ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127
ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127
ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Gemeindefinanzen<br />
Vielmehr ist Transparenz gefragt, damit die politische Verantwortung für Ausgaben<br />
und damit die Finanzierungsverantwortung den Bürgerinnen und Bürgern<br />
bewusst wird.<br />
Viele der in der Gemeindefinanzkommission diskutierten Vorschläge weisen in<br />
die falsche Richtung. So würden Zuschläge zur Einkommensteuer es Bund und<br />
Ländern nochmals erleichtern, sich mit dem Verweis auf eine kommunale Zuschlagsmöglichkeit<br />
ihrer Verantwortung zu entziehen. Auch wer unter fadenscheinigen<br />
Argumenten – wie zum Beispiel dem Hinweis auf vermeintlich hohen<br />
Arbeitsaufwand – die Etablierung einer Gesetzesfolgeabschätzung verhindern<br />
will, offenbart nur eines: seine Bereitschaft zum finanzpolitischen Blindflug<br />
und das Nicht-Kennen-Wollen der Konsequenzen des eigenen Handelns.<br />
Verantwortungsvolle Politik sieht anders aus. <br />
Kommunen am Scheideweg –<br />
Die Situation aus sächsischer Sicht<br />
Christian Schramm<br />
Oberbürgermeister der Stadt Bautzen, Vizepräsident des Deutschen Städte- und<br />
Gemeindebundes und Präsident des Sächsischen Städte- und Gemeindetages<br />
Die aktuelle Finanzlage des Staates bzw. seiner Kommunen zu beschreiben,<br />
Änderungen in den letzten Jahren aufzuzeigen sowie Lösungen vorzuschlagen,<br />
wie die Haushalte wieder „ins Lot“ gebracht werden können, ist eine Herausforderung,<br />
die so alt und schwierig wie verdienstvoll ist. Mitunter entstehen in diesem<br />
Prozess recht kreative Ideen.<br />
Wohl kaum ein römischer Kaiser war so erfindungsreich und konsequent wie Vespasian,<br />
wenn es darum ging, die Staatsfinanzen zu sanieren. Als sein Sohn Titus<br />
ihm eines Tages vorhielt, dass er sogar eine Pissoir-Steuer eingeführt habe, hielt<br />
er ihm die ersten Münzeinnahmen aus dieser neuen „Quelle“ unter die Nase und<br />
wollte wissen, ob ihn der Geruch störe. Als der das verneinte, entgegnete er:<br />
„Und doch kommt es vom Urin.“ Jeder kennt die lateinische Redewendung „pecunia<br />
non olet“ – Geld stinkt nicht, und manchmal fühlt man sich an die Suche<br />
Vespasians nach neuen Geldquellen erinnert, wenn deutsche Kommunen über<br />
die Einführung von Bettensteuern oder Mobilfunkmastensteuern nachdenken,<br />
um ihre Finanzprobleme zu mildern.<br />
Die Entlastung der Kommunen ist bislang gescheitert<br />
Sind dies um sich greifende Anzeichen eines verzweifelten Versuchs der Kommunen,<br />
ihre letzten verbliebenen Handlungsspielräume zu erhalten oder sogar<br />
zurückzugewinnen, nachdem Bund und Länder den Kommunen in den<br />
vergangenen Jahren immer neue Aufgaben und Finanzierungsverpflichtungen<br />
auferlegt haben, ohne für eine adäquate Finanzausstattung zu sorgen Befinden<br />
sich die Kommunen bereits im „freien Fall“, nachdem ich in der Ausgabe<br />
Nr. 95 dieser Zeitschrift vom März 2003 noch getitelt hatte: „Kommunen<br />
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />
7