen wir uns hier<br />
nicht auseinan<strong>de</strong>rsetzen, nur so viel sei gesagt:<br />
Bei ungünstiger Konstellation <strong>de</strong>r Zieladressen<br />
braucht man min<strong>de</strong>stens 2 n/2 /n Schritte,<br />
bis schließlich alle Pakete zugestellt sind. In<br />
sehr großen Netzwerken wird diese Zahl sehr<br />
groß, im Fall n = 100 größer als 10 13 . Dabei<br />
hat man zwischen zwei beliebig ausgewählten<br />
Adressen einen Verbindungsweg, <strong>de</strong>ssen<br />
Länge höchstens 100 ist!<br />
Es stellt sich weiter heraus: Dieses entmutigen<strong>de</strong><br />
Resultat gilt für je<strong>de</strong>n <strong>de</strong>terministischen<br />
Scheuklappen-Algorithmus. Immer lassen<br />
sich Zieladressen angeben, so dass zumin<strong>de</strong>st<br />
<strong>de</strong>r Größenordnung nach die beschriebene<br />
ungünstige Situation besteht.<br />
Mit zufällig gewählten Zwischenstopps<br />
schneller ans Ziel<br />
Der Zufall macht es möglich, diesen schwer<br />
zu fassen<strong>de</strong>n ungünstigen Konstellationen<br />
auszuweichen. Zum Beispiel auf die folgen<strong>de</strong><br />
Weise: Zu je<strong>de</strong>r Adresse wähle man, zusätzlich<br />
zu <strong>de</strong>r Zieladresse, noch eine Zwischenadresse.<br />
Diese Zwischenadressen wer<strong>de</strong>n rein zufällig<br />
gewählt, unabhängig von Knoten zu Knoten.<br />
Dann verschicke man die Pakete durch sAdA,<br />
jedoch erst einmal an die Zwischenadressen!<br />
Sind diese erreicht, so verschicke man erneut<br />
die Pakete durch sAdA, nun an die Zieladressen.<br />
Es zeigt sich: Dieser randomisierte<br />
Scheuklappen-Algorithmus braucht, mit kleiner<br />
Ausnahmewahrscheinlichkeit, nur höchstens<br />
6.2 × n Schritte, bis alle Pakete zugestellt<br />
sind. Genauer lässt sich die Ausnahmewahrscheinlichkeit<br />
abschätzen als<br />
Ws(mehr als 6.2 × n Schritte) < 2 –(n–1) .<br />
Im Fall n = 100 benötigt also <strong>de</strong>r randomisierte<br />
Algorithmus höchstens 620 Schritte,<br />
abgesehen vom Ausnahmefall, <strong>de</strong>r eine Wahrscheinlichkeit<br />
von weniger als 10 –29 besitzt.<br />
Dieses Resultat be<strong>de</strong>utet: Auch wenn es<br />
schwer zu sagen ist, welche Zieladressen zu<br />
langen Wartezeiten führen, so ist ihre relative<br />
Häufigkeit gering. Man kann ihnen daher<br />
durch rein zufällige Wahl <strong>de</strong>r Zieladressen<br />
ausweichen.<br />
Kann das <strong>de</strong>nn Zufall sein<br />
Ein Beispiel aus <strong>de</strong>r Statistik<br />
Die Statistik hat das Anliegen, kausale Zusammenhänge,<br />
<strong>de</strong>terministische Einflüsse, die<br />
in irgendwelchen Daten zum Ausdruck zu<br />
kommen scheinen, glaubhaft zu machen. Dabei<br />
ist es nicht ihr Weg, solche kausalen Beziehungen<br />
aufzuzeigen, sie möchte umgekehrt aufzeigen,<br />
dass <strong>de</strong>r Zufall als Erklärungsmuster für<br />
die Daten nicht taugt.<br />
Wir wollen diese Vorgehensweise <strong>de</strong>r Statistik<br />
