ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127
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Gemeindefinanzen<br />
ten Schritt darstellen. Mit Blick auf die Problemlagen im kommunalen Finanzsystem<br />
stellt sich die Frage nach einem Mehr oder Weniger an kommunaler<br />
Aufgabenwahrnehmung allenfalls sekundär. Anpassungen in der Aufgabenstruktur<br />
sowie beim Ausgaben- und Einnahmenniveau allein können lediglich<br />
Fehlentwicklungen der Vergangenheit punktuell korrigieren.<br />
Mindestens ebenso wichtig ist, dass für die Zukunft verhindert wird, dass durch<br />
Bund und Länder neue Aufgabenbelastungen ohne entsprechende Finanzierungszusagen<br />
beschlossen werden. Die Stichworte hierfür lauten Kosten- und<br />
Finanzierungstransparenz und politische Verantwortung sowie Konnexitätsprinzip,<br />
nach dem eine Aufgabenübertragung nur mit dem entsprechenden finanziellen<br />
Ausgleich erfolgen darf.<br />
Transparenz ist die grundlegende Voraussetzung bei allen demokratischen<br />
Entscheidungen. Insbesondere muss nachvollziehbar sein, welche Folgen eine<br />
Gesetzesänderung mit sich bringt. Diese Forderung gilt auch bei kommunalrelevanten<br />
Entscheidungen seitens des Bundes und der Länder. Allerdings<br />
sind derzeit die Voraussetzungen für eine derartige Transparenz nicht gegeben.<br />
Gesetzesfolgeabschätzungen sind inhaltlich zu präzisieren, damit die finanz -<br />
wirksamen Folgen für die einzelnen Länder und die jeweilige Kommunal ebene<br />
deutlich werden. Die dabei zugrunde liegenden Annahmen müssen dokumentiert<br />
werden, damit Fehleinschätzungen nachvollziehbar werden und korrigiert<br />
werden können. Nur durch intensive Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände<br />
an den Gesetzesfolgeabschätzungen kann das Know-how der<br />
Kommunen bei der Kostenschätzung genutzt werden. Zudem kann nur auf<br />
diese Weise sichergestellt werden, dass nicht aus Gründen der politischen Opportunität<br />
systematische Verzerrungen bei der Folgeabschätzung auftreten.<br />
Die entsprechenden Fragen werden derzeit in der Gemeindefinanzkommission<br />
behandelt; erste positive Entwicklungen sind erkennbar. Dieser auf den ers ten<br />
Blick unscheinbare Punkt ist von herausragender Bedeutung für die kommunalen<br />
Finanzen: Wenn keine Transparenz geschaffen wird, werden Bundesund<br />
Landespolitik, insbesondere die Fachpolitiken, kaum der Versuchung<br />
widerstehen können, sich zulasten der Kommunen Vorteile zu verschaffen.<br />
Mischfinanzierung: Umstritten, aber teilweise begründet<br />
Aus struktureller Sicht lassen sich die Ungleichgewichte im Bereich der Kommunalfinanzen<br />
nur auffangen, wenn diejenige Ebene, die eine finanzrelevante<br />
Aufgabe initiiert, auch deren Finanzierung sicherzustellen hat. In vielen Fällen<br />
hätten Bund und Länder darauf verzichtet, die Kommunen zur Erfüllung<br />
neuer Aufgaben zu verpflichten, wenn sie selbst die Finanzierungslast hätten<br />
tragen müssen. Zugleich ist es jedoch notwendig, dass in denjenigen Fällen, in<br />
denen Bund und Länder eine Aufgabe an die Kommunen übertragen wollen<br />
und auch bereit sind, die Kosten zu tragen, institutionelle Möglichkeiten für<br />
ein derartiges Verfahren gegeben sind.<br />
Die finanzwissenschaftliche Fachliteratur scheint sich im Grundsatz darin einig<br />
zu sein, dass derartige Mischfinanzierungen unweigerlich Fehlallokationen im<br />
öffentlichen Finanzsystem verursachen würden und deshalb zu vermeiden<br />
seien (Stichwort: „goldene Zügel“). Lenkungswirkungen treten allerdings nur<br />
dann auf, wenn gelenkt werden kann. Lenkungswirkungen können daher in<br />
den Fällen ausgeschlossen werden, in denen sich nur noch die Frage nach der<br />
Finanzierungspflicht für eine bestimmte Aufgabe stellt, die Aufgabenerfüllung<br />
an sich jedoch nicht mehr zur Debatte steht. Gerade im Bereich der sozialen<br />
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)<br />
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