The truth may be bitter, but it must be told « - Pro Asyl

»The truth may be bitter, but it must be told«
Samos: Kinderspielplatz im neuen Gefängnis
Samos: Neues Gefängnis
Wir sprachen mit einem Palästinenser aus dem Libanon,
dem bei der Misshandlung durch die Küstenwache eine
Rippe gebrochen worden war. Bis zum Zeitpunkt unseres
Besuches war keine Krankenhausuntersuchung angeordnet
worden, obwohl der Betroffene seit Wochen über
Schmerzen und Blut im Speichel geklagt hatte. Erst am
zweiten Besuchstag konnte unsere Delegation durchsetzen,
dass der misshandelte Flüchtling ins Krankenhaus
gebracht und dort – knapp zwei Monate nach der Misshandlung
– endlich behandelt wurde. 32 Flüchtlinge aus
Äthiopien und Algerien berichten ebenfalls von schweren
Misshandlungen beim Aufgriff durch die Küstenwache.
Die Haftanstalt auf Samos soll demnächst geschlossen
werden. Das neue Gefängnis in Vathy befindet sich seit
Jahren im Bau, soll aber in Kürze eröffnet werden. Damit
wird sich die Zahl der verfügbaren Haftplätze auf Samos
auf rund 400 Plätze vervierfachen. Das neue Gefängnis
soll gegenüber dem derzeit betriebenen einige Verbesserungen
für die Insassen bereithalten: Sie betreffen einen
Freigangsbereich, spezielle Aufenthaltsbereiche für Frauen
und Kinder und funktionierende Sanitäranlagen. Die
Delegation des Europaparlaments hat jedoch Zweifel angemeldet,
»ob die ›hüttenförmige‹ Flachdachausführung
der Bauten für das örtliche Klima geeignet ist«. 33 Wie
auch immer: Kein Kinderspielplatz wird darüber hinwegtäuschen,
dass es sich auch bei der neuen Einrichtung
um ein Gefängnis für Menschen handelt, die keine Straftaten
begangen haben und Schutz brauchen.
Haftanstalt Pagani-Mitilini auf Lesbos
Das Lager Pagani-Mitilini besteht aus mehreren großen
Lagerhallen. Die Inhaftierten leben in diesen Hallen –
in der größten stehen 60 Betten – aufgeteilt nach Ländergruppen.
Nach Angaben der Behörden ist dieses Gefängnis
für 500 Personen ausgelegt. In dem Haftlager befanden
sich zum Zeitpunkt unseres Besuches 34 150 - 200
Personen. Die neuen Container für Familien und unbegleitete
Flüchtlingskinder standen ungenutzt im Hof.
Wegen fehlender Isolierung sind diese nach Aussagen
des Wachpersonals in den heißen Sommermonaten nicht
nutzbar.
Die sanitären Verhältnisse in den vollbesetzten Trakten,
wo die afghanischen Erwachsenen und Minderjährigen
sowie die Männer aus dem Irak und Palästina eingesperrt
waren, waren unhaltbar. Pro Hallentrakt gab
es eine Toilette und eine Dusche. Auch die Matratzen
und Decken waren erheblich verschmutzt. Das Leitungswasser
war ungenießbar.
Der Hof- bzw. Freigang in Mitilini ist nicht geregelt. Flüchtlinge
aus arabischen Ländern beklagten im Gespräch,
dass ihnen der Hofgang völlig verweigert werde.
Im Frauentrakt waren an diesem Besuchstag nur zwei
Frauen untergebracht: eine Frau aus Somalia und eine
ältere Frau aus dem Zentralirak, die bei den griechischen
Behörden als »Palästinenserin« geführt wurde. Wenige
Tage vor unserem Besuch, war auf Druck von Giorgos
Tsarbopoulos, Direktor des UNHCR Griechenland, eine
größere Gruppe minderjähriger Mädchen aus Somalia
entlassen worden. 35
24 Abschiebungsanordnung, Inhaftierung und Haftbedingungen