an einem Beispiel <strong>de</strong>monstrieren: Eine Botschaft<br />
ein und <strong>de</strong>sselben Inhalts (es ging um<br />
<strong>de</strong>n Vergleich <strong>de</strong>s Erfolgs zweier Therapiemetho<strong>de</strong>n<br />
(T1 und T2)) wur<strong>de</strong> in zwei unterschiedliche<br />
Darstellungsformen verpackt. In<br />
Form A wur<strong>de</strong> herausgestellt, wie groß jeweils<br />
<strong>de</strong>r Prozentsatz <strong>de</strong>r Patienten ist, bei <strong>de</strong>nen<br />
Behandlung T1 erfolglos bzw. Behandlung T2<br />
erfolgreich war, in Form B wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Akzent<br />
gera<strong>de</strong> umgekehrt gesetzt.<br />
Von insgesamt 167 Ärzten, die an einer Sommerschule<br />
teilnahmen, wur<strong>de</strong>n rein zufällig 80<br />
ausgewählt, <strong>de</strong>nen die Botschaft in <strong>de</strong>r Form
29<br />
A vermittelt wur<strong>de</strong>, die restlichen 87 bekamen<br />
die Botschaft in <strong>de</strong>r Form B mitgeteilt. Je<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>r Ärzte hatte sich daraufhin für die Bevorzugung<br />
einer <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Therapiemetho<strong>de</strong>n zu<br />
entschei<strong>de</strong>n. Das Ergebnis war:<br />
für Metho<strong>de</strong> T1: für Metho<strong>de</strong> T2: Summe:<br />
A: 40 40 80<br />
B: 73 14 87<br />
Summe: 113 54 167<br />
Die Daten zeigen: In <strong>de</strong>r A-Gruppe gibt es<br />
im Verhältnis weniger Befürworter <strong>de</strong>r Therapiemetho<strong>de</strong><br />
T1 als in <strong>de</strong>r B-Gruppe (nämlich<br />
40:40 gegen 73:14). Daher könnte <strong>de</strong>r Verdacht<br />
entstehen, dass die Art, in <strong>de</strong>r die Botschaft<br />
mitgeteilt wur<strong>de</strong>, ten<strong>de</strong>nziös war und<br />
die Ärzte sich dadurch in ihrem Urteil haben<br />
beeinflussen lassen. Ein Skeptiker könnte einwen<strong>de</strong>n:<br />
„Ein <strong>de</strong>rartiges Ergebnis kann auch<br />
ohne Beeinflussung zustan<strong>de</strong> kommen, wenn<br />
<strong>de</strong>r Zufall es will.“<br />
Haben die Ärzte sich täuschen lassen<br />
O<strong>de</strong>r war es ein Zufall<br />
Ob die Botschaft wirklich ten<strong>de</strong>nziös war, ist<br />
nicht so einfach zu klären. Die Behauptung<br />
<strong>de</strong>s Skeptikers lässt sich besser überprüfen<br />
und gegebenenfalls wi<strong>de</strong>rlegen. Dazu führen<br />
wir folgen<strong>de</strong> Hypothese über <strong>de</strong>n Zufall ein:<br />
Die Form <strong>de</strong>r Botschaft habe keinen Einfluss<br />
auf die Meinungsbildung <strong>de</strong>r 167 Ärzte<br />
gehabt; es wäre so, als ob die einen 80 die<br />
Botschaft auf rotem, die an<strong>de</strong>ren 87 eine<br />
wörtlich gleichlauten<strong>de</strong> Botschaft auf blauem<br />
Papier bekommen hätten. Wie wahrscheinlich<br />
ist es, dass eine so extreme Aufteilung in 113<br />
