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ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127

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Ordnungspolitische Positionen<br />

träger dramatisch; das Arbeitskräftepotenzial, von dem die ortsansässigen<br />

Unternehmen profitieren können, sinkt somit gerade im Bereich der Hochqualifizierten.<br />

Die Verkehrserschließung fällt gegenüber anderen Regionen ab,<br />

insbesondere die ortsansässigen überregional tätigen Unternehmen erleiden<br />

dadurch Wettbewerbsnachteile. Ansiedlungserfolge für neue Unternehmen<br />

bleiben aus, was zu Ausfällen bei den Gewerbesteuereinnahmen führt. Im Ergebnis<br />

werden weniger Bürgerinnen und Bürger eine Arbeitsstelle finden, wodurch<br />

der kommunale Haushaltsdruck über die Ausgabenseite verstärkt wird.<br />

Die hierdurch nochmals verschlechterte Finanzsituation läutet die nächste<br />

Runde der Abwärtsspirale ein.<br />

Die Bestimmungsgründe für die Ausgabenbelastung einer Kommune zeigen,<br />

dass eine desaströse Finanzlage einer Kommune nur in Ausnahmefällen aufgrund<br />

einer fehlerhaften Steuerung vor Ort entstanden ist. Vielmehr ist das Risiko<br />

finanzieller Überforderung systembedingt. Deswegen ist das Finanzsystem<br />

als solches zu hinterfragen; die Leitfrage lautet demnach: Welche Mechanismen<br />

führen zur – in Anbetracht der Aufgaben – insgesamt unzureichenden<br />

kommunalen Finanzausstattung und zur besonderen Problematik von strukturschwachen<br />

Städten<br />

Diese Fragestellung nach den Ursachen führt von der budgetären zur prozessualen<br />

Betrachtungsebene der Rahmenbedingungen kommunaler Finanzpolitik.<br />

Bund und Länder beschließen fortwährend neue Leistungsansprüche der<br />

Bürgerinnen und Bürger gegenüber den Kommunen. Die daraus resultierenden<br />

Ausgabenverpflichtungen müssen die Kommunen jedoch allein aus ihren<br />

nur begrenzt steigerungsfähigen Einnahmen decken. Während sich die Bundes-<br />

und Landespolitiker die von ihnen beschlossenen Ausgabenprogramme<br />

als politische Erfolge zurechnen lassen können, werden die budgetären und<br />

damit die politischen Kosten den Kommunalvertretern angelastet. Die Kommunen<br />

werden regelmäßig Opfer des Glücksspielprinzips im „Casino Föderal“:<br />

Dabei stehen die Gewinner und Verlierer von vornherein fest, und die Verantwortung<br />

einzelner Akteure ist nicht mehr erkennbar. Solange dieser höchst<br />

intransparente und expansiv wirkende Mechanismus nicht außer Kraft gesetzt<br />

wird, ist eine nachhaltige Sanierung der Kommunalfinanzen nicht zu erwarten.<br />

Im Übrigen würde mit dem derzeit diskutierten Vorschlag eines Zuschlagsrechts<br />

auf die Einkommensteuer diese Ausgabenexpansion erst richtig<br />

Fahrt aufnehmen.<br />

Dennoch ist bei einer Vielzahl der von diesen Fehlentwicklungen geprägten<br />

Aufgaben deren Verankerung auf kommunaler Ebene unter verwaltungsökonomischen<br />

Gesichtspunkten sinnvoll. Eine Aufgabenrückübertragung stellt insoweit<br />

in vielen Fällen keine tragfähige Lösungsstrategie dar, auch wenn es sich<br />

oftmals im Kern um gesamtstaatliche Aufgaben handelt. Im Ergebnis führt dies<br />

allerdings dazu, dass die Kommunen nicht nur zum Träger, sondern zunehmend<br />

auch zum überlasteten Finanzier gesamtstaatlicher Aufgaben werden.<br />

Mehr Transparenz für klare politische Verantwortung<br />

Genau an dieser Stelle, der fehlerhaften Verknüpfung von Aufgabenträgerschaft<br />

und Finanzierungspflicht, werden langfristig wirksame Lösungsmechanismen<br />

deutlich: Der Kreislauf der zunehmenden Aufgabenübertragung<br />

durch Bund und Länder auf die Kommunen ohne ausreichende Finanzierung<br />

muss durchbrochen werden. Dass das bereits bestehende ungleiche Verhältnis<br />

zwischen Aufgaben und Ausgaben auf der einen Seite sowie den Einnahmen<br />

auf der anderen Seite ausgeglichen wird, ist notwendig, kann aber nur den ers -<br />

4 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)

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