ZUR WIRTSCHAFTS- UND GESELLSCHAFTSPOLITIK 127
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Ordnungspolitische Positionen<br />
Gemeindefinanzen<br />
Notleidende Kommunen –<br />
Nicht nur eine Frage der Konjunktur<br />
Dr. Stephan Articus<br />
Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städtetages<br />
Die Finanznot der Kommunen – das Finanzierungsdefizit betrug im Jahr 2010<br />
fast zehn Milliarden Euro – stellt eine nicht zu leugnende Bedrohung der kommunalen<br />
Handlungsfähigkeit und eine Gefährdung für den Standort Deutschland<br />
dar. Unabhängig von der dringenden Notwendigkeit, den Kommunen möglichst<br />
kurzfristig zusätzliche finanzielle Mittel zukommen zu lassen bzw. ihre Aufgaben-<br />
und Ausgabenbelastung zu mindern, sind folgende Fragen zu beantworten:<br />
Was sind die strukturellen Ursachen der finanziellen Probleme vieler Kommunen<br />
Liegen sie im Bereich der betroffenen Kommunen oder sind sie durch<br />
– aus Sicht der Kommunen – externe Faktoren verursacht Was bedeuten die Finanzprobleme<br />
für die betroffenen Kommunen, ihre Bürger und die vor Ort ansässigen<br />
Unternehmen in mittel- und langfristiger Sicht Welche Lösungswege<br />
gibt es, damit auch langfristig eine auskömmliche kommunale Finanzausstattung<br />
gesichert werden kann Diese Fragen werden vom Deutschen Städtetag seit Langem<br />
mit höchster Priorität behandelt.<br />
Ursachen von kommunalen Finanzkrisen<br />
Vielfach wird die konjunkturelle Entwicklung als nahezu alleinige Ursache für<br />
die Entwicklung der bundesweiten Kommunalfinanzen genannt. Das ist grob<br />
vereinfachend. Einzelnen Kommunen mit besonders schwieriger Finanzlage<br />
wird sogar gelegentlich unterstellt, dass sie selbst schuld an ihrer Misere seien.<br />
Um zu diesen Aussagen Stellung beziehen zu können, müssen die Determinanten<br />
für die Struktur und das Niveau von Einnahmen und Ausgaben der einzelnen<br />
Kommunen deutlich werden.<br />
Die Aufgaben der Kommunen lassen sich in drei Kategorien einteilen: Pflichtaufgaben<br />
im übertragenen Wirkungskreis, pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben<br />
sowie freiwillige Aufgaben. Zu den beiden ersten Kategorien gehören die<br />
durch die Kommunen am wenigsten beeinflussbaren Ausgabearten, die zugleich<br />
aus fiskalischer Sicht die mit Abstand bedeutendsten Aufgaben sind. Der<br />
Spielraum der Kommunen in der Ausgabengestaltung ist geringer, als in der<br />
Öffentlichkeit oftmals vermutet wird. Die Vielzahl der Ursachen für die Ausgabenentwicklung<br />
verdeutlicht zudem: Sobald in einer Kommune mehrere<br />
Gründe für Ausgabensteigerungen, zum Beispiel im sozialen Bereich, zusammentreffen,<br />
ist die Gefahr groß, dass die Kommune finanziell überfordert<br />
wird.<br />
Die Bestimmungsgründe und somit die potenziellen Ursachen von kommunalen<br />
Finanzkrisen lassen sich grob vier Bereichen zuordnen:<br />
Gesetzgebung: Die Beeinflussung durch den Gesetzgeber umfasst die Setzung<br />
von Standards und Leistungen, zum Beispiel die Einführung oder Aus-<br />
2 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik <strong>127</strong> (1/2011)