Befürworter von T1 und nur 54 Befürworter<br />
von T2 zufällig zustan<strong>de</strong> kommt<br />
Eine Veranschaulichung: Wenn aus einer<br />
Urne mit 80 roten und 87 blauen Kugeln<br />
rein zufällig 113 Kugeln gezogen wer<strong>de</strong>n,<br />
wie wahrscheinlich ist dann ein so extremes<br />
Ergebnis wie das, nur 40 rote Kugeln zu<br />
ziehen Wir wollen die Analyse hier nicht im<br />
Detail durchführen, auch wenn sie nicht sehr<br />
schwierig ist; (Stichworte sind Erwartungswert<br />
und Varianz <strong>de</strong>r hypergeometrischen Verteilung).<br />
Das Resultat ist, dass in <strong>de</strong>r Stichprobe<br />
im Mittel 54 rote Kugeln enthalten sind und<br />
dass eine Abweichung größer o<strong>de</strong>r gleich 14<br />
nur mit Wahrscheinlichkeit 6 × 10 –6 eintritt,<br />
6-mal in einer Million Fälle.<br />
Der Zufall schei<strong>de</strong>t damit nach menschlichem<br />
Ermessen als Erklärungsgrund für die<br />
in <strong>de</strong>n Daten sichtbare Ten<strong>de</strong>nz aus. Die Versuchspersonen<br />
haben sich, wie es aussieht,<br />
beeinflussen lassen. Wir sehen, <strong>de</strong>r Zufall<br />
dient in diesem Beispiel allein als Gedankenexperiment.<br />
Es hilft, ihn zurate zu ziehen,<br />
auch wenn in Wirklichkeit etwas ganz an<strong>de</strong>res<br />
geschehen ist. Von solch hypothetischer<br />
Bauart sind viele Überlegungen innerhalb <strong>de</strong>r<br />
Statistik.<br />
Der Zufall in <strong>de</strong>r Finanz<strong>mathe</strong>matik<br />
Das genuine Thema <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Finanz<strong>mathe</strong>matik<br />
sind Termingeschäfte und ihre<br />
Bewertung. Zufallsüberlegungen spielen dabei<br />
eine zentrale Rolle, jedoch in ganz an<strong>de</strong>rer<br />
Weise, als man zunächst meinen könnte.<br />
Worum es geht, wird schon im einfachsten<br />
Fall <strong>de</strong>utlich.<br />
Stellen wir uns vor, dass ein Terminkontrakt<br />
in einer zukünftigen Auszahlung besteht,<br />
entwe<strong>de</strong>r einer größeren Auszahlung t ↑ o<strong>de</strong>r<br />
einer kleineren t ↓ . Welche das sein wird,<br />
hängt von <strong>de</strong>r Entwicklung eines Aktienkurses<br />
ab, für <strong>de</strong>n wir auch zwei zukünftige<br />
Werte in Betracht ziehen, einen höheren a ↑
30<br />
und einen niedrigeren a ↓ . Was ist ein angemessener<br />
Preis P für einen solchen Kontrakt<br />
Wie steht er zum aktuellen Kurs a <strong>de</strong>r Aktie<br />
(a ↓ < a < a ↑ )<br />
Eine plausible Antwort lautet: Das kommt auf<br />
die Erwartungshaltung <strong>de</strong>r Akteure an. Ist<br />
w ↑ die Wahrscheinlichkeit, dass <strong>de</strong>r Aktienkurs<br />
auf a ↑ steigt – und damit w ↓ = 1 – w ↑<br />
diejenige, dass <strong>de</strong>r Kurs auf a ↓ sinkt, – so ist<br />
es natürlich, <strong>de</strong>n Preis als das mit <strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeiten<br />
gewichtete Mittel von t ↑ und<br />
t ↓ anzusetzen, also als<br />
P(w ↑ , w ↓ ) = t ↑ w ↑ + t ↓ w ↓ .<br />
Es erscheint nicht unvernünftig, dass <strong>de</strong>r Preis<br />
von <strong>de</strong>n Wahrscheinlichkeiten abhängt, die<br />
subjektiv gewählt sein können und wi<strong>de</strong>rspiegeln,<br />
ob man von einem im Mittel steigen<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r sinken<strong>de</strong>n Aktienkurs ausgeht, ob also<br />
a ↑ w ↑ + a ↓ w ↓ > a o<strong>de</strong>r a ↑ w ↑ + a ↓ w ↓ < a<br />
gilt (Bulle o<strong>de</strong>r Bär). Von geringem Interesse<br />
scheint dagegen das Geschehen am<br />
Aktienmarkt aus Sicht <strong>de</strong>sjenigen zu sein, <strong>de</strong>r<br />
a ↑ w ↑ + a ↓ w ↓ = a annimmt, <strong>de</strong>r es also als ein<br />
faires Glücksspiel ansieht. Wir wer<strong>de</strong>n sehen.<br />
Was ist <strong>de</strong>r korrekte Preis eines Termingeschäfts<br />
Diese Überlegungen führen nicht zum Ziel,<br />
wenn man nach <strong>de</strong>m korrekten Preis <strong>de</strong>s<br />
Kontrakts fragt. Den gibt es nämlich, unabhängig<br />
von irgendwelchen Annahmen über<br />
Wahrscheinlichkeiten. Um ihn zu fin<strong>de</strong>n,<br />
betrachten wir ein Portfolio (x,y), bestehend<br />
aus x Aktien und y auf einem Konto gelagerten<br />
Gel<strong>de</strong>inheiten (Euro). Sein zukünftiger<br />
Wert ist dann entwe<strong>de</strong>r xa ↑ + y o<strong>de</strong>r<br />
xa ↓ + y, je nach<strong>de</strong>m, wie sich <strong>de</strong>r Aktienkurs<br />
entwickelt; (<strong>de</strong>r Einfachheit halber sehen wir<br />
von einer Verzinsung <strong>de</strong>s Gel<strong>de</strong>s ab). Wählen<br />
wir insbeson<strong>de</strong>re x und y solchermaßen, dass<br />
das Gleichungssystem<br />
xa ↑ + y = t ↑ und xa ↓ + y = t ↓<br />
erfüllt ist, so ist das Portfolio in Zukunft<br />
gera<strong>de</strong> so viel wert wie unser Terminkontrakt,<br />
man spricht von Duplikation. Offenbar<br />
darf dann auch aktuell keine Wertdifferenz<br />
bestehen, <strong>de</strong>r heutige korrekte Preis <strong>de</strong>s Terminkontrakts<br />
ist also<br />
P korrekt<br />
= xa + y<br />
Diese Überlegung hat erst einmal, wie dies<br />
Black, Scholes und Merton als erste erkannten,<br />
gar nichts mit Zufall zu tun.<br />
Und <strong>de</strong>nnoch: Ein tiefer gehen<strong>de</strong>s Verständnis<br />
erwächst nur, wenn man <strong>de</strong>n Zufall doch<br />
wie<strong>de</strong>r ins Spiel bringt. Setzt man nämlich<br />
obige Wahrscheinlichkeiten speziell als<br />
w ↑ = (a–a ↓ ) / (a ↑ –a ↓ ) und<br />
w ↓ = 1 – w ↑ = (a ↑ –a) / (a ↑ –a ↓ ),<br />
so folgt, wie man durch Auflösen <strong>de</strong>s Gleichungssystems<br />
nach x und y und Einsetzen<br />
in die Formel für P korrekt<br />
ohne Weiteres nachrechnen<br />
kann,<br />
P korrekt<br />
= P(w ↑ ,w ↓ ) sowie a = a ↑ w ↑ +a ↓ w ↓ .<br />
Der Aktienmarkt als faires Glücksspiel<br />
Dieses ist nun eine Überraschung: Der korrekte<br />
Preis <strong>de</strong>s Finanzkontrakts ist <strong>de</strong>rselbe,<br />
<strong>de</strong>r sich ergibt, wenn man <strong>de</strong>n Aktienmarkt<br />
als faires Glücksspiel ansieht! Folgerichtig<br />
wird in <strong>de</strong>r Finanz<strong>mathe</strong>matik mit diesen<br />
hypothetischen Wahrscheinlichkeiten gerechnet,<br />
mögen sie nun die Wirklichkeit angemessen<br />
beschreiben o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Diese Erkenntnisse haben die Finanz<strong>mathe</strong>matik<br />
umgekrempelt und sie heute zu<br />
einem <strong>de</strong>r wichtigsten und anspruchsvollsten<br />
Gebiete <strong>de</strong>r Stochastik wer<strong>de</strong>n lassen. Es<br />
ist nicht nur so, dass das doch recht dürre<br />
Gleichungssystem mit Wahrscheinlichkei-
N 084<br />
N 091<br />
N 071A<br />
N 072A<br />
N 071 N 072<br />
N 083<br />
N 080<br />
N 013<br />
N 070A<br />
N 073<br />
N 085<br />
N 070<br />
N 092<br />
N 081<br />
N 090<br />
N 087A<br />
E 082A<br />
E 011A<br />
N 087<br />
N 088<br />
E 085<br />
E 084<br />
N 082<br />
N 082A<br />
N 086A<br />
N 086<br />
E 082 E 081<br />
F 080<br />
E 091<br />
E 080B<br />
E 010<br />
M 090<br />
E 080C<br />
M 080<br />
M 090A<br />
M 070C<br />
M 070 M 060<br />
M 070B<br />
E 080A<br />
E 080<br />
E 002<br />
A 097<br />
A 005<br />
A 083A<br />
A 003<br />
A 080B<br />
A 080A<br />
A 085A<br />
A 009A<br />
A 009<br />
A 086<br />
A 089<br />
A 087<br />
A 083 A 082<br />
A 001<br />
A 081<br />
A 091 A 090<br />
A 080<br />
A 002<br />
A 084A<br />
A 070<br />
D 085B<br />
A 070B<br />
D 095<br />
B 082A<br />
D 085A<br />
B 082<br />
-<br />
-<br />
B 002<br />
D 085<br />
B 081<br />
D 081<br />
D 080<br />
D 073A D 073<br />
D 072A D 072<br />
D 082<br />
D 019A<br />
B 071<br />
B 070<br />
B 070A<br />
B 071A<br />
D 090<br />
B 080<br />
C 082<br />
D 083<br />
31<br />
ten eine plastische Interpretation erfährt. Die<br />
Einsicht, dass Termingeschäfte korrekterweise<br />
(sicher nicht als faire Spiele betrachtet, aber)<br />
so analysiert wer<strong>de</strong>n können, als wären sie<br />
faire Spiele, ermöglicht <strong>de</strong>n Einsatz ausgefeilter<br />
Techniken aus <strong>de</strong>r Stochastik, wie sie die<br />
Martingaltheorie bereitstellt.<br />
Finanz<strong>mathe</strong>matiker wer<strong>de</strong>n heute in <strong>de</strong>n<br />
Finanzinstituten allerorten gebraucht, in einer<br />
Zahl, wie sie die Universitäten bisher kaum<br />
bereitstellen können. Darauf muss man sich<br />
einstellen – auch wenn man <strong>de</strong>n Finanzmärkten<br />
mit all ihren Turbulenzen reserviert<br />
gegenübersteht.<br />
Diese Beispiele belegen, dass <strong>de</strong>r Zufall besser<br />
ist als sein Ruf. Stochastische Mo<strong>de</strong>lle schaffen<br />
in vielen Fällen eine soli<strong>de</strong> Grundlage,<br />
die uns hilft, komplexe Zusammenhänge zu<br />
beurteilen o<strong>de</strong>r Risiken schwer vorhersehbarer<br />
Entwicklungen einzuschätzen.<br />
Literatur<br />
Götz Kersting und Anton Wakolbinger: Elementare<br />
Stochastik, Birkhäuser 2008.<br />
Odo Marquard: Apologie <strong>de</strong>s Zufälligen, Reclam 1986.<br />
David Ruelle: Zufall und Chaos, Springer 1992.<br />
Die Redaktion von „<strong>mathe</strong>-<strong>lmu</strong>.<strong>de</strong>“ bedankt sich bei Prof.<br />
Dr. Götz Kersting und bei „Forschung Frankfurt“ für die<br />
Erlaubnis, diesen Artikel erneut zu veröffentlichen.<br />
Lageplan für Mathematik am Samstag<br />
Eingang Amalienstraße<br />
M 018<br />
M 014<br />
M 010<br />
B 011<br />
M 022<br />
N 017<br />
N 019 N 021<br />
M 022A<br />
M 011<br />
M 009<br />
M 007<br />
M 005<br />
M 003<br />
M 001<br />
A 087A A 087B A 096<br />
N 015<br />
N 015A<br />
N 020<br />
M 015<br />
B 004 B 006 B 008<br />
A 027 A 088<br />
N 015B<br />
N 011<br />
N 018<br />
N 012<br />
Hörsaal M 010<br />
Hörsaal A 021<br />
A 021<br />
A 071B A 071<br />
A 030<br />
A 071A A 070A<br />
A 028<br />
C 023<br />
C 021<br />
N 009<br />
N 010<br />
A 022<br />
A 017<br />
A 020<br />
C 019<br />
N 007<br />
N 008<br />
C 017<br />
C 015<br />
N 003<br />
N 006<br />
A 015<br />
A 093A A 093<br />
A 093B<br />
A 016<br />
C 013<br />
N 004<br />
N 002<br />
C 009<br />
A 011<br />
A 085 A 084<br />
N 030<br />
A 085B A 084B<br />
A 014<br />
C 007<br />
N 032A<br />
N 032<br />
N 033<br />
C 005<br />
E 019 E 086<br />
E 020 E 018<br />
A 007<br />
A 004<br />
E 017<br />
E 016<br />
E 014<br />
E 015<br />
E 004<br />
D 001 D 003<br />
D 007<br />
D 011 D 013<br />
D 005 D 009<br />
D 017 D 019 D 080A<br />
E 013 E 083 E 012<br />
E 006<br />
E 011<br />
F 002<br />
F 008<br />
Haupteingang Geschwister-Scholl-Platz<br />
D 020
32<br />
Wie könnten Sie Ihrer Karriere Flügel verleihen<br />
Wenn Sie sich <strong>de</strong>n großen Herausfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Welt stellen<br />
In<strong>de</strong>m Sie dabei helfen, Satelliten ins All zu schicken<br />
In Brainstormings mit Ingenieuren, Mathematikern und Risikomanagern<br />
Mit neuen I<strong>de</strong>en zur Eindämmung <strong>de</strong>s Ozonlochs<br />
Durch alle <strong>de</strong>r genannten Punkte<br />
Unsere Stärke liegt im Wissen unserer interdisziplinären Teams. Wissen,<br />
mit <strong>de</strong>m wir komplexe Herausfor<strong>de</strong>rungen aus allen Bereichen <strong>de</strong>r Wirtschaft<br />
und Gesellschaft meistern, von Großbauprojekten über <strong>de</strong>n Klimawan<strong>de</strong>l<br />
bis hin zur Raumfahrt. So entwickeln wir maßgeschnei<strong>de</strong>rte Lösungen für<br />
Risiken, die die Menschheit heute und in Zukunft beschäftigen. Wenn Sie<br />
gemeinsam mit 10.500 Kollegen Projekte von globaler Tragweite bewegen<br />
wollen, freuen wir uns über Ihre Bewerbung.<br />
Was wir im Rahmen unseres Traineeprogramms von Ihnen erwarten und<br />
welche Chancen wir Ihnen bieten, erfahren Sie unter<br />
munichre.com/karriere